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Veröffentlicht am 12.02.2023

Ein solider SciFi-Roman

Equilon
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Eine Zukunft, in der viele Teile der Welt durch den Klimawandel nur schwer bewohnbar geworden sind. Doch der Algorithmus Equilon verspricht Gleichberechtigung und ein Leben in Wohlstand. Zumindest dann, ...

Eine Zukunft, in der viele Teile der Welt durch den Klimawandel nur schwer bewohnbar geworden sind. Doch der Algorithmus Equilon verspricht Gleichberechtigung und ein Leben in Wohlstand. Zumindest dann, wenn man den Score für die „Eine Milliarde“ knackt und nach New Valley, dem Zentrum des Fortschritts und Wohlstands, ziehen darf. So wie Jenna.
Dorian hingegen kann und will sich nicht hocharbeiten wie Jenna. Dennoch führt auch sein Weg auf abenteuerliche Weise nach New Valley. Und schließlich sind da noch die Rebellen, eine Gruppe von Menschen, die das System anprangern und es umstürzen wollen.

„Equilon“ ist ein solider SciFi-Roman. Er ist sicher nicht perfekt. Dafür laufen manche Erzählstränge und Szenen zu nahtlos ineinander über und wirken dann etwas konstruiert. Auch die Welt, die beschrieben wird, setzt sich teilweise erst relativ spät im Laufe der Geschichte zusammen. Es bleiben lange Zeit weiße Flecken bezüglich der Entstehung und dem „Funktionieren“ dieser Zukunft, was etwas irritiert.

Der Fokus liegt stattdessen sehr auf den Figuren und auf dem Element der Weltrettung. Das sorgt aber gleichzeitig dafür, dass der Roman nicht an Spannung verliert, stets ein ordentliches Tempo draufhat und im Großen und Ganzen gut unterhält. Und genau das erwartet man von einem guten SciFi-Roman schließlich auch.

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Veröffentlicht am 05.02.2023

Eindringlich und komplex

Macht
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Ein Foto im Innendeckel von Heidi Furres Roman "Macht" zeigt, wie die Künstlerin Niki de St Phalle auf eine Wand schießt. Diese berühmten "Schießbilder" von St Phalle sind Teil eines persönlichen Verarbeitungsprozesses ...

Ein Foto im Innendeckel von Heidi Furres Roman "Macht" zeigt, wie die Künstlerin Niki de St Phalle auf eine Wand schießt. Diese berühmten "Schießbilder" von St Phalle sind Teil eines persönlichen Verarbeitungsprozesses von sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung.

Mit dem erlebten Trauma fertig zu werden, es zu verarbeiten, darum geht es in Furres Roman. Genau wie Niki de St Phalle verbirgt und unterdrückt die Protagonistin die erfahrene Vergewaltigung jahrelang. Sie heiratet und wird Mutter. Doch die Nähe und Verbindung zu ihrem eigenen Kind löst Ängste aus und lässt Unterdrücktes wieder an die Oberfläche dringen.

Alles in ihrem Alltag scheint sie an das Erlebte zu erinnern. Da ist der Schauspieler, dem sie auf ihrer Arbeit begegnet und dem vorgeworfen wird, dass er eine sexuelle Straftat begangen hat. Da ist die Angst in der Dunkelheit, auf einsamen Wegen, der Besuch beim Zahnarzt, die Angst davor, was ihre eigene Tochter eines Tages erleben konnte oder die Nachbarskinder...

Die Vergewaltigung nimmt einen immer größeren Raum in ihrem Leben ein. Und gleichzeitig kann sie das Wort nicht denken, geschweige denn aussprechen. Stattdessen bewahrt sie mit aller Macht den Schein. Ihr Äußeres ist ihr wichtig. Sie will nicht negativ auffallen, in keine Opferrolle gedrängt werden. Macht über die Fassade zu haben, bedeutet für sie, die Kontrolle über ihr Leben zu behalten.

Furres Roman fokussiert sich auf die Spuren, die eine Vergewaltigung in der Psyche des Opfers hinterlässt. Er zeichnet den jahrzehntelangen Kampf mit dem Trauma nach und stellt gleichzeitig die Frage nach Mutterschaft, Sexualität, Erwartungen und Macht.

"Macht" ist ein eindringlicher und komplexer Roman, der dem Thema der sexueller Gewalt in der Hinsicht gerecht wird, als dass er aus dem Innersten seiner Protagonistin erzählt. Zwischen Leser*in und Protagonistin steht keine Erzählstimme, die eine Distanz schafft. Die Protagonistin selbst wirkt daher zu jeder Zeit mit dem, was sie denkt und fühlt, glaubhaft und das ist sicherlich die Stärke dieses Buchs.

Weniger überzeugend ist jedoch das Ende, das sich vom Rest der Geschichte abhebt und etwas zu literarisch konstruiert wirkt. Auch manche Aspekte, die im Laufe des Romans aufgeworfen werden, finden keinen richtigen Abschluss. Das ist zwar bedauerlich, aber letztlich nicht schwerwiegend genug, um diesen Roman nicht zu empfehlen. Denn dafür ist sein Thema zu wichtig und die Umsetzung insgesamt, von den erwähnten Schwächen abgesehen, zu gelungen!

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Veröffentlicht am 22.10.2022

Das Schicksal einer mythischen Frauenfigur

Die Meerjungfrau von Black Conch
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Vor Hunderten von Jahren wurde Aycayia von den Frauen ihres Stammes wegen ihrer Schönheit verflucht. Fortan fristet sie ein einsames Leben als Meerjungfrau. Doch dann wird sie durch die Lieder des Fischers ...

Vor Hunderten von Jahren wurde Aycayia von den Frauen ihres Stammes wegen ihrer Schönheit verflucht. Fortan fristet sie ein einsames Leben als Meerjungfrau. Doch dann wird sie durch die Lieder des Fischers David zu dessen Boot gelockt und es entwickelt sich eine Freundschaft. Bis Aycayia während eines Fischerwettbewerbs von zwei Amerikanern gefangen wird. Doch David rettet Aycayia und versteckt sie bei sich Zuhause. Er ahnt nicht, dass weder der Fluch noch die Dorfbewohner die Meerfrau in Ruhe lassen werden.

Monique Roffey erzählt in “Die Meerjungfrau von Black Conch” ausgehend von der fantastischen Figur der Meerjungfrau von Kolonialismus und Unterdrückung. Black Conch, der Ort, an dem die Geschichte spielt, steht dabei stellvertretend für die Länder der Karibik und besonders für Trinidad und Tobago. Die Geschichte des Landes, die Besiedlung, die Ausrottung der Einwohner und die Inbesitznahme durch die Weißen werden im Laufe des Romans nachgezeichnet. Dies geschieht wie nebenbei, entfaltet sich parallel zur Hauptgeschichte und ist gerade deshalb so bemerkenswert.

Auf sprachlicher Ebene gelingt es Roffey diese Themen umzusetzen, das Schicksal der mythischen Figur mit der Geschichte und Gegenwart eines Landes zu verknüpfen. Doch schon vor Beginn der zweiten Hälfte des Romans schleichen sich Längen ein. Die Handlung staut sich dann, driftet in manchen Momenten gar ins Kitschige ab. Das ist schade, besonders nach dem starken Beginn und deshalb fällt diese Rezension insgesamt etwas weniger positiv aus als ich mir es selbst erhofft hatte. Alleine Gesine Schröders großartige Übersetzung hat ein uneingeschränktes Lob verdient.

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Veröffentlicht am 06.02.2022

Über die Wendungen des Lebens

Das Vorkommnis
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„Wir haben übrigens denselben Vater.“
Bei einer Lesung wird die Protagonistin des Romans mit diesen Worten von einer fremden Frau angesprochen und sieht zum ersten Mal in ihrem Leben die Halbschwester, ...

„Wir haben übrigens denselben Vater.“
Bei einer Lesung wird die Protagonistin des Romans mit diesen Worten von einer fremden Frau angesprochen und sieht zum ersten Mal in ihrem Leben die Halbschwester, mit der sie den Vater teilt. Spontan umarmt sie die Frau. Das Vorkommnis, wie sie das Aufeinandertreffen im Folgenden nennt, nimmt sie ein und löst ein emotionales Chaos in ihr aus, das von nun an ihr Leben mitbestimmt.

Es entsteht eine Verschiebung im Familiengefüge, obwohl die Protagonistin von der Halbschwester durchaus wusste. Denn einst fand die Mutter einen Zettel über gezahlte Alimente in der Jackentasche des Vaters. Dieser hatte während des Krieges ein sogenanntes „Bratkartoffelverhältnis“ zu einer älteren Frau. Die Tochter aus dieser Beziehung, von der er gar nicht mit Sicherheit wusste, ob sie seine war, wurde zur Adoption freigegeben.

Es ist dieses Schicksal der unbekannten Frau, das Bilder der eigenen Vergangenheit hervorruft. Aus dem Leben der Eltern, der Großeltern und schließlich aus der eigenen Kindheit in der DDR. Die Protagonistin beginnt, vieles mit neuen Augen zu betrachten, zu überdenken. Die Halbschwester, deren Schicksal und das Verhältnis der Protagonistin zu ihr, nehmen unbewusst und bewusst einen Platz in ihrem Alltag, in ihrem Denken und Fühlen ein. Das Schreiben dient dabei als Bewusstwerdung und Aufarbeitung der Ereignisse.

Julia Schoch erzählt auf reflektierte, kluge und sprachlich gewandte Art und Weise von Einzel- und Familienschicksalen, von Nähe und Entfremdung, von dem Aufwachsen in der DDR und von den Gräben, die der Krieg in die Leben der Menschen geschlagen hat.
Das Buch bildet den Auftakt zu einer Trilogie, in der es um das Leben einer Frau geht, und man kann auf die beiden noch folgenden Bände nur gespannt sein.

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Veröffentlicht am 28.09.2021

Eine kleine Lektion in Physik, angereichert mit einer Prise Fantasy

The Upper World – Ein Hauch Zukunft
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“Es brauchte schon eine beeindruckende Mischung aus Dämlichkeit und Pech, um mitten in einen Bandenkrieg zu geraten, obwohl man nicht einmal Mitglied einer Gang ist. Ich schaffte das in weniger als einer ...

“Es brauchte schon eine beeindruckende Mischung aus Dämlichkeit und Pech, um mitten in einen Bandenkrieg zu geraten, obwohl man nicht einmal Mitglied einer Gang ist. Ich schaffte das in weniger als einer Woche. Und das war noch vor der Sache mit dem Zeitreisen.”

So beginnt der Debütroman des Quantenphysikers Femi Fadugba. Sein Protagonist Esso ist wissbegierig, gut in Mathe und verliebt in Nadia. Er wächst in South London auf, wo Kriminalität und Kämpfe zwischen Gangs an der Tagesordnung stehen. Als Bloodshed, ein Junge aus einer anderen Gang, verprügelt wird, ist Esso zufällig dabei. Doch der große Bruder von Bloodshed, D, nimmt es Esso übel, dass er daneben gestanden und nicht eingegriffen hat. Nun besteht auch für Esso die Gefahr, ein Opfer von Gewalt und Bandenkriegen zu werden.

“Aber obwohl ich mich wirklich bemühte, mich von jeglichem Ärger fernzuhalten, obwohl ich meiner Mutter aus tiefster Seele versicherte, dass ich mich benehmen würde, tat der Ärger leider nicht dasselbe.”

Der Roman verbindet Essos Geschichte mit Rhias, die fünfzehn Jahre nach Essos stattfindet. Rhia wächst bei Pflegeeltern auf, spielt leidenschaftlich gerne Fußball und braucht einen Tutor in Mathe und Physik. Als Dr. Esso als ihr Nachhilfelehrer in ihr Leben tritt, erfährt Rhia nicht nur mehr über ihre eigene Vergangenheit, sondern muss sich auch die Frage stellen, ob sie das Vergangene verändern will.

Physik, Mathematik, Zeitreise, Fantasy und der Lebensalltag eines Jungen in einem Problemviertel. All das verbindet der Roman auf gekonnte Weise miteinander. Er mag besonders im Mittelteil einige Längen haben, aber das tut der Überzeugungskraft der Geschichte keinen Abbruch und lässt auch seine Charaktere nicht blasser erscheinen.

Wenn ihr also wie ich “Physik nach der Mittelstufe abgegeben hab[t] […]. Bei der erstbesten Gelegenheit”, wenn ihr noch nie zuvor von den Experimenten eines Michelson Marleys, Kennedy Thorndikes oder Ives Stillwells gehört habt, wenn es euch nicht schaden würde, euch den Satz des Pythgoras mal wieder ins Gedächtnis zu rufen und wenn ihr nichts gegen einen Mix aus Naturwissenschaft und Fantasy habt, dann liegt ihr mit diesem Buch goldrichtig!

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