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Veröffentlicht am 08.05.2023

Abgelaufenes Gewürz

Honey & Spice
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Ich hatte das Buch angefordert, weil ich selten Bücher mit PoC lese und weil die Protagonistin in den Medien aktiv ist. Ich hatte mich auf eine leichte, interessante Liebesgeschichte gefreut. Und die ersten ...

Ich hatte das Buch angefordert, weil ich selten Bücher mit PoC lese und weil die Protagonistin in den Medien aktiv ist. Ich hatte mich auf eine leichte, interessante Liebesgeschichte gefreut. Und die ersten Seiten waren toll - bis mir der pseudo-freche Sprachstil der Hauptfigur auf den Keks ging. Nach 7 % nervte es mich, nach 20 % war sprachlich alles gesagt und klar, worauf die Geschichte hinausläuft. Ich wollte nur noch, dass es aufhört.

Es behandelt vermeintlich typische Probleme 20-Jähriger - Liebe und vor allem Gruppenzugehörigkeit. War mir zu klischeehaft.

Rezi enthält Spoiler!

Worum geht es?

Studentin Kiki hat nach dem Tod der Mutter und einem traumatischen Erlebnis soziale Ängste entwickelt, sie hat nur eine beste Freundin. Außerdem hat sie eine Affäre mit dem Fuckboy der Uni. Außerdem hat sie eine Radioshow und versteht sich als Sprachrohr der Schwarzen Community. Für ein Stipendium muss diese Sendung jedoch aufgepeppt werden, damit die Zuschauerzahlen steigen. Und da sie sich gerade in den neuen Studenten der Uni verliebt, bieten sich Synergien.

Die Figuren

Mein großes Problem mit Kiki war, dass ich mich nicht in sie hineingefunden habe. Sie war in der Highschool gut in ihre Gruppe integriert, geriet aber ins Abseits, weil ihre Freunde nicht verstehen konnten, dass sie die Krankheit der Mutter belastet. Später wurde sie vom Freund ihrer Freundin angebaggert, doch er schob das Kiki in die Schuhe. Diese Scham und die Ächtung hat sie so sehr deprimiert, dass sie soziale Ängste entwickelt. Daher hat sie auch an der Uni kaum Freunde. Trotzdem ist sie bestens über die Geschehnisse ihrer Gemeinschaft informiert und hat eine lockere Affäre. Außerdem wird sie nach dem Höhepunkt plötzlich von allen gemocht. All das passiert unglaublich schnell. Für mich waren weder ihrer Ängste nachvollziehbar, noch, warum sie so schnell gelöst wurden. Soziale Ängste können zum Problem werden und sie machen auch soziale Beziehungen manchmal schwierig. Hier tun sie das kaum.

Vor allem hat mich genervt, dass Kiki soviel Wert drauf legt, zu einer Gruppe zu gehören. Das Thema wer gerade in welcher Clique drinsteckt, ist ihr sehr wichtig. Und natürlich hat auch Kiki Vorurteile, die sich - magisch! - als falsch herausstellen.

Außerdem ergözt sie sich in sätze-langen Beschreibungen, wer welches Outfit trägt, welche Farbe der Nagellack hat etc.

Kiki wird uns als scheinbar perfektes Wesen mit Fehlern verkauft - das alles hat man schon x-mal gelesen, manchmal auch besser.

Malakai sieht göttlich aus - nicht ein bisschen göttlich, sondern wirklich göttlich. Was uns die Erzählerin in verschiedenen Formen nahebringt. Emotionale Qualitäten hat er auch - er schleppt sie auf ihre Lieblings-Convention. Er ist ein lieber, verständnisvoller Kerl, der für Dramaqueen Kiki vielleicht zu schade ist? Und er dreht Filme, die sie toll findet. Die Beschreibungen der Filme fand ich nicht besonders, auch wenn ich die Idee toll finde. Ich fand's auch doof, dass Kiki ihn am Ende vor dem Kopf stößt, aber ER den ersten Schritt macht. Das bestätigt wieder das bekannte Bild des Retters. Aber ich mochte seine Hintergrundgeschichte. Die letztlich leider abgekürzt wird. Trotzdem hat mich das berührt.

Kikis beste Freundin ist die dunkle Quintessenz Kikis. Als Freundin ist sie nett und der Protagonistin eine tolle Assistentin. Als Partnerin erwartet sie, dass der Mann ihr monatelang den Hof macht. Obwohl sie sich nicht sicher ist, ob sie mit ihm zusammen sein möchte. Am Ende kritisiert Kiki das auch. Ich konnte den Grund für das Verhalten nachvollziehen, aber nicht, warum der Mann das so lange mitmacht.

Allen dreien gemein ist, dass das Verhalten der Eltern das der Kinder beeinflusst. Während Kiki durch den Verlust der Eltern Bindungsängste hat, möchten die Freundin und Malakai es besser machen. Sie handeln entgegen der Eltern, stoßen damit ihre Flirtpartner:innen aber auch vor den Kopf. Ich fand das total interessant!

Dramaturgie

Der Text folgt der Dramenkurve, wie man es kennt: Es gibt ein zentrales Problem, das bis zum Höhepunkt gesteigert wird, parallel entsteht ein neues Problem, das am Ende gelöst wird. Wer sowas mag, wird seine Freude haben. Leider sind die Probleme nicht tief genug und die Handlung vorhersehbar.

Schreibstil

Kikis Ich-Perspektive ist "drüber" - sie dramatisiert vieles, alles wirkt wie im Neonlicht. Die Autorin erklärt, dass ihr Liebe wichtig ist - daher gibt es im Buch auch viele Metaphern, viele Beschreibungen der Liebe. Für meinen Geschmack zuviel, aber Romantik-Fans kommen total auf ihre Kosten.

Kulturelle Bezüge

Im Vergleich zu anderen Texten sind die Verweise auf "die Schwarze Community" eher subtil: Kiki hört gern R'n B aus den 90ern z.B. D'Angelo, aber auch Beyoncé. Am deutlichsten wird das bei den Klamotten, von denen ich überwiegend noch nicht gehört habe - hier ergeben sich viele Ansatzpunkte für Recherche. Probleme wie Rassismus werden angesprochen, sind aber nicht das zentrale Thema.

Das Buch ist ein Text, der PoC-Protagonist:innen eine Bühne gibt, ohne die "Colour" in den Mittelpunkt zu stellen. Das sie in einem Bereich präsent macht, der von vielen Leser:innen konsumiert wird. Ich hatte etwas anderes erwartet, finde es aber gut.

Fazit

Wenn ich das Nachwort lese und all die Arbeit und die Gedanken, die in den Text geflossen sind, dann würde ich gerne sagen, dass es ein toller Text war. War es aber nicht. Es ist ein klischeehaftes, oberflächliches Werk, das aus all den guten Ansätzen nicht mehr macht als einen Liebesroman für eine Zugfahrt bei Nacht. Es ist so schade, dass das Grundproblem cool und Malakais Persönlichkeit interessant ist. Aber das wird nicht ausgespielt, weil die Hauptfigur und ihr Hang zum Drama im Mittelpunkt stehen. Und nein, "spicy" war's überhaupt nicht.

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Veröffentlicht am 26.02.2023

(K)ein Opfer

Jeder sollte zwei Leben haben. Sylvia Plath
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Ich hatte von Sylvia Plath bisher nur gehört und wollte mir nun ein Bild von dieser früh verstorbenen Frau machen. Leider ist das dem Buch nich geglückt. Zu sehr reibt es sich im Konflikt aus Suizid und ...

Ich hatte von Sylvia Plath bisher nur gehört und wollte mir nun ein Bild von dieser früh verstorbenen Frau machen. Leider ist das dem Buch nich geglückt. Zu sehr reibt es sich im Konflikt aus Suizid und Autorin-Ich auf und hinterlässt in mir einen negativen Eindruck von der Figur. Es hat mich gefesselt, weil ich wissen wollte, wie es dazu kam. Aber letztlich hat es mich mit einem traurigen Gefühl zurückgelassen.

Worum geht es?

Ausgehend vom Selbstmord Plaths schildert die Autorin das Leben der Schriftstellerin. Das erste Drittel beschäftigt sich mit dem Suizid und dessen Durchführung, später geht es um die Familiengeschichte und die Ehe. Das letzte Drittel ist geprägt von der Auseinandersetzung mit der späteren Zensur Plaths durch ihren Ehemann, dessen Schwester und der Mutter. Am Ende erfahren wir außerdem von den Elektroschock-Behandlungen, die sie gegen ihre Depression durchführen ließ.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Der Text kreist ständig um den Suizid, aber nur wenig im die Schriftstellerin. Oft wird erzählt, wie sehr Plath an den Anforderungen der Welt zerbricht, und gleichzeitig sehr empfindsame Texte schreibt. Der Ehemann nimmt viel Raum ein, die Beziehung zur Mutter. Aber Plath bleibt vage, sie wird nicht lebendig.

Das liegt auch daran, dass keine kompletten Gedichte Plaths abgedruckt sind. Die Autorin zitiert und interpretiert Verse, aber das vermittelt nur Bruchstücke und macht den Text kompliziert zu lesen.

Die einzige Stelle, an der Sylvia Plath für mich Farbe bekam, ist ein Tagebuchauszug, in dem die erste Begegnung mit ihrem späteren Mann geschildert wird. Hier wirkt sie kraftvoll, sie hat einen Wunsch, den sie umsetzen möchte. Übertrieben formuliert: Sie wirkt nicht als Opfer ihrer selbst.

Das heimliche Highlight sind die Zitate anderer Autor:innen über Plath und über das Schreiben - fand ich sehr hilfreich.

Fazit

Trotz vieler Versuch der Erzählerin, Sylvia Plath als talentierte und durchdachte Schriftsstellerin darzustellen, bleibt nicht viel. Den letzten Teil fand ich interessant und die Zitate toll. Aber leider beschränkt sich der Text zu sehr auf das Ende und gibt den vielen Meilensteinen auf dem Weg zuwenig Raum

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Veröffentlicht am 12.02.2023

Nervige Figur, nerviger Akt

Under one Roof- Liebe unter einem Dach
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Nach dem Debut Ali Hazelwoods habe ich mehrere Bücher von ihr angefragt, in der Hoffnung, sie würde noch besser werden. Das war ein Irrtum. Das einzig Interessante war das leicht verstörende Ende, bei ...

Nach dem Debut Ali Hazelwoods habe ich mehrere Bücher von ihr angefragt, in der Hoffnung, sie würde noch besser werden. Das war ein Irrtum. Das einzig Interessante war das leicht verstörende Ende, bei dem ich nicht weiß, ob es eine Kritik am Männer-Frauen-Bild sein sollte.

Rezi enthält Spoiler.

Worum geht es?

Umweltwissenschaftlerin Mara erbt von ihrer Mentorin ein halbes Haus. Leider wohnt darin auch ihr Neffe Liam, der für einen umweltfeindlichen Konzert arbeitet. Die beiden saborieren sich, bis sie sich irgendwann anfreunden und mehr aus ihnen wird.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Das Buch war kurz, brauchte aber sehr lange, bis es in Schwung kommt. Mara hat Freundinnen, mit denen sie am Anfang viel kommuniziert, auch wenn ich mich frage, wer ihre stundenlangen Monologe kommentarlos aushält. Ich fand die Beziehnung natürlich und greifbar. Leider spielen die Frauen später kaum noch eine Rolle.

Ähnlich wie andere Protagonistinnen in Hazelwoods Büchern kämpft auch Mara um Anerkennung, allerdings habe ich nie erfahren, was sie genau macht. Hier fehlten mir Fakten. Kritisch sehe ich auch, dass Mara das Shampoo eines umstrittenen Kosmetik-Konzern verwendet, anstatt auf ein festes Shampoo zurückzugreifen. Sie nimmt sich wichtig.

Liam ist attraktiv und hat manchmal Freunde zu Gast, außerdem hat er eine platonische Freundin, die Mara als Konkurrentin sieht. Dass sie das nicht einfach anspricht, ist typisch für diese Bücher. Interessant macht ihn, dass er seine Arbeit nicht liebt, aber sie aus Loyalität gegenüber seinem Chef nicht aufgeben will.

Weitere Charaktereigenschaften haben beide Figuren nicht.

Die Figuren streiten sich um Kaffeesahne und die richtige Temperatur im Haus, was ganz nett ist. Spritzig sind die Dialoge nicht. Vor allem, weil mich die Beschreibungen stören. Die ständigen Deutungen und Kommentare. Auf mich wirkte das immer etwas verkrampft, gewollt und furchtbar dramatisch. Immerhin klingen sie etwas locker, aber es fehlt die Dynamik.

Die Auflösung

Am Ende möchte Liam Mara verführen, weil er gehört hat, wie sie mit ihren Freundinnen darüber redet. Obwohl er andeutet, dass er das nur wegen ihr macht, übernimmt sie die Führung und verleitet ihn zum Akt. Ähnlich, wie das die Protagonistin in "Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe" getan hat. Anfangs wirkt es, als ob er das wollte. Aber spätestens, als er sagt, dass er nicht gern Sex hat, hätten bei Mara alle Alarmglocken klingeln müssen. Oder dass er das besser kann. Im zweiten Teil der Szene gibt es SO viele Momente, in denen man miteinander reden sollte, anstatt das einfach zu übergehen. Es hat mich angeekelt, dass die Figur die eigenen Bedürfnisse über die ihres Partners stellt. Aber vielleicht ist das der Sinn: Dass uns die Autorin zeigt, was passiert, wenn Frauen das tun, was Männer in solchen Szenen in Büchern machen - dominant sein, taub für Gefühle sein, schweigen. Außerdem war es komisch, dass die beiden über Verhütung nachdenken, NACHDEM er bereits in ihr war ...

Fazit

Ich weiß nicht, ob das Buch ein frühes Werk, eine schnell dahin getippte Geschichte oder einfach ein Fehlschlag war. Aber es ist ein oberflächlicher, uninteressanter Text mit einer egoistischen Hauptfigur und einer verstörenden Erotikszene.

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Veröffentlicht am 24.07.2022

Etwas schwermütig und einfach

Yadriel und Julian. Cemetery Boys
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Nach langer Zeit habe ich mich an ein Buch mit einer trans Figur herangewagt und hatte Spaß. Ich habe das Buch mit einem guten, erlösenden Gefühl beendet. Allerdings richtet sich das Buch, aus meiner Sicht, ...

Nach langer Zeit habe ich mich an ein Buch mit einer trans Figur herangewagt und hatte Spaß. Ich habe das Buch mit einem guten, erlösenden Gefühl beendet. Allerdings richtet sich das Buch, aus meiner Sicht, eher an Menschen mit etwas Vorwissen, als an Leute, die komplett neu ins Thema einsteigen.

Worum geht es?

Yadriel hat ein Problem: Er ist Teil einer Brujix-Gemeinschaft in LA, die Santa Muerte verehrt, deren Macht jedoch schwindet. Und deren Geschlechterrollen klar verteilt sind - die (weiblichen) Brujas können heilen, die (männlichen) Brujos durchtrennen den Faden, der die Geister in der realen Welt hält und helfen ihnen, ins Jenseits zu kommen. Yadriel als trans Mann passt dort nicht hinein, die entsprechende Zeremonie zum Brujo wird ihm verwehrt. Also führt er die Zeremonie mit seiner Cousine Maritza selbst durch und beschwört dabei versehentlich den Geist von Julian. Gleichzeitig ist ein anderer Brujix verschwunden. Und so begeben sich Maritza, Julian und Yadriel auf die Suche nach Julians Körper, dem verschwundenen Mann und der Antwort auf die Frage, wie man einen Geist in einer Gemeinschaft von Geister-Sehenden Menschen verstecken kann.

Meine Gedanken dazu

Yadriel als Charakter fand ich schwierig. Er hat Probleme mit sozialen Situationen und fühlt sich in einer Welt unsicher. Die Anerkennung in der Gemeinschaft nimmt einen hohen Stellenwert für ihn ein und er geht ständig davon aus, dass er von anderen abgelehnt wird, weil er trans ist. Auch wenn dieser Kampf die Realität von trans Jugendlichen widerspiegelt, war mir das Thema ein bisschen zu präsent. Allerdings stellt Julian ein gutes Gegenstück dar: Er hat seine Homosexualität akzeptiert und seine Clique besteht aus queeren Menschen. Ein bisschen ZU zufällig, aber ich mag's, dass Julian Yadriel ein erdet und ihm zeigt, dass man nicht stetig kämpfen muss, sondern von manchen Menschen einfach akzeptiert wird. Außerdem hört er gern Musik, verehrt Santa Muerte und vermisst seine tote Mutter, die ihn immer unterstützt hat. Ich glaube, er ist jemand, der gern grübelt.

Ergänzt wird das Kollektiv von Maritza, die ein eigenes Problem hat: Sie ist Vegetarierin und möchte keine Tiere verletzen. Um Rituale durchzuführen, wird jedoch Tierblut benötigt. Sie wird daher trotz ihrer Zeremonie nicht als Heilerin gesehen. Außerdem hat Maritza eine lebhafte Familie und unterstützt das Team auf ihre eigene Weise.

Ich fand Julians Freunde interessant und hätte gern mehr gelesen. Auch das Thema Konflikte der Kulturen böte viel Stoff.

Die Spannung war mittelmäßig. Erst ab 50 % nimmt das Buch wirklich Fahrt auf, viele Konflikte werden aufgebaut, und alles wird stimmig zuende geführt. Allerdings war der Bösewicht ZU vorhersehbar. Ich mochte den Grundkonflikt, hätte mir aber noch etwas mehr Drama gewünscht.

Mein großer Kritikpunkt sind die Beschreibungen. Vielleicht ist das für ein Jugendbuch normal, aber es wird sehr ausführlich erzählt, wer etwas macht und das hat die Handlung ausgebremst. Da das Geschehen aus Yadriels personaler Perspektive erzählt wird, hat das auch die Figur unsympatisch gemacht. Man hätte den Platz für spritzige Dialoge nutzen können, denn daran fehlt es: an Tempo, an Situationskomik. Diese ist durch Julian manchmal vorhanden, insgesamt aber kaum bemerkenswert. Obwohl die Figur Potential hätte.

Im Vorwort deutet der Autor an, dass er das Buch für Menschen wie sich geschrieben hat, und das merkt man. Das Thema "trans" wird nicht aufklärerisch behandelt, sondern fließt nebenbei ein. Die Problematik "Deadname" wird nicht erklärt, aber immer wieder aufgegriffen. Gut ist, dass er tatsächlich nie genannt wird. Eine große Rolle spielt Yadriels Binder, der ihn z.B. beim Laufen einengt und ohne den er sich nackt fühlt. Welches Verhältnis Yadriel zu seinem Körper hat, erfahren wir nicht, die soziale Komponente ist wichtiger. Ich hätte mir mehr Erklärungen gewünscht, verstehe aber, dass "trans" nicht der Schwerpunkt des Buches sein sollte, sondern die Geschichte. Und dass zuviele Informationen leicht triggern können, was bei einem Buch für trans Menschen nicht gut wäre.

Und ich fand's gut, dass spanische Wort nebenbei erklärt wurden, ohne, dass man ständig grübelte, was sie bedeuten. Das ist sehr gut gelöst!

Und die Liebesgeschichte ist dezent.

Fazit

Der Schwerpunkt liegt auf Yadriel und seiner Suche nach seiner Position in der Gemeinschaft. Das fand ich interessant und real, war mir aber zu deutlich. Ich hätte mir mehr Reibereien mit Julian gewünscht und ein bisschen mehr Humor. Die Story selbst ist einfach, funktioniert aber gut und wird stimmig abgeschlossen.

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Veröffentlicht am 05.07.2022

Große Langweile

Große Gefallen
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Am Buch gereizt hat mich die Dreiecks-Konstellation - eine Frau, die sich als lesbisch identifiziert, und ein heterosexualles Paar, dessen Frau sie begehrt. Das Thema hat mich fasziniert und durchhalten ...


Am Buch gereizt hat mich die Dreiecks-Konstellation - eine Frau, die sich als lesbisch identifiziert, und ein heterosexualles Paar, dessen Frau sie begehrt. Das Thema hat mich fasziniert und durchhalten lassen, obwohl das Buch nach einem Viertel auf der Stelle trat.

Worum geht es?

Eve führt eine glückliche Beziehung und entdeckt sich gerade selbst, als sie von einer Frau angeschrieben und später gefragt wird, ob sie mit ihrem Freund schlafen möchte. Eve beginnt, sich mit beiden zu treffen, schläft mit Nathan, ohne an Olive, die sie eigentlich will, heranzukommen. Als am Ende des Buches Nathans Affären zu Frauen hinterfragt werden, muss sich Eve klarer positionieren.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Ich fand's langweilig und nervig. Eve sieht sich vor allem selbst und erfreut sich daran, die Beziehung zu Nathan und Olive von allen Winkeln zu betrachten, zu sezieren. Voran kommen tut sie dabei jedoch nicht. Sie traut sich nicht, Fragen zu stellen und Antworten einzufordern. Ihre Wünsche einzufordern.

Nathan wird als dominanter Mann beschrieben, wirklich spürbar wird das nicht, weil ihn Eve durch ihre Augen so verklärt darstellt. Ich wusste nicht, ob nicht Olive der präsente Teil der Beziehung ist, weil sie Nathans Wünsche unterstützt. Oder ob auch sie ein Opfer ist. An einer Stelle wird jedoch deutlich, wie manipulativ Nathan ist: Er nötigt Eve zum Sex ohne Kondom und redet ihr ein, sie hätte genau das gewollt.

Eve scheint die platonische Seite der Beziehung zu genießen - dass sie von Nathan scheinbar respektiert wird. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass sich Eve zu "reinen" Menschen hingezogen fühlt, deren Motive klarer sind als ihre eigenen. Ihre Freundin bewundert sie z.B. dafür, dass sie so gütig und verständnisvoll ist. Olive für ihre Schüchternheit und Ruhe. Vielleicht bleibt sie in all diesen Beziehungen, weil sie ihre dunklen Seiten nicht akzeptieren kann. Vielleicht ist sie überfordert von ihrer Familie, die größeres von ihr erwartet als den Job im Café, den sie ausübt.

Dramaturgisch ist das Buch nett gestaltet - mit Eves Mitbewohnerin Fatima, die die Beziehung kritisch betrachtet, bekommt das Kollektiv einen guten Gegenpol und auch am Ende steigert sich die Spannung.

Eine zentrale Frage im Buch war für mich, warum Eve als lesbische Frau den Sex mit einem Mann genießt - eine wirkliche Antwort habe ich nicht gefunden. Und auch, wie die Beziehung der drei definiert wird, war nicht klar. Ob alle glücklich sind.

Liest man Interviews mit der Autorin, in denen sie erklärt, welche Texte sie zur Vorbereitung gelesen und welche Konflikte sie erläutern wollte, dann war ich enttäuscht. Vielleicht ist all das aber so gut verpackt, dass ich es nicht erkenne.

Fazit

Der Klappentext verspricht viel, das Buch hält wenig. Es tritt seitenlang auf der Stelle und wirklich passieren tut wenig. Wer sich jedoch gern in Gedankenströme fallen lässt und über Probleme philosophiert, wird mit dem Text mehr Spaß haben.

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