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Veröffentlicht am 21.09.2023

Einsamkeit und Kunst

Die einsame Stadt
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Ein Buch wie ein Gemälde, von welchem die/der Leserin erstmal einen Schritt zurück machen bzw. bis zur letzten Seite lesen muss, um seine gänzliche Schönheit zu sehen.

Olivia Laing zieht der Liebe wegen ...

Ein Buch wie ein Gemälde, von welchem die/der Leserin erstmal einen Schritt zurück machen bzw. bis zur letzten Seite lesen muss, um seine gänzliche Schönheit zu sehen.

Olivia Laing zieht der Liebe wegen nach New York und gibt ihr Leben in England komplett auf. Als sie in ihrem neuen Zuhause ankommt, zerbricht die Beziehung sehr schnell und sie ist plötzlich alleine in einer riesigen Stadt, ohne Freunde oder Bekannte. Ihre anfänglichen Streifzüge und auch das Ausgehen als einzelne Person, werden ihr schnell unangenehm. Sie beginnt, sich mit den Künstler
innen dieser Stadt zu beschäftigen. Sie findet Trost in den kühlen Bildern Hoppers und entdeckt in Warhol, Rimbaud und Darger Weggefährten in einsamen Tagen.

Olivia Laing setzt sich mit diesem erzählenden Sachbuch mit der Einsamkeit und den Künstler*innen New Yorks auseinander. Alle acht Kapitel werden von jeweils einer gestaltenden Person dominiert, anhand derer die Autorin unterschiedliche Arten von Einsamkeit, Verlangen und anderen (un-)erwünschte Gefühle beschreibt. Dabei setzt sie die verschiedenen Lebenswege u. a. auch in Kontext mit psychoanalytischen und entwicklungspsychologischen Aspekten.

Alles in allem ist das Buch für mich sehr stimmig. Mir stößt allerdings an manchen Stellen die Auseinandersetzung mit schwierigen Themen unangenehm auf. Ich verweise da u. a. auf das Kapitel über Hopper, welcher zwar ein genialer Künstler war, jedoch seine Frau schlecht behandelte und ihr sogar die eigene künstlerische Karriere verbaute. Ich hätte mir auch gewünscht, dass mehr Künstlerinnen ihren Platz in dem Buch finden.

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Veröffentlicht am 26.07.2023

Spannender Auftakt einer neuen skandinavischen Thriller Reihe

Refugium
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Als Astrid Helander mit ihren Eltern und deren Geschäftspartnerinnen Mittsommernacht feiert, passiert etwas Schreckliches. Binnen weniger Sekunden stürmen zwei maskierte Menschen das Fest. Ihre Tat wird ...

Als Astrid Helander mit ihren Eltern und deren Geschäftspartnerinnen Mittsommernacht feiert, passiert etwas Schreckliches. Binnen weniger Sekunden stürmen zwei maskierte Menschen das Fest. Ihre Tat wird Astrid als Waise zurücklassen. Doch welches Ausmaß hinter diesem Verbrechen wirklich steckt, kann bis dahin niemand erahnen.
In dem ersten Band der neuen Stormland-Trilogie führt der schwedische Autor John Ajvide Lindqvist zwei neue und interessante Ermittler
innen in die skandinavische Thrillerliteratur ein.
Zum einen gibt es da Julia Malmros, selbst Krimiautorin und ehemalige Polizistin. Sie lebt in der Stockholmer Innenstadt und recherchiert gerade für ihr neuestes Buch. Und zwar nicht nur für Irgendeines: sie soll den neuen Band der Millennium-Reihe von Stieg Larsson schreiben. Für ein Rechercheinterview trifft sie sich mit einem jungen Hacker.

Kim Ribbing ist Ende 20 und selbsternannter Cracker. Gekleidet und gestylt sieht er eher aus wie ein Metalhead, jedoch erträgt er harte Klänge weniger und bevorzugt schwedische Schlagermusik und zieht unter seinen schwarzen Jacken Pullover mit Comic-Motiven an. Er gibt Julia jede Menge Infomaterial für ihr neues Buch und schnell wird klar, dass sich beide zueinander hingezogen fühlen. Kim wirkt sehr unnahbar und rätselhaft. Als nach und nach seine Geschichte erzählt wird, öffnen sich wirklich tiefe Abgründe.

"Refugium" ist ein groß angelegter Thriller, welcher sich mit seinen kurzen Kapiteln jedoch schnell wegliest. Die internationalen Ermittlungen des Duos sind spannend erzählt und auch, wenn mir deren Dynamik noch nicht so ganz einleuchtet, denn etwas sperrig sind die Beiden in dieser Konstellation schon etwas, bin ich gespannt, wohin sie sich noch entwickeln.

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Veröffentlicht am 09.07.2023

Babel - so mächtig, wie der Name klingt

Babel
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Robin Swift, der eigentlich einen ganz anderen Namen trägt, wird im chinesischen Kanton geboren und wächst dort die ersten Jahre seines Lebens bei seiner Mutter auf. Als diese an Cholera stirbt und es ...

Robin Swift, der eigentlich einen ganz anderen Namen trägt, wird im chinesischen Kanton geboren und wächst dort die ersten Jahre seines Lebens bei seiner Mutter auf. Als diese an Cholera stirbt und es so scheint, als ob die Krankheit auch ihm das Leben kosten wird, begegnet ihm Professor Lovell. Dieser rettet ihm mittels eines Silberbarren und Magie das Leben , und bringt ihn nach London. Dort angekommen wird Robin auf eine Ausbildung als Übersetzer an der renommierten Oxford University vorbereitet. Nach Jahren des intensiven Lernens und strenger, manchmal auch gewalttätiger, Erziehung durch Professor Lovell darf Robin an dem Institut Babel sein Studium als Übersetzer beginnen.

Hier wird er in die magische Kunst des Silberwerkens eingeführt und erfährt so, wie die westliche Welt ihren Nutzen aus dem Silber zieht.

In Babel lernt er auch Ramy kennen. Ramy ist ebenfalls ein Babel-Student (oder Babbler, wie sie an der Uni genannt werden) und gebürtig aus Kalkutta. Sie sind sich sofort sympathisch und freunden sich an. Beide machen die Erfahrung, innerhalb Oxfords als "Exoten" behandelt zu werden und sind an jedem Tag dem Rassismus der weißen englischen Bevölkerung ausgesetzt. Einzig und allein in Babel werden sie akzeptiert. Hier studieren nämlich viele Menschen mit unterschiedlicher ethnischen Backgrounds. Warum das so ist und wieso für die Magie des Silberwerkens unterschiedliche Sprachen so wichtig sind, erfahren Robin und Ramy nach und nach. Und auch der zuerst romantische Blick auf Babel und Oxford bzw. England allgemein, rückt nach und nach in ein anderes Licht...


Mir hat "Babel" mit seinen Höhen, Tiefen und Längen sehr gut gefallen. Das Buch ist zwar an manchen Stellen etwas ausschweifend und ich hätte mir wiederum andere Abschnitte ausführlicher gewünscht, aber was "Babel" für das Fantasy Genre tut, ist einfach viel zu groß.

"Babel" ist nämlich nicht nur eine Geschichte über die Bedeutung von Sprache und Wörtern, angereichert mit Magie, sondern kommt auch erfrischend aufgeklärt mit einem rassismuskritischen Blick daher. Dabei erzählt Rebecca F. Kuang nicht nur von dem Phänomen des "White Saviorism" und der Ausbeutung anderer Länder durch den globalen Norden, sie lädt auch dazu ein, den romantischen Blick auf westliche Bildungsinstitutionen (hier am Beispiel eines teilfiktionalem Oxford) zu verlagern. Für mich ist dieses Buch unglaublich bereichernd gewesen und ich konnte daraus so viel ziehen (auch wenn hier vieles fiktional ist, wie die Autorin auch selbst zu Beginn des Buches erklärt).

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Veröffentlicht am 23.02.2023

Schmales Buch, tiefe Gefühle

Das Liebespaar des Jahrhunderts
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"In was verwandelt man sich, wenn der andere aufhört, einen zu lieben? Verwandelt man sich in sich selbst zurück? Ist man, wenn man aus einer Liebesbeziehung entlassen wird, noch immer der Mensch, in den ...

"In was verwandelt man sich, wenn der andere aufhört, einen zu lieben? Verwandelt man sich in sich selbst zurück? Ist man, wenn man aus einer Liebesbeziehung entlassen wird, noch immer der Mensch, in den der andere sich einst verliebt hat?" (S 76)
In diesem leisen Roman von Julia Schon drehen sich die Gedanken und Erzählungen einer Frau um jede noch so kleine Einzelheit der Liebe. Die namenlose Protagonistin möchte ihren Mann verlassen und erzählt die Geschichte ihrer Liebe, vom Anfang bis zu ihrem scheinbaren Ende. Dabei setzt sie sich stark mit ihrem Selbstbild auseinander (s.o.) und analysiert sich und ihren Mann gnadenlos.
Ich muss zugeben, dass ich noch nie ein so intimes Buch gelesen habe. Und obwohl es eine fiktive Erzählung ist, schwang teilweise eine, mir manchmal etwas unangenehme, voyeuristische Grundstimmung mit. Die starke Reflektion der Protagonistin schwappt schnell auf die Leserinnen über und es ist schwer, als solche nicht in eine be- bzw. verurteilende Position zu fallen. Auch, wenn mir die Überlegungen der Frau sehr gefallen haben, war mir der teilweise stark vorwurfsvolle Ton gegenüber ihrem Mann etwas unangenehm. Dieser blieb auch, für mich persönlich, die ganze Erzählung über sehr unscheinbar und als Figur wenig greifbar.
Alles in allem ist "Das Liebespaar des Jahrhunderts" ein sehr ruhiges, hochgradig emotionales Buch, welches zwar leise und schmal daher kommt (190 Seiten!), aber die Leser
innen sofort in die einnehmende Gefühlswelt der erzählenden Frau hineinwirft. Ein sehr gutes Buch, außerhalb meiner sonstigen Komfortzone.

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Veröffentlicht am 12.02.2023

Von Leid und Liebe

Young Mungo
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Der 15-jährige Mungo ist jemand ganz besonderes. Er hat sich seine liebevolle, unschuldige Art in einem Umfeld bewahrt, welches von Gewalt und Missbrauch geprägt ist. Im Glasgow der 1990er Jahre herrschen ...

Der 15-jährige Mungo ist jemand ganz besonderes. Er hat sich seine liebevolle, unschuldige Art in einem Umfeld bewahrt, welches von Gewalt und Missbrauch geprägt ist. Im Glasgow der 1990er Jahre herrschen Bandenkriege zwischen Protestanten und Katholiken und versetzen die Stadt in Angst und Schrecken. Toxische Männlichkeit prägt nahezu jeden Haushalt und das Aufwachsen von Jungen sowie Mädchen. Das Zuhause von Mungo spiegelt dies wieder, mit seinem gewalttägigen großen Bruder, seiner alkoholkranken, nahezu nicht-anwesenden Mutter und seiner 17-jährigen Schwester, die als Einzige in der Familie wirklich Interesse für ihren kleinen Bruder hegt. Als Mungo eines Tages Gefühle für den gleichaltrigen James entwickelt, löst dies eine Abwärtsspirale im Leben des Jungen aus, welche verheerende Folgen hat.

Der Roman ist wirklich gut geschrieben und er tut weh. Das war wohl auch die Intention des Autors. Manchmal etwas zu sehr. Das Buch war dadurch teilweise wirklich schwer zu lesen. Ich musste es ein ums andere Mal weglegen, weil ich die Hoffnungslosigkeit nicht mehr ertragen konnte. Die Sprache im Buch empfand ich als sehr authentisch und passte gut ins Setting. Ich würde das Buch tatsächlich nur mit Triggerwarnung empfehlen, das es sehr explizite Abschnitte enthält.

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