Ein Buch, das Seinesgleichen sucht
Ich habe mich noch nie so schwer getan mit einer Rezension, wie für „Blutbuch“ von Kim de l'Horizon. Es handelt sich um die Selbstfindung eines jungen Menschen, der schon früh im Leben merkt, dass sich ...
Ich habe mich noch nie so schwer getan mit einer Rezension, wie für „Blutbuch“ von Kim de l'Horizon. Es handelt sich um die Selbstfindung eines jungen Menschen, der schon früh im Leben merkt, dass sich der Körper um sich herum fremd anfühlt. Kim fühlt sich keinem Geschlecht zugehörig, non-binär. Dieses Buch ist allerdings mehr als nur die Suche nach sich selbst, die im Kindesalter beginnt. Als thems Großmutter an Demenz erkrankt, suchen them nach Fragmenten der Frauen der Familie und stößt auf Unerwartetes in der Familienhistorie. Dieses Blutbuch ist vor allem ein autofiktionaler Brief an die „Grosmeer“, der Kim immer nur in Abwesenheit nahe sein konnte. Mit den üblichen Erzählkonventionen bricht them vollkommen und erzählt die Geschichte in einer Sprache, die an eine wilde Karussellfahrt erinnert. Selbst Sexszenen verleiht them eine ästhetisch-bizarre Abstraktheit. Kim de l'Horizon legt eine verspielte Wortgewandtheit an den Tag, die mich durch einige Passagen des Buches getragen haben, zu denen ich keine innere Verbindung aufbauen konnte.
Nicht nur „Blutbuch“ selbst, sondern auch Gespräche über dieses Buch sind eine holprige Angelegenheit, weil jemensch (auch so ein schönes Wort, das dieses Buch mich gelehrt hat) es gar nicht beschreiben kann, ohne sich um den Raum zwischen den Geschlechtern Gedanken zu machen. Was es aber definitiv tut: es regt zu Gesprächen an!
Als Buchhändlerin wüsste ich nicht, wem ich dieses Buch empfehlen würde. Ich wüsste aber auch nicht, wem ich es nicht empfehlen könnte. Vergleiche gibt es einfach nicht. Mehr kann ich allerdings nicht sagen, denn – ganz offen – ich habe das Gefühl, dass mir irgendetwas „fehlt“ um dieses Buch in seiner Gänze zu verstehen und würdigen zu können.