Wenn die Vergangenheit anklopft...
Tod in SiebenbürgenIm Zentrum von Lioba Werrelmanns „Tod in Siebenbürgen“ steht der Investigativjournalist Paul Schwartzmüller. Aufgewachsen in einem kleinen Dorf in Siebenbürgen und als Jugendlicher mit seinem Vater nach ...
Im Zentrum von Lioba Werrelmanns „Tod in Siebenbürgen“ steht der Investigativjournalist Paul Schwartzmüller. Aufgewachsen in einem kleinen Dorf in Siebenbürgen und als Jugendlicher mit seinem Vater nach Deutschland ausgewandert, wird er durch ein Anwaltsschreiben mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Seine Lieblingstante Zinzi ist gestorben und hat ihm ihren Bauernhof vererbt. Auch wenn er kein Interesse an dem Erbe hat und den Hof schnellstens verkaufen möchte, muss Paul doch noch einmal in das Land seiner Kindheit reisen, um die Modalitäten zu klären.
Werrelmann schildert die Gegend am Fuße der Karpaten und das Dorfleben der sächsischen Gemeinschaft sehr lebendig, beschreibt das Misstrauen, das dem Rückkehrer entgegen schlägt, der nur von seinem ehemaligen Schulfreund Sorin mit offenen Armen empfangen wird, der kurz nach Pauls Ankunft in einem Mordfall verwickelt wird. Und Paul setzt alles daran, die Unschuld seines Freundes zu beweisen.
In ihren Beschreibungen konzentriert sie sich aber nicht auf Beschreibungen des kuscheligen Dorflebens, sondern behält glücklicherweise die Realität im Blick. Dubiose Investoren, die Ländereien zu Spottpreisen aufkaufen, um unter Vorspiegelung falscher Tatsachen EU-Subventionen (deren Verwendung natürlich nicht kontrolliert wird) einzustreichen und dabei gleichzeitig die Landschaft und das Grundwasser vergiften, aber auch die Vorurteile der Sachsen gegenüber den Țigani, die in der Nachbarschaft unter sehr schlechten Bedingungen leben. Und auch die dunklen Jahre unter Ceaușescu und seiner Geheimpolizei Securitate werden anhand von Pauls Familiengeschichte stimmig in diesen Roman eingearbeitet, der zwar Mord und Mörder aufzuweisen hat, aber dennoch mehr als ein Krimi ist.
Es gab drei Gründe, warum ich dieses Buch unbedingt lesen wollte: Erstens natürlich die Autorin. Lioba Werrelmann hat bereits mit „Hinterhaus“, ihrem mit dem Glauser-Preis ausgezeichneten Krimidebüt bewiesen, dass sie spannend und intelligent plotten kann, und ohne vorgreifen zu wollen, das beweist sie auch hier erneut. Die beiden anderen Gründe sind eher dem Bereich persönliche Erinnerungen zuzuordnen.
„Tod in Siebenbürgen“ ist ein gelungener Reihenauftakt, den ich sehr gerne gelesen habe, weil er einen interessante Einblicke in das Leben der Siebenbürger Sachsen bietet, auch wenn er mangels möglicher Täter als Kriminalroman nur bedingt funktioniert. Und auch das Dracula-Schloss, das glücklicherweise nur am Rande erwähnt wird, hätte ich nicht unbedingt gebraucht. Aber offenbar war das die Konzession der Autorin an die Leserschaft, die bei der Erwähnung der Karpaten sofort den blutsaugenden Grafen vor Augen hat.
Ich freue mich auf die Fortsetzung der Reihe und hoffe, dass diese auch bei den kommenden Ermittlungen in Rumänien verortet bleibt.