Innergebirg
Wovon wir lebenWovon wir leben – Birgit Birnbacher
Nach einem Fehler und gesundheitlichen Problemen muss Julia ihren Job als Krankenschwester und ihr Leben in der Stadt hinter sich lassen. Aus Mangel an Alternativen ...
Wovon wir leben – Birgit Birnbacher
Nach einem Fehler und gesundheitlichen Problemen muss Julia ihren Job als Krankenschwester und ihr Leben in der Stadt hinter sich lassen. Aus Mangel an Alternativen zieht sie erstmal zurück zu ihren Eltern ins Dorf. Dort muss sie feststellen, dass ihre Mutter nach vielen Jahren unglücklicher Ehe endlich das Handtuch geworfen hat und den Vater sowie den behinderten Bruder verlassen hat.
Es sind im Prinzip sehr viele Themen, die die Autorin in dieses Buch gepackt hat und im Grunde ist es ein sehr politisches Werk -sehr nahe am Puls der Zeit. Sowieso bewegt sie sich unglaublich nahe an ihren Figuren, geradezu gespenstisch normalen Leuten. Das Dorf, in das Julia nie zurückkommen wollte und in dem sie nun doch Zuflucht sucht in ihrer Arbeitslosigkeit, ist ein ganz gewöhnliches kleines österreichisches Dorf. Die Bewohner sind einfache Leute mit Eigenheiten und Schrullen. Vor allen Dingen sehen sie auf „Die Städter“ und „Die Studierten“ herab. Diese Unterschiede zwischen Stadt und Land, Alteingesessenen und Zugezogenen sind auf jeden Fall ein großes Thema dieses Romans. Außerdem geht es um Arbeitslosigkeit (nicht nur Julias) und die Rolle der Frau, von fremden wie auch eigenen Erwartungen. Es ist die Geschichte von Aufarbeitung, Schuld und vor allen Dingen Neuausrichtung. Es bleiben lose Handlungsstränge, nicht alles scheint zu Ende erzählt. Nicht alles wird gut, doch es scheint etwas in Bewegung gekommen zu sein. Ein nachdenkliches Buch, das vom Wandel der Zeit erzählt.
Insbesondere der Erzählstil der Autorin hat es mir angetan. Julia erzählt aus der Ich-Perspektive und lässt den Leser an ihren Gedanken, Erinnerungen und Gefühlen teilhaben. Man kommt ihr so recht nahe. Es ist eine geradezu auffällig einfach gehaltenen Sprache, gespickt mit Redewendungen und Ausdrucksweisen aus dem ländlichen österreichischen Raum. Wirklich sehr authentisch. Dem gegenüber steht Julia, die sich in gewisser Weise für ihre Herkunft schämt und den Schrullen und Widersprüchlichkeiten der Dorfbewohner und Familienmitglieder oftmals mit Kopfschütteln entgegentritt. Ein toller Kontrast und sehr unterhaltsam.
Auf jeden Fall sehr lesenswert! 4 Sterne