Abenteuer eines Wichtelkindes im Frühling in Lappland - Eine fantasievolle, lehrreiche Geschichte, die neugierig macht und sehr gut unterhält
Es ist Frühling und das Wichtelkind Tuuli erwacht aus dem Winterschlaf. Zusammen mit den Eltern, der Oma-Ziege und den Hühnern wandert sie durch den Skullewald ins Glockenblumental zum Sommerhaus. Dort ...
Es ist Frühling und das Wichtelkind Tuuli erwacht aus dem Winterschlaf. Zusammen mit den Eltern, der Oma-Ziege und den Hühnern wandert sie durch den Skullewald ins Glockenblumental zum Sommerhaus. Dort findet sie am Fluß eine Flaschenpost, die einen Hilferuf enthält.
Das Buch, das für Kinder ab 6 Jahren zum Vorlesen gedacht ist, hat mir ausgesprochen gut gefallen.
Es fallen zunächst die Illustrationen von Julia Christians auf. Nach einer Karte der Landschaft, in der die verschiedenen Etappen der Geschichte spielen, ist im Folgenden jede zweite Doppelseite dekoriert. Die Farben scheinen die samische Flagge aufzugreifen und sind vorwiegend in Blau, Rot, Grün und Gelb gehalten. Die Wichtel tragen eine samische Tracht. Das entspricht dem, was die Autorin Stefanie Taschinski vorgibt. Denn sie bezieht sich vielfach auf die nordische Mythologie und Lebenswelt. Beispielsweise ist Tuuli ein Vorname, den man in Finnland und Estland findet, und die Moltebeere ist ein Wahrzeichen Lapplands. Die Illustrationen wirken lebhaft ohne aufzuregen und greifen sehr gut die Gefühle der dargestellten Situation auf. In vielen Zeichnungen schaut Tuuli so herrlich neugierig und spitzbübisch.
In die Geschichte und Sprache ist sehr viel Fantasie hineingeflossen. Man fragt sich oft, was Realität, was eine Anspielung oder eine Erfindung ist. Es gibt viele Anregungen und Ideen, um zu fragen und nachzuschlagen (tut man es nicht, versteht man die Geschichte trotzdem). Die Autorin bringt uns unsere eigene Welt näher, indem sie durch Wortkreationen wie Tannenspitzenschnee unseren Blick auf besondere Details unserer Realität lenkt. Oder sie verwendet reale, eher unbekannte Worte in einem anderen Sinn und macht beispielsweise die Raubfliege namens Grauwicht zu einem Fabelwesen.
Durch solche Details wird die Geschichte sehr lebhaft und abwechslungsreich. Auch die Erzählweise trägt dazu bei, da Tuuli sich oft erinnert oder die Oma-Ziege Gedanken daran hat, was alles passieren könnte. Diese ordnen sich aber in die Geschichte ein und sich dieser unter. Man kommt sehr flüssig in der Geschichte voran, auch wenn man den Gedanken hat, dass dies oder jenes auch ein spannendes Buch ergeben würde.
Interessant wird die Geschichte auch durch Wendungen, die man nicht kommen sieht. Die Autorin hat mit mehrfach erfolgreich angetäuscht. Dann wenn etwas absehbar erscheint, kommt es doch anders.
Auch wie die Figuren dargestellt werden, trägt dazu bei. So kann beispielsweise die überängstliche Oma-Ziege auch einmal sehr mutig sein. Die darin enthaltene Botschaft, dass Leute verschiedene Seiten haben, gefällt mir sehr gut. Stefanie Taschinski zeigt dem Leser immer wieder, dass man nicht vorschnell urteilen sollte. So können Kinder auf eine vollkommen unaufdringliche Art lernen, wie man beispielsweise mit Angst umgeht. Man sieht Tuuli zu, wie sie das macht und ihre Angst bewältigt. Auch andere ernsthafte Themen wie den Klimawandel greift die Geschichte auf, lässt sich davon jedoch nicht dominieren. Die Geschichte zeigt, dass das Leben nicht nur positive Seiten hat, und sie ist damit realistisch - bei aller Magie, die man in einer Geschichte von Wichteln eben erwarten kann.
Schön fand ich, dass fast alle Kapitel in sich abgeschlossen sind. Es liegt dem Buch zwar eine fortlaufende Geschichte zugrunde. Aber nach fast jedem Kapitel ist die Szene ohne Cliffhanger beendet und ein deutlicher Schlußstrich gezogen. So kann man das Buch gut unterbrechen und in Etappen lesen.
Ein sehr schönes Buch besonders für Kinder oder Eltern, die Skandinavien im Allgemeinen und Lappland im Besonderen lieben.