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Veröffentlicht am 18.02.2023

Superhacker, die Mafia, Finanzbetrüger und weitere Gauner

LOKSTOPP NULLUHR 4
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Wie oft dachte ich mir während der Lektüre von Jan Cuccos hier zu besprechendem 'Cyberkrimi' „Schuster, bleib bei deinen Leisten“, sprich lies lieber etwas, von dem du etwas verstehst anstatt, bedingt ...

Wie oft dachte ich mir während der Lektüre von Jan Cuccos hier zu besprechendem 'Cyberkrimi' „Schuster, bleib bei deinen Leisten“, sprich lies lieber etwas, von dem du etwas verstehst anstatt, bedingt durch Nichtwissen, über weite Strecken ratlos zu sein und der mal langsamen, mal schnellen, sich gelegentlich sogar überschlagenden Handlung nur mit Mühe oder gar nicht folgen zu können. In der Tat übersteigt das, was ich hier gelesen habe, mein Wissen, meine Kenntnisse, nicht zuletzt mein Verständnis, denn weder kenne ich mich auf dem mir unendlich kompliziert erscheinenden Gebiet der IT aus, noch auf dem kolossal verschlungenen der internationalen Finanz- und Wirtschaftswelt mit ihren undurchsichtigen Strukturen. Schlimmer noch, schräge und undurchschaubare Machenschaften großer, mittlerer und kleiner Konzerne interessieren mich nicht die Bohne – und wieso man dem Gott Mammon unbedingt alle erdenklichen Opfer zu bringen bereit ist und mit welcher Geldgeilheit man durchs Leben marschiert, dabei krumme Geschäfte als selbstverständlich erachtet, ist mir schleierhaft! Manchmal komme ich mir vor wie aus der Zeit gefallen, so als käme ich direkt von der sprichwörtlichen Insel der Seligen. Doch stört mich das? Nicht doch! Das Leben, das die meisten der schwer einzuordnenden Darsteller führen, die Jan Cuccos Roman bevölkern, empfinde ich nämlich gar nicht als beneidens- und schon überhaupt nicht als anstrebenswert. Es ist dies eine Welt, vor der ich voller Staunen, aber mehr noch mit rechter Abneigung erfüllt stehe.
Dennoch! Nachdem ich mich mehr oder weniger eingelesen hatte – dies über Tage, was nicht meiner gewohnten Lesegeschwindigkeit entspricht -, begannen sich die Dinge zu klären, aus dem Gewühl von miteinander verbundenen oder nicht verbundenen Handlungssträngen leuchtete so etwas wie ein Pfad hervor. Von nun an wurde es leichter, auch wenn sich vieles weiterhin meinem kognitiven Verständnis entzog, wie natürlich die Kunst mit sieben Siegeln der IT-Spezialisten, noch mehr freilich die der beiden supergenialen Hacker Paul und William. Das Kapitel, in dem sich die beiden in die diversen Firmencomputer einschleichen und, erst mal drin, nach Herzenslust manipulieren, fand ich dennoch staunenswert und außerordentlich spannend! Ich nehme an, dass derartige Vorgänge durchaus realistisch sind, wiewohl nicht in einem solchen Ausmaß. Oder doch? Und wenn noch nicht jetzt, dann sicher in der Zukunft?
Ja, ich habe so einiges gelernt während der eher mühseligen Lektüre, ein paar Dinge auch begriffen – glaube ich. Und im letzten Drittel, als sich der Schleier ein wenig gelüftet hatte, fühlte ich mich richtig gut unterhalten. Zu meiner nicht geringen Überraschung! Da kamen mir nämlich plötzlich die Protagonisten, die ich insgesamt nur mittelmäßig gut ausgearbeitet finde, denn sie bleiben bis zum abgehackten Schluss (gar nicht gut!) gesichtslos, obschon sie bis dahin ein wenig an Profil gewonnen hatten, tatsächlich näher. Und die italienische Dottoressa, bei der ich die meiste Zeit über vergebens nach so etwas wie Moral gesucht hatte, tat mir unglaublicherweise sogar leid! So stark war sie, arrogant und kaltblütig und selbstherrlich, sich für unbesiegbar haltend – und da brauchte es nur einer falschen, einer unbedachten Entscheidung, um sie zu Fall zu bringen und zur Bittstellerin werden zu lassen, der man nicht wirklich gerne beistand. Tja, so ist das nun einmal mit den sogenannten Freunden! Nun, ihr Schicksal bleibt offen, wie das des Weinkenners und -genießers Belair, dem 0,01% Sicherheitsrisiko für die von Saulus zu Paulus mutierten Hackerprofis Paul und William. Das lässt darauf schließen, dass der Autor eine Art Fortsetzung geplant hat – für die ich mir aber eine flüssigere und damit klarere Art des Erzählens wünschen würde. Und das Weglassen von Anspielungen, die nicht von jedem Leser dechiffrierbar sind, wie das hier in 'Lokstopp' das eine oder andere Mal geschehen ist. Hinter die Kulissen zu blicken gelingt in der Regel nur, wenn diese klare Konturen haben und wenn es deutbare Hinweise gibt, was in dem vorliegenden Krimi jedoch alles in allem nicht der Fall ist.

Veröffentlicht am 17.02.2022

Ein 'sinnvoller Lebensabend' in Schweden mit Hindernissen

Herbstfrühling in Schweden
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Über die Autorin erfährt man, bevor man mit der Lektüre des als „Schwedenroman mit Herz“ apostrophierten Roman-Märchens „Herbstfrühling in Schweden“ beginnt, dass sie 'mit Herz, Humor und Gefühl' schriebe ...

Über die Autorin erfährt man, bevor man mit der Lektüre des als „Schwedenroman mit Herz“ apostrophierten Roman-Märchens „Herbstfrühling in Schweden“ beginnt, dass sie 'mit Herz, Humor und Gefühl' schriebe und 'den Figuren ihrer Geschichten so viel Leben' einhauche, 'dass man meint, sie schon seit Ewigkeiten zu kennen'.
Fein, dachte ich und freute mich auf unbeschwerte, entspannte Lesestunden, einfach zum Abschalten, als Ausgleich zur immer nerviger werdenden und sich ins Unendliche hinziehenden gegenwärtigen Situation, in unserer Gesellschaft und anderswo! Zum Glück war mein Anspruch kein hoher, ansonsten wäre Renas Schwedengeschichte, fern aller Realität, weshalb ich das Ganze oben auch als 'Märchen' bezeichnet habe, ein rechtes Ärgernis gewesen.
Von unverhofften, ungewöhnlichen Erbschaften hört man ja immer wieder einmal, meistens aus dritter Hand, denn jemand kennt jemanden, der gehört hat... - man kennt das! Und stellt sich nichtsdestotrotz vielleicht selber vor, eines Tages der eine unter 10 Millionen oder so zu sein, dem so etwas in den Schoß fällt. Eine Finca auf Mallorca? Oder womöglich ein Cottage in Cornwall? Oder ein kuscheliges rotes Häuschen im schönen Schweden, in der Heimat von Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga oder den Kindern aus Bullerbü? Nun, Lotta Josefsdotters Heldin Rena – Renate, wie man irgendwann einmal beiläufig erfährt – fällt das sagenhafte Erbe zu, von ihrem unbekannten schwedischen Vater, der aber – und davon ist wohl im Vorgängerband die Rede – gar nicht verblichen ist, sich im Gegenteil bester Gesundheit erfreut und obendrein auch noch wohlhabend ist. Testen wollte er die Tochter, die vor Jahren einem One-Night-Stand entsprossen ist. Oder sie einfach nur kennenlernen. Das werden diejenigen unter der Leserschaft wissen, die Rena und dem Vater bereits im ersten Band begegnet sind. Aber wichtig ist das nicht, wie ich auch nicht meine, dass es notwendig ist, besagten Band gelesen haben zu müssen, um der Handlung des hier zu besprechenden „Herbstfrühlings“ folgen zu können.
Denn hier bahnt sich eine neue Geschiche an: das Herrenhaus, das Rena gegen das ursprünglich geerbte und mit Mühen renovierte viel kleinere Häuschen im Walde eingetauscht hat, soll einem wohltätigen Zweck und die Besitzerin selbst offensichtlich einer Beschäftigung zugeführt werden – und auswanderungswillige Senioren des Kirchenchors aus Renas Heimatstadt Balve aufnehmen, um ihnen zu helfen, den Rest ihres Lebens sinnvoll zu gestalten. Na danke, dachte ich, über das, was sinnvoll ist oder nicht möchte ich schon gerne selbst bestimmen dürfen, auch noch im höheren oder gar hohen Alter! Also nein – ich hätte mich gewiss nicht angesprochen gefühlt, mit Rena, Arvid, Einar und wie sie alle heißen, meinen Lebensabend zu verbringen. Aber ich bin, man wird es schon gemerkt haben, schließlich auch nicht die geeignete Leserin für ein Buch wie dieses, das, da bin ich ganz sicher, mit Gewissheit ein begeistertes Publikum finden wird, respektive bereits gefunden hat.
Für meinen Geschmack ist die Geschichte zu konstruiert, zu weit hergeholt, die Figuren desgleichen. Sie erschienen mir zu keinem Zeitpunkt wie alte, liebgewonnene Bekannte, erfüllten zu viele Klischees, mit denen ich rein gar nichts im Sinn habe. Ja, drei der Rentner, natürlich alle mackenbehaftet, waren reizend, so gutherzig wie guten Willens. Ihnen zu begegnen ist ganz vergnüglich. Seniorin Lisbeth hingegen – naja, das Klischee schlechthin! Und was den eigentlich sympathischen Einar, Vater der Hauptperson, dazu bringt, sich in gerade diese Zimtzicke zu verlieben – nun, das verstehe einer. Die Wege der Liebe sind verschlungen und unergründlich, um ein bekanntes Zitat abzuwandeln...
Am wenigsten gefallen jedoch hat mir in der Tat Rena, Heldin des Romans und Ich-Erzählerin – mal abgesehen von ihrer schrecklichen Instagram-Mutter, die leider Gottes alsbald mit Renas Zweitvater auftaucht, sich häuslich niederlässt auf dem Gutshof und alles und jeden dirigieren möchte und anscheinend nicht gedenkt, je wieder nach Hause, zurück nach Deutschland, zu fahren um gefälligst dort zu bleiben! Diese Rena also, um meine Gedanken weiterzuführen, ist so romantisch, dass es wehtut. Ständig schwebt sie inmitten einer rosaroten Wolke, die regelmäßig zerfällt, um einer neuen Platz zu machen, die dann wieder nicht tragfähig ist, und so fort.
Gefühlsduselei der Art, die Rena zu eigen ist, ist mir unerträglich. So wie ich nicht erfassen kann, aus welchem Grunde die Neu-Schwedin, die ständig betont, mit Arvid das große, das unverhoffte Glück ihres Lebens gefunden zu haben, dieser ihrer ach so großen Liebe sofort misstraut, sobald der arme Bursche nur mal die Mundwinkel hängen lässt oder nicht die ganze Zeit plappert. - Und wenn ich mir ihre eigenen Platitüden durchlese, dann möchte ich es lieber mit dem Sprichwort halten, dass Reden Silber, Schweigen aber Gold ist. - Welch große, große Unsicherheit doch in der Romantikerin wohnt, und wie leid einem Arvid tun kann, mit dieser auf Dauerharmonie abonnierten Klette täglich aufs Neue klarkommen und ihre immerwährenden Zweifel zerstreuen zu müssen! Fürchterlich schmalzig und ganz und gar unerträglich wird es dann aber, als Rena guter Hoffnung ist, das Kind als Krönung ihrer und Arvids Liebe schließlich unter Mitwirkung all der adoptierten Senioren nebst Mutter und der beiden Väter gebärt und zwischenzeitlich auch noch das Rätsel um die schöne Eyvor, deren im Gutshaus hängendem Porträt sie sich so nahe fühlt, auf die sentimentalste und gleichzeitig unwahrscheinlichste aller Weisen löst.
Doch so ist das nun einmal in Märchen: Ende gut, alles gut – und sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage! Wünschen wir Rena und ihrem Sammelsurium von verirrten, verwirrten, freundlichen und unausstehlichen Mitbewohnern und Anverwandten, dass sie auch weiterhin in einer Blase des Glückes schweben mögen, dort oben im schönen Schweden, über dessen Gepflogenheiten man übrigens – lobend sei es erwähnt – eine ganze Menge erfährt. Freuen wir uns an der von Lotta Josefsdotter geschaffenen heilen Welt mit der gelegentlichen, harmlosen Schlange im Paradies – gerade in unserer so unheilen Zeit!

Veröffentlicht am 03.12.2021

Zu viele ausgeknipste Lichter!

Licht aus!
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Der Titel verrät es – und die Inhaltsbeschreibung auch: in dem Roman oder Krimi oder Thriller mit humoresken Zügen oder der Groteske – oder was auch immer ich da gelesen habe - werden gar viele Lichter ...


Der Titel verrät es – und die Inhaltsbeschreibung auch: in dem Roman oder Krimi oder Thriller mit humoresken Zügen oder der Groteske – oder was auch immer ich da gelesen habe - werden gar viele Lichter ausgeknipst, im wahren wie auch im übertragenen Sinne! Und es stimmt auch, dass die beiden Helden rechte Tolpatsche und ganz eindeutig nicht die hellsten Lichter am Kronleuchter sind. Dabei hat, wie man so nebenbei erfährt, der eine von ihnen, Kai mit Namen, tatsächlich dereinst ein Einserabitur abgelegt – was, nebenbei bemerkt, ein sprechendes Licht werfen mag auf unser Bildungssystem....
Lichter, immer wieder Lichter! In dem Maße, wie sie ausgeschaltet werden oder einem Blackout in den wirren Köpfen der beiden seltsamen Protagonisten Kai und Ben weichen, leuchten sie unvermutet mitten in tiefster Dunkelheit auch wieder auf. Dann nämlich, wenn einem von ihnen eine plötzliche Eingebung kommt, die die Bausteinchen auf dem langen, so mühe- wie gefahrvollen Weg zur Wahrheitsfindung beziehungsweise zur Lösung eines arg verworrenen Falles sind, über den Ben da gestolpert ist, buchstäblich, denn seinem potentiellen Auftraggeber wurde das Licht ausgepustet, bevor er Ben engagieren konnte. Privatdetektiv ist letzterer neuerdings, im Nebenberuf, denn seinen Broterwerb scheint er mit gelegentlichen Auftritten als Zauberkünstler zu bestreiten. Seine diesbezüglichen Fähigkeiten bleiben im Dunkeln, denn zum Einsatz kommt er in der hier zu besprechenden Geschichte nur einmal, am Rande, ohne dass man es eigentlich mitbekommt, denn es wird nicht weiter darauf eingegangen.
Als Privatdetektiv allerdings tut sich Ben noch schwer, und verfolgt man seine Herangehensweise – ungläubig und mit einiger Verblüffung, soll angemerkt werden -, stellt man schnell fest, dass er sich sogar mit dem kleinen Einmaleins dieses Berufes schwer tut, vom großen ganz zu schweigen, obschon, das muss man ihm zugute halten, er sich gewiss bemüht, sein neues Handwerk von der Pieke auf zu lernen, steckt er doch gerade in einem Fernlehrgang zum Private Eye, wie es die Amerikaner so schön ausdrücken.
Noch etwas muss man Ben lassen – er hat einen gewissen Riecher, weiß intuitiv, wann etwas faul ist; das 'wo' und 'wieso' ist ihm hingegen selten klar. Und genau diese Begabung bringt ihn zwar während seiner unkoordinierten, um nicht zu sagen chaotischen, Ermittlungen in des Teufels Küche, führt ihn aber schließlich auf die rechte Spur. Dass er am Ende überhaupt noch lebt, nachdem er all die Blessuren, die er sich einhandelt, anscheinend mühelos weggesteckt hat, ist schon erstaunlich! Das Gleiche gilt auch für seinen Freund und Mitbewohner Kai, den ehemaligen Einserabiturienten ohne erkennbares Hirn, wenn man einmal absieht von seiner Inselbegabung in Sachen Informatik und allem, was damit zu tun hat. Triebgesteuert und mit übersteigerter Libido bewegt er sich durch die Handlung, unfreiwilliger Helfer bei Bens Ermittlungen, selten den Durchblick habend, genauso planlos und unbedacht wie sein Zauberkünstlerfreund. Kurz und gut, die beiden Kerle, die aber in ihrer Einfalt sehr sympathisch sind, was ein Pluspunkt des Romans ist, haben sich vielleicht nicht gesucht, aber doch gefunden! Einer hilft dem anderen aus der Patsche – und macht diese dann zumeist noch schlimmer! Das wiederum führt zu manch komischen Situationen, die freilich immer auch brandgefährlich sind. Also will das Lachen nie so recht raus aus den Kehlen der Leser und kann so auch niemals die Spannung entschärfen, die diese Krimi-Thriller-Groteske unzweifelhaft hat und die sich – lobend sei dies erwähnt – immer weiter aufbaut. Bis zum Finale? Nicht so ganz, denn dieses Finale lässt zu viele Fragen offen und so recht logisch ist es für mich nicht. Der sehr ausführlich geschilderten, unnötig ausgewalzten Dauer-Action ist zum Schluss wohl die Puste ausgegangen und abrupt zum Stillstand gekommen oder, um im Bilde zu bleiben, ihr wurde einfach das Licht ausgeblasen....
Summa summarum: alles in allem war mir die Geschichte, trotz aller Rasanz und der schnellen Abfolge der vielen, teils unerwarteten Ereignisse, zu lang und auch zu langatmig. Der Fall selber, über den sich Ben und Kai ahnungslos und ohne sich der Konsequenzen bewusst zu sein, hergemacht haben und der mehrere Nummern zu groß für sie war, wirkt stark konstruiert und gehört eher dem Reich der ausufernden Phantasie an, was aber an sich durchaus in Ordnung ist, denn wir haben es schließlich nicht mit einem Tatsachenbericht, sondern eben mit einem Roman zu tun. Was mir aber schon sehr bald gründlich gegen den Strich gegangen ist, ist die Sprache, derer sich der Autor seine Protagonisten – und übrigens nicht nur diese, denn gar viele Akteure, einer abgedrehter als der andere, tummeln sich in der Geschichte – befleißigen lässt! Denkender- und handelnderweise! Hin und wieder flapsige Ausdrücke in die Handlung einzustreuen kann originell und erheiternd wirken. Aber durchgehend? Und immer stärker entgleisend und unter die Gürtellinie gehend? Zuviel des Guten, viel zu viel! Und das ist dann nur noch nervig und ärgerlich obendrein!

Veröffentlicht am 02.07.2021

Papa ist weg!

Wenn man so will, waren es die Aliens
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Als „ungewöhnliche Jungenfigur“ wird Josh, der Protagonist des vorliegenden Romans aus dem Magellan Verlag – in gewohnt schöner, wie sorgfältiger Aufmachung -, in einer Kritik bezeichnet. Und genau das ...


Als „ungewöhnliche Jungenfigur“ wird Josh, der Protagonist des vorliegenden Romans aus dem Magellan Verlag – in gewohnt schöner, wie sorgfältiger Aufmachung -, in einer Kritik bezeichnet. Und genau das ist er – erfreulicherweise! Denn wie viele 17jährige gibt es, die klaglos und aus eigener Entscheidung die Schule ein Jahr vor dem Abschluss abbrechen, um ihrem Vater im Familienhotel zur Hand zu gehen? Josh tut das, weil er über ein beträchtliches Verantwortungsbewusstsein verfügt, weil sein fünf Jahre älterer Bruder ans andere Ende der Welt, nach Neuseeland, ausgewandert ist und sein gesundheitlich angeschlagener Vater es nicht alleine schaffen würde, das Hotel am Meer, in das er sein Leben, seine Träume gesteckt hat, zu halten. Josh liebt seinen Vater und er sorgt sich um ihn, denn seitdem die Mutter auf der Suche nach Selbstfindung die Familie verlassen hat, ist er nicht mehr der alte. Er hat sich verändert, ganz allmählich, zieht sich immer mehr zurück – und ist eines schönen Morgens spurlos verschwunden.
Josh ruft seine Freunde zu Hilfe und gemeinsam machen sich die Vier auf die Suche nach Frank, dem Vater. Dabei entwickeln sie die abenteuerlichsten Theorien zu seinem Verbleib, und das Mädchen Kia, Tochter einer sehr alternativen Mutter, scheint gar überzeugt zu sein, dass die Aliens ihre Hände im Spiel haben könnten.
Mehr oder minder durch Zufall kommen sie Joshs Vater auf die Spur, wobei Josh eigentlich ziemlich genau wusste – was allerdings erst nach und nach dem Leser mitgeteilt wird - , was der Grund für Franks Verschwinden war und überhaupt, was hinter seinem zunehmend seltsamen Verhalten während der letzten Jahre steckt. Joshs Vater ist depressiv und war deshalb bereits einmal für längere Zeit in einem Sanatorium. Nachdem das endlich klar wird, versteht der Leser Joshs Sorge natürlich besser. Der Junge hat große Angst, dass seinem Vater etwas Schlimmes zugestoßen sein könnte. Man kann sich vorstellen, wie allein und hilflos sich Josh fühlt, wie überfordert, denn die Leitung des Hotels liegt jetzt schließlich auch noch in seinen Händen. Zum Glück hat er seine Freunde, nicht alltäglich auch sie, aber für ihn da, als Josh sie braucht. Und alle tragen ihren Teil dazu bei, Frank am Ende wiederzufinden....
Der Autor hat sich einer nicht leichten, einer berührenden, allzu oft totgeschwiegenen Thematik angenommen in seinem Roman, wenn auch nicht mit aller Konsequenz. Und er hat vor allem einen Protagonisten geschaffen, der den Leser auf seine Seite zieht, denn Josh ist ein großartiger Junge, auf den sein in einer anderen Welt lebender Vater unbedingt stolz sein kann.
So weit, so gut! Die Suche nach dem Vater wird aus der Perspektive des Protagonisten Josh erzählt. Und dieser macht unendlich viele Worte, die sich gar oft um sich selber drehen und sich buchstäblich ineinander verknoten. Mir schwirrte immer wieder der Kopf beim Lesen dieses Gedankenwirrwarrs, das in die eigenartigsten Sätze gepackt wurde, das sich wie eine Schraube hochdrehte – und das wollte bis zum Ende einfach nicht aufhören! Von den vielen, vielen Anglizismen und „Fucks“ in den abwegigsten und komplett unnötigen Zusammensetzungen ganz zu schweigen. Authentische Jugendsprache? Hoffentlich nicht! Mit vielen verschwurbelten Worten, Sätzen und Satzfetzen wurde, unterm Strich, wenig ausgesagt. Zudem schien mir der so sympathische Josh unstimmig; einerseits managt er Vaters Hotel – ungewöhnlich souverän übrigens für einen so jungen Mann ohne Erfahrung mit dem Geschäft -, andererseits kommt er in vielen seiner Gedankenergüsse daher wie ein frisch gebackener Grundschüler. Und als seien diese Diskrepanzen noch nicht ausreichend, lässt ihn der Autor, sein geistiger Vater, gelegentlich auch noch hoch philosophische, tiefgründige Sätze sagen, die man allerdings leicht übersehen kann, so verpackt sind sie in dieser verwurstelten Sprache, die mir immer unerträglicher wurde. Dass es dem Verfasser dennoch gelungen ist, Josh zu einem so gewinnenden Charakter zu machen – obwohl er ihm so viel Unsinniges, Unverständliches in den Mund legt -, ist verwunderlich!
Und zu guter Letzt für all diejenigen, die sich durch den Buchtitel irreleiten lassen und etwa meinen, dass zwischen den Buchdeckeln etwa Science Fictionartiges verborgen sei – weit gefehlt! Und ob Kia, die die Idee mit der Entführung durch die Aliens zu Anfang aufgebracht hat, tatsächlich an ihre eigenen Worte glaubt, wage ich am Ende der Lektüre des Jugendromans – freilich für sehr reife Jugendliche! - zu bezweifeln!

Veröffentlicht am 16.11.2019

Bee Merryweather stolpert ins nächste Verbrechen

Leichenschmaus im Herrenhaus (Bee Merryweather ermittelt 2)
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Nachdem die pensionierte Handarbeitslehrerin Bee Merryweather bereits im Vorläuferband "Todesklang und Chorgesang" ( den man am besten schon gelesen haben sollte, bevor man sich an den zweiten Band macht, ...

Nachdem die pensionierte Handarbeitslehrerin Bee Merryweather bereits im Vorläuferband "Todesklang und Chorgesang" ( den man am besten schon gelesen haben sollte, bevor man sich an den zweiten Band macht, denn er verrät soviel über die Handlung, dass einem die Spannung dann fehlen würde! ) ihr unglückseliges Talent, nämlich über Leichen zu stolpern, unter Beweis gestellt hat, darf sie nun auch in einem zweiten Band auftreten. Der Leser ahnt natürlich, dass die recht schusselige Bee, die sich auch noch um drei Katzen zu kümmern hat, neben ihrem doch etwas langweiligen Hobby, dem Häkeln von Eierwärmern, das sie gar zu einem recht florierenden Geschäft gemacht hat, auch weiterhin nicht die Finger, genauer gesagt ihre neugierige Nase, von Dingen lassen kann, die sie nichts angehen. Aber um ihr Gerechtigkeit zukommen zu lassen - sie kann doch wirklich nichts dafür, dass sie zugegen ist, als die Hündin der neuen Nachbarin eine Leiche ausbuddelt! Und dass sie sich dann später, nachdem sie sich bei der Geburtstagsfeier eben jener Nachbarin an einem indischen Gericht den Magen verdorben hat und schnellstmöglich eine Toilette aufsuchen muss, zufällig ins Zimmer des Gastgebers verirrt und diesen tot auffindet, erstochen mit einem Dolch, ist doch wirklich nicht ihre Schuld, oder?

Die Polizei allerdings, die bereits im ersten Band über Bees Schnüffeleien, die ihr damals um ein Haar das Leben gekostet hätten, alles andere als erfreut war, ist jedenfalls anderer Meinung und würde die Handarbeitslehrerin außer Dienst am liebsten in Gewahrsam nehmen, zu ihrem eigenen Schutz, denn durch ihre Unvorsichtigkeit bringt sie sich gar gerne in des Teufels Küche! Und mit den beiden Toten im winzigen Dörfchen South Pendrick im schönen Cornwall, Bees Domizil seit wenigen Jahren, hat sie auch ohne deren Einmischung genug zu tun. Doch Mrs. Merryweather, die in diesem Cosy Crime etwas verloren und traurig daherkommt, denn weder geht es voran mit der sich im Vorgängerband anbahnenden Beziehung zu dem sympathischen, aber entscheidungsschwachen Arzt Marcus Strong noch mit den Kontakten zu den Dorfbewohnern, die Bee trotz ihrer Bemühungen um Freundschaft oder doch wenigstens Integration nach wie vor als Außenseiterin betrachten.

Bee ist einsam, bringen wir es auf den Punkt! Und was machen einsame Menschen, die viel Zeit haben und denen noch dazu eine Aufgabe im Leben fehlt? Ganz recht, sie suchen sich eine Beschäftigung, die ihrem Wunsch nach Anerkennung und Akzeptanz einerseits und andererseits, wie in Bees speziellem Fall, ihrer Sehnsucht nach zwischenmenschlichen Kontakten entgegenkommt. Mit den Leuten reden, ihnen die passenden Fragen stellen, sie aushorchen und wenn möglich sogar belauschen - rein zufällig natürlich, wie Bee sich und den Polizisten einreden möchte! - das ist so ganz der ehemaligen Handarbeitslehrerin Ding! Dass sie dadurch, immer leicht unbeholfen wirkend und allzu oft schlotternd vor Angst, tatsächlich auch diesmal den Hintergründen der beiden Todesfälle, deren erster ein sehr seltsamer Unfall war, während man bei zweitem von geplantem Mord sprechen muss, auf die Spur kommt, verwundert mich als Leserin doch einigermaßen! Bees kriminalistischer Spürsinn ist doch recht schwach ausgeprägt, ihre Neugierde dafür umso stärker. Und wer neugierig ist, erfährt halt auch viel, und dann ist es nicht mehr schwer, Zwei und Zwei zusammenzuzählen. Der Leser tut das auch, und zwar schon einige Zeit bevor bei Bee der Groschen gefallen ist...

Nein, sie überzeugt mich nicht als Kriminalistin, die verwitwete Mrs. Merryweather - und sie mit Agatha Christies unvergesslicher, blitzgescheiter, vollkommen illusions- und daher furchtloser, gar nicht einsamer und angenehm in sich ruhender Miss Jane Marple zu vergleichen, halte ich für sehr weit hergeholt... Doch ist Bee sympathisch, hat ein gutes Herz und hätte ein wenig Glück in ihrem Leben verdient. Hoffen wir nur, dass sich ihre Beziehung zu dem unentschlossenen Arzt Marcus endlich weiterentwickelt und dass es ihr schließlich doch gelingt, ein paar gute Freunde zu finden, mit denen sie zusammenhocken und die sie von ihrem unguten Verlangen nach Mordgeschichten abbringen und sie hoffentlich davon abhalten würden, von einem Verbrechen ins nächste zu stolpern, die sie allesamt zwar irgendwie löst, bei denen sie sich aber jedesmal in Todesgefahr begibt, aus der sie andere befreien müssen. Dass sie zweimal Glück gehabt hat, unverdientes und geradezu unverschämtes Glück, sollte ihr zu denken geben....

Alles in allem habe ich hier zwar einen ganz netten "Wohlfühlkrimi", denn so sollte man das Sub-Genre "Cosy Crime" wohl übersetzen, gelesen, aber auch einen recht betulichen, spannungsarmen und sich von der Masse der zahlreichen Krimis seiner Art nicht abhebenden und nicht sonderlich tiefgehenden, was sich auf die handelnden Personen erstreckt, die bedauernswerterweise stark an der Oberfläche bleiben und bis zum Schluss viel zu blass bleiben, um mir als Leserin nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben und den dringenden Wunsch nach weiteren Begegnungen mit der Protagonistin aufkommen zu lassen. Doch genau letzteres hätte ich mir gewünscht!