Cover-Bild Requiem
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Klett-Cotta
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 18.02.2023
  • ISBN: 9783608986846
Karl Alfred Loeser

Requiem

Roman

Die große Neuentdeckung: Ein meisterhafter Roman aus den Dreißiger Jahren

Der jüdische Cellist Erich Krakau wird Opfer einer gnadenlosen Intrige, an der sich bald eine ganze Stadt beteiligt: Kleinbürger, Emporkömmlinge und Spießer. Der von Peter Graf entdeckte, bislang unveröffentlichte Roman von Karl Loeser wirkt beinahe prophetisch. Denn geschrieben wurde er, bevor die Vernichtung der europäischen Juden ins Werk gesetzt wurde. 

Eine Stadt in Westfalen Mitte der 1930er-Jahre: Die Entrechtung der in Deutschland lebenden Juden ist weit fortgeschritten, aber einige leben weiterhin unbescholten und können ihren Berufen nachgehen. Zu ihnen gehört der Cellist Erich Krakau, der am städtischen Symphonieorchester tätig ist. Das Blatt wendet sich, als der 22-jährige Fritz Eberle, Mitglied bei der SA, seine Stelle im Orchester einnehmen will. Getrieben von Hass, entsteht eine Hetzjagd auf den unschuldigen Krakau, in die Freunde mit hineingezogen werden, die alles für Krakau riskieren – aber auch skrupellose Emporkömmlinge auf der Seite Eberles, die gut vernetzt sind und Krakau gefährlich werden. Karl Loesers auf eigene Erlebnisse und die Erlebnisse seines Bruders  zurückgreifende Roman erzählt vom Schrecken der Diktatur und macht die Mechanismen des Terrors sichtbar.

Zur Editionsgeschichte:

Schon immer gab es sehr talentierte Autoren, deren Werk nie an die Öffentlichkeit gekommen ist. Der aus Berlin stammende Karl Alfred Loeser war einer von ihnen. Von den Nazis vertrieben, führte ihn seine Flucht über Amsterdam nach Brasilien. Dort entstanden seine Romane, Novellen und Theaterstücke. Zwar wusste seine Familie, dass er sich häufig zum Schreiben zurückzog, doch was er schrieb, blieb unbekannt. Erst nach seinem Tod 1999 entdeckte die Familie den Nachlass. Darunter befand sich auch der auf Deutsch verfasste Roman »Requiem«, der in der ursprünglichen Fassung den Titel »Der Fall Krakau« trug und vor dem Hintergrund des Schicksals seines Bruders, eines Musikers im Dritten Reich, enstanden war. Loeser selbst hatte den Roman ins Portugiesische übertragen, traute sich aber nicht, ihn Verlagen anzubieten, weil es ihm unter dem Machthaber Getúlio Dornelles Vargas, der mit dem Nationalsozialismus sympathisierte, zu gefährlich erschien, seine jüdische Herkunft mit einer solchen Publikation öffentlich zu machen. Seinen Bruder Norbert, der in den Niederlanden blieb und den Krieg dort überlebte, sah er nach dem Krieg wieder.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.06.2023

Besser als manches Sachbuch

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REZENSION – Dem Literatur-Scout und Herausgeber Peter Graf ist mit dem Roman „Requiem“ des deutschen Schriftstellers Karl Alfred Loeser (1909-1999) eine literarische Entdeckung gelungen, die es auch etwa ...

REZENSION – Dem Literatur-Scout und Herausgeber Peter Graf ist mit dem Roman „Requiem“ des deutschen Schriftstellers Karl Alfred Loeser (1909-1999) eine literarische Entdeckung gelungen, die es auch etwa 70 Jahre nach Fertigstellung des Manuskripts noch unbedingt zu lesen lohnt. Hauptberuflich als Bankangestellter tätig, war Loeser im Jahr 1934 zunächst nach Amsterdam geflohen, wohin sein älterer Bruder, der Musiker Norbert Loeser (1906-1958) bereits geflohen war, dann aber bald nach São Paulo (Brasilien) emigriert, wo er bis zum Ruhestand weiterhin in einer Bank arbeitete. Außer der Musik frönte er seiner heimlichen Leidenschaft, der Schriftstellerei, und verfasste einige Romane, die allerdings nie veröffentlicht und von der Familie erst nach seinem Tod im Nachlass gefunden wurden. Eines dieser Werke ist sein Roman „Der Fall Krakau“, der nun erstmals im Februar als „Requiem“ beim Verlag Klett-Cotta erschien. Das Buch zeichnet in 29 Kapiteln, die sich nahtlos zu einer Geschichte fügen, „ein Sittengemälde des nationalsozialistischen Deutschlands vor dem Zweiten Weltkrieg und bevor die Vernichtung der europäischen Juden ins Werk gesetzt wurde“, fasst es der Herausgeber im Nachwort zusammen.
Nur wenige Monate nach der Machtergreifung der Nazis und nach Erlass des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums am 7. April 1933, das im Deutschen Reich unmittelbar zur Entlassung zahlreicher jüdischer Künstler führte, ist Solo-Cellist Erich Krakau der einzig noch verbliebene Jude im städtischen Sinfonieorchester. Trotz drohender Gefahr und eindringlicher Mahnung seines Hausarztes, der überstürzt nach Amsterdam flieht, denkt Krakau nicht an Flucht. Er lebt in seiner „Welt von Schönheit und Kunst, von Harmonie und Zivilisiertheit“ und verdrängt völlig, dass man ihm nach dem Leben trachten könnte. Krakau ist einer jener vielen, die in schrecklichem Irrglauben auf bald wieder bessere Zeiten hoffen: „Unsere Hoffnung ist die Menschlichkeit, unsere Hoffnung, die wir mit Millionen Nichtjuden teilen, ist, dass die Finsternis recht bald einem neuen Licht weichen möge.“
Doch schon bald wird Krakau das Opfer einer unerwartet hemmungslosen Intrige, in die auch seine Künstlerkollegen zwangsläufig verwickelt und zur eigenen Positionierung im Verhältnis zu ihm, dem Freund und Juden, gezwungen werden: Der unbedarfte 22-jährige Bäckersohn Fritz Eberle, Mitglied eines SA-Sturmtrupps und Amateur-Cellist, verfolgt mit Hilfe seiner brutalen Kumpane sowie eines erfolglosen, aber ehrgeizigen Journalisten sein Ziel, den Juden Krakau zu verjagen und dessen Stelle im Orchester einzunehmen.
Loeser schildert auf meisterhafte Weise die Vielfalt der komplexen Gesellschaft aus Mutigen und Feiglingen, aus Gleichgültigen und Tätern. Er zeigt – gewissermaßen als neutraler Beobachter, fast mit einem Anklang von Resignation – die verschiedensten Verhaltensmuster der Menschen in jener Zeit des Umbruchs, ohne zu urteilen oder gar zu verurteilen. Eindrucksvoll sind manche Gespräche wie jenes zwischen dem nur an seiner Karriere interessierten stellvertretenden Gauleiter Stübner und dem alten Rabbiner, den auch nach tagelanger Einkerkerung sein Glaube aufrecht hält: „Reiche sind entstanden, die den ganzen Erdball fast umspannten, und alle sind vergangen wie ein flüchtiger Traum. … Nur das Wort blieb. Gottes Wort und das Heilige Buch.“
Der alte, vom Leben gebeutelte Theaterdiener Meier, der sich trotz allem seinen gesunden Menschenverstand bewahren konnte, hat den Kern allen Übels erkannt: „Aber die feinen Herren in den leitenden Positionen auf den obersten Plätzen, die feinen kultivierten Herrschaften haben zugeschaut und die Achseln gezuckt, und wer zuschaut und nichts tut, der hilft mit. ... Damals, als es anfing, hätte man noch etwas erreichen können, eine einmütige, geschlossene Abkehr aller Gutgesinnten und normal Fühlenden hätte die ganze Bewegung moralisch zu Fall gebracht.“ Doch Loeser nennt die Gründe, weshalb der Lauf der Geschichte ein anderer war.
Loesers Roman „Requiem“ unterscheidet sich wohltuend von anderer Literatur über jene Zeit. Der Autor verzichtet völlig auf die von anderen Autoren oft gebrauchte und allzu vereinfachende Schwarz-Weiß-Stereotype aus Opfern und Tätern. Er zeigt die unzähligen Grauzonen zwischen den Extremen und nennt nachvollziehbare Gründe für die Entscheidungen und Positionierung Einzelner – ob auf bessere Zeiten Hoffender, ob gedankenloser oder ängstlicher Mitläufer, ob Profiteur, Karrierist oder aktiver Täter. Auch verschweigt er keineswegs, wie beschwerlich und gefährlich es in jener Zeit der Willkür sein konnte, sich dem Sturm zu widersetzen. „Requiem“ ist besser als manches Sachbuch über die Anfangszeit des Nazi-Regimes und deshalb nicht zuletzt auch jungen Lesern zum besseren Verständnis jener Jahre zu empfehlen.

Veröffentlicht am 03.04.2023

Ein meisterhaft komponierter und exzellent geschriebener Roman über die Judenverfolgung in Deutschland in den 30ger Jahren

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„Requiem“ erzählt die Geschichte des herausragenden Cellisten Erich Krakau, der Mitte der 30ger Jahre in einer Stadt in Westfalen Mitte erfahren muss, was es heißt, kein Christ zu sein.
Die Nationalsozialisten ...

„Requiem“ erzählt die Geschichte des herausragenden Cellisten Erich Krakau, der Mitte der 30ger Jahre in einer Stadt in Westfalen Mitte erfahren muss, was es heißt, kein Christ zu sein.
Die Nationalsozialisten sind an der Macht und Juden soll es verboten werden, in deutschen Orchestern zu spielen. Es gibt zwar noch Ausnahmen, wie im Fall Erich Krakau, doch das soll sich ändern, als der Bäckersohn Fritz Eberle, ein mäßig begabter Musiker, die Stelle im Orchester einnehmen will.
Als Mitglied der SA holt er sich Unterstützung bei seinen Kameraden und tritt damit eine Lawine los, aus der keiner verschont übrigbleibt. Erich Krakau wird Objekt eines Angriffs und der Kreis beginnt sich um ihn zu schließen.


Meine persönlichen Leseeindrücke
„Requiem“ – was für ein Roman! Unglaublich, dass dieses herausragende Werk so lange im Verborgenen schlummerte und Jahrzehnte nach seiner Erstehung den weiten Weg nach Deutschland gefunden hat.

In eindringlicher Weise schildert Loeser in einer sehr anschaulichen Darstellung, was in Deutschland nach der Machtübernahme von Hitler geschah und wie diese Verfolgung stattgefunden hatte. Die authentische Beschreibung dessen, was passiert ist, eingepackt in einen sehr interessanten Ton, lässt mich nachvollziehen, wie es tatsächlich gewesen ist das Leben in Deutschland in den 30ger Jahren. Loeser teilt jeder Romanfigur stellvertretend für die unterschiedlichen Bevölkerungsschichten und -gruppen, die in jener Zeit agierten, eine bestimmte Rolle zu und fasst somit übersichtlich und leicht verständlich zusammen, wie die neuen Spielregeln im Deutschen Reich funktionierten.

Da ist einmal der junge Fritz Eberle, der die Rolle des kleinen Vorboten spielt. Er ist ein Unbegabter, ein Stümper, ein Unzufriedener, ein Hasser, hinter dem die Masse der Gosse steht, die ganze organisierte Armee, die die Herrschaft innehatte.

Dann ist da der Journalist Wendt, der schielende, gewissenlose Opportunist, ein skrupelloser Filou mit zweischneidiger Zunge. Er scheut vor keiner Missetat zurück, um zu bekommen, was er will. Er steht für die Charakterlosen, die vielen Mitläufer, den Wesen ohne Rückgrat und Verantwortung. Es graust einem gar arg vor so einem Individuum.

Aber es gibt auch die guten Figuren in „Requiem“ wie z.B. den Theaterintendanten und seinen Freund, den Gauleiter. Beide haben zusammen im ersten Weltkrieg gekämpft und noch ein Ehrgefühl für Werte und Gerechtigkeit. Beide haben gesellschaftlich geachtete Positionen inne, doch die politischen Änderungen entzweit beide mehr als sie wahrhaben wollen. Der Gauleiter wird seiner militärischen Ehre durch die Rettung Krakaus gerecht, doch steht der Selbstmord des alten Wehrmachtsoldaten für die Kapitulation der alten Militärgilde vor der neuen Macht der Nationalsozialisten. Eine Entwicklung, die allen Angst macht, die die Gefahr erkennen, egal ob Deutsche oder Juden.
Eine besondere Rolle wird Lisa Krakau zuteil. Obwohl sie als liebreizende, schwache junge Frau dargestellt wird, hat sie so endlich viel Courage, dass sich alle anderen eine Riesenscheibe davon abschneiden könnten! Sie stellt sich dem Übel mit all ihrer Kraft und ihrem Mut entgegen und obwohl die Lage ausweglos scheint, schöpft sie all ihre Möglichkeiten aus, um ihren Mann zu retten.
Und genau darum geht es in diesem Roman! Jeder Mensch kann etwas bewegen, nur, die meisten denken, ihr Etwas wäre so wenig, dass es sich nicht lohnt, eine Anstrengung zu unternehmen. Und das Unterlassen ist um so viel bequemer, schreibt Loeser. Wie wahr; gerade auch in unserer heutigen Zeit!

Fazit
„Requiem“ von Alfred Loeser ist meisterhaft komponierter und exzellent geschriebener Roman, der mir unendlich viel bedeutet, seit ich ihn gelesen habe.

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Veröffentlicht am 18.02.2023

Tolles Zeitzeugnis

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Die Geschichte dieses Buches und seines Autors hat mich neugierig gemacht, da sie so ungewöhnlich ist. Es gelingt dem Autor, ohne politisch zu werden, den Aufstieg des Nationalsozialismus in den 1930er ...

Die Geschichte dieses Buches und seines Autors hat mich neugierig gemacht, da sie so ungewöhnlich ist. Es gelingt dem Autor, ohne politisch zu werden, den Aufstieg des Nationalsozialismus in den 1930er Jahren gekonnt zu beschreiben. Der Fokus liegt auf den Menschen und ihrer Psychologie und wird meisterlich erzählt. Frustrierte, Hoffnungslose, Abgehängte hängen sich an politische Ideen und haben plötzlich die Chance, „etwas zu werden“, und so gehen diese Normalbürger auf Kosten Anderer über Leichen. Die Opportunisten werden demaskiert ohne dass das Buch moralisch oder politisch wird. Man versteht, wie der Terror im Kleinen funktioniert und wie sich aus Willkürlichkeiten Böses entwickelt, weil jeder Angst hat. Die Geschichte ist sehr gut konstruiert und am Ende hat jede Person, jede Handlung einen Sinn im Gesamtwerk. Der Schreibstil ist neutral und nüchtern und schildert in zeitlosem Ton die Handlung. Toll, dass dieses sehr lesenswerte Buch nun veröffentlicht wurde.

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