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Veröffentlicht am 18.02.2023

Setzt eine vielversprechende Grundidee spannend und wendungsreich um

Beste Freunde
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Handlung: Als erstes Buch von Sharon Bolton, die für ihre psychologischen Thriller gefeiert wird, ist letzte Woche "The Pact" bei mir gelandet. Die Grundidee einer kollektiv schuldigen Freundesgruppe, ...

Handlung: Als erstes Buch von Sharon Bolton, die für ihre psychologischen Thriller gefeiert wird, ist letzte Woche "The Pact" bei mir gelandet. Die Grundidee einer kollektiv schuldigen Freundesgruppe, deren Verbrechen von einer Person verbüßt wird, die dafür 20 Jahre später eine Wiedergutmachung einfordert, klang sehr vielversprechend und wurde auch in einer spannenden und wendungsreichen Geschichte umgesetzt. Letztendlich konnten allerdings der Mittelteil und vor allem das Ende nicht halten, was der temporeiche Einstieg in den Roman versprach. Nach dem Zeitsprung und der Rückkehr Megans aus dem Gefängnis, verliert sich die Geschichte leider in Wiederholungen, die immer mehr Fragen aufwerfen, ohne welche zu beantworten, nur um dann in einem eher beliebigen und schlecht vorbereiteten Ende zu gipfeln. Zwar kann man der großen Wendung definitiv nicht vorwerfen, vorhersehbar gewesen zu sein, ich hätte mir aber eine ganze Handvoll besserer Auflösungen vorstellen können. Denn statt den verstreuten Hinweisen zu folgen und aufzugreifen, was sie zuvor schon in den Raum gestellt hat, hat sich Sharon Bolton für ihre Wendung eine Person herangezogen, auf deren Motive und deren Entwicklung kaum eingegangen wurde, sodass nach dem Ende kaum klar wird, was zu der dargestellten Eskalation geführt hat. Eine richtig gute Wendung ist meiner Meinung nach dadurch ausgezeichnet, dass man leise Hinweise und Andeutungen finden würde, wenn man die Geschichte mit dem neuen Wissen nocheinmal lesen würde, sie aber zu subtil sind, als dass sie einem beim Lesen sofort auffallen würden. Eine überraschende Wendung sollte meines Erachtens so logisch in die Handlung eingegliedert sein, dass man darauf kommen KÖNNTE, da es nicht allem bisher gelesenen widerspricht, sondern die Handlung in ein neues Licht setzt. Das war hier leider nicht der Fall - selbst wenn man mit dem neuen Wissen die Geschichte abermals zur Hand nehmen würde, würde man keine Warnzeichen oder Herleitungen entdecken und abermals unvorbereitet und aus dem Nichts mit der Wendung konfrontiert werden. Ich hätte mir also definitiv noch mehr verstreute Hinweise gewünscht, sodass man im Mittelteil ein wenig mitraten kann.

Schreibstil:
Sharon Boltons Schreibstil war recht nüchtern und schmucklos, was sehr gut zu der Geschichte gepasst hat. Sie hat sich hier für eine personale Erzählperspektive mit auktorialen Elementen entschieden, die zwischen den Hauptfiguren wechselt und immer mal wieder eine andere Person in den Fokus nimmt. So bekommen wir einen Einblick in die Leben von allen sechs Figuren und erfahren, was die Situation mit ihnen macht. Auch das bodenständige, leicht düstere Setting der Geschichte passt gut zur Handlung. Die Autorin nimmt in "The Pact" mit nach England in die Umgebung von Oxford und stürzt ihre Figuren zwischen Industrie und Universität, Politik und Kleinbürgerlichkeit, Privilegien und Abgründen in moralische Dilemma, Machtspiele und Rätselraten.

Figuren:
Auffallend ist, dass es in "The Pact" keine richtige Identifikationsfigur gibt. Die sechs Freunde haben alle ihre Schwächen und Fehler, haben Schuld auf sich geladen und handeln teilweise fragwürdig, sodass man zwar mit ihnen mitfiebert, sie aber auch beim Lesen ein wenig verurteilt. Etwas seltsam ist außerdem, dass die Figuren auch nach dem Zeitsprung wenig wie Erwachsene und mehr wie die kopflosen Teenager wirkten, als die wir sie im ersten Abschnitt kennengelernt haben. Zudem habe ich Dan, Felix, Talitha, Xav und Amber einige Male durcheinandergebracht. Ein wenig mehr Tiefe und Abgrenzung zwischen den einzelnen Figuren hätten der Geschichte also nicht geschadet. Wie deren Beziehungen, ihre Freundschaft und Loyalität auf die Probe gestellt werden, ist jedoch sehr toll dargestellt. Die Geschichte zeigt, was Menschen bereit sind zu tun, wenn sie unter ausreichend Druck stehen und wie unterschiedliche Personen mit psychologischem Stress und Traumata anders umgehen. Und mit Megan haben wir eine ambivalente Gegenspielerin, die zwischen Opfer, Monster, Verbrecherin, Strippenzieherin und Mastermind changiert und der Geschichte trotz der einzelnen Kritikpunkte die nötige Würze verleiht, um bis zum Ende gespannt am Ball zu bleiben.


Die Zitate:

"A Silence fell, as though Xav had voiced a truth they’d all known but had been keeping hidden; that they had been drawn together by nothing more than a smug acceptance of their shared privilege, that they were none of them particularly nice, certainly not good people."

"When you think you can't possibly be more afraid, you learn that you can be, that there is no limit to fear."

"That summer was a time of neither hope nor promise but of certainty: they were the chosen ones, to whom the world belonged, and their lives, only just beginning, would be long and golden. How very wrong they were."



Das Urteil:


Der psychologische Thriller "The Pact" setzt eine vielversprechende Grundidee spannend und wendungsreich um und erzählt eine atmosphärische Geschichte über Schuld, Loyalität, Freundschaft, moralische Dilemma, Mord, Machtspiele und Rätselraten. Um ein richtiges Highlight zu werden, haben mir allerdings noch mehr Tiefe bei den Figuren, eine bessere Herleitung der finalen Wendung und etwas mehr Abwechslung im Mittelteil gefehlt

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.02.2023

Setzt eine vielversprechende Grundidee spannend und wendungsreich um

Beste Freunde
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Handlung: Als erstes Buch von Sharon Bolton, die für ihre psychologischen Thriller gefeiert wird, ist letzte Woche "The Pact" bei mir gelandet. Die Grundidee einer kollektiv schuldigen Freundesgruppe, ...

Handlung: Als erstes Buch von Sharon Bolton, die für ihre psychologischen Thriller gefeiert wird, ist letzte Woche "The Pact" bei mir gelandet. Die Grundidee einer kollektiv schuldigen Freundesgruppe, deren Verbrechen von einer Person verbüßt wird, die dafür 20 Jahre später eine Wiedergutmachung einfordert, klang sehr vielversprechend und wurde auch in einer spannenden und wendungsreichen Geschichte umgesetzt. Letztendlich konnten allerdings der Mittelteil und vor allem das Ende nicht halten, was der temporeiche Einstieg in den Roman versprach. Nach dem Zeitsprung und der Rückkehr Megans aus dem Gefängnis, verliert sich die Geschichte leider in Wiederholungen, die immer mehr Fragen aufwerfen, ohne welche zu beantworten, nur um dann in einem eher beliebigen und schlecht vorbereiteten Ende zu gipfeln. Zwar kann man der großen Wendung definitiv nicht vorwerfen, vorhersehbar gewesen zu sein, ich hätte mir aber eine ganze Handvoll besserer Auflösungen vorstellen können. Denn statt den verstreuten Hinweisen zu folgen und aufzugreifen, was sie zuvor schon in den Raum gestellt hat, hat sich Sharon Bolton für ihre Wendung eine Person herangezogen, auf deren Motive und deren Entwicklung kaum eingegangen wurde, sodass nach dem Ende kaum klar wird, was zu der dargestellten Eskalation geführt hat. Eine richtig gute Wendung ist meiner Meinung nach dadurch ausgezeichnet, dass man leise Hinweise und Andeutungen finden würde, wenn man die Geschichte mit dem neuen Wissen nocheinmal lesen würde, sie aber zu subtil sind, als dass sie einem beim Lesen sofort auffallen würden. Eine überraschende Wendung sollte meines Erachtens so logisch in die Handlung eingegliedert sein, dass man darauf kommen KÖNNTE, da es nicht allem bisher gelesenen widerspricht, sondern die Handlung in ein neues Licht setzt. Das war hier leider nicht der Fall - selbst wenn man mit dem neuen Wissen die Geschichte abermals zur Hand nehmen würde, würde man keine Warnzeichen oder Herleitungen entdecken und abermals unvorbereitet und aus dem Nichts mit der Wendung konfrontiert werden. Ich hätte mir also definitiv noch mehr verstreute Hinweise gewünscht, sodass man im Mittelteil ein wenig mitraten kann.

Schreibstil:
Sharon Boltons Schreibstil war recht nüchtern und schmucklos, was sehr gut zu der Geschichte gepasst hat. Sie hat sich hier für eine personale Erzählperspektive mit auktorialen Elementen entschieden, die zwischen den Hauptfiguren wechselt und immer mal wieder eine andere Person in den Fokus nimmt. So bekommen wir einen Einblick in die Leben von allen sechs Figuren und erfahren, was die Situation mit ihnen macht. Auch das bodenständige, leicht düstere Setting der Geschichte passt gut zur Handlung. Die Autorin nimmt in "The Pact" mit nach England in die Umgebung von Oxford und stürzt ihre Figuren zwischen Industrie und Universität, Politik und Kleinbürgerlichkeit, Privilegien und Abgründen in moralische Dilemma, Machtspiele und Rätselraten.

Figuren:
Auffallend ist, dass es in "The Pact" keine richtige Identifikationsfigur gibt. Die sechs Freunde haben alle ihre Schwächen und Fehler, haben Schuld auf sich geladen und handeln teilweise fragwürdig, sodass man zwar mit ihnen mitfiebert, sie aber auch beim Lesen ein wenig verurteilt. Etwas seltsam ist außerdem, dass die Figuren auch nach dem Zeitsprung wenig wie Erwachsene und mehr wie die kopflosen Teenager wirkten, als die wir sie im ersten Abschnitt kennengelernt haben. Zudem habe ich Dan, Felix, Talitha, Xav und Amber einige Male durcheinandergebracht. Ein wenig mehr Tiefe und Abgrenzung zwischen den einzelnen Figuren hätten der Geschichte also nicht geschadet. Wie deren Beziehungen, ihre Freundschaft und Loyalität auf die Probe gestellt werden, ist jedoch sehr toll dargestellt. Die Geschichte zeigt, was Menschen bereit sind zu tun, wenn sie unter ausreichend Druck stehen und wie unterschiedliche Personen mit psychologischem Stress und Traumata anders umgehen. Und mit Megan haben wir eine ambivalente Gegenspielerin, die zwischen Opfer, Monster, Verbrecherin, Strippenzieherin und Mastermind changiert und der Geschichte trotz der einzelnen Kritikpunkte die nötige Würze verleiht, um bis zum Ende gespannt am Ball zu bleiben.


Die Zitate:

"A Silence fell, as though Xav had voiced a truth they’d all known but had been keeping hidden; that they had been drawn together by nothing more than a smug acceptance of their shared privilege, that they were none of them particularly nice, certainly not good people."

"When you think you can't possibly be more afraid, you learn that you can be, that there is no limit to fear."

"That summer was a time of neither hope nor promise but of certainty: they were the chosen ones, to whom the world belonged, and their lives, only just beginning, would be long and golden. How very wrong they were."



Das Urteil:


Der psychologische Thriller "The Pact" setzt eine vielversprechende Grundidee spannend und wendungsreich um und erzählt eine atmosphärische Geschichte über Schuld, Loyalität, Freundschaft, moralische Dilemma, Mord, Machtspiele und Rätselraten. Um ein richtiges Highlight zu werden, haben mir allerdings noch mehr Tiefe bei den Figuren, eine bessere Herleitung der finalen Wendung und etwas mehr Abwechslung im Mittelteil gefehlt

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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.02.2023

Setzt eine vielversprechende Grundidee spannend und wendungsreich um

Beste Freunde
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Handlung: Als erstes Buch von Sharon Bolton, die für ihre psychologischen Thriller gefeiert wird, ist letzte Woche "The Pact" bei mir gelandet. Die Grundidee einer kollektiv schuldigen Freundesgruppe, ...

Handlung: Als erstes Buch von Sharon Bolton, die für ihre psychologischen Thriller gefeiert wird, ist letzte Woche "The Pact" bei mir gelandet. Die Grundidee einer kollektiv schuldigen Freundesgruppe, deren Verbrechen von einer Person verbüßt wird, die dafür 20 Jahre später eine Wiedergutmachung einfordert, klang sehr vielversprechend und wurde auch in einer spannenden und wendungsreichen Geschichte umgesetzt. Letztendlich konnten allerdings der Mittelteil und vor allem das Ende nicht halten, was der temporeiche Einstieg in den Roman versprach. Nach dem Zeitsprung und der Rückkehr Megans aus dem Gefängnis, verliert sich die Geschichte leider in Wiederholungen, die immer mehr Fragen aufwerfen, ohne welche zu beantworten, nur um dann in einem eher beliebigen und schlecht vorbereiteten Ende zu gipfeln. Zwar kann man der großen Wendung definitiv nicht vorwerfen, vorhersehbar gewesen zu sein, ich hätte mir aber eine ganze Handvoll besserer Auflösungen vorstellen können. Denn statt den verstreuten Hinweisen zu folgen und aufzugreifen, was sie zuvor schon in den Raum gestellt hat, hat sich Sharon Bolton für ihre Wendung eine Person herangezogen, auf deren Motive und deren Entwicklung kaum eingegangen wurde, sodass nach dem Ende kaum klar wird, was zu der dargestellten Eskalation geführt hat. Eine richtig gute Wendung ist meiner Meinung nach dadurch ausgezeichnet, dass man leise Hinweise und Andeutungen finden würde, wenn man die Geschichte mit dem neuen Wissen nocheinmal lesen würde, sie aber zu subtil sind, als dass sie einem beim Lesen sofort auffallen würden. Eine überraschende Wendung sollte meines Erachtens so logisch in die Handlung eingegliedert sein, dass man darauf kommen KÖNNTE, da es nicht allem bisher gelesenen widerspricht, sondern die Handlung in ein neues Licht setzt. Das war hier leider nicht der Fall - selbst wenn man mit dem neuen Wissen die Geschichte abermals zur Hand nehmen würde, würde man keine Warnzeichen oder Herleitungen entdecken und abermals unvorbereitet und aus dem Nichts mit der Wendung konfrontiert werden. Ich hätte mir also definitiv noch mehr verstreute Hinweise gewünscht, sodass man im Mittelteil ein wenig mitraten kann.

Schreibstil:
Sharon Boltons Schreibstil war recht nüchtern und schmucklos, was sehr gut zu der Geschichte gepasst hat. Sie hat sich hier für eine personale Erzählperspektive mit auktorialen Elementen entschieden, die zwischen den Hauptfiguren wechselt und immer mal wieder eine andere Person in den Fokus nimmt. So bekommen wir einen Einblick in die Leben von allen sechs Figuren und erfahren, was die Situation mit ihnen macht. Auch das bodenständige, leicht düstere Setting der Geschichte passt gut zur Handlung. Die Autorin nimmt in "The Pact" mit nach England in die Umgebung von Oxford und stürzt ihre Figuren zwischen Industrie und Universität, Politik und Kleinbürgerlichkeit, Privilegien und Abgründen in moralische Dilemma, Machtspiele und Rätselraten.

Figuren:
Auffallend ist, dass es in "The Pact" keine richtige Identifikationsfigur gibt. Die sechs Freunde haben alle ihre Schwächen und Fehler, haben Schuld auf sich geladen und handeln teilweise fragwürdig, sodass man zwar mit ihnen mitfiebert, sie aber auch beim Lesen ein wenig verurteilt. Etwas seltsam ist außerdem, dass die Figuren auch nach dem Zeitsprung wenig wie Erwachsene und mehr wie die kopflosen Teenager wirkten, als die wir sie im ersten Abschnitt kennengelernt haben. Zudem habe ich Dan, Felix, Talitha, Xav und Amber einige Male durcheinandergebracht. Ein wenig mehr Tiefe und Abgrenzung zwischen den einzelnen Figuren hätten der Geschichte also nicht geschadet. Wie deren Beziehungen, ihre Freundschaft und Loyalität auf die Probe gestellt werden, ist jedoch sehr toll dargestellt. Die Geschichte zeigt, was Menschen bereit sind zu tun, wenn sie unter ausreichend Druck stehen und wie unterschiedliche Personen mit psychologischem Stress und Traumata anders umgehen. Und mit Megan haben wir eine ambivalente Gegenspielerin, die zwischen Opfer, Monster, Verbrecherin, Strippenzieherin und Mastermind changiert und der Geschichte trotz der einzelnen Kritikpunkte die nötige Würze verleiht, um bis zum Ende gespannt am Ball zu bleiben.


Die Zitate:

"A Silence fell, as though Xav had voiced a truth they’d all known but had been keeping hidden; that they had been drawn together by nothing more than a smug acceptance of their shared privilege, that they were none of them particularly nice, certainly not good people."

"When you think you can't possibly be more afraid, you learn that you can be, that there is no limit to fear."

"That summer was a time of neither hope nor promise but of certainty: they were the chosen ones, to whom the world belonged, and their lives, only just beginning, would be long and golden. How very wrong they were."



Das Urteil:


Der psychologische Thriller "The Pact" setzt eine vielversprechende Grundidee spannend und wendungsreich um und erzählt eine atmosphärische Geschichte über Schuld, Loyalität, Freundschaft, moralische Dilemma, Mord, Machtspiele und Rätselraten. Um ein richtiges Highlight zu werden, haben mir allerdings noch mehr Tiefe bei den Figuren, eine bessere Herleitung der finalen Wendung und etwas mehr Abwechslung im Mittelteil gefehlt

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Veröffentlicht am 18.02.2023

Setzt eine vielversprechende Grundidee spannend und wendungsreich um

Beste Freunde
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Handlung: Als erstes Buch von Sharon Bolton, die für ihre psychologischen Thriller gefeiert wird, ist letzte Woche "The Pact" bei mir gelandet. Die Grundidee einer kollektiv schuldigen Freundesgruppe, ...

Handlung: Als erstes Buch von Sharon Bolton, die für ihre psychologischen Thriller gefeiert wird, ist letzte Woche "The Pact" bei mir gelandet. Die Grundidee einer kollektiv schuldigen Freundesgruppe, deren Verbrechen von einer Person verbüßt wird, die dafür 20 Jahre später eine Wiedergutmachung einfordert, klang sehr vielversprechend und wurde auch in einer spannenden und wendungsreichen Geschichte umgesetzt. Letztendlich konnten allerdings der Mittelteil und vor allem das Ende nicht halten, was der temporeiche Einstieg in den Roman versprach. Nach dem Zeitsprung und der Rückkehr Megans aus dem Gefängnis, verliert sich die Geschichte leider in Wiederholungen, die immer mehr Fragen aufwerfen, ohne welche zu beantworten, nur um dann in einem eher beliebigen und schlecht vorbereiteten Ende zu gipfeln. Zwar kann man der großen Wendung definitiv nicht vorwerfen, vorhersehbar gewesen zu sein, ich hätte mir aber eine ganze Handvoll besserer Auflösungen vorstellen können. Denn statt den verstreuten Hinweisen zu folgen und aufzugreifen, was sie zuvor schon in den Raum gestellt hat, hat sich Sharon Bolton für ihre Wendung eine Person herangezogen, auf deren Motive und deren Entwicklung kaum eingegangen wurde, sodass nach dem Ende kaum klar wird, was zu der dargestellten Eskalation geführt hat. Eine richtig gute Wendung ist meiner Meinung nach dadurch ausgezeichnet, dass man leise Hinweise und Andeutungen finden würde, wenn man die Geschichte mit dem neuen Wissen nocheinmal lesen würde, sie aber zu subtil sind, als dass sie einem beim Lesen sofort auffallen würden. Eine überraschende Wendung sollte meines Erachtens so logisch in die Handlung eingegliedert sein, dass man darauf kommen KÖNNTE, da es nicht allem bisher gelesenen widerspricht, sondern die Handlung in ein neues Licht setzt. Das war hier leider nicht der Fall - selbst wenn man mit dem neuen Wissen die Geschichte abermals zur Hand nehmen würde, würde man keine Warnzeichen oder Herleitungen entdecken und abermals unvorbereitet und aus dem Nichts mit der Wendung konfrontiert werden. Ich hätte mir also definitiv noch mehr verstreute Hinweise gewünscht, sodass man im Mittelteil ein wenig mitraten kann.

Schreibstil:
Sharon Boltons Schreibstil war recht nüchtern und schmucklos, was sehr gut zu der Geschichte gepasst hat. Sie hat sich hier für eine personale Erzählperspektive mit auktorialen Elementen entschieden, die zwischen den Hauptfiguren wechselt und immer mal wieder eine andere Person in den Fokus nimmt. So bekommen wir einen Einblick in die Leben von allen sechs Figuren und erfahren, was die Situation mit ihnen macht. Auch das bodenständige, leicht düstere Setting der Geschichte passt gut zur Handlung. Die Autorin nimmt in "The Pact" mit nach England in die Umgebung von Oxford und stürzt ihre Figuren zwischen Industrie und Universität, Politik und Kleinbürgerlichkeit, Privilegien und Abgründen in moralische Dilemma, Machtspiele und Rätselraten.

Figuren:
Auffallend ist, dass es in "The Pact" keine richtige Identifikationsfigur gibt. Die sechs Freunde haben alle ihre Schwächen und Fehler, haben Schuld auf sich geladen und handeln teilweise fragwürdig, sodass man zwar mit ihnen mitfiebert, sie aber auch beim Lesen ein wenig verurteilt. Etwas seltsam ist außerdem, dass die Figuren auch nach dem Zeitsprung wenig wie Erwachsene und mehr wie die kopflosen Teenager wirkten, als die wir sie im ersten Abschnitt kennengelernt haben. Zudem habe ich Dan, Felix, Talitha, Xav und Amber einige Male durcheinandergebracht. Ein wenig mehr Tiefe und Abgrenzung zwischen den einzelnen Figuren hätten der Geschichte also nicht geschadet. Wie deren Beziehungen, ihre Freundschaft und Loyalität auf die Probe gestellt werden, ist jedoch sehr toll dargestellt. Die Geschichte zeigt, was Menschen bereit sind zu tun, wenn sie unter ausreichend Druck stehen und wie unterschiedliche Personen mit psychologischem Stress und Traumata anders umgehen. Und mit Megan haben wir eine ambivalente Gegenspielerin, die zwischen Opfer, Monster, Verbrecherin, Strippenzieherin und Mastermind changiert und der Geschichte trotz der einzelnen Kritikpunkte die nötige Würze verleiht, um bis zum Ende gespannt am Ball zu bleiben.


Die Zitate:

"A Silence fell, as though Xav had voiced a truth they’d all known but had been keeping hidden; that they had been drawn together by nothing more than a smug acceptance of their shared privilege, that they were none of them particularly nice, certainly not good people."

"When you think you can't possibly be more afraid, you learn that you can be, that there is no limit to fear."

"That summer was a time of neither hope nor promise but of certainty: they were the chosen ones, to whom the world belonged, and their lives, only just beginning, would be long and golden. How very wrong they were."



Das Urteil:


Der psychologische Thriller "The Pact" setzt eine vielversprechende Grundidee spannend und wendungsreich um und erzählt eine atmosphärische Geschichte über Schuld, Loyalität, Freundschaft, moralische Dilemma, Mord, Machtspiele und Rätselraten. Um ein richtiges Highlight zu werden, haben mir allerdings noch mehr Tiefe bei den Figuren, eine bessere Herleitung der finalen Wendung und etwas mehr Abwechslung im Mittelteil gefehlt

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Veröffentlicht am 11.02.2023

Mein Lieblingsband der Sturm-Reihe!

Gewitterleuchten
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Mit "Gewitterleuchten" ging am 31. Januar geht die Sturm-Trilogie um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands von Anya Omah zu Ende. Schon die ersten beiden Bände der Reihe, "Regenglanz" ...

Mit "Gewitterleuchten" ging am 31. Januar geht die Sturm-Trilogie um drei Freundinnen und drei Städte im Norden Deutschlands von Anya Omah zu Ende. Schon die ersten beiden Bände der Reihe, "Regenglanz" und "Nebelschimmer", haben mir sehr gut gefallen, weshalb ich sehr gespannt auf die Geschichte von Leo und Aaron war! Genau wie die vorherigen Bände hat auch die Geschichte um Leo und Aaron deutlich mehr Dramatik und Tiefe entwickelt, als man das auf den ersten Blick annehmen würde und mich in kürzester Zeit um den Finger gewickelt, sodass Band 3 zum Lieblingsband meiner Reihe geworden ist.

Die Sturm-Trilogie sticht geschlossen durch die wunderschöne Gestaltung hervor. Abgebildet auf den drei Bänden ist immer ein ähnliches geometrisches Motiv, welches die drei Freundinnen Calla, Leo und Alissa als Symbol ihrer Freundschaft als Tattoo über dem Herzen tragen. Variiert wird die Gestaltung durch einen anderen Hintergrund und unterschiedliche Farbgebungen. Auf "Gewitterleuchten" ist ganz nach dem Titel ein dunkles Wolkenmeer zu sehen, über dem die Sonne durchbricht und den Himmel in ein zartviolettes Schimmern versetzt schimmert. Abgerundet wird dieses stimmungsvolle Gesamtbild durch den violetten Buchschnitt, der die erste Ausgabe verziert. Geht also unbedingt bald los, um Euch noch ein Exemplar der ersten Ausgabe zu sichern!

Erster Satz: "Ich tauche meinen Zeigefinger in den cremigen Teig und lecke ihn mit geschlossenen Augen ab."

Mit "Gewitterleuchten" setzt die Autorin einige Zeit nach Band 2 an und erzählt von Leos überstürzter Rückkehr in ihre Heimatstadt Lüneburg, als sie die Nachricht bekommt, dass ihr Ziehvater und Mentor Teddy einen Unfall hatte. Zurück am Ort ihrer Kindheit, muss sie nicht nur um einen lieben Menschen bangen, sondern trifft auch ihren Erzfeind Aaron wieder, der sie aus für sie unklaren Gründen schon ihre gesamte Kindheit mit Gemeinheiten von sich stößt. Doch als die beiden sich in gemeinsamer Trauer geeint näherkommen, muss Leo sich fragen, weshalb Aaron sie überhaupt immer auf Abstand gehalten hat und ob die Wahrheit vielleicht ihr Herz brechen könnte... Obwohl von ihrer ersten Begegnung an eine eindeutige Anziehungskraft zwischen den beiden zu spüren ist, lässt sich Anya Omah eine Menge Zeit für die langsame Annäherung von Leo und Aaron. Was die beiden verbindet, aber was vielleicht auch zwischen ihnen steht, lernen wir durch Leos Briefe an ihren verstorbenen Vater, die zwischen den einzelnen Kapitel beigefügt sind (zum Teil mit süßen kindlichen Rechtschreibfehlern) und ihre Vorgeschichte mit Aaron reflektieren.

Neben der Annäherung der beiden, gemeinsamen Backaktionen und Warten am Krankenhausbett passiert auf der reinen Handlungsebene nicht viel in dem Buch. Durch den drohenden Verlust und die angestauten Gefühle zwischen den beiden liest sich die Geschichte aber trotzdem intensiv und atmosphärisch. Da ich rund um den Erscheinungstermin der Geschichte leider selbst einen Verlust in der Familie zu beklagen hatte, musste ich das Buch kurzzeitig pausieren, habe "Gewitterleuchten" beim Wiederaufnehmen aber in einem Rutsch durchgelesen. Denn neben Teddys Unfall, seinem Koma, dem zurückliegenden Verlust von Leos Vater, dunklen Zeiten im Leben und gebrochene Herzen, geht es hier genau wie in den vorherigen Bänden der Sturm-Trilogie ebenfalls um Familie, Freundschaft, Liebe und hoffnungsvolle zweite Chancen. Damit erhält die Geschichte eine überraschende Tiefe, ohne dabei zu deprimierend zu werden.

Leo: "Ich folge seinem Blick, damit ich nicht verpasse, wie die Sonne langsam hinter den Baumkronen verschwindet, die sich wie Scherenschnitte vom purpurnen Himmel abheben. Eine kühle Brise weht eine holzig süße Note zu uns herüber. Ich hole ganz tief Luft und lasse sie langsam wieder entweichen. "Weißt du, was das Beste an dieser Aussicht ist?", fragt Aaron, noch immer in die Ferne schauend. "Das Farbspiel am Himmel?" "Die Weite. Wenn man den Blick über die endlosen Heideflächen schweifen lässt, scheinen die Gedanken zu fliegen. Sie werden schwerelos und hören auf, einen zu belasten."

Sehr begeistert war ich von Anya Omahs Schreibstil. Dieser wirkt auf den ersten Blick gar nicht mal so spektakulär und fällt nicht durch Besonderheiten, sprachliche Kniffe oder andere Auffälligkeiten des Ausdrucks aus der Reihe. Bemerkenswert ist stattdessen, wie effizient sie ihrem Roman Leben einhaucht und man schon nach wenigen Sätzen Zugang zu der Geschichte und den Figuren findet. Egal ob bei nervzehrendem Ausharren im Krankenhaus, in stillen, freundschaftlichen Momenten in der WG Küche, oder in den lauten, schmerzhaften Konfrontationen gegen Ende - man ist einfach ohne große Umschweife dabei und lebt, fühlt und fiebert mit. Toll fand ich auch den Schauplatz in Lüneburg, der hier mal wieder zeigt, wie schön der Norden Deutschlands sein kann. Anya Omah zeigt mit ihrer Settingwahl mal wieder, dass man als deutsche AutorIn die eigene Geschichte nicht an ferne, exotische Orte verlegen muss, um eine Atmosphäre von Urlaub, Entdeckung und Zuhause zu schaffen und auch deutsche Schauplätze ihren Charme haben! Nach den etlichen Geschichten, die in den USA oder Großbritannien spielen, bot "Gewitterleuchten" also mal eine tolle Abwechslung!

Leo: "Wir schauen uns in die Augen, und ich ertappe mich bei der Frage, ob Aaron dieser Jemand sein könnte. Trotz unserer Streitereien und Diskussionen in der Vergangenheit verstehen wir uns momentan besser denn je. Besser, als mir lieb ist, weil in mir die Angst schlummert, dass es nicht so bleiben wird. Dass diese Harmonie zwischen uns nur wieder die Stille - eine ziemlich lange Stille - vor dem Sturm ist."

Spannend ist dabei wieder, dass man der Geschichte, dem Hauptkonflikt und den Figuren definitiv anmerkt, dass die Autorin Psychologin ist. Nicht nur, dass immer wieder einige Stichworte oder Theorien auftauchen, bei der sofort mein "Psychologie"-Detektor aufleuchtet - auch die Plausibilität und Tiefe, mit der die Probleme, Konflikte und zum Teil auch Störungen der Haupt- und Nebenfiguren geschildert sind sprechen für die fachliche Kompetenz der Autorin. Das sage ich leider immer wieder, aber im New Adult Genre, in dem es ja mittlerweile üblich ist, dass mindestens einer der Hauptprotagonisten einen mentalen Knacks in Form einer traumatischen Vergangenheit, einer Beziehungsstörung oder einem zerrütteten Familienverhältnis hat, ist es nicht selbstverständlich, dass diese Themen auch realistisch bearbeitet werden. Auch ganz von den Problemen abgesehen sind die Figuren sehr vielschichtig gestaltet und wachsen beim Lesen schnell ans Herz. Vor allem Leo hat mir als Protagonistin sehr gut gefallen, auch wenn neben ihr und der Auseinandersetzung mit ihrem Innenleben Aaron ein wenig zu sehr im Hintergrund bleibt. Dafür und angesichts der Tatsache, dass natürlich auch hier die Grenzen des Genres nicht neu erfunden werden, ziehe ich in der Gesamtbewertung einen Stern ab.

Aaron: "Wenn die Luft entladen ist, sich die Wolken zurückgezogen haben und die Sonne wieder rauskommt. Dieses Licht nach dem Sturm", zärtlich streiche ich ihr eine Strähne hinters Ohr, "ist eines der schönsten Lichter, die es gibt. Es ist wie ein Leuchten. Ein Leuchten, das dunkle Wolken bricht und den Himmel erhellt."


Fazit:


"Gewitterleuchten" ist ein intensiver, tiefgründiger und behutsam erzählter New-Adult-Roman über Verlust, Familie, Freundschaft, Liebe, gebrochene Herzen, dunkle Zeiten im Leben und hoffnungsvolle zweite Chancen.

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