Ein fesselnder, historischer Kriminalroman
Die BahnhofsmissionZwei Frauen wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, treffen Anfang des 20. Jahrhunderts in der Berliner Bahnhofsmission aufeinander. Alice, Tochter eines Professors an der Charité, will sich nicht ...
Zwei Frauen wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, treffen Anfang des 20. Jahrhunderts in der Berliner Bahnhofsmission aufeinander. Alice, Tochter eines Professors an der Charité, will sich nicht mit der ihr zugedachten Rolle zufriedengeben und etwas Sinnvolles mit ihrem Leben anfangen. So beginnt sie heimlich für die Bahnhofsmission zu arbeiten und lernt das harte Leben der einfachen Leute kennen.
Natalie ist als Kind aus dem Wanderzirkus geflohen, in dem sie bei ihrem Vater aufgewachsen ist. Mit Mut, Durchhaltevermögen und einem starken Willen hat sie viele Hürden gemeistert und sich ihren Platz als Leiterin der Bahnhofsmission erarbeitet. Hier trifft sie auf Gerda, ein Mädchen vom Land, welches mit falschen Versprechungen nach Berlin gelockt wurde. Schnell wird Natalie klar, dass es dabei nicht mit rechten Dingen zugeht und sie kommt einem ungeheuerlichen Verbrechen auf die Spur.
Was sich zunächst wie ein interessanter historischer Roman über die Anfänge der Bahnhofsmission anhört, entwickelt sich schnell zu einem spannenden Kriminalroman. Veronika Rust entführt den Leser in das Berlin Anfang des 20. Jahrhunderts und beschreibt sehr anschaulich die damaligen Verhältnisse. Auch wenn der Roman Anfang des 20. Jahrhunderts spielt, kann man immer wieder erschreckende Parallelen zur heutigen Lage herstellen.
Durch die zwei Hauptpersonen, Alice und Natalie, erhält der Leser sowohl Einblick in die bessere Gesellschaft, mit ihren sehr traditionellen, konservativen Verhaltensvorschriften, als auch in die Welt der mittellosen und verzweifelten Menschen.
Da die Geschichte immer wieder zwischen Alice und Natalie hin und her wechselt, bleibt der Roman von der ersten Seite an spannend und interessant.
Die zwei Hauptcharaktere Alice und Natalie sind sehr verschieden, sich aber in ihren Idealen und Werten auch wieder sehr ähnlich.
Alice lernt durch die Bahnhofsmission viel über das Leben der einfachen Leute und begreift, dass sie bisher vom echten Leben der Menschen keine Ahnung hatte. Aber sie ist bereit, zu lernen, anzupacken und für ihren Wunsch, ihrem Leben einen Sinn zu geben viele Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen. Mutig geht sie ihren eigenen Weg und lässt sich weder von ihren konservativen Eltern noch von der Aussicht auf eine sorgenfreie Zukunft davon abbringen.
Natalie hat sich in ihrem Leben ganz schön durchbeißen müssen und auch wenn sie dies nicht immer mit ganz legalen Mitteln getan hat, hat sie doch Werte für die sie einsteht. In der Bahnhofsmission hat sie ein zu Hause und eine Aufgabe gefunden, die sie erfüllt und für die sie alles aufs Spiel setzt.
Auch die Nebenfiguren werden in diesem Roman sehr ausführlich, lebendig und interessant beschrieben. Man erfährt viel über ihre Beweggründe, ihre Vergangenheit und so manche Figur macht während des Romans eine erstaunliche Entwicklung durch.
Mit dem Finale des Buches kann ich mich nicht so richtig anfreunden, da es für mich noch zu viele lose Enden gibt und mir die Handlung am Ende einfach viel zu schnell ging – da waren viele Fragen noch nicht ausreichend geklärt bzw. hätte ich gern noch mehr über die Hintergründe erfahren. Irgendwie macht der Roman auf mich aber den Eindruck, dass es sich hierbei um eine Reihe handeln könnte und vielleicht eine Fortsetzung von der Autorin geplant ist. Dann könnte ich mit dem Ende gut leben und darauf hoffen, dass im nächsten Band alle offenen Fragen wirklich ausführlich geklärt werden. Bisher konnte ich allerdings noch keine Informationen zu einer Fortsetzung finden.
Fazit:
„Aller Tage Hoffnung“ ist ein toller historischer Kriminalroman, bei dem die Seiten nur so dahin fliegen und der zum Ende hin mit so mancher Überraschung aufwartet. Insgesamt kann ich den Roman auf jeden Fall weiterempfehlen.