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Veröffentlicht am 19.05.2023

Menschen im Klimawandel

Blue Skies
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In Kalifornien sind die Temperaturen auf 37 Grad Celsius gestiegen – vormittags, an der Küste. Weiter im Inland wird es auch mal an die fünfzig Grad heiß. Am anderen Ende des Kontinents, in Florida, gießt ...

In Kalifornien sind die Temperaturen auf 37 Grad Celsius gestiegen – vormittags, an der Küste. Weiter im Inland wird es auch mal an die fünfzig Grad heiß. Am anderen Ende des Kontinents, in Florida, gießt es unablässig, und der Meeresspiegel steigt mit der Flut. Wir sind mitten in der Klimakatastrophe. Boyle schildert den Alltag einiger Personen, die hier leben. Ein Datum, wann es soweit sein könnte, nennt er nicht. Es könnte heute sein.
Boyle taucht auf eine Art in seine Figuren ein, wie das außer ihm kaum jemand kann: Man identifiziert sich sofort mit ihnen, auch wenn es Verbrecher oder Langweiler sind, oder eben Menschen, die ihren Lebensstil beizubehalten versuchen mit Swimmingpool, Klimaanlage, Flügen und großen Autos, dabei Strom und Wasser sparen und sich bemühen, weniger Fleisch zu essen. Die Menschen wirken authentisch, auch wenn ihre Handlungen noch so unlogisch sind. Sie sind komplex und vielschichtig.
Protagonist der Geschichte ist die Natur, die sich wandelnden Ökosysteme. Die Personen heiraten, bekommen Kinder, sie erleben Todesfälle, schwere Verletzungen, Trennungen. Doch ihren Alltag leben sie unverändert weiter, egal was geschieht. Irgendwann muss man eben das Boot nehmen, um die Tochter zur Schule zu bringen. Und wenn jemand bei Tisch einen Hitzschlag erleidet, ist es gut, einen Arzt im Haus zu haben. Und einen Pool.
Das ist gewürzt mit überraschenden (Wort-)Ideen. Da ist die Möwe, die bei einer Seebestattung zu verstehen versucht, was sie dort sieht. Da ist die Angestellte am Flughafen, die sich mit der Geschwindigkeit eines Gletschers bewegt. Boyles Stil ist liebevolle Hinwendung zu seinen Charakteren, und zugleich spöttische Beobachtung und gut recherchierter Hintergrund. Das macht immer wieder Spaß. Lesen!

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Veröffentlicht am 05.04.2023

Sehr spannende Science-Fiction für Jugendliche

Die letzte Erzählerin
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"Du trägst mich und meine Geschichten durch die Jahrhunderte in die Zukunft, zu einem anderen Planeten. Da kann ich mich glücklich schätzen."

Ein Komet bedroht die Erde. Drei Raumschiffe voller Menschen ...

"Du trägst mich und meine Geschichten durch die Jahrhunderte in die Zukunft, zu einem anderen Planeten. Da kann ich mich glücklich schätzen."

Ein Komet bedroht die Erde. Drei Raumschiffe voller Menschen fliehen auf einen fernen Planeten, darunter die dreizehnjährige Petra, ihr kleiner Bruder Javier und ihre Eltern. Sie werden für Jahrhunderte in tiefen Schlaf versetzt, bis das Reiseziel erreicht ist. Doch als Petra erwacht, sind ihre Eltern verschwunden und niemand erinnert sich mehr an die Erde. In der Gesellschaft, zu der die Besatzung des Raumschiffes geworden ist, zählt nur noch das "Kollektiv". Erinnerung und Individualität sind so gut wie ausgerottet. Doch Petra erinnert sich an Geschichten, die ihre Großmutter auf der Erde ihr erzählt hat. Schon bald weiß sie sich zu schützen und erzählt die Geschichten weiter.

Die Autorin hat schon einige Kinder- und Jugendbücher geschrieben und auch Preise gewonnen. Das Buch ist schön ausgestattet mit einem ausgefallenen Cover, Lesebändchen, geschmücktem Innenteil und farbigem Buchschnitt.

Die Geschichte ist sehr spannend erzählt und erlebt überraschende Wendungen, die Petra immer wieder vor neue Herausforderungen stellen.
Die Sprache ist gut lesbar, bildhaft und emotional. Es gibt berührende Szenen, wenn zum Beispiel Petra sich an ihre Großmutter erinnert, die sie sehr geliebt hat, aber auf der Erde zurücklassen musste. Auch die Erinnerung an ihre Familie ist eher traurig, denn auch die gibt es nicht mehr. Petra ist allein. Doch sie entwickelt sich von einem verschreckten, alleingelassenen Kind zu einer mitfühlenden, verantwortungsvollen Anführerin, die eine Flucht plant. Das ist fesselnd bis zur letzten Seite. Eine beeindruckende Heldin. Und auch die anderen Figuren sind glaubhaft und authentisch dargestellt.

Faszinierend ist die Idee, welche Funktion Geschichten für den Einzelnen haben. Sie bewegen uns, wir wissen mit ihrer Hilfe, wer wir sind und wo wir stehen. Und doch erzählt sie jede und jeder mit Recht ganz neu. Da darf sich auch die Handlung ändern, alles kann neu und anders werden, wenn es nur hilft, die neue Situation zu bewältigen und zu verstehen. Petra erzählt die Geschichten ihrer Großmutter, und ".. von jetzt an lebt die Geschichte durch mich und in meiner Version weiter."

Fazit: Ein spannendes Jugendbuch mit einer mutigen Heldin in einer dystopischen aber nicht hoffnungslosen Zukunft. Denn solange wir Geschichten haben, haben wir als Menschen eine Zukunft.

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Veröffentlicht am 30.03.2023

Bewegend und großartig

Morgen und für immer
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"Morgen und für immer" will der kleine Kajan für seinen Großvater Klavier spielen, doch das Klavier ist zerschossen und der Großvater liegt im Sterben. Der zweite Weltkrieg ist in vollem Gange. Kajans ...

"Morgen und für immer" will der kleine Kajan für seinen Großvater Klavier spielen, doch das Klavier ist zerschossen und der Großvater liegt im Sterben. Der zweite Weltkrieg ist in vollem Gange. Kajans Eltern engagieren sich für den Kommunismus im Lande - Albanien. Als dessen Botschafter darf Kajan eines Tages nach Ostberlin reisen und auf einem Konzert spielen. Hier beginnt seine irre Reise, die ihn durch einen Fluchttunnel unter der Mauer hindurch bis in die USA und nach New Orleans führt, später zurück nach Albanien ins Straflager. Doch das Ende der Geschichte ist versöhnlich.
Kajan und die Personen aus dem Roman sollen tatsächlich gelebt haben. Der Autor ist albanisch-italienischer Liedermacher und Sänger und hat sie von Kajan selbst erfahren. Dies ist sein Debüt; es war in Italien ein großer Erfolg.
Die Lebensgeschichte Kajans ist warmherzig erzählt und klingt bei aller Grausamkeit auch immer wieder poetisch. Die Sprache ist angenehm und flüssig zu lesen, die Hauptperson kommt einem sehr nah. Kajan ist ein sensibler Mann, der das Pech hat, in einer finsteren Zeit und in einem totalitären Land zu leben.
Albanien war von 1945 bis 1990 ein kommmunistisches Land unter der Führung des Diktators Enver Hoxha. Ein Land, in dem Überwachung, Verhaftung und Mord an der Tagesordnung sind, in dem Denken und freie Rede brutal bestraft werden. Selbst innerhalb der Familien wird spioniert und verraten.
Das ist Kajans Heimat. Er ist keiner, der ein großes Ziel verfolgen würde. Eigentlich will er nur Klavier spielen und mit seiner Familie glücklich sein. Doch immer wieder gerät er in unerwartete Situationen. Immer wieder nimmt sein Leben eine überraschende Wendung, und er muss sich auf neue Lebensumstände einstellen, ein neues Land, eine neue Sprache. "Vielleicht ist die Liebe", so heißt es, "eine Fahrkarte an den Ort, an den du willst."
Eine bewegende und fesselnde Geschichte. Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 13.03.2023

Hochklassiger Klima-Thriller

Oxygen
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Ozeanografin Lombardi stellt fest, dass die Algen im Meer keinen Sauerstoff mehr produzieren. Was ist da los? Bald schon wird klar, dass an Land dasselbe passiert: Alle Pflanzen sterben. Nun wird die Luft ...

Ozeanografin Lombardi stellt fest, dass die Algen im Meer keinen Sauerstoff mehr produzieren. Was ist da los? Bald schon wird klar, dass an Land dasselbe passiert: Alle Pflanzen sterben. Nun wird die Luft dünn, sie enthält immer weniger Sauerstoff, das Atmen für Mensch und Tier wird schwierig. Was ist passiert? In Verdacht gerät die Firma "Corrico", die mit Geo-Engineering versucht hat, klimaschädliche Gase in der Atmosphäre zu neutralisieren. Dabei hat es anscheinend Nebenwirkungen gegeben.
Während die Wissenschaft noch nach Antworten sucht, überschlagen sich die Ereignisse: Die amerikanische Präsidentin wird entführt und dazu gezwungen, ihre Macht abzugeben. Die Chefs des amerikanischen und des russischen Geheimdienstes können sich gerade noch vor Anschlägen retten und suchen nun gemeinsam mit der Forschung nach Auswegen. Inzwischen planen und bauen die Chefs von "Corrico" Städte mit eigener Luftversorgung, in denen ihre Anhänger überleben können.

Die Story und die wissenschaftlichen Zusammenhänge sind atemlos spannend erzählt. Das Buch liest sich wie ein Agententhriller. Die Fakten sind einfach und leicht verständlich. Die Protagonisten sind beängstigend glaubhaft, wenn auchteilweise etwas oberflächlich. Gut und Böse sind nicht von Anfang an klar zu unterscheiden.
So könnte es aussehen: Das Ende der Menschheit durch eine globale Klimakatastrophe. Wenige Auserwählte überleben in isolieren Reichenghettos, die sie nicht verlassen können, weil die Luft giftig geworden ist. Aber es gibt immer noch Hoffnung.

Eine hochspannende, durchaus realistische Geschichte, die intelligent und kenntnisreich erzählt wird. Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 19.02.2023

Wunderschön

Kleine Dinge wie diese
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Die Geschichte spielt 1987 in Irland. Bill Furlong handelt mit Kohle und Brennholz, ist verheiratet und hat fünf Töchter. Sie sind arm.
Bill ist ein einfacher, stiller Mann, der mit seinem Leben recht ...

Die Geschichte spielt 1987 in Irland. Bill Furlong handelt mit Kohle und Brennholz, ist verheiratet und hat fünf Töchter. Sie sind arm.
Bill ist ein einfacher, stiller Mann, der mit seinem Leben recht zufrieden ist. Im Kloster, das er beliefert, scheinen seltsame Dinge zu passieren. Doch eigentlich mischt er sich nicht ein.
Das ist langsam und poetisch erzählt. Die Sprache ist wunderschön. Ein literatischer Edelstein. Lesen!

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