Cover-Bild Die Ladenhüterin
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13,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Aufbau TB
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 145
  • Ersterscheinung: 13.09.2019
  • ISBN: 9783746636061
Sayaka Murata

Die Ladenhüterin

Roman
Ursula Gräfe (Übersetzer)

»Eine Liebesgeschichte aus den Tiefkühlregalen unserer Herzen.« rbb. Die literarische Sensation aus Japan, die auch die deutschen Leserinnen und Leser im Sturm erobert hat: Eine Außenseiterin findet als Angestellte eines 24-Stunden-Supermarktes ihre wahre Bestimmung. Beeindruckend leicht und elegant entfaltet Sayaka Murata das Panorama einer Gesellschaft, deren Werte und Normen unverrückbar scheinen. Ein Roman, der weit über die Grenzen Japans hinausweist. »Schlicht und schön ist die Moral dieser befremdlich tröstlichen Geschichte.« Die Zeit. »›Die Ladenhüterin‹ ist absurd, komisch, klug und präzise erzählt.« ZDF aspekte

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.02.2023

Über die japanische Gleichförmigkeit

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Eigentlich ist sie mittlerweile ganz zufrieden mit ihrem Leben: Sie hat ihre tägliche Routine, in ihrem Umfeld wird sie akzeptiert, und sie mag, was sie tut. Für ihre Familie jedoch und die wenigen Bekannten, ...

Eigentlich ist sie mittlerweile ganz zufrieden mit ihrem Leben: Sie hat ihre tägliche Routine, in ihrem Umfeld wird sie akzeptiert, und sie mag, was sie tut. Für ihre Familie jedoch und die wenigen Bekannten, zu denen sie Kontakt pflegt, stellt die über 30-jährige studierte, ledige Aushilfskraft im 24/7-Supermarkt den Bodensatz der Gesellschaft dar. Sie ist einfach nicht normal!

Keiko ist in der Tat eine Außenseiterin bis zu dem Tag, an dem sie eine Aushilfstätigkeit in einem Convenience Store antritt. Lediglich in ihrer Arbeit im Konbini findet ihre Existenz einen Sinn.
Jeden Morgen und jeden Abend bereitet sich Keiko ein einfaches Mahl aus Zutaten aus dem Konbini. Luxus benötigt sie nicht. Sie achtet darauf fit für den nächsten Arbeitstag zu sein, dazu gehört Nahrung zu sich zu nehmen und ausreichend zu schlafen. Ihr Körper und ihr Leben gehören dem Konbini. Sie studiert den Wetterbericht, und auf dem Weg zur Arbeit achtet sie auf Veränderungen wie Baustellen oder neue Convenience Stores, denn solche Dinge können das Kundenaufkommen und die Nachfragen nach bestimmten Artikeln beeinflussen.
Sie geht zur Arbeit, zieht ihre Uniform an, leistet den Morgenappell, füllt Ladenregale auf, kassiert die Waren ab und begrüßt die Kunden in genau dem gleichgestellten Tonfall, der allen Angestellten beigebracht wurde. Keiko gibt auf der Arbeit ihr bestes, denn nur dort ist sie ein vollwertiges, produktives Mitglied.
Um bei ihren Kollegen einen normalen Anschein zu erwecken, immitiert sie deren Verhalten und Sprechweise, sogar deren Kleidung kauft sie nach, denn sie selbst weiß eigentlich gar nicht, was für ein Typ ist sie ist (und eigentlich interessiert sie das auch gar nicht).

Bei einem Treffen ihrer früheren Mitschülerinnen, von denen viele verheiratet und Mütter sind, kommt ihr die Idee einer Zweckbeziehung. Sie stellt sich vor einen Mann zu suchen und mit ihm Kinder zu zeugen, damit ihre ehemaligen Mitschülerinnen und ihre Schwester sie für normal und angepasst halten.
Als sich die Gelegenheit für eine Wendung in ihrem Leben ergibt, muss Keiko sich entscheiden...

Das Buch ist enorm flüssig wegzulesen, und dabei musste ich mehr als einmal schmunzeln. Der Realbezug zu Japan ist der Geschichte deutlich anzumerken: Der Arbeitseifer, das Bild der unverheirateten Frau (die spätestens in den 30ern normalerweise heiratet und aus dem Berufsleben ausscheidet, um sich gänzlich der Haushaltsführung und Kindeserziehung zu widmen) oder die gesellschaftliche Ausgrenzung von Menschen, die sich nicht anpassen wollen.
Interessant ist, dass Sayaka Murata mit ihrer Protagonistin einen Menschen geschaffen hat, der das japanische Gesellschaftsbild nicht nur akzeptiert (und dabei das eine oder andere stillschweigend kritisiert), sondern in der Gleichförmigkeit aufgeht und darin erst sinnstiftende Formung ihres Lebens sieht.

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Veröffentlicht am 18.10.2020

Kritisch und äusserst unterhaltsam

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Inhalt:
Keiko ist anders. Sie wirkt auf andere Menschen speziell und weiss oft nicht, wie sie sich gegenüber ihren Mitmenschen verhalten soll. Also hat sie sich sorgfältig die Umgangsformen ihrer Mitarbeiter:innen ...

Inhalt:
Keiko ist anders. Sie wirkt auf andere Menschen speziell und weiss oft nicht, wie sie sich gegenüber ihren Mitmenschen verhalten soll. Also hat sie sich sorgfältig die Umgangsformen ihrer Mitarbeiter:innen angeeignet, deren Körpersprache, Stimmlage und Wortwahl kopiert und schafft es so, sich perfekt in ihre Position als Aushilfsverkäuferin in einem kleinen Supermarkt einzugliedern. Die Arbeitsabläufe, die festgelegten Höflichkeitsformen und die immer gleichen Tätigkeiten und Floskeln geben ihrem Alltag Struktur. Sie ist vielleicht sogar glücklich und sieht einen Sinn in ihrem Leben. Doch die anhaltenden Fragen nach einem Mann und Kindern sowie einem "richtigen Beruf" ihres Umfeldes bringen sie ins Zweifeln und sie beschliesst, sich einen Mann ins Leben zu holen, der ihr schönes, über Jahre hinweg aufgebautes System, sich in der Gesellschaft zu bewegen, durcheinander bringt.

Meine Geschichte als Verkäuferin:
Schon wieder habe ich durch Marias Lesekreis einen buchigen Schatz entdecken dürfen und ich habe das Buch auch noch rechtzeitig gelesen, heute nämlich findet unter diesem Post die (spoilerfreie) Schlussdiskussion statt. Schaut da also gerne vorbei.
Gleich die ersten Sätze haben mich total in ihren Bann gezogen und ich habe mich an meine Zeit als Verkäuferin in der Bäckerei zurückerinnert. Drei Jahre lang habe ich während des Gymnasiums und den ersten zwei Studienjahre dort gejobbt, immer mehr Verantwortung übernommen und vor allem in den Semesterferien im Sommer fast Vollzeit und ansonsten an jedem Wochenende und Feiertag dort gearbeitet und so die dem Geschäft eigenen Abläufe verinnerlicht und die aberwitzigsten Erfahrungen mit Kund:innen und Mitarbeiter:innen gemacht. Eine Szene in Muratas Buch - die Szene, in der Keiko noch von der Arbeit träumt und von ihrer eigenen Stimme, die "herzlich willkommen" ruft, erwacht - hat mich so sehr an mich selber erinnert. Gerade in den Semesterferien, wenn ich manchmal zehn oder zwölf Wochen fast oder ganz Vollzeit in der Bäckerei gearbeitet (und daneben unterrichtet, geübt, Konzerte gespielt, für Prüfungen gelernt, Nachhilfe gegeben, gebabysittet und Arbeiten geschrieben) habe, bin ich irgendwann komplett am Ende meiner Kräfte davon erwacht, wie ich massenweise Croissants (in der Schweiz natürlich "Gipfeli") in zahlreiche Tüten gepackt habe. Ich sass im Bett und habe mit meinen Händen die Bewegungen des Einpackens gemacht. Dann wusste ich jeweils, dass es wieder Zeit für eine Pause war und habe mein Pensum zurückgefahren.

Meine Meinung:
Aber auch abgesehen von meinem persönlichen Wiedererkennungswert habe ich dieses äusserst gesellschaftskritische Buch sehr gerne und heute innerhalb von kürzester Zeit verschlungen. In "Die Ladenhüterin" wird vor allem der von aussen forcierte Drang, sich sowohl im beruflichen als auch privaten Bereich nahtlos in die Gesellschaft einzugliedern, thematisiert. Es scheint mir, wenn ich mir andere Kritiken und vor allem auch andere Literatur aus Japan anschaue, ein Drang zu sein, der in Japan noch mehr vorherrscht, als hier. Die Haltung, dass man der Gesellschaft - vor allem als Frau - nur dienlich ist, wenn man sich entweder fortpflanzt und/oder einem wichtigen Beruf nachgeht, lässt sich natürlich auch in der Schweiz und den umliegenden Ländern finden, aber es scheint mir so, als würde diese fast schon zwanghafte Eingliederung eines jeden Individuums in das vorherrschende einheitlich machende System in Japan noch einmal ganz andere Züge annehmen.
Und hier kommt Keiko ins Spiel. Keiko, die nicht versteht, warum man um einen verstorbenen Vogel trauern muss, wenn man ihn doch auch einfach essen kann und Keiko, die schon wüsste, wie sie ihren schreienden Neffen zum Verstummen bringen würde und dabei wäre nicht endloses Schaukeln, sondern vielmehr ein Messer die Lösung. Aber Keiko ist nicht grausam, vielmehr ist sie über alle Massen praktisch veranlagt. Und diese Veranlagung lässt sie auch zur logischen Überlegung kommen, dass ein Mann im Haus die Fragen nach einem Mann im Haus würde verstummen lassen. Dass dies natürlich nicht aufgeht und vor allem ihr sorgsam und seit Jahren bewährtes System durcheinander bringt, stellt sie vor neue Herausforderungen, welchen sie mit dem ihr eigenen Pragmatismus, Verstand und ihrer Leidenschaft für den Beruf begegnet.

Schreibstil:
Kurze, prägnante Sätze, die dennoch genau beschreiben, was vor sich geht und auch viel zwischen den Zeilen lesen lassen, machen den Schreibstil dieses Buches aus. Sayaka Murata trifft mit ihrer Sprache mitten ins Herz und schafft eine Protagonistin, die man - ein wenig schrullig hin oder her - einfach lieben muss. Die Übersetzerin Ursula Gräfe, die ja auch für ihre Murakami-Übersetzungen bekannt ist, hat ganze Arbeit geleistet und wundervolle Worte für dieses erfrischende und kritische Buch gefunden.

Meine Empfehlung:
Ich empfehle euch dieses herzerwärmende, zum Schmunzeln und Nachdenken bringende Buch, das so liebenswert erzählt, wie sich das Leben als eigentlich glückliche Aussenseiterin in einer nach Vereinheitlichung schreienden Gesellschaft anfühlt, sehr gerne weiter.

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Veröffentlicht am 08.07.2024

Skurrile Kurzgeschichte, die Spaß macht

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Ich brauchte mal was ganz anderes zum Lesen und dafür war dieses Buch perfekt.
Ein großer Teil des Buches ist (nicht so subtil verpackte) Gesellschaftskritik, besonders bezogen auf Japan aber auch gut ...

Ich brauchte mal was ganz anderes zum Lesen und dafür war dieses Buch perfekt.
Ein großer Teil des Buches ist (nicht so subtil verpackte) Gesellschaftskritik, besonders bezogen auf Japan aber auch gut übertragbar auf die westliche Welt.
Man verfolgt das alltägliche Leben einer Supermarkt Verkäuferin, die wahrscheinlich eine Form von Autismus hat und versucht die Regeln der Gesellschaft zu erfassen und sich diesen anzupassen.
Dabei entstehen häufig komische und lustige Situationen, die ich sehr gerne gelesen habe.
Für manche kann die Geschichte zu übertrieben und die Protagonistin vielleicht zu überspitzt sein, doch ich hab das nicht so empfunden. Das überspitzte und übertriebene hat für mich einfach gepasst.
Wer also auf der Suche nach was neuem und ganz anderen zu lesen ist, dem würde ich das Buch empfehlen. Oder generell japanische Literatur, die ist nämlich super.

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Veröffentlicht am 14.04.2021

Am Puls des Konbini

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Morgens war ich dann wieder zur Stelle, ein Rädchen im Getriebe der Welt. Nur das machte mich zu einem normalen Menschen.“

Inhalt

Keiko Furukura war schon immer etwas seltsam und mausert sich schließlich ...

Morgens war ich dann wieder zur Stelle, ein Rädchen im Getriebe der Welt. Nur das machte mich zu einem normalen Menschen.“

Inhalt

Keiko Furukura war schon immer etwas seltsam und mausert sich schließlich zur absoluten Außenseiterin, weil sie mit 36 Jahren nach wie vor keinen Mann hat, keine Kinder bekommt und immer noch den Aushilfsjob im Konbini absolviert und sich tagtäglich mit der optimalen Warenpräsentation und bestmöglichen Verkaufszahlen auseinandersetzt.

Sie hat keine echten Freunde, kein Hobby, ja scheinbar keinen Lebenssinn – nur stört das immer die anderen und niemals Keiko. Ganz im Gegenteil, ihre Arbeit im Supermarkt erfüllt sie mit tiefer Zufriedenheit und gibt jedem Tag eine gleichförmige Struktur, ohne die sie in ein tiefes Loch fallen würde. Aber zuliebe der anderen kündigt sie doch noch und beginnt ein scheinbar gesellschaftlich akzeptiertes Leben, aber der Konbini lässt sie nicht los und sein Takt begleitet sie nach wie vor – Keiko muss sich entscheiden, ob sie weiterhin die verschrobene Einzelgängerin bleiben möchte und ihrer inneren Stimme folgt, oder nicht …

Meinung

Dieses kleine Buch (145 Seiten) steht bereits seit seinem Erscheinungstermin in meinem Regal, weil mich sowohl die Grundidee ansprach als auch die inhaltliche Aufarbeitung der Thematik des „Andersseins“. Und ich wurde nicht enttäuscht, denn die im Kern eher traurige Geschichte der Angestellten Keiko, die so gar nicht zum gesellschaftsfähigen Bild in Japan passt, hat mich nicht nur bestens unterhalten, sondern impliziert trotz der aufgelockerten, fast heiteren Stimmung einen ernsthaften Hintergrund, mit dem ich mich während des Lesens ganz nebenbei beschäftigen konnte.

Zunächst lernt der geneigte Leser die Protagonistin sehr genau kennen, weil die Ich-Perspektive in der Textform gewählt wurde. Zwar bleibt vieles von Keiko im Dunkeln, weil sie tatsächlich wenig Ansprüche zu haben scheint, aber man fühlt sich ihr dennoch nah und akzeptiert ihr Wesen voll und ganz. Umso nervtötender wirken „die anderen“, die hier in Form von losen Bekannten, Arbeitskollegen oder Familienangehörigen daherkommen und sich ununterbrochen einmischen. Irgendwann ist man dann der Überzeugung, dass es für Keiko keinen Sinn macht, sich an die Normen der Gesellschaft anzupassen, weil sie damit ihr innerstes Wesen verleugnet und gleichzeitig fragt man sich, wie viel Wert überhaupt darin liegt, dass die Menschheit immer danach strebt, so gleichförmig und ähnlich sein zu wollen und für Individualismus so wenig Platz bleibt.

Besonders hervorheben möchte ich die für mich absolut unschlagbare humorvolle Umsetzung des Ganzen, denn gerade die einzelnen Szenen im Supermarkt empfand ich, die selbst im Handel tätig ist, wahnsinnig treffend und urkomisch, ich musste sehr oft sehr laut lachen und allein dieser Umstand macht mir das Buch auf der zwischenmenschlichen Ebene sympathisch. Ohnehin überwiegt ein positiver, lebensbejahender Erzählton, der die geschilderten Umstände eher komisch und abstrus wirken lässt als bitterernst und anklagend. Ein Weichmacher, der dafür plädiert, jeden so sein zu lassen, wie er eben ist. Die einen finden Erfüllung daran, sich gesellschaftsfähig hervorzutun, die anderen möchten einfach nur ihre Ruhe und irgendetwas, was sie im Herzen glücklich sein lässt, auch wenn es dabei nur darum geht, möglichst erfolgreich Reistaschen zu verkaufen.

Fazit

Ich vergebe gute 4 Lesesterne, aus denen beinahe 5 geworden wären, wenn das Ende nicht ganz so abrupt gekommen wäre und auch die weitere Entwicklung der Protagonistin noch ein paar Seiten länger nachvollziehbar gewesen wäre. Es ist ein witziges, abstraktes und sehr unterhaltsames Buch, welches eine ernstzunehmende Botschaft gekonnt in eine locker-leichte Geschichte verpackt und gerade durch diese ungewöhnliche Kombination das Herz des Lesers erobern kann.

Es gibt weder den erhobenen Zeigefinger, noch die ultimative Lösung des Problems, stattdessen appelliert die japanische Autorin Sayaka Murata an die Fähigkeit des Menschen, auch anders gestrickte Personen hinzunehmen, die sich um Konventionen im herkömmlichen Sinne überhaupt keine Gedanken machen und einfach nur einen Platz im Gefüge möchten, der nicht ununterbrochen in Frage gestellt wird. Ich setze nun „Das Seidenraupenzimmer“, einen anderen Roman der Autorin auf meine Wunschliste, denn dieser hier hat mir sehr gut gefallen.

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