Vielschichtig, intensiv und doch federleicht
In ihrem neuesten Roman versucht die Autorin Sylvie Schenk, sich ihrer bereits verstorbenen Mutter und deren Persönlichkeit anzunähern. Eine Mutter, die stets schwieg, wenn es um ihre Vergangenheit ging. ...
In ihrem neuesten Roman versucht die Autorin Sylvie Schenk, sich ihrer bereits verstorbenen Mutter und deren Persönlichkeit anzunähern. Eine Mutter, die stets schwieg, wenn es um ihre Vergangenheit ging. Eine Mutter, die stets teilnahmslos wirkte – außer, sie konnte ein Baby versorgen.
Sylvie Schenk hangelt sich dabei an den wenigen biographischen Informationen entlang, die sie von ihrer Mutter und anderen Familienmitgliedern erhielt. Dabei tun sich klaffende Lücken auf, die sie mit poetischen Gedanken zu füllen weiß. Die Autorin ist dabei stets bemüht, wohlwollend mit dem Andenken an ihre Mutter umzugehen. Auch, wenn diese es zu Lebzeiten nicht geschafft hat, eine intensive emotionale Bindung zu ihren 5 Kindern aufzubauen. Zuletzt entwickelt sich daraus vor allem eine spannende Schilderung über eine Frau, die 1916 in Frankreich geboren wurde und nicht nur die Entbehrungen des 1. Weltkrieges miterleben musste. Sylvie Schenks Roman ist damit nicht nur die Suche nach der Biographie der eigenen Mutter, sondern bietet auch einen wertvollen Einblick in die damaligen Verhältnisse und die Stellung der Frau in der Gesellschaft. Auf familiärer und emotionaler Ebene zeigt Sylvie Schenk darüber hinaus, wie sich ein Trauma stets fortzusetzen vermag. Besonders hervorzuheben ist meiner Meinung nach aber der außergewöhnlich eloquente, lyrische und zugleich pointierte Sprachstil der Autorin. Federleicht führt sie durch die zum Teil sehr schweren Lebensjahre ihrer Mutter. Ein für meinen Geschmack zurecht nominierter Roman für den Deutschen Buchpreis!