Roman mit leisen Tönen
Weite SichtMit diesem Debütroman hat Thorsten Pilz einen sehr ansprechenden Roman über vier Frauen geschrieben, die im Herbst ihres Lebens nochmals durchzustarten versuchen.
Charlotte hat eben ihren Mann verloren ...
Mit diesem Debütroman hat Thorsten Pilz einen sehr ansprechenden Roman über vier Frauen geschrieben, die im Herbst ihres Lebens nochmals durchzustarten versuchen.
Charlotte hat eben ihren Mann verloren und erlebt bei der Testamentseröffnung eine unvorhergesehende Überraschung. Ihre Schwester Gesine kämpft gegen ihre eigenen Dämonen. Sabine, die als Teenager bei der Familie von Charlotte und Gesine aufgenommen wurde, ist seit dem Tod ihres Mannes sehr einsam und verliert zusätzlich ihre Wohnung. Sie zieht zu Charlotte in das große Haus in Hamburg. Die vierte im Bunde ist die Dänin Bente, die eine besondere Beziehung zu Charlotte hat und nach dem Tod von Charlottes Mann wieder in ihr Leben tritt.
Nach dem Tod ihres Mannes Friedrich beginnt Charlotte ihr Leben und ihre Ehe zu hinterfragen. Fünfzig Jahre war sie verheiratet und zwei Kinder hat sie aufgezogen: Franziska und Matthias. Nun ist es an der Zeit, sich das restliche Leben neu einzurichten. Ein Neuanfang mit über Siebzig?
Charlotte, Bente, Gesine und Sabine sind sehr verschiedene Charaktere und haben unterschiedliche Lebenserfahrungen hinter sich. Charlotte steht im Mittelpunkt der Geschichte, jedoch sind die Lebenswege der vier Frauen miteinander verwoben. Die Beziehung zu ihrer Schwester Gesine ist nicht wirklich herzlich. Nach dem Tod von Charlottes Mann kommen Geheimnisse zu Tage, die die Schwestern weiter entzweien. Alle vier Frauen haben mit einem Verlust zu kämpfen, müssen sich von Erinnerungen befreien und sich im Leben neu orientieren.
"Weite Sicht" ist ein Roman der leisen Töne. Er ist nicht in Kapitel, sondern in Tage aufgeteilt. Erzählt wird teils in kurzen Rückblenden, aber vorwiegend aus der Gegenwart. Man erfährt mehr über die familiären Beziehungen und Freundschaften, die sich über die Jahrzehnte entwickelt und verändert haben. Es geht es um das Miteinander, die Entwicklung der vier Frauen und dem Finden neuer Chancen.
Der Schreibstil von Thorsten Pilz ist auf das Westentliche reduziert und trotzdem schreibt er sehr einfühlsam und der Roman hat Tiefe. Großartig fand ich, wie er sich als männlicher Autor in die weiblichen Figuren hineinversetzen konnte. Die Charaktere sind sehr lebendig und bildhaft dargestellt. Jede von ihnen konnte mich emotional berühren und ich hatte sie lebhaft vor Augen. Nur manchmal hatte ich das Gefühl die Frauen wären jünger als die angegebenen 70+. Auch die Beschreibung von Hamburg und der dänischen Ostküste sind sehr anschaulich und bildgewaltig dargestellt.
Das Ende hat mich zuversichtlich gestimmt, jedoch vermisste ich noch einige Informationen zu offenen oder angerissenen Themen aus der Vergangenheit. Das Wesentliche ist jedoch gesagt. Ein gelungener Debütroman mit einer emotionalen Tiefe, der mir sehr gut gefallen hat.
Fazit:
Eine warmherzige Geschichte mit Tiefgang über Freundschaft, Verzeihen und dem Suchen und Finden neuer Chancen im letzten Lebensabschnitt. Das Buch empfehle ich gerne weiter!