Nicht ganz rund
Enna Andersen und die verlorene ZeitMEINE MEINUNG
Für mich war es der erste Fall von Enna Andersen und ihrem Team, ich habe aber sehr gut hinein gefunden. Wie bei allen Reihen, in die man mittendrin einsteigt, musste ich mich anfangs ein ...
MEINE MEINUNG
Für mich war es der erste Fall von Enna Andersen und ihrem Team, ich habe aber sehr gut hinein gefunden. Wie bei allen Reihen, in die man mittendrin einsteigt, musste ich mich anfangs ein wenig orientieren und die vielen Namen auseinander halten. Das ist mir aber schnell gelungen, nach den ersten Kapiteln hatte ich den Überblick und war gut in der Story angekommen.
Die Charaktere gefielen mir gut, insbesondere der Teamgeist hat meine Begeisterung geweckt. In vielen Krimis liest man vom "lonesome" Hero, der den Fall im Alleingang, manchmal auch gegen Kollegen, löst. Hier hilft und unterstützt man sich gegenseitig und hält sich den Rücken frei. Überhaupt standen die Charaktere im Fokus. Der Fall selbst ist für die Protagonistin ein hochpersönlicher, aber auch das Privatleben der anderen hat eine große Rolle im Buch eingenommen. Mir hat das gut gefallen, weil die Charaktere so nahbarer und greifbarer werden, und für mich hat der Spannungsbogen nicht darunter gelitten. Die vielen Dialoge rücken ebenfalls die Figuren in den Vordergrund, daneben hat sich Anna Johannsen mit Beschreibungen zurück gehalten. Ironischerweise werden auch die Charaktere selbst wenig beschrieben - ich hatte bis zum Schluss kein wirkliches Bild von Enna vor Augen, weil nur an einer Stelle ihre Haarfarbe erwähnt, aber sonst nichts zu ihrem Aussehen geschrieben wird. Für mich war das so in Ordnung, ich kann mir aber vorstellen, dass das nicht Jedermanns Sache ist.
Die Story gefiel mir. Anfangs stochern sie bei den Ermittlungen sehr im Nebel herum, benennen es selbst als ihre Taktik bei Cold Cases: Staub aufwirbeln und wenn er sich gelegt hat, nachsehen, welches Bild man erkennen kann. Viel anderes bleibt einem bei einer Tat, die sich vor über 20 Jahren ereignet hat, auch nicht übrig. Trotzdem fand ich die Herangehensweise der Ermittler recht strukturiert und durchdacht. Weniger gefallen hat mir aber, dass sie sich teils illegaler Methoden bedienen. Für mich ist das immer eine unglaubwürdige Doppelmoral: Die Polizisten ziehen Täter dafür zur Rechenschaft, dass sie sich nicht an Recht und Gesetz gehalten haben - indem die Polizisten selbst dagegen verstoßen. Hrmpf. Klar sind Einbruch und Mord moralisch nicht das Gleiche, strafbar sind sie aber beide.
Leider hat mich auch das Ende ein wenig enttäuscht. Mit dem Wissen am Ende kamen mir einiges in der Rückschau unlögisch vor. Ich verstehe es aus dramaturgischen Gründen und sehe den Mehrwert für die Story, aber es ergibt keinen Sinn. Das finde ich sehr schade, und ich bin noch nicht sicher, ob ich die Reihe weiter verfolgen möchte oder nicht.
FAZIT
Klarer Fokus auf den Charakteren, die mir gut gefallen haben. Die Story hätte aber besser durchdacht werden müssen - hier gibt es logische Fehler.