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Veröffentlicht am 29.03.2023

Manipulierbarkeit von Kindern

Josses Tal
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Der Roman erzählt über einen Aspekt aus der Zeit des Nationalsozialismus, wie ich es bisher noch nicht gelesen habe. Die Hauptfigur – Josef bzw. Josse – wird seit Kindestagen systematisch von einem vermeintlichen ...

Der Roman erzählt über einen Aspekt aus der Zeit des Nationalsozialismus, wie ich es bisher noch nicht gelesen habe. Die Hauptfigur – Josef bzw. Josse – wird seit Kindestagen systematisch von einem vermeintlichen Förderer an die nationalsozialistische Ideologie herangeführt und indoktriniert. Aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse (ungeliebtes uneheliches Kind) ist Josef äußerst empfänglich für diese Art der Beeinflussung. Er steigt in der Rangordnung der Jugendorganisationen auf, wird in seinem schlesischen Dorf zum Spitzel und Denunzianten. Dabei lädt er eine große Schuld auf sich. Irgendwann machen sich Zweifel in ihm breit.
Die Autorin hat gut recherchiert. Gefallen hat mir, dass die Geschichte in einem Dorf angesiedelt ist, wo die Propaganda des Naziregimes doch eher nicht auf so fruchtbaren Boden treffen sollte. Doch weit gefehlt. Die erfolgreiche Manipulation eines Kindes ist erschreckend zu lesen und ist zumindest im Ansatz eine Erklärung auf die Frage späterer Generationen, wie die Zeitgenossen bei all dem Schrecklichen überhaupt mitmachen konnten. Sehr authentisch und typisch für das Schlesische ist die Wiedergabe von Personenbezeichnungen unter Voranstellung des Nachnamens und des nachfolgenden Vornamens oder Berufes. Ein wenig rasch ging es mir am Ende zu mit der raschen Läuterung und Flucht von Josef.
Zu empfehlen für Leser historischer Romane aus der Zeit des Nationalsozialismus.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Biografisches und Überlegungen zum Schreiben

Wir hätten uns alles gesagt
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Am ehesten lässt sich von diesem Buch profitieren, wenn man zuvor schon andere Bücher der Autorin gelesen hat, z.B. „Daheim“, „Lettipark“, „Aller Liebe Anfang“. Denn zum einen spricht die Autorin vorliegend ...

Am ehesten lässt sich von diesem Buch profitieren, wenn man zuvor schon andere Bücher der Autorin gelesen hat, z.B. „Daheim“, „Lettipark“, „Aller Liebe Anfang“. Denn zum einen spricht die Autorin vorliegend über ihr Schreiben (und geht dabei eben auch auf frühere Bücher ein) und zum anderen über ihr Leben. Die Passagen betreffend das Schreiben geben dem Leser viel Raum zum Nachdenken und hinterlassen einen bleibenden, tiefen Eindruck. Hier wimmelt es nur so von zitierungswürdigen Sätzen wie z.B. „Jede Geschichte hat ihren ersten Satz. Nicht der Satz, mit dem die Erzählung beginnt, sondern ein Satz, mit dem sie in meinem Kopf beginnt.“ oder „Geschichten schreiben heißt misstrauisch sein. Lesen heißt, sich darauf einzulassen. Jede Geschichte erzählt von einem Gespenst“. Genauso nachdrücklich ist, was Hermann hier sehr persönlich zum ersten Mal über ihre Kindheit, ihre Familie und ihre Freunde schreibt („Ich komme aus einer Familie von Verrückten“).
Sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 01.03.2023

Prägende Kindheitstraumata

Liebewesen
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Diese Geschichte ist einmal keine rosarote Liebesgeschichte, sondern eine solche, in der beide Partner mit Traumata bzw. Dämonen aus ihrer Vergangenheit zu kämpfen haben. Lio erfuhr als Kind Gewalt durch ...

Diese Geschichte ist einmal keine rosarote Liebesgeschichte, sondern eine solche, in der beide Partner mit Traumata bzw. Dämonen aus ihrer Vergangenheit zu kämpfen haben. Lio erfuhr als Kind Gewalt durch ihre Mutter, die unfähig war, ihre Tochter zu lieben; Max leidet an Depressionen. So stellt sich die Frage, ob sie gemeinsam glücklich werden können. Zunächst sieht es so aus. Dann aber legen sich ihre Probleme mehr und mehr auf ihre Beziehung. Nicht zur Lösung trägt bei, dass Lio dann auch noch ungewollt schwanger wird, sie das Kind nicht will, es Max verschweigt.
Ein moderner Beziehungsroman, der realistische Probleme einer Partnerschaft anspricht.

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Veröffentlicht am 23.02.2023

Geschichte einer österreichischen Großfamilie

Malvenflug
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Den Roman halte ich für sehr lesenswert, insbesondere für Leser mit Interesse an Familiengeschichten.
Erzählt wird die Geschichte einer Familie aus Österreich im Wesentlichen zur Zeit des Zweiten Weltkriegs ...

Den Roman halte ich für sehr lesenswert, insbesondere für Leser mit Interesse an Familiengeschichten.
Erzählt wird die Geschichte einer Familie aus Österreich im Wesentlichen zur Zeit des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit. Schwierigkeiten bei der Einordnung der vielen Personen behebt das Personenverzeichnis eingangs des Buches. Alle Familienmitglieder haben einen speziellen, individuellen Hintergrund, der jeweils sehr interessant ist. Gelungen werden historische Ereignisse eingeführt verbunden mit den unterschiedlichen Einstellungen der Romanfiguren dazu. Manchmal erscheint der Grundton etwas melancholisch, was auf einige traurige Vorkommnisse zurückzuführen ist. In formeller Hinsicht besteht die Besonderheit, dass der erste Teil des Romans aus der Perspektive verschiedener Familienmitglieder erzählt wird und der letzte ausschließlich aus Sicht der ältesten Tochter.

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Veröffentlicht am 21.02.2023

Familienalltag realistisch dargestellt

Jahreszeit der Steine
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Scharfsinnig und detailgetreu erzählt der Autor – vermutlich autobiografisch – den Alltag seiner fünfköpfigen Familie in einem norddeutschen Dorf an nur einem einzigen Novembertag in der Zeit zwischen ...

Scharfsinnig und detailgetreu erzählt der Autor – vermutlich autobiografisch – den Alltag seiner fünfköpfigen Familie in einem norddeutschen Dorf an nur einem einzigen Novembertag in der Zeit zwischen einem Wachwerden am Morgen bis zum Schlafengehen. Er ist ein sehr moderner Vater, der seine Vaterrolle gleichberechtigt neben seiner Frau ausüben will, dabei aber meint, dass diese ihn darin hemmt, so dass an besagtem Tage viele Kränkungen in ihm hervorkochen, die er ohne Aussprache in sich hineinfrisst und erst am Abend kurz zur Sprache bringt. Bei sämtlichen seiner Aktivitäten an diesem Tage schweifen seine Gedankengänge immer ausführlich zurück auf seine eigene Kindheit in der DDR mit einem eigenen Vater, zu dem er ein problematisches Verhältnis gehabt hatte und dem er nie ähneln wollte. Weitere Überlegungen betreffen seinen beruflichen Werdegang. Der Alltag mit Kindern wird so realitätsgetreu dargestellt, dass sich jeder selbst erziehende Leser sicherlich darin wiederfinden wird. Faszinierend sind auch Hilles akribische Beobachtungen zu Vorkommnissen in der Natur oder zu Personen aus seinem persönlichen Umfeld. Damit erscheint dann allerdings der Ablauf eines einzelnen Tages als zu überfrachtet.
Sehr zu empfehlen für Leser von Beziehungsromanen.

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