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Veröffentlicht am 22.02.2023

Unterhaltsam

Enna Andersen und die verlorene Zeit
2

Enna Andersen, die Hauptkommissarin in Urlaub, will bald nachkommen und mit ihrem kleinen Sohn unbeschwerte Ferientage genießen - so ihr Plan. Aber es drängt sie zunächst, sich mit dem lange zurückliegenden ...

Enna Andersen, die Hauptkommissarin in Urlaub, will bald nachkommen und mit ihrem kleinen Sohn unbeschwerte Ferientage genießen - so ihr Plan. Aber es drängt sie zunächst, sich mit dem lange zurückliegenden Mord an ihren Eltern nochmals auseinanderzusetzen. Denn der damals verurteilte Täter hat seine Haftstrafe abgebüßt und nun will eine Wiederaufnahme des Verfahrens erwirken. Ist vor mehr als zwanzig Jahren der Falsche verurteilt worden? Befindet sich der wahre Schuldige noch immer in Freiheit?

Enna und ihr Team sind wie eine eingeschworene kleine Familie, sie sind darauf spezialisiert, Cold Cases wieder aufzurollen, darin sind sie sehr erfolgreich. Ennas persönlichster Fall jedoch ist ihre Privatsache. Ronald Grothe, der nun entlassene Täter, beteuert seine Unschuld. Enna muss einfach wissen, was damals wirklich geschah, wer hinter den brutalen Morden an ihren Eltern steckt.

Es hat schon etwas gedauert, bis ich mich eingelesen habe. Zu viele Personen waren gleich mal präsent. Nachdem ich diese Hürde überwunden hatte, ich alle zuordnen konnte, kam ich dann klar. Es ist das mittlerweile fünfte Buch um die Hauptkommissarin. Auch ohne Kenntnis der Vorgängerbände hatte ich nicht das Gefühl, viel verpasst zu haben. Das für die Story Wissenswerte wird gut ins Geschehen integriert.

Der Fall gestaltet sich bald als komplex, es führen so einige interessante Spuren in die Vergangenheit. Nicht nur ins Damals, als der Doppelmord geschah, es geht sehr viel weiter zurück. Die Zeit des Nationalsozialismus und die einhergehenden Denunzierungen jeglicher Art könnten durchaus von Belang sein. Auch wenn Enna privat, während ihres Urlaubes, ermittelt, so kann sie sich doch auf ihre Kollegen verlassen. Es gleicht einer Sisyphosarbeit, aber aufgeben ist für sie alle keine Option.

Gleich mal hatte ich eine sehr heiße Spur, die sich durchs Buch zog. Nicht immer durchgängig, denn es waren so etliche finstere Gestalten, denen man ihre Gesinnung ansah. Aber auch diejenigen in Nadelstreifen hatten so einiges zu verbergen. Trotzdem immer mehr aufgedeckt wurde, tappte ich lange im Dunkeln. Nicht nur einmal habe ich um Enna gebangt, ihre Alleingänge waren nicht ohne.

Nach den erwähnten Anfangsschwierigkeiten habe ich Ennas Weg gespannt verfolgt. Ihr Team und auch ihr privates Umfeld waren mir bald sehr sympathisch, es war eine emotionale Reise mit vielen Wendungen. Die Auflösung dann hat mich verblüfft, damit hatte ich so gar nicht gerechnet. Eine vielschichtige Story, trotz des ernsten Hintergrundes unterhaltsam zu lesen.

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Veröffentlicht am 19.02.2023

Unterhaltsam, wenn auch anders als gedacht

Die Affäre Agatha Christie
2

Wer kennt sie nicht, die Bücher der Agatha Christie. Miss Marple oder Hercule Poitrot hat sie neben vielen anderen Gestalten erschaffen, die Queen of Crime hat sich in die Herzen der Krimileser geschrieben. ...

Wer kennt sie nicht, die Bücher der Agatha Christie. Miss Marple oder Hercule Poitrot hat sie neben vielen anderen Gestalten erschaffen, die Queen of Crime hat sich in die Herzen der Krimileser geschrieben.

An einem Dezembertag im Jahre 1926 war sie plötzlich verschwunden, ganz England suchte elf lange Tage nach ihr. Am Rande einer Kalkgrube fand man ihr Auto, Führerschein, Mantel und Koffer waren da, von Agathe keine Spur. Was war geschehen?

Meine Erwartungen waren, dass ich nun die Geschichte der Agatha Christie rund um diese elf Tage erfahre, erhalten habe ich etwas ganz anderes. Im Mittelpunkt steht die Geliebte von Archie, Agathas Ehemann. Überwiegend aus Nan O´Dea´s Sicht werden diese Tage geschildert, es sind Vermutungen, Nan war nicht dabei. Sie beschreibt die Szenen einer Ehe, einer Trennung. So, wie sie es gerne gehabt hätte, wie es gewesen sein könnte. Garniert mit möglichen Aussagen ihres Geliebten. Nan spinnt den Faden zu ihren Gunsten weiter. Fiktiv, unterhaltsam und so, dass ich diese Nan nicht mag.

Das Verschwinden der berühmten Krimiautorin schwelt eher im Hintergrund. Es ist Nan, die ihr nicht immer einfaches Leben darbietet. Sie ist eine äußerst berechnende, auf ihren Vorteil bedachte Person. Ihr familiärer Hintergrund, ihre große Liebe, die beileibe nicht Archie ist und die Folgen dessen verfestigen mein Bild einer selbstsüchtigen, egoistischen jungen Frau. Nan mag ich in jungen Jahren, sie hatte es nie leicht, das Schicksal war nicht immer fair zu ihr, später dann entpuppt sie sich als eigennützig und knallhart.

Die fiktive Geschichte rund um die „Affäre der Agatha Christie“ ist so ganz anders, Agathas Verschwinden ist eher der Aufhänger. Nicht durchgängig, aber doch sehr präsent, schildert Nan ihre Sichtweise auf diese elf Tage. Es war ein auf- und ab der Gefühle, diese Affäre war gut zu lesen, keine Frage. Nur habe ich über weite Strecken Agatha Christie vermisst. Wäre der Titel ein anderer gewesen… Und doch hat mir das Buch kurzweilige Stunden beschert, nachdem ich mich auf die Erzählweise von Nina de Gramont eingelassen habe. Eine spekulative Geschichte um das Verschwinden, um Liebe, Täuschung und Verlust, Mord inklusive.

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Veröffentlicht am 13.02.2023

Kurzweiliger Thriller

Die Herzchirurgin
2

Was machen all die fremden Leute hier? Und wo ist Zack? Als die Herzchirurgin Anna Jones nach einem langen Arbeitstag endlich heimkommt, ist nichts mehr so, wie es war. Die Erkenntnis, dass sie ihren Sohn ...

Was machen all die fremden Leute hier? Und wo ist Zack? Als die Herzchirurgin Anna Jones nach einem langen Arbeitstag endlich heimkommt, ist nichts mehr so, wie es war. Die Erkenntnis, dass sie ihren Sohn nur dann wieder in ihre Arme schließen kann, wenn sie während einer alsbald anstehenden OP einen Politiker sterben lässt, erschüttert sie bis ins Mark. Währenddessen hat die Krankenschwester Margot existenzielle Sorgen, welche sie mit immer dreisteren Diebstählen auszugleichen versucht. Und Rachel Conaty von der örtlichen Polizei kann ihr privates Schicksal nicht verarbeiten, sie vermengt dieses mit einem nicht geklärten Todesfall.

Um diese drei Frauen rankt sich der Thriller. Drei Frauen, ganz und gar unterschiedlich und doch eint sie ihr Schicksal irgendwie, auch wenn die Verbindungen zunächst ziemlich verworren und oberflächlich scheinen.

Allen voran kämpft Anna um das Leben ihres Kindes und dafür muss sie ihre Moral über Bord werfen, ihren ethischen Richtlinien als Ärztin abschwören. Wie wird sie sich entscheiden? Annas Weg habe ich atemlos und mit viel Herzklopfen verfolgt. Was ist richtig, was darf man, was darf eine Mutter, eine Ärztin? Selbst wenn sie ihren vermeintlich richtigen Weg eingeschlagen hat, so ist es noch lange nicht vorbei.

Und da ist Margot, ein ganz und gar anderer Typ. Sie ist für sich alleine verantwortlich, auch wenn es zwischendurch anders scheint. Sie ist nicht unbedingt ein Sympathieträger, eher das Gegenteil. Und hat sie einmal eine lukrative Quelle aufgetan, agiert sie unbescheiden und gierig bis zum Abwinken. Egoismus pur, so würde ich sie kurz beschreiben wollen. Erst handeln, später, meist zu spät, fängt sie an zu denken. Das kann nur schief gehen, sie schliddert gefühlt von einer Katastrophe in die nächste.

Wäre noch Rachel zu erwähnen, die sich in einen Fall verbissen hat und sich von nichts und niemandem von ihrem Vorhaben abhalten lässt. Sie mochte ich so gar nicht, beinahe hätte sie in Sachen Antipathie Margot den Rang abgelaufen.

Jack Jordan hat drei unterschiedliche Charaktere erdacht, die jede für sich nicht zu knapp über Ecken und Kanten verfügen. Um das Ausgangsszenario ranken sich die Nebenstränge, Annas schwerwiegende Entscheidung zieht vieles nach sich, was zunächst nicht vorhersehbar ist. Von Kindesentführung und Lügen bis hin zu Mord ist alles dabei, was einen spannenden Thriller ausmacht. Nach dem rasanten Einstieg mit viel Action plätschert die Handlung eher dahin, schon fesselnd, aber ein wenig um sich kreisend, um dann wieder an Fahrt aufzunehmen. Das Ende habe ich kaum erwarten können, auch wenn so manche Szene mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Hier drücke ich aber gerne ein Auge zu angesichts dieses kurzweiligen Thrillers, der mich gut unterhalten hat.

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Veröffentlicht am 07.02.2023

Was geschah damals?

Das College – In der Nacht kommt der Tod
2

Es geschah vor zehn Jahren. April, die sehr exaltierte College-Freundin von Hannah, wird ermordet und schnell kann der Täter dingfest gemacht werden. Nun ist dieser verurteilte Mörder tot. Hannah, mittlerweile ...

Es geschah vor zehn Jahren. April, die sehr exaltierte College-Freundin von Hannah, wird ermordet und schnell kann der Täter dingfest gemacht werden. Nun ist dieser verurteilte Mörder tot. Hannah, mittlerweile verheiratet, erwartet ihr erstes Baby und erst jetzt, viel zu spät, kommen ihr Zweifel. Ist der Falsche weggesperrt worden? Eine nervenaufreibende Suche nach der Wahrheit beginnt.

Aus Hannahs Sicht erfahre ich, was Gestern geschah und bin mit ihr im Heute unterwegs. Ihre Zerrissenheit ist nachvollziehbar, wenn auch nicht in dieser alles verschlingenden Gänze. Abwechselnd auf zwei Zeitebenen spielt das wendungsreiche Psychodrama. Hannah könnte ihr Leben genießen, sie lebt in einer glücklichen Beziehung, die Zukunft sieht rosig aus. Und doch plagen sie Schuldgefühle. Neville wurde aufgrund ihrer Aussage verurteilt – hat sie sein Leben, hat sie seinen Ruf zerstört? Sie gräbt immer tiefer. Versucht, mithilfe der damaligen Clique den Ablauf der Tat zu rekonstruieren. Darf Gerechtigkeit alles? Oder sollte sie die Vergangenheit ruhen lassen?

Schon bald mache ich mir ein Bild von ihnen allen, lerne April als nette Person kennen, ihre düstere Seite zeigt sie ganz anders. Ihre makabren Scherze machen vor nichts und niemandem halt, sie kennt weder Grenzen noch hat sie ein Schuldbewusstsein. Und da ist auch die andere, die reizende, hilfsbereite und sehr unterhaltsame April. Die Charaktere sind allesamt gut ausgearbeitet, ich bin gefühlt bei ihnen und frage mich des Öfteren, warum Hannah ihre Nachforschungen nicht einstellt. Vieles deutet darauf hin, dass sie sich letztendlich selbst am meisten schadet. Aber ist das auch wirklich so?

Ruth Ware schafft eine düstere Atmosphäre, legt zuhauf falsche Fährten und lässt ihre Leser bis zuletzt im Unklaren. Ich mag es, wenn es sich lange nicht abzeichnet, wer der wahre Täter ist, wie es sich denn wirklich zugetragen hat. Denn jeder könnte es hier gewesen sein. Zuweilen scheint es, als ob dies für ewig im Dunkeln bleiben müsste. Ja, alles beginnt gemächlich, zunächst vermute ich eher eine Erzählung über den College-Alltag. Die Einführung ist etwas langatmig geraten, nimmt aber zunehmend Fahrt auf.

Die stimmlich sehr wandelbare Julia Nachtmann hat das Hörbuch eingelesen, sie gibt jeder Figur ihre individuelle Wesensart. Die lebendigen Dialoge sind authentisch und gewinnen mit ihrem Vortrag zusätzlich, die Sogwirkung ist enorm. Schon allein deshalb würde ich dem Hörbuch den Vorzug gegenüber dem gedruckten Exemplar geben. Es war eine spannende, sehr hörenswerte Suche nach dem wahren Mörder.

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Veröffentlicht am 04.02.2023

Rassismus

Salomés Zorn
2

In einem kleinen Ort in den Niederlanden lebt die 16jährige Salomé mit ihrer Familie. Das nächste halbe Jahr jedoch verbringt sie im Donat, so nennen sie aufgrund der Bauweise die Jugendstrafanstalt. Wenn ...

In einem kleinen Ort in den Niederlanden lebt die 16jährige Salomé mit ihrer Familie. Das nächste halbe Jahr jedoch verbringt sie im Donat, so nennen sie aufgrund der Bauweise die Jugendstrafanstalt. Wenn alles glatt läuft, kann sie telefonieren. Hast sie Mist gebaut, muss sie darauf verzichten. Wie kommt sie hierher? Was hat sie getan? Als Tochter eines Kameruners und einer Niederländerin wird sie seit jeher ausgegrenzt und nicht nur das, sie wird gemobbt, das Gefühl, weniger als die anderen wert zu sein, kennt sie nur zu gut. „Es ist wichtig, dass du dich nicht zum Opfer machen lässt, sagt Papa, während er zeigt, wie sie zuschlagen muss.“ Schon von klein auf muss sie sich verteidigen, ihre dunkle Hautfarbe macht sie angreifbar.

Rassismus und die einhergehende Diskriminierung zieht Gewalt nach sich, Simone Atangana Bekono beschreibt dies eindringlich. Salomés Zorn spürt man in jeder Zeile. Sie ist intelligent, stößt aber immer wieder an ihre Grenzen. Irgendwann wird sie vom Opfer zum Täter, eins kommt zum anderen, sie kann nicht anders. Und so landet sie in dieser Jugendstrafanstalt, auch hier steht nicht alles zum Besten. Sie hat Zeit, nachzudenken, sie reflektiert ihr bisheriges Leben.

Je besser ich Salomé kennenlerne, je mehr ich von ihr weiß, desto eher kann ich sie verstehen. Die Sprache ist zuweilen derb, es ist die Ausdrucksweise der Heranwachsenden und passt perfekt in das Bild, das sich mir von ihr erschließt. Sie trägt sehr viel Wut in sich, ihr Vater stachelt diese zusätzlich an. Seine Ratschläge, mittendurch zu schlagen, schnell und stark zu sein, sich nie zu beklagen, sind eher kontraproduktiv. Solche Denkweisen befördern Gewalt, auch wenn er eher damit meint, dass sie sich nicht zu ducken braucht, so ist sie doch in einer Phase der Selbstfindung. Gewalt mit Gegengewalt zu vertreiben, ist der absolut falsche Weg.

In Bekonos Debütroman habe ich mich erst einlesen müssen. Ihre Titelheldin träumt sich weg, erinnert sich zwischendurch an die Schulzeiten, an ihre Tante Céleste und ihre Familie. Frits, ihr Therapeut, fordert sie heraus, ihre Gespräche machen sie zornig. Salomé erzählt von ihrem Vater, der sie lehrt, sich auch gegen Menschen wie ihn zu verteidigen. Ausgerechnet Frits hat in einer, wie er es jetzt herunterspielt, spaßigen Show mitgemacht, in der der Rassismus die entscheidende Rolle spielt.

Simone Atangana Bekono macht „Salomés Zorn“, macht Rassismus und die damit einhergehende Ausgrenzung, greif- und begreifbar. Auf die Geschichte dieses Mädchens sollte man sich einlassen, die sprunghafte Erzählweise macht es jedoch nicht gerade einfach, im Buch zu bleiben. So einiges wird angedeutet, jedoch nicht explizit weitergeführt, was verwirrend ist und doch auch nachdenklich stimmt. „Du musst deiner Faust folgen“ ist niemals ein Mittel, Rassismus zurückzudrängen.

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