Eine eindrücklich geschilderte Welt, die unbedenklich komplex ist – vor allem die vielfältigen und komplexen Charaktere reissen einen mit!
Game of Thrones 1Eddard Stark, Herr von Winterfell, tritt seine neue Aufgabe als rechte Hand des Königs bei Hofe an. Er findet sich in einem Netz voller Intrigen und Lügen wieder, machtgierige Adelige versuchen in die ...
Eddard Stark, Herr von Winterfell, tritt seine neue Aufgabe als rechte Hand des Königs bei Hofe an. Er findet sich in einem Netz voller Intrigen und Lügen wieder, machtgierige Adelige versuchen in die Nähe des Königs zu gelangen. In seiner Abwesenheit kümmert sich sein ältester Sohn um Winterfell und hat mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Die Zukunft des Reiches hängt nun ganz von Winterfell ab.
Game of Thrones – bekannte Worte. Bisher hat mich vor allem die Seitenzahl des Buchs abgeschreckt, aber in meinen letzten Ferien habe ich mich endlich dazu aufgerafft und bereue es nicht, das Buch gelesen zu haben.
Obwohl so viele Charaktere in dieser Welt oft namentlich und meistens zusätzlich mit ihrem gesamten Stammbaum im Buch erwähnt werden, konnte ich sie mir erstaunlich gut merken – und das heisst bei mir etwas. Zwar kenne ich nicht Neds vollumfängliche Leibgarde, aber die wichtigen Personen aus der Geschichte kenne ich. Ich muss aber zugeben, dass es mich gestört hat, wenn ein ganzer Paragraph zur Lebensgeschichte eines Vetters eines Onkels des vierten Manns aus der Garde aufkam.
Nicht nur, dass es wahnsinnig viele Personen gibt, es gibt auch viele Sichten, aus denen wir die Geschichte verfolgen. Beinahe die gesamte Familie der Starks, aber auch Charakteren wie Daenerys wird Gehör verschafft, die zu diesem Zeitpunkt noch in keiner persönlichen (!) Relation zu den Starks stehen.
Und alles ist spannend! Jede Sicht, jedes Kapitel bringt die Geschichte auf ihre Art und Weise voran. Wenn es dann einen Wechsel gibt, werden die letzten Tage nicht stumpf wiederholt, sondern es geht tatsächlich weiter! Auch wenn die Ereignisse noch so erschütternd sind, wird nicht herumgetrödelt und man versinkt nicht in seitenlangen Monologen.
Die Charaktere sind alle so verschieden; sie haben ihre Stärken und Schwächen, ihre Vergangenheit und ihre Ziele. Wunderbar komplex! Ich beispielsweise mochte Sansa überhaupt nicht und hatte trotzdem kein Problem damit, Kapitel aus ihrer Sicht zu lesen. Um ehrlich zu sein gibt es mehr Charaktere, die ich nicht leiden kann, als solche, die ich leiden kann (Arya, Ned und Jon mag ich meisten). Aber da man durch die gewählte Erzählperspektive doch eine gewisse Distanz zu der Person hat, tun diese Konflikte zwischen Leser:innen und Charakteren der Geschichte gut, denn man bleibt am Ball – und da spielt es keine Rolle, was für Emotionen an die Oberfläche kommen.
Die Welt, in der wir uns befinden, ist unglaublich. Dabei wird das Aussehen dieser nicht einmal so detailliert beschrieben. Es sind die Geschichten, Legenden, Ängste, Verwandtschaften, Freundschaften und Ränge, die das Setting so glaubhaft machen. Diese Einfachheit, mit der etwas vollkommen Undenkliches erzählt wird, macht die Geschichte so kraftvoll. Natürlich auch die geschaffene Atmosphäre, die der Verdienst des Autors ist. Ich hatte die Burg, die Landschaften, die Dunkelheit beim Lesen vor Augen. Immer dann, wenn die Rede von Kälte und Schnee war oder der Satz «Der Winter naht» fiel, wurde mir plötzlich kalt. Ich fühlte mit den Starks mit. Vor allem diese knisternde Erwartung von den älteren Charakteren im Buch überträgt sich mit unglaublicher Leichtigkeit auf die Leser:innen, sodass man jederzeit auf der Hut davor ist, obwohl man nicht einmal genau weiss, vor was man sich fürchten soll. Sehr raffiniert.
Ich finde zwar nicht, dass George R. R. Martin einen aussergewöhnlichen Schreibstil hat; teils ist er mir sogar zu trocken und lasch. Aber die vielen Wechsel in der Perspektive machen dieses Buch zu einer abwechslungsreichen Geschichte und gleichen diesen Makel dementsprechend aus.
Der erste Band endet mit mehreren Plottwists, die ich definitiv nicht habe kommen sehen und einem Cliffhanger, der mich dazu gezwungen hat, das nächste Buch gleich nach dem Beenden zu bestellen.
Fazit
Als Leser:in wird man in die Welt der Starks mitgerissen und kann gar nicht anders, als mit den Charakteren, die alle ihre Eigenheiten haben, mitzufiebern. Die Perspektivenwechsel geben der Geschichte die benötigte Abwechslung und sorgen zusätzlich für Spannung, da man nie genau weiss, was zeitgleich bei den anderen passiert. Man entwickelt schnell ein Gefühl für die Welt, da sie sich vor allem aus Dialogen und nicht langweiligen Beschreibungen entwickelt. Es ist ein sehr stark(er) erster Band und ich freue mich auf den nächsten!