Die deutsche Hochschullehrerin Marie kann es kaum erwarten, wieder in ihr Feriendomizil, einem alten liebevoll renovierten Vierkanthof in Masuren, zu reisen und dort an ihrem Buch zu schreiben.
Doch aus der geruhsamen Idylle wird diesmal nichts, denn als der Teich auf dem Nachbargrundstück, das ursprünglich Teil des Vierkanthofs war, ausgebaggert wird, finden die Arbeiter eine Leiche. Da Marie den Teich vor rund zwei Jahren an den Nachbarn veräußert hat, rückt sie in den Fokus der Ermittlungen. Denn der Gerichtsmediziner datiert den Tod des Mannes just für diesen Zeitraum.
Es dauert eine geraume Zeit, bis die Identität des Toten feststeht, denn der einzige Hinweis ist ein altes Maßband, das auch von Geodäten verwendet wird. Als sich dann herausstellt, dass der Ermordete wirklich der Landvermesser Józef Koszak ist, finden Marie und die Polizisten einige Leute, die ein Motiv hätten. Der Mann hat es mit seiner Arbeit nicht allzu genau genommen, weshalb so mancher nun Schwierigkeiten mit dem Grundbuchamt hat.
Aber ist es wirklich so einfach?
Marie hat die Neugier gepackt und will mehr über den Toten herausfinden, denn es kommt ihr komisch vor, dass niemand den Mann vermisst. Marie und ihre Freunde, Staszek und Malgorzata, beginnen ihre eigenen Nachforschungen anzustellen und kommen einem Familiengeheimnis auf die Spur und dem Täter sehr nahe.
Meine Meinung:
Ella Sophie Lindow ist das Pseudonym der Autorin, die in ihrem Brotberuf wie ihre Protagonistin ebenfalls Hochschullehrerin ist, entführt ihre Leser in eine Region, die nicht sehr häufig in deutschsprachigen Krimis vorkommt: in die Masurische Seenplatte in Polen. Dementsprechend werden polnische Namen und Ausdrücke verwendet, die so manchem schon beim Lesen einen Knoten in der Zunge verursacht. Für mich als Wienerin ist die polnische Sprache keine ganz so große Herausforderung, weil man uns ja nachsagt, eine „böhmische“ Großmutter zu haben. Die tschechische und polnische Sprache ähneln einander. Zusätzlich gibt es am Ende eine kurze Erklärung der Aussprache.
Mich hat es ein wenig irritiert, dass Marie, obwohl sie ja freiwillig seit Jahren ihre Zeit in Polen verbringt und sichtlich auch gesellig ist, nicht mehr polnisch spricht.
Die Grundidee der Story selbst hat mir gut gefallen, da ich ja selbst Geodätin bin. Der Landvermesser heißt bei uns in Österreich nach wie vor Geometer. Falsche Messergebnisse führen zwar bei uns auch zu Streitereien, enden aber vor Gericht und nicht im Leichenschauhaus.
Der Schreibstil hat noch ein wenig Luft nach oben. Die Spannung hält sich in Grenzen. Mehrmals werden die unzureichenden Sprachkenntnisse von Marie erwähnt. Wir Leser können uns so etwas merken, da braucht es keine mehrfachen Wiederholungen.
Stellenweise liest sich das Buch wie ein Reiseführer durch Masuren. Das gefällt mir an sich gut, doch leider fehlt hier ein wenig die Leichtigkeit eines Jean-Luc Bannalec, der diese Art Krimis perfekt beherrscht.
Ich hatte recht bald eine Idee, wie in welchem Verhältnis die auftretenden Personen stehen. Die hat sich dann auch als richtig erwiesen.
Mit den Charakteren bin ich nicht ganz warm geworden. Die beiden Polizisten, allen voran Pjotr schießen sich zu Beginn auf Marie als Täterin ein und ermitteln für mein Dafürhalten ein wenig schlampig. Denn wie kann es sein, dass man das Maßband und auch das Messer in der Nähe der Leiche übersehen hat? Vorurteil einer deutschen Autorin oder nur ungenau beschrieben? Pjotr kann ich gar nicht einordnen. Manchmal kehrt er den strengen Polizisten Marie gegenüber heraus und dann teilt er ihr den Stand der Ermittlungen mit.
Fazit:
Diesen Krimi habe ich hauptsächlich wegen der Profession des Opfers und des mir unbekannten Schauplatzes gelesen. Von mir erhält dieser Krimi 3 Sterne, da noch ein wenig Luft nach oben ist.