Das Cafe unter den Linden
Das Café unter den LindenSchon das Buchcover finde ich total extravagant. Die beiden jungen Damen in Seidenstrümpfen. Die roary twenties eben. Bubikopf, Charlston, Zigaretten mit Spitze, Jazz, Und die Metropole Berlin, die UFA, ...
Schon das Buchcover finde ich total extravagant. Die beiden jungen Damen in Seidenstrümpfen. Die roary twenties eben. Bubikopf, Charlston, Zigaretten mit Spitze, Jazz, Und die Metropole Berlin, die UFA, die Künsterkolonien, KADEWE. Der Leser findet sich in den Straßen des alten Berlin und sitzt im Cafe unter den Linden. Hier herrscht das freie Leben, hier sind die Röcke kürzer, hier ist die Liebe komplikationsloser. Fritzis Vater ist tot, ihr Verlobter hat sie verlassen und wegen eines Krippenspiels von den Leuten verpönt, verläßt sie das kleine Dorf in Süddeutschland. Sie har nur ihre Schreibmaschine und ein Empfehlungsschreiben als Tippmamsell für den Grafen von Keller in der Tasche, Doch kaum in Berlin angekommen, wird ihr die Geldbörse gestohlen und der Graf braucht keine Schreibkraft. Da die trifft sie auf Rosa und Wlad, einem Homopärchen. Die nehmen sie in ihrem Gartenhäuschen auf, das neben der alten Villa steht. Und dann erleben wir haargenau, wie aus dem Landei Fritzi eine selbstbewußte junge Berlinerin wird. Die Autorin beschreibt ihre Figuren derart lebensnah, dass der Leser glaubt, diese Menschen selbst zu kennen. Da ist Inge, aus ärmlichen Verhältnissen, die ihren Weg nie aufgibt, Schauspielerin zu werden. Der künstlerische Herr Schmitt, der auch im tiefsten Winter nur barfuß läuft. Der schöne jüdische Sänger, dem alle Frauen verfallen sind und dann Graf Hans von Keller selbst, ein Künstler, ein Literat, der nur für seine Kunst lebt und finanziell mehr als beschränkt haushaltet. Es gibt einige Beziehungsdramen, wir bekommen Einblick in die verschiedenen Künstlerleben. Überall ist das Geld knapp, doch die Leute sind eben Lebenskünstler, die zu beneiden sind. Sie leben im heute und machen sich um morgen keine Sorgen. Das Ende des Buches ist mehr als zufriedenstellend. Wenn man einmal angefangen hat zu lesen, dann kann man damit gar nicht mehr aufhören. Die Autorin schreibt in einem gut zu lesenden, spritzigen Stil, viele Episoden sind einfach so hervorragend dargestellt, dass der Leser darüber lachen muß. Ich kann und muß alle Punkte für das Buch geben. Gerne hätte ich eine Fortsetzung, denn das bunte Völkchen ist mir sehr ans Herz gewachsen. Tolle Leistung von Joan Weng.