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Veröffentlicht am 12.05.2023

Roadtrip mit Hindernissen

Koller
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MEINUNG:

Im letzten Jahr war einer meiner absolut liebsten Romane Nordstadt von Annika Büsing. Die Autorin hat einen großartigen Text über zwei Personen geschrieben, die sich ineinander verliebe, aber ...

MEINUNG:

Im letzten Jahr war einer meiner absolut liebsten Romane Nordstadt von Annika Büsing. Die Autorin hat einen großartigen Text über zwei Personen geschrieben, die sich ineinander verliebe, aber jeder hat so sein Päckchen. Umso mehr habe ich gefreut, dass mit Koller nun schon das nächste Buch der Autorin gibt. Meine Vorfreude war dementsprechend riesig.

Mein größter Denkfehler war ein paar Seiten lang, dass Chris eine Frau ist. Vermutlich war hier noch im Nordstadt-Modus gedanklich. oder aber die Autorin hat es genau darauf angelegt und man erwischt sich als LeserIn dabei, wie man gleich vom altbekannten Klischees ausgeht. Ich habe ein bisschen gebraucht bis ich begriffen haben, dass auch Chris ein Mann ist. Chris und Koller sind sehr unterschiedlich. Chris ist eher der überlegte, kontrollierte und introvertierte Typ und Koller ist das ganze Gegenteil. Die Geschichte beginnt praktisch mit dem Ende und wird rückwärts erzählt. Eigentlich bin sehr gesättigt was das Stilmittel Road-Trip angeht, aber ich konnte mich hier drauf einlassen, weil ich einfach wissen wollte, ob die beiden zusammen kommen bzw. zusammen bleiben, denn wird bereits zu Anfang klar, dass die beiden wirklich eine große Zuneigung und Anziehung füreinander verspüren. Für mich gab es da zumindest keinen Zweifel dran, auch wenn man sonst bei Annika Büsing viel zwischen den Zeilen lesen muss. Ich mag ihre klare und doch auf den Punkte gebrachte Sprache ohne Bewertung. 

Besonders spannend und fast schon ein bisschen unglaubwürdig fand ich den Aspekt, wie sie sich kennen gelernt haben und wie sie dann, ohne sich wirklich zu kennen auf diesen Road-Trip begeben.Beide lernen sich auf dem Trip erst richtig kennen und läuft natürlich nicht völlig konfliktfrei ab. Das empfand ich dann wieder als sehr realistisch, weil verknallen kann man sich schnell, aber dann eine wirkliche tiefe und funktionierende Beziehung aufzubauen, gestaltet sich gar nicht so einfach, wie man an den beiden sieht. Dieser Road-Trip ist allerdings voller skurriler Ereignisse und Personen. Mir hat gefallen, dass Annika Büsing auch aktueller Zeitgeschehen aus 2022 mit aufgegriffen hat. So führt die Reise Chris und Koller u.a. in Ahrtal, wo zu derzeit die Hochwasserkatastrophe war und natürlich war auch noch Corona präsent. 

FAZIT:

Koller empfand ich als komplett anders als Nordstadt und doch ähnlich, was das Konstrukt angeht. Ich musste mich erst ein wenig darauf einlassen, war dann aber begeistert. Mal wieder treffen zwei völlig unterschiedliche Menschen aufeinander, empfinden Anziehung und versuchen den anderen trotz vieler persönlicher Päckchen und Hindernisse im eigenen Leben zu halten. Für mich ist es wirklich empfehlenswerter Roman, vor allem jetzt für den anstehenden Sommer und ich freue mich über jeden weiteren Roman von der Autorin.

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Veröffentlicht am 01.05.2023

Schwesterliebe

22 Bahnen
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MEINUNG:

Momentan ist es schwer an diesem Debut-Roman von Caroline Wahl vorbei zu kommen. Mir ist 22 Bahnen schon sehr früh in den Vorschauen aufgefallen, weil er genau meinem Beuteschema entspricht und ...

MEINUNG:

Momentan ist es schwer an diesem Debut-Roman von Caroline Wahl vorbei zu kommen. Mir ist 22 Bahnen schon sehr früh in den Vorschauen aufgefallen, weil er genau meinem Beuteschema entspricht und zwar die Geschichte von jungen Frauen, die besonders sind und die ihren Platz im Leben finden müssen.

Genau um so eine Geschichte handelt es sich bei 22 Bahnen.  Es ist die Geschichte von zwei Schwestern, aber auch Coming-of-Age gepaart mit ein wenig Liebe. Tilda trägt mit ihren Mitte 20 schon sehr viel Verantwortung, denn sie kümmert sich neben ihrem Studium noch um ihre kleine Schwester Ida. Außerdem arbeitet zur Unterstützung der Haushaltskasse noch in einem Supermarkt. Die Mutter von Ida und Tilda ist alkoholabhängig und Väter gibt es im Leben der beiden nicht. Um ihrem stressigen und durch getakteten Alltag zu entfliehen, geht Tilda regelmäßig 22 Bahnen schwimmen. Tilda hat sich zum Wohl von Ida dafür entschieden in der Nähe zu studieren, anstatt in eine andere Stadt zu gehen. Das soll sich jetzt ändern als sie ein Promotionsangebot aus Berlin bekommt.

Tilda habe ich gleich ins Herz geschlossen. Ich mag ihre spröde Art Dinge anzugehen und auch ihre Leben zu bewerten. Gleichzeitig ist sie auch ein bisschen nerdig, vor allem in Bezug auf ihre Liebe zur Mathematik. Die Situation Zuhause ist wirklich schwierig und wird von der Autorin wenig beschönigt, was den Alkoholkonsum der Mutter und deren Folgen angeht. Es ist keine liebe, nette Mutter, aber Tilda und Ida müssen damit auf ihre Weise zurecht kommen. Besonders Tilda gibt der Mutter auch immer wieder zu verstehen, was sie von deren Verhalten hält. Es ist traurig zu sehen, wie auch Ida damit groß werden muss. Trotz der Mutter und wegen der Mutter, das ist Ansichtssache, ist Ida ein tolles Mädchen. Das hat sie allerdings Tilda zu verdanken, denn von der wird sie praktisch groß gezogen. Tilda hat ihre Zukunft und ihr nach der Schule erstmal hinten angestellt, um für Ida dazu zu sein und dass auch nie bereut. Beim Lesen kam für sehr gut an, dass Tilda sich eben für Familie entschieden hat. Eine Freundin von Tilda kann das zum Beispiel nicht wirklich verstehen und interveniert immer wieder. Es gibt noch eine kleine Liebesgeschichte am Rand, die wirklich sehr ans Herz geht. Ich habe mir sehr gewünscht, dass sich für Tilda auch hier eine kleine Tür öffnet und dass sie das genießen kann. Mir gefiel auch hier, dass die Liebesgeschichte sich nicht unbedingt so einfach gestaltet, weil eben beide ihre Päckchen und Verantwortungen haben.

FAZIT:

22 Bahnen habe ich innerhalb von zwei Tagen inhaliert, weil ich die beiden Schwestern Tilda und Ida sehr ins Herz geschlossen habe. Beide habe durch die alkoholkranke Mutter wirklich kein leichtes Familienleben, aber ich fand es so toll, dass die beiden zu verfolgen, wie sie neue Möglichkeiten ergeben. Ein sehr empfehlenswertes Debut!



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Veröffentlicht am 25.02.2023

Highlight

Ohne mich
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MEINUNG:

Ich bin durch Zufall durch eine Freundin auf das Buch aufmerksam geworden. Mir stand momentan der Sinn nach Geschichten von jungen Frauen von Autorinnen, die versuchen ihren Platz im Leben zu ...

MEINUNG:

Ich bin durch Zufall durch eine Freundin auf das Buch aufmerksam geworden. Mir stand momentan der Sinn nach Geschichten von jungen Frauen von Autorinnen, die versuchen ihren Platz im Leben zu finden und deren Geschichten einen ganz eigenen Sound haben. Genau das habe ich mir von Ohne mich erhofft und auch bekommen.

Die namenlosen Ich-Erzählerin ist gerade mit ihrem Jura-Studium fertig und befindet sich bereits mit Mitte 20 auf dem Weg in ihre erste Scheidung und damit auch Trennung. Die junge Frau versucht herauszubekommen, wie es zu dieser Trennung kommen konnte und ob die Heirat nicht an sich schon eine totale Schnapsidee war. Auf diesem Weg muss sie auch herausfinden, wie sie zukünftig ihr Leben nach dem Studium gestalten möchte.

Ich muss sagen, dass der Schreibstil für mich anfangs sehr gewöhnungsbedürftig war, aber gleichzeitig gilt der Autorin auch meine komplette Bewunderung dafür diesen Stil komplett beizubehalten. Die Sätze kurz, fast schon rhythmisch wie bei Gedichten bzw. Song-Texten und häufig sehr pointiert. Der ganze Text ist praktisch der Gedankenfluss der Ich-Erzählerin. Dadurch fühlte ich mich der Protagonistin sehr nahe, obwohl sie häufig eher distanziert wirkt und auch nicht gerne Nähe zulässt. Viele Stelle fand ich auch sehr lustig, eben gerade weil die Autorin vieles so klug beobachtet und auf den Punkt bringt. Sie beherrscht sehr gut Show and don't tell und so ergibt sich vieles zwischen den Worten.

Mit Mitte 20 gehört die Ich-Erzählerin der Generation Z an. Sie lebt in Münster und hat vergleichsweise früh geheiratet. Zunächst erweckte es den Anschein, dass die Heirat eine wenig durchdachte Art Übersprungshandlung, aber nach und nach merkt man, dass von beiden Seiten auch viel Gefühl noch füreinander da ist. Umso drängender stellte sich die Frage, warum die beiden sich überhaupt getrennt haben. Es ist keine Liebesgeschichte, aber die Geschichte einer Annäherung auch zu sich selbst. Das gelingt der Protagonistin nicht immer so gut. Für meinen Geschmack versucht sie viel zu häufig Probleme, Gefühle und Sorgen mit Alkohol wegzuspülen. Möglicherweise ist es aber ein Stück weit normal in diesem Lebensabschnitt. Es ist allerdings klar, dass die Studienzeit vorbei ist und auch ihre Freunde neue Wege einschlagen. Ich kann gut nachvollziehen, dass es ein Punkt im Leben ist, an dem sich einige Wege trennen und man für sich selbst schauen muss, was im Leben machen möchte und mit wem man es teilen möchte.

FAZIT:

Ohne mich ist von mir eine Leseempfehlung für alle, die Geschichten mit eigener Stimme mögen, für junge Frauen und Männer, aber für auch alle, die manchmal am Leben zweifeln und hier merken, man ist damit nicht allein. Ich bin gespannt, was wir von der Autorin noch lesen werden.

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Veröffentlicht am 19.01.2023

Herzensbuch

Alle Farben meines Lebens
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MEINUNG:

Cecelia Ahern hat vor 20 Jahren P.S. Ich liebe dich veröffentlich und wurde kurzerhand zum Star. Daraufhin sind viele weitere Bücher gefolgt. Ich finde, dass sie sich enorm weiter entwickelt ...

MEINUNG:

Cecelia Ahern hat vor 20 Jahren P.S. Ich liebe dich veröffentlich und wurde kurzerhand zum Star. Daraufhin sind viele weitere Bücher gefolgt. Ich finde, dass sie sich enorm weiter entwickelt hat und nicht nur klassische Familienromane schreibt. Jedes Buch hat eine neue Geschichte, so auch Alle Farben meines Lebens.

Alice ist besonders. Sie stellt in ihrer Kindheit fest, dass sie anders ist als die anderen. Sie kann den Gemütszustand von anderen Menschen anhand von Farben erkennen. Diese Farben umgeben die Menschen, wie Auren. Diese "Gabe" wird für Alice schnell zu Last. Hinzu kommen recht schwierige Familienverhältnisse. Der Vater hat die Familie verlassen. Alice kümmert sich um ihren jüngeren Bruder Ollie, der immer weiter auf die schiefe Bahn gerät. Halt gibt ihr großer Bruder Hugh, aber der verlässt bald das Zuhause. Der Roman schildert Alice' komplettes Leben und wie sie versucht ihren Platz im Leben zu finden.

Mich hat das Buch sofort in seinen Bann gezogen. Alice habe ich sehr schnell ins Herz geschlossen. Die Geschichte beginnt als sie 8 Jahre alt ist. Sie muss sehr schnell Verantwortung übernehmen für ihren kleineren Bruder und in meinen Augen bleibt ihr eine Kindheit verwehrt. Später kümmert sie sich um die Mutter, pflegt diese, weil diese an Krebs erkrankt war und so hat Alice kaum Möglichkeiten ihren eigenen Weg zu gehen. Mich hat es wirklich wütend gemacht, wie ihre Mutter teilweise mit ihr umgeht. Auf der anderen Seite habe ich Alice über das ganze Buch dafür bewundert, dass sie trotz des Verhaltens der Mutter immer zu ihr hält, sich kümmert und später Kontakt hält. Cecelia Ahern schildert diese dysfunktionale sehr drastisch und ungeschönt. Alice' Gabe macht sie hochsensibel und gibt Einblick, wie unwägbar das eigene Leben wird, wenn man deutlich sensibler ist und auf vieles reagiert. Einige Situationen sind skurril, gefährlich oder einfach nur lustig. Die Autorin hat das wirklich fantastisch umgesetzt. Mich hat hier sie hier in jeglicher Hinsicht emotional mitgenommen - von Anfang bis zum Ende, wo ich wirklich fast geweint habe.

FAZIT:

Alle Farben meines Lebens ist ein absolutes Highlight und gleichzeitig Herzensbuch in 2023. Ich lese schon seit einigen Jahren die Bücher von Cecelia Ahern und sie schreibt immer wieder neue Geschichten, aber mit dieser hat sie sich selbst übertroffen. Ich hoffe, das Buch findet noch viele LeseInnen!

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Veröffentlicht am 02.12.2022

Wieder toll!

Feldpost
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MEINUNG:

Seit Trümmerkind bin ich begeisterter Fan von Mechtild Borrmann Romane und habe schon einiges von ihr gelesen, wie z.B. Glück hat einen langsam Takt . Ich liebe ihre sachliche, nüchterne Art, ...

MEINUNG:

Seit Trümmerkind bin ich begeisterter Fan von Mechtild Borrmann Romane und habe schon einiges von ihr gelesen, wie z.B. Glück hat einen langsam Takt . Ich liebe ihre sachliche, nüchterne Art, die aber gleichzeitig so viel Emotionen überträgt. Die Geschichten spielen immer auf zwei Zeitebenen und beinhalten immer auch ein spannenden Teil, so auch Feldpost.

Alles beginnt damit, dass Cara eine Fremde in einem Café trifft, die ihr eine Tasche mit Unterlagen hinterlässt und dann spurlos verschwindet. Cara weiß nur, dass sie auf der Suche nach einer gewissen Adele Kuhn war. Cara lässt die Geschichte nicht in Ruhe und sie beginnt Nachforschungen anzustellen. In der Tasche sind u.a. Feldpost-Briefe aus dem 2. Weltkrieg enthalten, die auf eine große Liebesgeschichte hin deuten. Außerdem stößt Cara auf eine Villa in Kassel, die auch Teil der ganzen Geschichte ist. 

Der Schreibstil von Mechtild Borrmann ist wie gewohnt schnörkellos und auf den Punkt gebracht ohne dabei aber total nüchtern zu sein. Ganz im Gegenteil hat diesen Geschichte wieder viele Emotionen in mir wach gerufen. Es ist die Geschichte zweier Liebenden, aber gleichzeitig auch die Geschichte zweier Familie. Familie Kuhn, die aus Adele, ihrer Bruder Albert und deren Eltern besteht, steht allerdings im Mittelpunkt des Geschehens. Als Leser verfolgen wir die Familie beginnend mit dem Ende der 1930er Jahre im Vergangenheitsteil und Cara und weitere Personen in der Gegenwart, die erfahren wollen, was mit Familie Kuhn, insbesondere Adele passiert ist. Beide Handlungsstränge laufen dann am Ende zusammen.

Es fiel mir mit zunehmenden Verlauf der Geschichte schwer das Buch aus der Hand zu legen, denn irgendwann wird die Frage immer drängender, was nun wirklich passiert ist. Es gibt wieder einige spannende Wendungen, die Geschichte eine ganze andere Richtung geben. Die Liebesgeschichte hat mich sehr berührt und auch das viele Dinge in dieser Zeit einfach unter den Teppich gekehrt worden sind. So müssen einige Protagonisten mit lebenslanger Schuld leben und einige andere erfahren spät Wahrheiten, die alles verändern. Am Ende war ich einfach wütend, dass die zweier Leute, die sich alles bedeutend haben und die vieles ertragen haben, in der Hoffnung sich eines Tages wiedersehen zu können, einfach an den falschen Entscheidungen aus egoistischen Gründen anderer Leute zerbrochen ist. Es spricht für die Autorin, dass sie mich hier so mitreißen konnte. 

FAZIT:

Feldpost ist ein großes Familiendrama und ein typischer historischer Roman mit Spannungselementen von Mechtild Borrmann, den ich wieder sehr genossen habe und kaum aus der Hand legen konnte, auch wenn mich das Ende wirklich emotional etwas wütend gemacht hat - wütend über so viel Ungerechtigkeit und Tragik auf Grund von menschlichen Entscheidungen, aber das ist das Leben. Jetzt heißt es wieder warten.

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