Tolles Buch, was heute auch noch aktuell ist
In ihrem Buch „Wie Demokratien sterben“ aus dem Jahre 2018 greifen Steven Levitsky und Daniel Ziblatt die Frage auf, wie es dazu kommen kann, dass aus Demokratien, teils unbemerkt, der Geist der Demokratie ...
In ihrem Buch „Wie Demokratien sterben“ aus dem Jahre 2018 greifen Steven Levitsky und Daniel Ziblatt die Frage auf, wie es dazu kommen kann, dass aus Demokratien, teils unbemerkt, der Geist der Demokratie verschwindet. In ihrer anfänglichen Analyse kommen sie zu dem Punkt, dass sich die Art und Weise wie Demokratien ausgehöhlt werden seit dem Ende des Kalten Krieges verändert hat. Es sind nicht mehr Generäl:innen und Soldat:innen, die durch Militärputsche, Kriege, Revolutionen oder andere gewaltsame Machtergreifungen das Ende einer Demokratie mit einem Knall einläuten. Vielmehr geschieht dies heutzutage leise und teils unbemerkt, wie man es beispielsweise in Venezuela, in Polen und der Türkei beobachten konnte und heute auch noch beobachten kann.
Für Levitsky und Ziblatt beginnt diese Art des demokratischen Rückschrittes bei etwas für Demokratien ganz Alltäglichem – nämlich an der Wahlurne. Das gefährliche daran, so die beiden Politikwissenschaftler, ist, dass demokratisch gewählte Politiker:innen eine demokratische Fassade aufrechterhalten, während sie gleichzeitig viele Hebel in Bewegung setzen, um die demokratische Substanz – teilweise durch legale Mittel – aufzulösen. So wurden in der Vergangenheit viele dieser Schritte zur Aushöhlung der Demokratie von der Legislative abgesegnet und von den Gerichten gebilligt. Im Gegensatz zum vorhin beschriebenen Knall, schlagen bei dieser leisen und eher unbemerkten Entwicklung die Alarmglocken der Gesellschaft nicht rechtzeitig oder erst gar nicht an. In vielen Fällen wird das Ende der Demokratie somit erst bemerkt, wenn es schon zu spät ist. In ihrem Beststeller zeigen Levitsky und Ziblatt erstmalig und eindrucksvoll woran man als Gesellschaft erkennen kann, dass demokratische Institutionen und politischen Prozesse von innen heraus ausgehöhlt werden. Mithilfe ihres selbst entwickelten Lackmustest geben Sie dabei den Leser:innen ein Mittel an die Hand um bereits frühzeitig Autokrat:innen identifizieren zu können. Ihre Argumente unterfüttern sie mit einer Reihe von anschaulichen und aktuellen Beispielen, die von Chavez bis zur Amtszeit von Trump reichen und einem beim Verstehen und eigenen Anwenden der Identifikationsmerkmale unterstützen. Abschließend beantworten sie die Frage, wie man der Entwicklung des Demokratiesterbens entgegenwirken kann. Denn ihrer Ansicht nach sind es nicht die „harten Leitplanken“ in Form einer Verfassung, die zu einer langfristigen Stabilität einer Demokratie beitragen, sondern es sind die „weichen Leitplanken“, also die informellen Regeln einer Demokratie, die im Kampf gegen Autokrat:innen in den Blick genommen werden sollten.
Obwohl es bereits vor rund fünf Jahren erschienen ist, gibt es von meiner Seite aus eine klare Empfehlung für „Wie Demokratien sterben“, da es auch heutzutage durch neu auftretende Krisen, wie die Coronapandemie oder den andauernden Ukraine-Krieg noch so aktuell ist wie zuvor.