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Veröffentlicht am 25.05.2023

Nicht überzeugende Fortsetzung

Wer die Hölle kennt
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Alex Stern machen die Ereignisse der letzten Monate immer noch zu schaffen. Die Mordserie ist zwar aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen, ihr Mentor Darlington bleibt aber verschwunden. ...

Alex Stern machen die Ereignisse der letzten Monate immer noch zu schaffen. Die Mordserie ist zwar aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen, ihr Mentor Darlington bleibt aber verschwunden. Gemeinsam mit Dawes und (äußerst widerwillig) Polizei-Verbindungsmann Turner macht Alex auf die Suche nach einem Weg dorthin, wo sie ihn vermutet: die Hölle. Dabei muss sich sie auch ihren Dämonen stellen – und zwar wörtlich.

„Wer die Hölle kennt“ ist der 2. Band der Reihe um die Geheimorganisation „Haus Lethe“ von Leigh Bardugo. Wie auch in „Das neunte Haus“ fällt es mir schwer, die Autorin, die ich so für die „Six of Crows“-Dilogie liebe, mit diesen beiden Werken zusammen zu bringen. Was das Worldbuilding betrifft, hatte ich mir viel mehr Dark Academia erhofft. Was ich bekommen habe, ist aber hauptsächlich Dark und weniger Academia, Alex‘ Universitätsausbildung dient schließlich auch nur als Tarnung. Die wenigen Momente, in denen alte Texte recherchiert oder Geheimgänge auf dem Campus erkundet werden, kommen leider zu kurz.

Zu Alex als Protagonistin fällt es mir weiterhin schwer, eine Beziehung aufzubauen. Hals über Kopf stürzt sie sich in jede Aufgabe, ohne dabei Rücksicht auf die eigene oder die Sicherheit anderer zu nehmen. Sie riskiert ständig das einzige Leben, das ihr momentan bleibt, denn das Verhältnis zu ihrer Mutter ist weiterhin schwierig, Freunde hat sie keine. Umso besessener ist Alex von dem Gedanken, Darlington wieder zurück zu bringen. Darüber hinaus mutet Leigh Bardugo ihren weiblichen Figuren sehr viel Trauma und sinnlose Gewalt zu, das geht mir stellenweise zu weit und ist für den Fortgang der Geschichte unnötig.

Die Vorbereitungen für Darlingtons Rettungsaktion nimmt im Prinzip den ganzen Band ein, denn immer wieder treten Schwierigkeiten auf. Umso unverständlicher und frustrierender ist es, dass manches, was vorher auch mit Unterstützung unlösbar erscheint, auf einmal Alex allein spielend gelingt. Hier hat es sich die Autorin, meines Erachtens, zu einfach gemacht. Auch Handlungselemente aus Band 1 wiederholen sich; so gibt es wieder eine Mordreihe, Probleme mit Obrigkeiten und Alex‘ Vergangenheit. Schade!

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Veröffentlicht am 22.04.2023

Mittelmäßiger Abschluss des Quartetts

Der Traum von einem Baum
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2110, Longyearbyen, Spitzbergen. Der 18-jährige Tommy, seine 2 jüngeren Brüder und ein Schwesternpaar aus der Nachbarschaft – das sind die letzten Überlebenden in dem kleinen Ort. Schon lange wachsen dort ...

2110, Longyearbyen, Spitzbergen. Der 18-jährige Tommy, seine 2 jüngeren Brüder und ein Schwesternpaar aus der Nachbarschaft – das sind die letzten Überlebenden in dem kleinen Ort. Schon lange wachsen dort keine Bäume mehr, Obst und Gemüse gedeiht nur im Gewächshaus. Die Großmutter hat Tommy alles beigebracht, was er über Pflanzen wissen muss und ihm zudem ein Geheimnis anvertraut: sie ist die Wächterin einer Saatgutkammer, deren Inhalt die Welt retten könnte. Doch dann rafft eine Krankheit fast den gesamten Ort dahin. Können die 5 Überlebenden allein dort zurechtkommen? Oder sollen sie das Saatgut gegen ein neues Leben eintauschen?

Mit „Der Traum von einem Baum“ schließt Maja Lunde ihr im Jahr 2015 begonnenes Klimaquartett ab und führt einige lose Fäden wieder zusammen. So begegnen wir Tao aus Band 1 wieder, ebenso wie Lou aus Band 2 und 3. Erzählt wird dieses Mal jedoch in einem einzigen Handlungsstrang. Dabei kommt hauptsächlich Tommy zu Wort, während Tao uns Zugang zu Dingen gewährt, die außerhalb von Tommys Reichweite geschehen. Beide blicken zudem immer wieder in die Vergangenheit zurück.

Für Tommy ist seine Familie das Wichtigste. Longyearbyen ist sein Zuhause, das er nicht verlassen möchte – egal, wie die Lebensbedingungen dort aussehen. Diese Meinung teilte auch sein Vater, was oft zum Streit mit der Großmutter führte. Sie ist eine ruhelose Seele, die ihr Leben lang umhergezogen ist. Diese Sehnsucht teilt auch Rakel, eine der 5 Überlebenden und sie ist es auch, die letztendlich dem chinesischen Forschungsteam Zugriff auf das Saatgut verspricht – im Gegenzug für ein neues Leben. Die Handlung eskaliert, als Tommy und sie über diese heimlich getroffene Entscheidung in Streit geraten.

An den Vorgängerbänden mochte ich stets das jeweilige Umweltschutzthema. Hier stehen Bäume und die Saatgutkammer nur sehr lose im Mittelpunkt, vorrangig geht es hier um menschliche Schicksale. Dabei ist Tommy als Protagonist ungemein nervtötend und Tao eine eher unwichtige Rolle. Insgesamt habe ich mir vom großen Finale dieser Reihe einfach mehr erwartet – mehr Fakten, mehr Spannung, mehr Tiefe.

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Veröffentlicht am 22.03.2023

Geschichte einer alleinerziehenden Mutter

Räume des Lichts
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Als sie von einem auf den anderen Tag von ihrem Mann verlassen wird, zieht eine Frau mit ihrer 2-jährigen Tochter in die oberste Etage eines Bürogebäudes. Dort versucht sie, sich ein neues Leben als Alleinerziehende ...

Als sie von einem auf den anderen Tag von ihrem Mann verlassen wird, zieht eine Frau mit ihrer 2-jährigen Tochter in die oberste Etage eines Bürogebäudes. Dort versucht sie, sich ein neues Leben als Alleinerziehende aufzubauen, doch Ärger mit dem Ex-Mann, den Nachbarn und dem Vorgesetzten sowie Ausraster und Alpträume der Tochter machen das quasi unmöglich. Nach und nach verliert sie immer mehr an Bodenhaftung und auch das Verhältnis zum eigenen Kind scheint von Grund auf vergiftet.

„Räume des Lichts“ von Yuko Tsushima wurde bereits 1978 in einer japanischen Zeitschrift in insgesamt 12 Folgen veröffentlicht. Nun liegt der Roman in einer Neuübersetzung von Nora Bierich im Arche Verlag vor. Erzählt wird episodenhaft aus der Sicht der Mutter in der Ich-Perspektive und Vergangenheitsform. Auf diese Weise sind wir stets ganz nah bei der Hauptfigur und erfahren ihre Erlebnisse und Emotionen aus erster Hand.

Grundsätzlich spricht die Autorin hier ein wichtiges Thema an. Sie zeigt auf, wie die Gesellschaft alleinerziehende Mütter im Stich lässt und wie diese sich zwischen Schuldgefühlen, Aufopferung und Scham bewegen. Der Protagonistin fällt es nicht immer leicht, ihre Tochter bedingungslos zu lieben, zumal diese auf die veränderte Familiensituation mit Gewaltausbrüchen, Streichen und Bockigkeit reagiert. Manchmal stellt die Mutter sich sogar vor, das Kind würde sterben und erschrickt gleich darauf vor sich selbst.

Mutter und Tochter bleiben den gesamten Roman über namenlos, was den Zugang zu ihnen wirklich erschwert. Vor allem das Verhalten der Mutter ihrer Tochter gegenüber war an einigen Stellen im besten Fall ruppig und ungeduldig, im schlimmsten Fall an der Grenze zu Vernachlässigung und psychischer Grausamkeit. Möglicherweise ist die Geschichte aus den späten 70er Jahren hier einfach nicht „gut gealtert“, aber mit heutigen Augen betrachtet, ist die gezeigte Erziehung bedenklich.

Gut gefallen hat mir hingegen, wie die Autorin mit dem Titel gebenden Bild des Lichtes spielt: wie es durch die Fenster ihrer Wohnung fällt, wie es sich im Wasser spiegelt usw. – das ist sprachlich außerordentlich gelungen.

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Veröffentlicht am 26.02.2023

Nette Slice of Life-Reihe

Everyday Escape 2
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Band zwei der auf vier Bände angelegten Manga-Reihe „Everyday Escape“ von Shouchi Taguchi entführt uns in ein sommerliches Japan. Dem entsprechend machen unsere Protagonistinnen einige Reisen und kurze ...

Band zwei der auf vier Bände angelegten Manga-Reihe „Everyday Escape“ von Shouchi Taguchi entführt uns in ein sommerliches Japan. Dem entsprechend machen unsere Protagonistinnen einige Reisen und kurze Unternehmungen, zum Beispiel einen nächtlichen Trip zu einem Bento-Shop. Als eine der beiden von Kindern jedoch als „Tantchen“ bezeichnet wird, fühlen sie sich plötzlich unglaublich alt und wollen ihre Jugend zurückholen. Mit Zöpfen, Schulmädchenkleidung und einem Tag auf den Spielplatz können sie wieder einmal der Realität entfliehen. Diese Episode hat mir sehr gut gefallen, spielt sie doch deutlich auf Japans Leistungsgesellschaft an.

Spannend ist in diesem Band auch ein selbstreflexives Kapitel. Die Mangaka ist allein zuhause und auf einmal weiß sie nicht mehr, ob ihre Mitbewohnerin tatsächlich existiert. Ihren Namen kennt sie nicht (wie wir auch), alle Fotos sind auf einmal fort und auf dem Tisch liegt ein mysteriöser Zettel in der eigenen Handschrift. Witzig ist hingegen besonders die Episode, als die beiden Frauen ihren Haustürschlüssel vergessen und gemeinsam im Treppenhaus campen. Laut eigener Aussage hat Taguchi den Manga während der Corona-Pandemie als Trost und Ablenkung begonnen – das ist ihm gut gelungen. Der dritte Band erscheint im Mai 2023 auf Deutsch.

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Veröffentlicht am 26.02.2023

Nette Slice of Life-Reihe

Everyday Escape 1
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In „Everyday Escape“ von Shouichi Taguchi begleiten wir zwei Mitbewohnerinnen in ihrem Alltag. Die eine arbeitet als Mangaka, die andere ist arbeitslos – wie sie ihr Leben finanziert, bleibt zumindest ...

In „Everyday Escape“ von Shouichi Taguchi begleiten wir zwei Mitbewohnerinnen in ihrem Alltag. Die eine arbeitet als Mangaka, die andere ist arbeitslos – wie sie ihr Leben finanziert, bleibt zumindest in den ersten beiden Bänden offen. Beide Frauen sind Anfang 20, sehen aber deutlich jünger aus. Jeder Band startet mit einer schönen Farbseite und einem gezeichneten Inhaltsverzeichnis, das einen Überblickt gibt, welche „Escapes“ die Protagonistinnen erleben.

Das Schema ist eigentlich immer dasselbe: Die Mangaka wird, ob gewollt oder nicht, von der arbeitslosen Mitbewohnerin abgelenkt und kann so dem Job und der Erwachsenenwelt entfliehen. Taguchi hat die Beziehung der beiden nach dem klassisch japanischen Senpai-Kohai-Rollenbild gestaltet. Die eine lehrt und lebt vor, die andere lernt und blickt auf. Die verschiedenen Fluchten aus der Realität geschehen zum Beispiel durch gutes Essen oder Ausflüge, leider aber auch immer wieder mit Hilfe von Alkohol.

Der Zeichenstil ist sehr klar und realistisch und macht Lust, die gezeigten Orte selbst einmal zu besuchen. Es gibt auch sehr humorvolle Szenen, zum Beispiel wenn die Mitbewohnerin eine Offline-Zeit vorschlägt und das Handy der Mangaka per Post an sie selbst verschickt – so lange soll sie verzichten. Doch natürlich kommt gerade dann ein wichtiger Anruf, herrlich! Abgesehen davon fehlt dem netten Slice of Life-Manga jedoch so manches Mal die Tiefe.

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