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Veröffentlicht am 11.03.2023

Mit dem Degen zurück ins Leben

En Garde!
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Diesen Comic habe ich zuerst anderen BlogerInnen entdeckt. Und da mich, auch wenn es auf meinem Blog wohl fast so scheint, nicht nur Mythologie Comic Adaptionen interessieren, haen mich die Rezension neugierig ...

Diesen Comic habe ich zuerst anderen BlogerInnen entdeckt. Und da mich, auch wenn es auf meinem Blog wohl fast so scheint, nicht nur Mythologie Comic Adaptionen interessieren, haen mich die Rezension neugierig auf den Comic gemacht.

Mit dem Degen zurück ins Leben
In dem Comic begleiten wir drei Frauen Lucie, Tamara und Nicole, die Opfer sexueller Gewalt wurden und nun an einem therapeutischen Fechtkurs teilnehmen. Die drei Frauen haben ganz unterschiedliche Persönlichkeiten und gehen auch völlig unterschiedlich mit dem, was ihnen angetan wurde, um. Während Lucie von ihrer Angst beherrscht wird, verschanzt sich Tamara hinter einem Panzer aus Dornen und scheinbarem Selbstbewusstsein, wohingegen Nicole sämtliches Selbstwertgefühl verloren hat.
Der Comic nimmt sich Zeit, die Frauen vorzustellen und geht auf berührende Art intensiv auf deren Emotionen ein. Er zeigt eindringlich, welche Trauma sexuelle Gewalt erzeugen und wie unterschiedlich die Bewältigungsstrategien der Frauen sind. Er zeigt auch, dass es nicht nur die eine Art von Trauma gibt und dass auch bei ein und dieselbe Person es zu unterschiedlichen Auswirkungen kommen. Wir Menschen bestehen nun mal nicht nur aus einem Gefühl, sondern sind jeden Tag ein ganzer Haufen von Emotionen und auch wenn Lucie, Tamara und Nicole bestimmte Muster in ihrem Verhalten haben, wird in dem Comic immer wieder deutlich, dass sie jede für sich die unterschiedlichsten Emotionen durchwandern, gute, aber auch schlechte Tage haben, Fortschritte machen und Rückschläge durchmachen müssen. Der Comic schildert all dies auf sehr sensible und eindringliche Art, auch weil Quentin Zuttion oft anstatt auf Text auf die reine Wirkung seiner Bilder setzt.
Besonders schön fand ich es, dass man als LeserIn zwar etwas über die einzelnen Verbrechen erfährt, diese aber nie in den Vordergrund rücken oder zu explizit werden. Es geht voll und ganz um die drei Frauen und ihre Emotionen.

Ein weiterer Punkt, der mir gut gefallen hat, ist, wie der Fechtkurs sich auf die Frauen auswirkt und wie das in dem Comic geschildert wird. Der Kurs hilft den drei Frauen, keine Frage, aber er vollbringt auch keine Wunder, was den ganzen Comic sehr authentisch macht, denn etwas so ins Leben schneidendes wie sexuelle Gewalt therapiert man selten innerhalb eines Jahres spurlos weg. Trotzdem lässt sich im Verlauf der Handlung bei allen drei Protagonistinnen eine Veränderung spüren und auch wenn am Ende nicht alles gut ist, vermittelt der Comic Hoffnung. Nicht die Illusion, dass der Scherz und die Angst irgendwann weg ist, sondern die Hoffnung, dass Lucie, Tamara und Nicole in Zukunft sich TROTZ diesen nicht davon beherrschen lassen und wieder das Gefühl finden ihr Leben selbst bestimmend leben zu können. Nicht geheilt, sondern mit Narben, aber wieder sie selbst.

Warum es trotz all dieser positiven Kritik ein Punkt Abzug gab ist, dass trotz all der Schilderungen von Emotionen die Protagonistinnen für mich trotzdem etwas unnahbar blieben. Das mag eventuell auch daran liegen, dass der Zeichenstil zwar künstlerisch sehr schön anzuschauen war, gerade in den dynamischen Fechtszenen, mit seiner skizzenhaftigkeit für mich aber nicht alle Gefühle, die sich aus dem Kontext der Szene ergaben, komplett transportieren konnte

Fazit:


Ein berührender und eindringlicher Comic über die Folgen von sexuelle Gewalt und den Kampf zurück ins Leben. Einfühlsam und authentisch wird die Entwicklung der drei Frauen geschildert und mit schemenhaften Aquarellzeichnungen untermalt, die besonders in den Fechtszenen gut zur Geltung kommen, die Figuren aber manchmal etwas distanziert erscheinen lassen.

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Veröffentlicht am 26.02.2023

Mehr Bäume braucht das Land

Wie man illegal einen Wald pflanzt
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Mal wieder hat ein Katapult Buch den Weg in meine Hände gefunden. 😀 Dieses Mal jedoch keiner der Atlanten, sondern ein Sachbuch. Und in Zeiten, in denen man noch die Bilder der Waldbrände von 2020 in Australien, ...

Mal wieder hat ein Katapult Buch den Weg in meine Hände gefunden. 😀 Dieses Mal jedoch keiner der Atlanten, sondern ein Sachbuch. Und in Zeiten, in denen man noch die Bilder der Waldbrände von 2020 in Australien, oder auch im Sommer 2022 hier in Deutschland vor Augen hat, fand ich ein Buch, dass sich mit der (möglicherweise nicht ganz legalen) Aufforstung beschäftigt, mehr als interessant.

Mehr Bäume braucht die Welt!
Bäume tun der Umwelt gut, schaffen als Wald ein einzigartiges Ökosystem und sind wichtig fürs Klima. So wichtig, dass wir dringend mehr von ihnen brauchen, das weiß mittlerweile wohl jedes Kind. Doch während das Pflanzen eines Apfelbaums im Garten die eine Sache ist, denken die wenigstens darüber nach einen ganzen Wald zu pflanzen, denn das klingt nach einem Großprojekt, das sich ohne massiv Geld und Hektarweise Land gar nicht realisieren lassen würde. Wälder pflanzen, das ist was für Großkonzerne die ihr Image verbessern wollen und Umweltorganisationen, oder? FALSCH!, sagt Katapult, ein Wald zu pflanzen bez. sich für die Erhaltung bestehender Wälder einzusetzen ist gar nicht so schwer, wie man denkt. Und während das Greifswalder Magazin vorbildlich voranschreiten und selbst ein Waldpflanzprojekt am Laufen hat, erklären sie uns in diesem Büchlein, wie das geht und was es zu beachten gilt, denn Wald, ist nicht gleich Wald. Da gibt es nämlich zum einen die auf schnelle und zahlreiche Holzproduktion ausgelegte Monokulturwälder, wie z.B. die gleichförmigen Kieferwälder, mit denen Brandenburg vollgestopft ist und in denen ich ein Teil meiner Kindheit verbrachte. Tatsächlich war das gleichförmige Bild hunderter schlanker Stämme, in denen es kaum Orientierungspunkte gibt und man sich leicht verlaufen kann, lange Zeit das einzige, was ich als Wald kannte.
Doch solche Monokulturen helfen der Umwelt wenig. Sie sind anfällig für Schädlinge, Dürren und Brände. Was es braucht, sind Mischwälder, weswegen es in den Forstämtern in Brandenburg, aber auch anderen Teilen Deutschlands schon länger nicht mehr nur um Aufforstung, sondern vor allem um Waldumwandlung geht.

Dies ist nur eines der Dinge rund um das Thema Wald, über die das Buch informiert. Auch darüber hinaus erfahren wir so einiges über Aufforstung und Wälder, wobei zwar auch einige Guerilla Gardening genannt werden, es trotzdem aber dem provokanten Titel zum Trotz viel um die legalen Wege geht, wie ein Wald entsteht, was überhaupt rechtlich ein Wald ist und wie man Wälder schützen und pflanzen kann. Das wird alles sehr leicht verständlich dargeboten, ging mir aber leider nicht tief genug. Tatsächlich hätte ich gerne noch viel mehr zum Thema Aufforstung und auch Forstwirtschaft erfahren, gerade weil Katapult es schafft, solch trocken klingende Themen wie Forstbewirtschaftung interessant zu verarbeiten. Leider ist nach 49 Seiten jedoch schon Schluss mit Waldaufklärung und die restlichen Seiten füllt ein kleines Baumlexikon. Dies ist zwar nicht minder interessant und erklärt auf amüsant informative Weise, warum die Buche eine Mörderin oder die Robinie eine Trickserin ist, ist für mich aber eigentlich nur eine Ergänzung zum Thema.

Fazit:


Ein informatives kleines Büchlein, das viele interessante Fakten zu Bäumen und Wälder enthält, diese mit, wie von Katapult gewohnt, ansprechenden Grafiken und Illustrationen untermalt und dazu animiert, dass jeder etwas für den Schultz der Wälder tun kann. Ein wenig tiefergreifend hätten aber die Kapitel, in denen es um das titelgebende Pflanzen von Wäldern geht, jedoch schon sein können.

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Veröffentlicht am 23.01.2023

Von Vögeln, die uns ähnlicher sind, als wir denken.

Raben
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Dieses Buch war eine totale Spontananschaffung. Ich habe es, ohne zuvor davon gehört zu haben, beim Stöbern durch Netgalley entdeckt und da ich Raben schon immer toll fand, aus dem Bauch heraus sofort ...

Dieses Buch war eine totale Spontananschaffung. Ich habe es, ohne zuvor davon gehört zu haben, beim Stöbern durch Netgalley entdeckt und da ich Raben schon immer toll fand, aus dem Bauch heraus sofort angefragt. Doch hat sich diese Spontanlektüre gelohnt?

Von der Arbeit eines Verhaltensforschers
Ich muss gestehen, ich fand Raben und Krähen zwar schon immer ziemlich cool und wusste, dass sie sehr intelligent sind, sonst habe ich mich aber bisher noch nicht weiter mit diesen Vögeln beschäftigt. Ich war also super gespannt darauf, was ich von diesem Buch alles Neues lernen könnte.
Das Buch beginnt mit einer kurzen Einführung, wie Verhaltensforscher Thomas Bugnyar von der Forschung mit Primaten zu den Schwarzschwingen kam und erklärt, was der Schwerpunkt seiner Forschung ist. Und mit dieser geht es dann munter weiter. Bugnyar interessiert sich vor allem für das Sozialverhalten der Tiere und wie dieses ihre kognitiven Fähigkeiten beeinflusst. In den verschiedenen Kapitel stellt er einzelne Aspekte des Rabenlebens und verschiedene Verhaltensweisen der Tiere vor und erläutert wie er und sein Team das in der Forschungsanlage am Haidlhof erforschen. Ich fand es sehr spannend zu erfahren, mit welchen konkreten Experimenten die Wissenschaftler die Intelligenz der Raben überprüften und war von vielen Ergebnissen verblüfft und fasziniert. Thomas Bugnyar machte s dabei uns Laien auch leicht ihm zu folgen. Er findet eine gute Balance, zwischen Verständlichkeit für uns Rabenneulinge und der Schilderung von den wissenschaftlichen Vorgängen. Er lässt seine Forschung greifbar und nahbar erscheinen, ohne dabei deren akademische Vorgehensweise unter den Teppich zu kehren.

So interessant ich das alles fand, muss ich auch sagen, dass es nicht ganz das war, was ich erwartet hatte. Ich dachte, ich würde mehr über Allgemeines über Krähenvögel erfahren, doch das Buch konzentriert sich schon sehr auf spezifische Aspekte von Bugnyars Forschung am Haidlhof. Ergebnis aus anderen Regionen der Welt streut er manchmal zwar als Beispiele ein, das hält sich aber in Grenzen. Letztendlich hatte ich da wohl einfach die falsche Erwartung, weswegen ich dafür auch keinen Punkt abgezogen habe, ich möchte es aber trotzdem erwähnen, damit ihr das Buch besser einschätzen könnt.
Wofür es den einen Punkt Abzug gab, war das Fehlen von Quellen. Dabei geht es mir nicht darum, dass ich glaube, dass Bugnyar Quatsch erzählt und ich es überprüfen will, nein vielmehr erwähnt er öfters interessante Fachartikel oder Forschungsergebnisse und ich finde s schade, dass mir da als Leserin der Zugang nicht vereinfacht wird. Den ein oder anderen Artikel hätte ich durchaus mal nachschlagen wollen.

Fazit:


Das Buch enthält ohne Frage einen faszinierenden Einblick in das Verhalten und das Sozialleben von Krähenvögel und zeigt erstaunliche Gemeinsamkeiten mit uns Menschen auf. Als Einführung in die Welt der Raben würde ich es aber nur bedingt empfehlen, da es sich stark an einer bestimmten Forschungsstation und ihre spezifischen Forschungsfragen ausrichtet.

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Veröffentlicht am 07.01.2023

Gestern, wie heute unterhaltsam.

WITCH 01
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W.I.T.C.H, da werden Kindheitserinnerungen wach. Leider kam ich aus diversen Gründen damals nur sporadisch zu dem Vergnügen die Comics zu lesen, ich konnte also nie die ganze Geschichte erfassen und wie ...

W.I.T.C.H, da werden Kindheitserinnerungen wach. Leider kam ich aus diversen Gründen damals nur sporadisch zu dem Vergnügen die Comics zu lesen, ich konnte also nie die ganze Geschichte erfassen und wie das mit solchen Dingen so ist, verliert man es in dem Chaos der Pubertät irgendwann aus den Augen. Doch als ich nun fast 20 Jahre später die Neuauflage im Programm von Egmont entdeckte, dachte ich mir sofort: Da habe ich was nachzuholen!

Die Wächterinnen des Netzes
In der Welt von W.I.T.C.H gibt es viele verschiedene Dimensionen, damit diese sich nicht kreuz und quer vermischen und Chaos verursachen und damit Gut und Böse getrennt bleiben, gibt es das große Netz. Doch dieses wird immer brüchiger und es liegt nun an Will, Irma, Taranee, Cornelia und Hay-Lin, das Netz und die Dimensionen zu beschützen, wobei sie natürlich auf so einige Widersacher treffen. Ausgestattet sind die Wächterinnen mit der Kraft der Elemente, Irma beherrscht das Wasser, Cornelia die Erde, Taranee das Feuer, Hay-Lin die Luft und Will Energie. Diese Elementekräfte sind es, die mich als Kind schon faszinierten und es immer noch tun. Ich liebe bis heute Geschichten, in denen die ProtagonistInnen die Kräfte der Elemente kontrollieren können, ganz gleich, ob es die westlichen vier, die chinesischen fünf, oder ganz freie Kombinationen daraus sind. Dementsprechend machen mir die Kampfszenen in W.I.T.C.H sehr viel Spaß und ich habe sehr gerne verfolgt, wie die Freundinnen ihre Kräfte entdeckten und langsam zu kontrollieren lernen und bin sehr gespannt, was sie damit in Zukunft noch werden anstellen können.
Der magische Aspekt ist daher ein großer Pluspunkt der Reihe für mich und ein wesentlicher Faktor, warum mir die Comics gefallen.

Fünf Freundinnen und der ganz normale Teenie Alltag
Sympathisch waren mir nicht nur die Magie, sondern auch die Protagonistinnen. Jede der fünf Mädchen hat einen eigenen individuellen Charakter, wobei ich Hay-Lin und Taranee am liebsten mochte. Cornelia fände ich als Mensch in echt zwar nicht allzu sympathisch, aber sie trägt dazu bei, dass die Gruppendynamik spannender wird und nicht nur aus Friede-Freude-Eierkuchen besteht. Insgesamt bilden die verschiedenen Charakterzüge der Wächterinnen ein ausgeglichenes Team, das zusammen gut funktioniert und mir gefallen hat.
Als LeserIn der Comic bekommt man auch deshalb schnell ein Gefühl für die fünf Mädchen, weil sich nur ein Teil der Handlung mit Magie und dem Kampf gegen das Böse beschäftigt, denn Will und ihre Freundinnen gehen auch weiterhin zur Schule und müssen den ganz normalen Alltag von 12-14-jährigen bewältigen, inklusive all der kleinen und großen Probleme rund um Schule, Freundschaft und liebe, die das so mit sich bringt. Für mich waren viele der Teenie-Dramen nicht mehr wirklich ansprechend, das würde ich aber nicht dem Comic zulasten legen, da ich ja auch nicht die primäre Zielgruppe bin. Dennoch hätte ich es unabhängig davon noch schöner gefunden, wenn der Fokus noch mehr auf die Freundschaft und andere Sorgen, in dem Alter gelegt worden wäre, und nicht für jedes Mädchen schon ein passender Deckel gesucht werden müsste. Dafür ziehe ich ein Punkt ab, da auch ein Teenager Leben aus mehr besteht, als Liebeskummer und Liebesdrama.

Fazit:


Auch nach 21 Jahren nach der Veröffentlichung des ersten W.I.T.C.H Comics hierzulande, hat die Reihe rund um fünf Freundinnen, die mit der Kraft der Elemente gegen das Böse kämpfen, nichts von seiner Sogkraft verloren und macht immer noch Spaß zu lesen. Lediglich die Themen des Alltags der Mädchen könnten etwas vielfältiger gestaltet sein.

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Veröffentlicht am 06.12.2022

Eine weitere bisher ungehörte Figur aus der Mythologie bekommt eine Stimme.

Galatea
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Mit Ich bin Circe hat sich Madeline Miller letztes Jahr in mein Herz geschrieben und mir mein Jahreshighlight 2021 beschert. Klar bekam ich da große Augen, als ich sah, dass etwas Neues von ihr veröffentlicht ...

Mit Ich bin Circe hat sich Madeline Miller letztes Jahr in mein Herz geschrieben und mir mein Jahreshighlight 2021 beschert. Klar bekam ich da große Augen, als ich sah, dass etwas Neues von ihr veröffentlicht werden würde, selbst wenn es “nur” eine kurze Erzählung ist.
 
Wenn der Mythos endet, beginnt etwas Neues
Die ca. 40-seitige Kurzgeschichte Millers widmet sich dem Mythos von Pygmalion. Ein Motiv, dass in der Literatur der Neuzeit bereits viel Aufmerksamkeit und Adaptionen bekommen hat, was zunächst etwas verwunderlich scheint, ist der Mythos selbst doch eigentlich “nur” eine Randnotiz im großen Universum der griechischen Mythologie. Im 3. Jh. v.Chr. lediglich als kurze Anekdote zum Aphroditekult auf Zypern erwähnt, macht erst Ovid eine richtige Erzählung daraus, wobei auch hier Pygmalions Geschichte nur ein Teil, ein Mythos innerhalb eines Mythos rund um Orpheus ist. Die Geschichte ist eine von drei über unterschiedliche Liebschaften, die Orpheus, nachdem er nach dem Verlust seiner geliebten Eurydike der heterosexuellen Liebe abgeschworen hat, erzählt.

In den folgenden Jahrhunderten wurde der Stoff vielfach adaptiert, Jean-Jacques Rousseaus gab 1770 in seinem Werk Pygmalion der zum Leben erwachten Frau, die bei den antiken Autoren noch namenlos war, erstmals einen Namen: Galathée, zu deutsch: Galatea. Doch wie man diese ganzen Adaptionen auch dreht und wendet, es sind männliche Autoren, die sich vorrangig um die Perspektive des Pygmalion bemühen. Es war also höchste Zeit sich mal zu fragen, was Galatea selbst von der ganzen Sache hielt und wer könnte dieser Figur besser eine Stimme verleihen, als die Queen of ancient feminism storys: Madeline Miller.
Dabei erzählt sie, anders als in ihren Romanen, nicht den bekannten Mythos auf ihre Art nach, sondern schafft vielmehr eine Ergänzung, indem sie erzählt, was aus Galatea und Pygmalion nach den Ereignissen aus dem Mythos wurde. Damit beschert sie uns nicht nur Einblicke in die Gefühlswelt einer bisher stumm gebliebenen Figur, sie verleiht auch dem eigentlichen Mythos eine neue Leseart, die in meinen Augen durchaus plausibel und vereinbar mit dem original ist, denn wenn man sich die Verse Ovids, die in dem Büchlein ebenfalls abgedruckt sind, anschaut, steckt da schon einiges an Misogynie drin, das mag seine historischen Gründe haben und liegt nicht daran, dass Ovid oder seine Zeitgenossen per se schlechte Menschen waren, die Verbindung von Frauen mit schlechten und lasterhaften Eigenschaften und die Reduzierung Galateas auf die Erfüllung von Pygmalions Wünschen lassen sich dennoch nicht von der Hand weisen.

Von der Suche nach Selbstbestimmung
Von der Handlung der Kurzgeschichte brauche ich euch eigentlich nichts zu erzählen, was nicht schon im Klapptext steht, alles andere wäre nur Spoiler. Reden wir also lieber über die Themen, die Miller hier aufgreift, denn trotz der Kürze der Geschichte werden einige leider immer noch hochaktuelle Themen behandelt. Das zentrale Motiv ist in meinen Augen die Suche Galateas nach Selbstbestimmung für sich und ihre Tochter. Sie will raus aus einem Teufelskreis aus Bevormundung und Entmündigung, der die kurzen 15 Jahres ihres bisherigen Lebens vollkommen bestimmte. An dieser Stelle kann ich schon mal sagen, dass mir das Ende der Kurzgeschichte sehr gut gefallen hat, denn es verdeutlicht, dass mitunter Selbstbestimmung und Freiheit noch wichtiger und essenzieller sind, als das eigene persönliche Glück.

Was ich an Madeline Miller schätze ist, dass sie Stil und Stimmung an ihre Figuren anpassen kann. Galatea erzählt ihre Geschichte gefasst und distanziert, fast schon teilnahmslos und die Geschichte bekommt dadurch eine erdrückende Stimmung, die jedoch sehr gut zu dem passt, was Galatea erdulden muss. Wer Leid über lange Zeit ertragen muss, stumpft zum Selbstschutz ab, das heißt nicht, dass die Person aufgegeben hat. Zudem passt für mich dieser nüchterner Charakterzug auch gut zu einer Frau, die nicht wie Menschen langsam aufgewachsen ist, Erfahrungen gesammelt und durch ein soziales Umfeld geprägt worden ist, sondern ohne Beistand durch göttliches Tun in ein Leben, in dem ihre Meinung nie gefragt war und allzu große Gefühlsregungen unerwünscht sind, hinein katapultiert worden ist. Diese Erzählweise macht es vielleicht manchen Leser/innen schwer Zugang zu Galatea zu finden, unterstreicht für mich jedoch nur Galateas Leid und verstärkt die Intensität der Geschichte.

Im Grunde ist das einzige Manko an der Kurzgeschichte für mich: Paphos. Dafür, dass diese für Galatea der zentrale Antrieb ist, hätte ich mir ein paar mehr Seiten, die sich näher mit der Tochter auseinandersetzten gewünscht.

 
Eins noch zum Abschluss: Ich sehe durchaus, dass man die Preispolitik hinter diesem Büchlein kritisieren kann und finde selbst auch, dass 20€ trotz der wunderschönen Aufmachung mit Illustrationen und Farbschnitt zu viel sind. Dies sei hier erwähnt, hat aber keinen Einfluss auf meine Sternebewertung, denn in meiner Rezension bespreche ich das Werk, nicht den Verlag und dessen Preise.

Fazit:


Natürlich kann diese Kurzgeschichte nicht mit Millers Romanen verglichen werden, doch diesen Anspruch sollte man an Kurzgeschichten auch nicht stellen. Die kurze Erzählung rund um Galatea hat trotzdem einiges zu bieten, indem sie aufzeigt, wie wichtig Selbstbestimmung und Freiheit ist. Darüber hinaus zeigt sie, wie wandelbar der Still der Autorin in Abhängigkeit von den erzählenden Figuren ist. Ich werde definitiv noch mehr von Madeline Miller lesen.

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