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Julia und der HaiJulia (10) lebt mit Katze Noodle und ihren Wissenschaftlereltern in Cornwall. Doch diesen Sommer siedelt die Familie in einen Leuchtturm auf den einsamen Shetlandinseln um, da ihr Vater ein Programm entwickeln ...
Julia (10) lebt mit Katze Noodle und ihren Wissenschaftlereltern in Cornwall. Doch diesen Sommer siedelt die Familie in einen Leuchtturm auf den einsamen Shetlandinseln um, da ihr Vater ein Programm entwickeln soll, das den Leuchtturm automatisch steuert. Ihre Mutter als Meeresbiologin ist begeistert, hofft sie doch auf spannende Forschungen an ihrem Lieblingstier, dem Grönlandhai, welcher nur ganz selten von Menschen gesichtet wird. Julia ist nur mäßig begeistert von dem dortigen rauen Klima, den Ferien ohne ihre Freunde, aber sie möchte sich ihrer Mutter zu liebe Mühe geben. Niemanden bewundert sie mehr, als ihre fröhliche, enthousiastische Mutter, die voller Tatendrang und Begeisterung die Bewilligung von Forschungsgeldern beantragt. Bis es soweit ist, zieht sie auf eigene Kosten los und erzählt Julia die spannendsten Infos über die raue See und die uralten Grönlandhaie. Während Julia langsam Freundschaft mit einem gleichaltrigen Außenseiter schließt, dessen Eltern aus Indien stammen und eben noch nicht seit Generationen auf den Shetlandinseln leben, verliert sich ihre Mutter immer mehr in ihren Forschungsträumen.
Julia befindet sich zu Beginn der Pubertät, dem Alter in dem Eltern beginnen peinlich zu werden. Aber irgendwie findet sie die Exzentrik ihre Mutter immer bewunderswert und aufregend, während ihr vernünftiger, Zahlen liebender Vater echt peinlich wird. Ein bisschen kann ich es verstehen, ja, er macht schon mal „alte-Leute-Dinge“ aber er ist auch sehr vernünftig und verantwortungsbewußt, gleichzeitig aber auch liebevoll. Ich mag den Herrn-der-Zahlen, auch wenn Julia und ihre Mutter es mehr mit Worten haben. Ich finde ja beides gleich wichtig. Auch wenn ich Worte liebe, verkenne ich nicht den Reiz unbestechlicher Zahlen. Die Vorliebe für die Mutter empfinde ich als ungerecht, da ich sie schon zu Beginn manchmal etwas überdreht finde und somit mindestens so peinlich, wie den Vater mit seinen Muskellockerungsübungen. Die Kontaktaufnahme zwischen den zwei jungen Außenseitern wird sehr senibel und vorsichtig beschrieben und ich habe mich lange gefragt, was denn Adrian für ein Problem mit ihnen hat, denn die Kinder werden nicht über ihre Optik, sondern über ihre Worte und Taten beschrieben. Als Heransgehensweise finde ich es sehr interessant. Während sich ein Mobbingszenario langsam zuspitzt, wird auch Julias Mutter immer eigenwilliger und ihr Vater deutlich besorgter. Lange fragte ich mich, ob es in einem Kinderbuch über Bi-Polare-Störungen wirklich noch eines Mobbingthemas bedarf, oder ob das nicht etwas zu viel des Guten sei. Hier kam dann allerdings eine interessante These im Umgang mit Mobbern von Julias Mutter ins Spiel, die ich wirklich überlegenswert finde und deren Umsetzung eine ungeahnte und unbeabsichtigte Eigendynamik auslöst, die die Geschichte erst so richtig rund macht. Denn seien wir ehrlich, das Thema der psychischen Gesundheit kann man Kinder nicht im vollen Umfang deutlich machen. Man ahnt es und es nimmt eine gefährliche Wendung, geht aber gut aus. In all seinen Facetten wäre das Krankheitsbild der manischen Depression für Kinder auch zu viel, zu Mobbing finden sie einen anderen Zugang. Da aber nicht nur immer mehr Eltern, sondern auch Kinder unter der Krankheit leiden, sind es zwei wichtige Themen die miteinander verwoben werden und nebenbei lernen wir noch spannnendes über Meereslebewesen und die klare Struktur von Zahlen.
Birte Schnöink mag ich eigentlich als Interpretin sehr gerne, allerdings empfinde ich sie hier nicht auf der Höhe ihres Könnens. Sie spricht mir teilweise zu teilnahmslos, obwohl sie ja auch Julias Perspektive erzählt, so könnte sie die Schrullen ihres Vaters durchaus humorvoller präsentieren, denn nicht Julia ist depressiv... Das würde dem Hörbuch bisweilen eine erholsame Leichtigkeit verleihen. Ihr Stimme klingt angenehm und jung, durchaus passend für ein Kind.
Die Atmosphäre auf den windumtosten Shetlandinseln passt sehr gut zum Thema der inneren Kämpfe dieser Familie und macht die Stimmungen gut spürbar.
Das Buch ist mit zahlreichen, sehr emotionalen drei-farbigen Illustrationen von Tom de Freston bereichert. Diese sind genau wie das Cover ungewöhnlich emotional ausdrucksstark mit leuchtend gelben Elementen in einer schwarz-grau-weißen Umgebung. Es gibt halt auch in den dunkelsten Momenten immer einen Lichtschimmer. Je emotionaler die Szenen der Geschichte, desto dichter und zahlreicher die Illustrationen, das finde ich wirklich beeindruckend!