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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.02.2023

Düstere Faszination

Kannibal. Jagdrausch
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Im zweiten Band der Crime-Noir-Reihe von Kriminalbiologe Mark Benecke geht es um Kannibalismus und einen spannenden Fall, mitten in Berlin, der mit einem Koffer voller menschlicher Gebeine und einem Märchenbuch ...

Im zweiten Band der Crime-Noir-Reihe von Kriminalbiologe Mark Benecke geht es um Kannibalismus und einen spannenden Fall, mitten in Berlin, der mit einem Koffer voller menschlicher Gebeine und einem Märchenbuch beginnt. In diesem Fall kommt Becker an seine mentalen und körperlichen Grenzen, während seine Partnerin Funke in Gefahr gerät.

Den Auftakt der Reihe kenne ich (noch) nicht, daher kann ich sagen, dass man mit diesem Band ohne Vorkenntnisse in die Reihe einsteigen kann.

Mark Benecke schreibt spürbar realistisch und packend, eher etwas distanziert und verliert sich weder in Nebensächlichkeiten, noch in endlosen Sätzen. Deswegen ist der Krimi mit 200 Seiten, trotz der Kürze, handlungsreich und widmet sich auch den psychischen Strapazen der Ermittler - nur eben ohne unnötige Längen. Ein echter Pluspunkt. Beneckes Geschichten sind inspiriert von wahren Begebenheiten und man merkt den Texten an, dass Benecke über das nötige Sachverständnis verfügt.
Bei dem Thema Kannibalismus tun sich einige Wiederstände beim Lesen auf. Der Krimi ist also schon eher was für starke Nerven, was einem vor dem Lesen bewusst sein sollte. Die Taten werden aber nicht detailliert geschildert, viel grauenvoller sind die Kannibalismus-Foren, in denen sich menschliche Abgründe auftun, die auch Becker zusetzten. Der Fall selbst, war mir etwas zu durchschaubar, deswegen würde ich einen Stern abziehen. Insgesamt hat mir das Buch und die ansprechende Gestaltung aber gut gefallen.

Für alle, die kompakte Krimis mögen, die sich nah an der Realität halten und mit spannenden Fakten gespickt sind.

Veröffentlicht am 26.02.2023

Was bedeutet Arbeit für dich?

Wovon wir leben
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In "Wovon wir leben" geht es um Julia, ihre Tochter-Vater-Beziehung und ihre Neuordnung des Lebens.
Julia ist gelernte Krankenschwester und leidet unter einer eingeschränkten Lungenfunktion. Wegen eines ...

In "Wovon wir leben" geht es um Julia, ihre Tochter-Vater-Beziehung und ihre Neuordnung des Lebens.
Julia ist gelernte Krankenschwester und leidet unter einer eingeschränkten Lungenfunktion. Wegen eines Behandlungsfehlers verliert sie ihren Job und zieht in ihr Heimatdorf zurück. Dort lernt sie den arbeitsunfähigen Oskar Marin kennen, der eine Art Grundeinkommen gewonnen hat. Seine Freiheit steht im Kontrast zu Julias finanziellen Abhängigkeit und schwierigen Lebenssituation.

Es werden Erwartungen thematisiert, die mit Verpflichtungen und Selbstaufgabe einhergehen. Man hat zu funktionieren und die eigenen Bedürfnisse hinten anzustellen, so die Erwartung, bei der jegliches Feingefühl im sprachlosen, familiären Miteinander fehlt. Dazu bietet die Freiheit des bedingungslosen Gundeinkommens eine spannende Idee und ich finde es toll, dass diese Fragen, die sich dabei stellen, nun auch literarisch verarbeitet werden. Ich wollte unbedingt wissen, wie Julia damit umgeht und wie sich Oskars Sichtweise auf ihre Entscheidung auswirkt.

Die Thematik ist bedrückend. Das sollte man wissen. Es wird keine dörfliche Idylle gezeichnet, sondern ein Ort ohne Perspektive, einer distanzierten und eindimensionalen Gemeinschaft, mit einer ausgeprägten Voreingenommenheit. Die Beziehung zwischen Vater und Tochter ist von einer ebenso tristen Atmosphäre geprägt. Probleme werden unausgesprochen verdrängt. Das Leben wird als Last wahrgenommen. Genau hier beweist Birgit Birnbacher ein gutes Beobachtungsgespür für Komplexität und Tiefe, was den Roman ausmacht. Sprachlich und inhaltlich beachtenswert, findet man auch hier Details, die ihre Botschaft zwischen den Zeilen aussenden. Wen das anspricht, der findet in "Wovon wir leben" eine menschlich interessante Geschichten mit lebendigen Figuren und spannenden Fragen.

Veröffentlicht am 26.02.2023

Idyllische Internatsgeschichte mit viel Tierliebe

Internat Schloss Sommerberg - Fünf Pfoten retten Ferdinand Nuss
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Der erste Band der Reihe entführt in den Schulalltag auf das Internat Schloss Sommerberg, direkt in den Unterricht von Frau Flemming, die gerade Amphibien und Reptilien behandelt. Die Hauptfiguren Finn, ...

Der erste Band der Reihe entführt in den Schulalltag auf das Internat Schloss Sommerberg, direkt in den Unterricht von Frau Flemming, die gerade Amphibien und Reptilien behandelt. Die Hauptfiguren Finn, Anton, Lili und Dalena gehen zwar in eine Klasse, aber sind noch nicht miteinander befreundet. Anton ist sehr belesen, aber schüchtern, dabei wäre er gern mit Finn befreundet. Finn liebt den Goldendoodle Sponsch von Köchin Lieselotte Sorgenfrei, und er ist mutig und einfallsreich. Außerdem neckt er gern Dalena, die mit Lili befreundet ist. Lili hat ein gutes Herz und findet immer eine Lösungen. Bei einer nächtlichen Rettungs-Mission lernen sich die Kinder besser kennen und erleben einige Abenteuer. Der Anfang einer großen Freundschafts-Bande.

Besonders toll waren die schönen Illustrationen und die Karte, die einen Überblick über das idyllische Dörfchen bietet. Eine Mischung aus "Fünf Freunde" und "Hanni und Nanni“. Ich hoffe, dass es mit den weiteren Büchern noch etwas spannender und vielseitiger wird.

Eine Geschichte über Freundschaft, Hilfsbereitschaft und Naturschutz, mit ganz unterschiedlichen, sympathischen Charakteren, viel Tierliebe und einer idyllischen Atmosphäre in einem ehrwürdigen Schloss mitten im Grünen.

Veröffentlicht am 26.02.2023

Über das große Glück und schwere Zeiten

Lichte Tage
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Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Roman dem Gemälde Fünfzehn Sonnenblumen zu, dessen Original von Vincent van Gogh in Südfrankreich gemalt wurde. Dora Judd gewinnt das Bild 1950 bei einer Tombola. ...

Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Roman dem Gemälde Fünfzehn Sonnenblumen zu, dessen Original von Vincent van Gogh in Südfrankreich gemalt wurde. Dora Judd gewinnt das Bild 1950 bei einer Tombola. Schwanger mit ihrem Sohn Ellis und unterdrückt in ihrer Ehe, ist das Bild ihre erste Rebellion gegen den Willen ihres Mannes. Viele Jahre später ist Ellis Judd fünfundvierzig Jahre alt und arbeitet in einer Schlosserei, obwohl er mal davon geträumt hat, Künstler zu werden. Vor fünf Jahren änderte sich alles für Ellis. Seit dem zieht er sich zurück und es fällt ihm schwer, sich um Kontakt zu bemühen. Ein Foto mit drei lachenden Gesichtern steht für alles, was er liebt: seine Frau und seinen besten Freund, den er ebenso liebte. Als er eine Kiste seines Freundes Michael findet, erfährt er durch dessen Notizen alles über die Zeit, als sie sich aus den Augen verloren hatten, weil Michael nach London zog und dessen Gefühle für ihn.

"Lichte Tage" erzählt von schönen und schmerzhaften Erinnerungen und steht für die Sehnsucht und Kraft von Kunst und Liebe. Sarah Winmans Geschichte zeugt von großer Aufmerksamkeit für die kleinen Momente und erzählt unaufgeregt sanft und bedacht von Schicksalsschlägen und der Rückkehr ins Leben. Für alle, die "My Policeman" mochten.

Veröffentlicht am 22.02.2023

Das Leben danach

Macht
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„Der Gedanke, allein auf der Welt zu sein, war beruhigend.“

Liv lebt mit einem Trauma. Sie wurde vor Jahren vergewaltigt und hat nicht mal ihrem Mann davon erzählt. Sie versucht ihren Alltag mit Kind ...

„Der Gedanke, allein auf der Welt zu sein, war beruhigend.“

Liv lebt mit einem Trauma. Sie wurde vor Jahren vergewaltigt und hat nicht mal ihrem Mann davon erzählt. Sie versucht ihren Alltag mit Kind zu meistern. Trotz allem gibt sie sich kämpferisch und realisiert gar nicht, dass sie nur zu überleben versucht, bis es zur Konfrontation kommt.

Das Buch ist in sofern etwas Besonderes, weil es auf eindringliche Weise zeigt, wie sich Frauen fühlen, die vergewaltigt wurden. Man erfährt, wie sehr dieses Trauma den Alltag bestimmt und jedes Gefühl von Selbstbewusstsein im Keim zu ersticken droht. Das führt einen beim Lesen ganz nah ran, an diese Machtlosigkeit, die zwanghaften Kontrollmuster, das falsche Sicherheitsgefühl und die Überlebensstrategien, die ständig ablaufen. Und das alles passiert unsichtbar für die Außenwelt. Mich hat das Buch beeindruckt, gerade, weil es um die Folgen geht und weniger um die Vergewaltigung selbst, und Liv versucht, sich ihre Selbstbestimmung zurückzuerobern. Dabei war mir Liv gar nicht unbedingt sympathisch und auch der Erzählstil war mitunter zäh und distanziert. Aber Heidi Furre lässt ihre Leser:innen an etwas teilhaben, dass sich schwer nachvollziehen lässt, wenn man es nicht selbst erleben musste. Ihre Beobachtungen sind behutsam, fühlen sich authentisch an und eröffnen neue Sichtweisen, weshalb mir das Buch trotzdem gefallen hat.

Fazit: Eine Geschichte die sensibilisiert, emphatischer macht und berührende Einblicke gibt, was sie so relevant und wichtig macht.