Ein berührender und fesselnder Roman
Als Großmutter im Regen tanzteDie Norwegerin Juni ist Mitte 30, als sie nach dem Tod ihrer Mutter Lilla ins Haus ihrer verstorbenen Großeltern Tekla und Konrad auf einer kleinen norwegischen Insel zurückkehrt, um es auszuräumen. Die ...
Die Norwegerin Juni ist Mitte 30, als sie nach dem Tod ihrer Mutter Lilla ins Haus ihrer verstorbenen Großeltern Tekla und Konrad auf einer kleinen norwegischen Insel zurückkehrt, um es auszuräumen. Die Beziehung zu ihrer Mutter war schwierig, und auch das Verhältnis zwischen Lilla und Tekla war belastet von Schatten aus der Vergangenheit, über die zeitlebens geschwiegen wurde. In den Habseligkeiten ihrer Mutter und Großeltern entdeckt Juni Fotos und Briefe, die sie dem Geheimnis ihrer Familie auf die Spur bringen, und sie beginnt, weiter nachzuforschen. Und je tiefer sie in Teklas Leben eintaucht, desto mehr lernt sie auch über sich selbst.
"Als Großmutter im Regen tanzte" wird parallel in zwei zeitlich versetzten Handlungssträngen erzählt: Der erste spielt in der Gegenwart und beschreibt mit Juni als Ich-Erzählerin ihr Leben und ihre Spurensuche in der Vergangenheit. Der zweite beginnt gegen Ende des 2. Weltkrieges in Norwegen und erzählt die Geschichte der junge Tekla.
Der Roman ist berührend und fesselnd geschrieben und zog mich ab der ersten Seite so sehr in seinen Bann, dass ich ihn nicht mehr aus der Hand legen konnte und ihn innerhalb eines Tages gelesen habe. Insbesondere der Handlungsstrang um Tekla hat mich richtig gepackt, der zweite um Juni ist etwas blasser und ein bisschen zu glatt. Die Geschichte hat mich insgesamt sehr nachdenklich gestimmt, zeigt sie doch, wie sich Traumata über Generationen fortsetzen können, und wie sehr unsere Identität auch vom Leben unserer Vorfahren geprägt ist, auch wenn wir uns dessen oft nicht bewusst sind.
Ich habe durch diesen Roman erstmals von den entsetzlichen Geschehnissen 1945 im ostdeutschen Demmin erfahren, und ich bin fassungslos, dass ich zuvor noch nie davon gehört hatte. Ferner thematisiert das Buch die teils lebenslange Ächtung norwegischer Frauen, die sich im zweiten Weltkrieg in deutsche Soldaten verliebten. Trude Teige greift damit zwei wichtige, aber bisher wenig beachtete Themen auf und bewahrt sie vor dem Vergessen. Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch ihr Nachwort am Ende des Romans.
Der Autorin gelingt es, historische Details und Zusammenhänge geschickt in den Roman einzubinden und die Schmerzen, Verluste und Wunden der Norweger, Deutschen und Russen gleichermaßen begreiflich zu machen. Viele Stellen des Romans sind schmerzhaft zu lesen, und das sinnlose Leid, das Kriege zu allen Zeiten über die Beteiligten auf allen Seiten bringen, wird schonungslos offenbar.
Auch wenn der Roman stellenweise tieftraurig ist, bewahrt er sich Hoffnung und Trost durch den Glauben an die inneren Stärke, die Freundschaft und Liebe.