Ein ganz besonderer Tag
Katharina ist eine ganz normale Frau in den 40ern – verheiratet, berufstätig, Mutter. Sie kämpft mit den alltäglichen Problemen: den Haustieren, brennenden Haushaltsgeräten, einer vorpubertären Tochter, ...
Katharina ist eine ganz normale Frau in den 40ern – verheiratet, berufstätig, Mutter. Sie kämpft mit den alltäglichen Problemen: den Haustieren, brennenden Haushaltsgeräten, einer vorpubertären Tochter, der kriselnden Wochenendehe, der Schwester, der Freundin, dem Studienfreund. Alles ganz normal eben. Wäre da nicht dieses Etwas, das sie in ihrer Brust entdeckt hat und das ihr verständlicherweise entsetzliche Angst macht. Seit zwei Wochen weiß sie bescheid, seit zwei Wochen schweigt sie. Doch dieser Tag, mit all seinen Ereignissen, verändert mehr, als sie sich vorstellen konnte …
Mareike Krügel hat mit „Sieh mich an“ ein wunderbares Buch geschrieben, das vielen Frauen in einer ähnlichen Situation aus der Seele spricht. Auch wer einfach nur Angst vor Krebs und den Folgen hat, wird sich in diesem Buch wiederfinden und verstanden fühlen. In solch einer Situation funktioniert man nur noch, man lebt nicht mehr. So geschehen dann Dinge, die sonst nie hätten passieren können, man wird unachtsam für das eine, aber empfänglicher für das andere. Das hat die Autorin wunderbar auf den Punkt gebracht und mit ihren Figuren sehr real dargestellt.
Mir gefällt der Stil des Buches, ebenso die Sprache. Katharina, Kathinka, Kata, Kathi, Rina – für jeden ist sie eine andere und doch ist sie all diese Personen. Auch wenn sie meiner Meinung nach zu pessimistisch mit der möglichen Erkrankung umgeht, habe ich das Buch sehr gerne gelesen. Es umfasst einen einzigen, sehr langen, sehr ereignisreichen Tag. Ob und wie Katharina am Ende mit der Erkrankung umgeht, sie übersteht, das bleibt offen. Dennoch oder gerade deshalb ist das Buch perfekt. Es zeigt den inneren Kampf einer Frau. Sie lernt so nebenbei auch, dass nicht immer alles so ist, wie sie das gesehen oder gedacht hat. Ihre Erinnerungen an diverse Ereignisse ihres Lebens sind teils amüsant, teils sehr tragisch – aber immer so erzählt, dass der Leser nach und nach versteht, warum Katharina ist, wie sie nun mal ist.
Auch wenn sehr viele außergewöhnliche Szenen, Ereignisse und Situationen im Buch geballt vorkommen, passt für mich doch alles gut zusammen und ineinander. Katharinas Leidenschaft für Listen, ihre Transgender-Nachbarn, die vermutlich an ADHS leidende Tochter Helli und der Showdown – so gerne würde ich ihr beistehen und mit ihr durch all das gehen, denn einen Menschen wie Katharina trifft man nicht oft im Leben und wenn, muss man aufpassen, ihn nie wieder zu verlieren.
Kristof Magnusson sagt die Wahrheit: dieses Buch ist wirklich klug, bestürzend, zupackend und humorvoll – manchmal auch alles zugleich.
Doch ist mir auch klar, dass man sich auf dieses Buch einlassen können muss. Nicht bei jedem wird es eine Saite in der Seele zum Klingen bringen. Was es mit dem Fuchs auf dem Cover auf sich hat, wird übrigens im Buch erklärt – eine kurze, aber besondere Stelle.
Für mich ist es aber eines der besten Bücher des Jahres 2017 – gerne bewerte ich es deshalb mit den vollen fünf Sternen!