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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.02.2023

Aktueller Diskurs in Briefform

Zwischen Welten
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MEINUNG:

Seit Über Menschen bin ich den Romanen von Juli Zeh ein bisschen verfallen. Ich habe im Anschluss gleich noch Leere Herzen gelesen und als ich gesehen habe, dass sie einen Roman, sogar einen ...

MEINUNG:

Seit Über Menschen bin ich den Romanen von Juli Zeh ein bisschen verfallen. Ich habe im Anschluss gleich noch Leere Herzen gelesen und als ich gesehen habe, dass sie einen Roman, sogar einen Briefroman, zusammen mit Simon Urban (von dem ich allerdings noch nichts kenne) veröffentlichen wird, war für mich klar - Das muss ich lesen!

Teresa und Stefan haben zusammen studiert und in einer WG zusammen gewohnt. Durch Zufall treffen sie nach 20 Jahren in Hamburg wieder, wo Stefan inzwischen Zeit  wohnt und arbeitet. Er ist stellvertretender Chef-Redakteur bei der BOTE, Deutschlands größter Wochenzeitung. Theresa ist nach dem Studium, was sie nicht beendet hat, in ihrer brandenburgische Heimat zurück gekehrt und betreibt dort den elterlichen Bio-Milchhof weiter nach dem Tod ihres Vaters. Die Begegnung endet im Streit, aber es folgt ein langer und ausgiebiger Wechsel von E-Mails und Whatsapp-Nachrichten über den sie sich einen sehr hitzigen Schlagabtausch über gesellschaftliche Themen wie Klimawandel, Gendersprache und Rassismus austauschen. 

Der Roman ist komplett in E-Mails und WhatsApp-Nachrichten geschrieben. Ich liebe solche Art Romane, kann mir aber vorstellen, dass nicht für jeden etwas ist. Beide tauschen sich über gut 450 Seiten über sehr viel aus und schreiben auch sehr lange Nachrichten. Es gibt aber trotzdem ein gewissen roten Faden bzw. eine Entwicklung beider Personen. Generell finde ich, dass sich solche Art von Romanen sehr schnell lesen lassen, aber hier habe ich immer nur so 50 bis 60 Seiten gelesen, weil ich manche Themen erstmal sacken lassen musste. Über einige sehr gute Formulierungen und Metaphern musste ich auch noch ein bisschen nachdenken. Das Buch ist schon ein bisschen Arbeit. ;)

Bei Stefan ist von Anfang klar, dass er in Theresa mehr sieht als nur eine Freundin. Schon damals wollte er mehr von ihr, aber sie hat ihm immer deutlich gemacht, dass da nicht ist von ihrer Seite. Ich fand Stefans Verzweiflung sie unbedingt doch von sich zu gewinnen manchmal etwas beschämend, wo doch eigentlich ziemlich offensichtlich ist, dass sie nichts von ihm möchte und auch schlichtweg andere Probleme hat. Theresa ist verheiratet und zwei Kinder. Die Ehe steht auf wackligen Füßen, weil Theresa durch ihren Betrieb einfach zu wenig Zeit für die Familie hat. Es ist kein Urlaub möglich und oft schafft sie es nicht zu den gemeinsamen Mahlzeiten. Ich fand diese Situation ziemlich ironisch und habe mich oft gefragt, wie es wäre, wenn Theresa ein Mann wäre und die Reaktionen dann die gleichen wären. Allerdings fand ich objektiv natürlich absolut nachvollziehbar, dass dies ständig zu Streits geführt hat zwischen ihr und ihrem Mann. Mir gefiel, dass Juli Zeh so ein paar Anspielungen auf ihre anderen Romane gemacht hat. So kommt Lars, ein guter Schulfreund von Theresa aus Bracken - dem fiktiven Dorf aus Über Menschen.  Vielleicht gab es noch mehr Querverweise, aber ich kenne leider (noch) nicht alle Bücher

Ich fand wirklich bemerkenswert, dass wenn Stefan mal mit eigentlich für ihn guten und positiven Nachrichten in seinem Leben bei Theresa ankam, dann hat sie das jedes Mal gnadenlos zerpflückt und ihm dem Spiegel vorgehalten. Es deutlich spürbar, wie hier die Lager sind Theresa kämpft jeden Tag mit ihrem landwirtschaftlichen Betrieb ums nackte Überleben, hat 12 und mehr Stunden-Tage, Ehe-Probleme etc. und Stefan schreibt irgendwie nur darüber in seine teuren Designer-Wohnung. Ich konnte mich aber trotzdem sehr mit Stefan identifizieren, vor allem als um die Gender-gerechte Sprache ging. Ich konnte allerdings auch Theresas Argumente verstehen, dass sie sich mit so etwas nicht abgeben kann und möchte. Ich fand sie allerdings wirklich sehr hart und viele ihrer Meinungen driften mir teilweise zu sehr ins Rechte Milieu ab, vor allem als sie sich Aktivisten anschließt.

Ab ungefähr der Hälfte nimmt die Geschichte dann wirklich an Fahrt auf, so dass sich sogar ein gewisse Spannung aufgebaut hat. Auch bei Stefan gibt bei der Zeitung ein einschneidendes Erlebnis, welches dazu führt, dass auch Stefans Zukunft ungewiss ist. Hier gibt wird auch nochmal deutlich gemacht, was Social Media anrichten kann, wenn eine gewisse Öffentlichkeit genießt und sich einen verbalen Fehltritt leistet. Das fand ich wirklich heftig, auch die Auswirkungen auf Familie und Freunde. Natürlich war mir das nicht unbekannt, aber es schockiert doch immer wieder, welches Ausmaß so etwas annehmen kann und von heute auf morgen das ganze Leben zerstört und auch zur realen Gefahr werden kann. Die Handlung spitzt sich zum Schluss rasant zu und auf das Ende wurde gut hingearbeitet und eignet sich gut für einen Austausch/ Diskussion.

FAZIT:

Zwischen Welten ist ein hochaktueller Gesellschaftsroman in Briefform, der aufwühlt und dem Lesenden häufig den eigenen Spiegel vorhält. Der Roman greift aktuelle Themen auf. Ich bin immer ein bisschen zwischen beiden Meinungen der Protagonisten hin und her gependelt und teilweise rief auch einiges absolutes Unverständnis bei mir auf, aber ich glaube, genau diese Gefühle sollten hiermit erzeugt werden.

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Veröffentlicht am 26.01.2023

Happy New Year

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum
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MEINUNG:

Um Happy New Year kam ich schwer drum herum, denn es wurde einerseits schon groß gehypt und andererseits ist einfach genau mein Genre. Es ist von einer Schwedin geschrieben und es ist ein (Spannungs-)roman. ...

MEINUNG:

Um Happy New Year kam ich schwer drum herum, denn es wurde einerseits schon groß gehypt und andererseits ist einfach genau mein Genre. Es ist von einer Schwedin geschrieben und es ist ein (Spannungs-)roman. Das Cover ist wirklich toll gelungen.

Es ist Silvester und Lollo, Nina und Malena, die schon seit der Schulzeit befreundet sind, feiern zusammen mit ihren Familien Silvester. Das ist Tradition, auch wenn sich die Freundinnen schon etwas auseinander gelebt haben. Die Teenager-Töchter von Lollo und Nina dürfen bei Nina allein mit Freunden feiern. Die pure Panik bricht am nächsten Tag aus als alle feststellen, dass Jennifer, die Tochter von Lollo spurlos verschwunden ist. Es stellt sich die Frage, wie gut alle sich wirklich kannten und was mit Jennifer passiert ist.

Es wird abwechselnd aus der Sicht von Nina, Lollo und Ninas Mann, Frederic, erzählt. Die Autorin gibt gleich zu Anfang schon ein großer Geheimnis preis, welches mich sofort auf eine gewisse Fährt gelockt hat. Sie schafft es meisterhaft durch weitere Enthüllungen und Wendungen der Geschichte immer wieder eine neue Wendung zu geben. Die Spannung war gut, aber auch nicht so, dass ich von einem Pageturner sprechen würde. Es ist allerdings ganz klar auch ein Roman. Es gibt keinen typischen Ermittler, die zu Wort kommen. Ich habe das tatsächlich manchmal vermisst, weil ich immer ganz genau wissen möchte, wie sie auf gewisse "Verdächtige" gekommen sind, aber so ist der Roman angelegt - eben nicht als klassischer Thriller bzw. Krimi. 

FAZIT:

 Happy New Year fängt richtig stark an, ließ mich im Mittelteil ein bisschen durchatmen und geht stark zu Ende. Es ist kein klassischer Ermittlungsroman, sondern tragischer Beziehungsroman, der aufzeigt, dass man niemanden wirklich zu 100% kennt.

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Veröffentlicht am 14.01.2023

Was wäre wenn?

Umwege des Lebens
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MEINUNG:

Jodi Picoult gehört seit vielen Jahren zu einer meiner absoluten liebsten Autorinnen und ich habe fast alles von ihr gelesen. Sie ist auch ein der Gründe, warum ich Bücher so liebe. Sie erfindet ...

MEINUNG:

Jodi Picoult gehört seit vielen Jahren zu einer meiner absoluten liebsten Autorinnen und ich habe fast alles von ihr gelesen. Sie ist auch ein der Gründe, warum ich Bücher so liebe. Sie erfindet sich auch immer wieder neu in ihren Büchern. Keine Geschichte gleicht der anderen. Die Themen sind häufig hoch kontrovers oder man kann sehr viel mitnehmen und lernen.

Dawn Edelstein ist Sterbebegleiterin, eine Sterbe-Doula, wie sie sich selbst nennt. Sie ist 15 Jahre lange verheiratet und hat eine Tochter im Teenager-Alter. In ihrem vorherigen Leben wollte sie eigentlich promovierte Ägyptologin werden, doch es kam etwas dazwischen. Zurück gelassen hat sie noch die Ägyptologie, sonder auch einen einen Kollege, ihre erste große Liebe. Das Überleben eines Flugzeugabsturz sorgt u.a. dafür, dass Dawn ihr ganz Leben und die verpassten Chancen nochmal überprüfen will. Sie kehrt nach Ägypten zurück.

Der Kapitel wechseln immer zwischen Land - Ägypten und Wasser  - Boston. Damit läuft Dawns Leben ein wenig parallel, ohne das man Anfang ahnt auf welcher Zeitschiene man liest. Der Flugzeugabsturz ist am Anfang, aber was danach passiert zeigt durch eine Wendung erst am Schluss. Es ist klar, dass Dawn Hals über Kopf nach Ägypten aufgebrochen ist. Dafür gab es viele Auslöser, auch in ihrer Ehe mit Brian, mit dem sie 15 Jahre verheiratet ist und mit ihm zusammen eine Tochter, Meret, hat. In den Teilen in Boston erfährt man viel über ihre Arbeit als Sterbebegleiterin. Ich fand das sehr spannend zu erfahren, wie man damit umgehen kann. Wie immer hat Jodi Picoult hier erstklassig recherchiert und das Thema würdevoll und wertbreit eingebettet. In diesen Teilen liegt der Fokus auch auf dem Familienleben. Es gab einen Vorfall in der Ehe, der zu einem Vertrauensverlust führt. Die Ehe steht auf der Kippe, auch wenn es anfangs nicht danach aussah. Außerdem plagt sich ihre Tochter mit ihrem vermeintlichen Übergewicht rum und es kommt hier immer wieder zu Schwierigkeiten. Ich konnte die Verzweiflung von Dawn und Brian häufig spüren. Es gibt einen Auslöser, der dazu führt, dass Dawn nach Ägypten aufbricht.

Die Kapitel, die in Ägypten spielen fand ich manchmal ein bisschen überfrachtet an Informationen zu am alten Mittel-Ägypten, aber auch mal wieder Hut ab für diese Recherche-Arbeit. Es wird hier sehr viel Wissen vermittelt. Es werden sogar Bilder von Hieroglyphen und Malereien abgebildet. Das ist natürlich sehr hilfreich, zu den sehr detaillierten Beschreibungen. Für mich was das in Ordnung, aber ich kann mir gut vorstellen, dass für den ein oder anderen hier Langeweile bis hinzu Lesekampf aufkommt, aber Durchhalten lohnt sich. Wyatt ist natürlich sehr überrascht, dass Dawn nach 15 Jahren wieder auf der Matte steht. Er akzeptiert dies erstmal ohne Dawns Erklärungen. Langsam kommen dann die alten Gefühle wieder hoch und natürlich verlangt er irgendwann Erklärungen. In meinen Augen war Dawns Entscheidung aber absolut nachvollziehbar und dann kam das Leben dazwischen.

Letztendlich ist eine Dreiecksliebesgeschichte. Zu dieser wird der Roman am Ende immer mehr. Es kommen ein paar unerwartete Wendungen hinzu, aber dennoch steht Dawn zwischen zwei Männern und muss sich entscheiden wer ihre Zukunft sein soll. Meiner Meinung nach fehlt es Dawn hier an Entscheidungskraft. Die Konstellation, die sich dann ergibt als die Karten auf dem Tisch liegen, finde ich höchst seltsam. Über allem steht für sie allerdings das Wohl ihrer Tochter. Das Ende ist relativ offen bzw. interpretierbar. 

FAZIT:

Umwege des Lebens ist für mich wieder einmal ein schriftstellerisches Meisterwerk von Jodi Picoult, was die Recherche angeht. Ich habe wieder einmal etwas dazu gelernt über das historische Mittel-Ägypten und die Arbeit als Sterbebegleiterin. Ansonsten ist eine Liebesgeschichte - die Liebe einer Mutter zu ihrer Tochter und die Lieber einer Frau zu zwei Männern und die Entscheidung, welches Leben man leben möchte bis das Ende kommt.

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Veröffentlicht am 11.01.2023

Vielversprechender Auftakt

Der Strand: Vermisst
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MEINUNG:

Ich habe von Karen Sander bereits Wenn ich tot bin gelesen und sehr gemocht, weil ich finde, dass sie sehr nah an die amerikanischen Autorinnen ran kommt von ihrem Schreib- und Erzählstil her. ...

MEINUNG:

Ich habe von Karen Sander bereits Wenn ich tot bin gelesen und sehr gemocht, weil ich finde, dass sie sehr nah an die amerikanischen Autorinnen ran kommt von ihrem Schreib- und Erzählstil her. Der Strand ist eine Trilogie und Vermisst ist der erste Teil. 

Lilli Sternberg verschwindet spurlos am Strand von Sellnitz. Sie taucht bei einer Verabredung mit ihrer Freundin nicht auf. Lilli ist gehörlos und umso mehr Sorgen machen sich Freunde und Familie. Kriminalhauptkommissar Tom Engelhardt hat die Leitung für diesen Fall. Als eine kryptische Nachricht von Lilli auf dem Handy ihrer Freundin eingeht, wird Mascha Krieger vom LKA hinzugezogen. Es beginnt das große Rätsel raten, wo Lilli ist und wie es mit den Nachrichten zusammen hängt. 

Der Schreibstil ist flüssig. Die Kapitel sind sehr kurz. ich bin quasi durch die Seiten geflogen. Das Tempo ist auch relativ hoch, denn es kommen immer wieder Wendungen und neue verdächtige Personen dazu. Man merkt dem Buch an, dass es ein erster Teil ist, denn wirklich schlauer wurde ich zwischendurch nicht. Ich hatte nicht das Gefühl der Lösung näher zu kommen, aber ich habe gespürt, dass es ein komplexeres Thema sein wird, wo es viele Beteiligten gibt und vermutlich ein großes Geheimnis in der Vergangenheit. Mich interessiert vor allem die Vergangenheit von Mascha. Sie war mir sehr sympathisch, aber sie scheint auch so ihre eigenen "Ermittlungen" zu haben, die eventuell etwas mit ihrer Familie zu tun haben.  Tom ist ein sehr geradliniger Mensch, der als allein erziehender Vater versucht seine Tochter und die Ermittlungen unter einen Hut zu bekommen, was ihm nicht immer gut gelingt. Für mich war es das richtige Maß zwischen Ermittlung und Privatleben der ermittelnden Personen.

FAZIT:

Der Strand - Vermisst ist der Auftakt zu einer Trilogie. Hier gibt es keine Auflösung, sondern der Fall wird erstmal aufgebaut und macht dabei definitiv Lust die nächsten Bänden zu lesen, um zu erfahren, was hinter allem steckt.

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Veröffentlicht am 27.12.2022

Tragische Familiengeschichte

Verbrenn all meine Briefe
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MEINUNG:

Nachdem ich von Die Überlebenden ziemlich beeindruckt war, stand für mich sofort fest, dass ich auch Verbrenn all meine Briefe von Alex Schulman lesen möchte. Auf Schwedisch ist dieses Buch noch ...

MEINUNG:

Nachdem ich von Die Überlebenden ziemlich beeindruckt war, stand für mich sofort fest, dass ich auch Verbrenn all meine Briefe von Alex Schulman lesen möchte. Auf Schwedisch ist dieses Buch noch vor Die Überlebenden erschienen und ist auf Grund des Erfolges nun auch auf Deutsch übersetzt worden.

Bei Beginnen der Geschichte war mir nicht sofort klar, dass es sich hier um einen autofiktionalen Roman handelt, denn den hier beschriebene Großvater Sven und natürlich auch die Großmutter gab es wirklich und es zu großen Teilen die reale Familiengeschichte von Alex Schulman. Alles beginnt damit, dass Alex Schulman sich mit seiner Wut auseinander setzen möchte, die er auch gegenüber seiner Frau und seinen Kindern zeigt, so dass teilweise verängstigt reagieren. Auf der Suche nach Antworten stößt er auf die Geschichte von seinem Großvater Sven Stolpe, der ein angesehener Schriftsteller war und seiner Frau, Alex' Großmutter Karin. Die Geschichte der beiden beginnt ungefähr in den 1930er Jahren. Beide haben jung geheiratet, doch um die Ehe ist es nicht gut bestellt, denn Sven ist ein sehr impulsiver Mann, der schnell sehr grausam werden kann. Stellenweise habe ich mich gefragt, wieso Karin ihn geheiratet hat, aber Sven hat auch ein einnehmende, charismatische Seite, zumindest gegenüber einigen Fremden. Wenn man einen Fehler begangen hat, dann lässt Sven andere dafür grausam leiden.

Einen großen "Fehler" begeht Karin als sie sich im Sommer 1932 in Olof verliebt und zwar in Olof Lagercrantz. Ich muss wirklich zweimal lesen und habe mir gedacht Lagercrantz sei einfach ein weit verbreiteter schwedischer Name, aber Olof Lagercrantz ist tatsächlich der Großvater von David Lagercrantz, der ebenfalls Schriftsteller ist. Ihn kenne ich natürlich von der Fortführung der Millenium-Reihe von Stieg Larsson. Die ganze Geschichte erfährt Alex als er Briefe von Olof an Karin findet und auch als er sich mit David Lagercrantz in Verbindung setzt. Der berichtet ihm, dass diese Liebesgeschichte auch ihre Familiengeschichte "überschattet" hat. Die Briefe sind sehr schön zu lesen und so voller Liebe und Hoffnung, besonders auf der Seite von Olof, der auf eine Zukunft mit Karin hofft. In einer Rückblende erfährt, wie Karin und Olof sich kennen und lieben gelernt haben und von allem ahnte Sven zunächst nichts. Dennoch las ich die Entwicklung mit großem Unbehagen, stets auf der Hut, wann und ob Sven es heraus bekommen könnte.

Das Unbehagen hatte ich auch als es immer wieder Rückblicke hatte ich auch als Szenen aus Alex' Kindheit geschildert werden, aus denen leider auch eindeutig hervor geht, dass Karin sich nicht von Olof getrennt hat und bei ihm geblieben ist. Alex' lernt seinen Großvater nochmal von einer anderen Seite kennen bzw. versteht langsam dessen Charakter und warum Karin in seiner Kindheit häufig sich häufig entschuldigt hat oder versucht hat gar nicht erst die Wut des Ehemannes zu entbrennen. Schulman findet eine möglich Erklärung für seine eigene Wut - nämlich, dass diese sich von seinem Großvater an ihn übertragen hat, obwohl es den Grund gar nicht mehr gibt. Die Geschichte liest sich sehr soghaft - fast wie ein Krimi. Ich wollte unbedingt erfahren, was aus Karin und Olof geworden ist und über allem schwebte unbändige Wut von Sven Stolpe, der zu allem fähig war. 

FAZIT:

Verbrenn all meine Briefe ist eine soghafte, tragische Liebesgeschichte, die zeigt wozu die Wut einer einzelnen Person führen kann und sich auch auf die Gegenwart und die nächsten Angehörigen auswirkt. Eine wirklich gut erzählte und geschriebene Geschichte mit biographischen Zügen. Freue mich auf weitere Romane von dem Autor.

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