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Veröffentlicht am 04.03.2023

Liebe auf engstem Raum

Love to share – Liebe ist die halbe Miete
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„Love to share (Liebe ist die halbe Miete)“ fiel mir zunächst wegen der witzigen Covergestaltung auf. Spätestens beim Durchlesen des Klappentexts war mein Interesse komplett geweckt.

In O'Learys Debütroman ...

„Love to share (Liebe ist die halbe Miete)“ fiel mir zunächst wegen der witzigen Covergestaltung auf. Spätestens beim Durchlesen des Klappentexts war mein Interesse komplett geweckt.

In O'Learys Debütroman haben sich zwei buchstäblich gesucht und gefunden: Tiffy muss aus der Wohnung ausziehen, die sie sich mit ihrem Ex bisher geteilt hat, Leon benötigt Geld, um den Anwalt zu bezahlen, der seinen Bruder aus dem Gefängnis boxen soll; also tun sich zwei zusammen, als Leon entschließt seine 1,5-Zimmer-Wohnung unterzuvermieten. Tiffy, die sich bisher ziemlich überteuerte Dreckslöcher in der Londoner City angesehen hat, erscheint es nach reichlich gesehenem Schimmel nicht mehr abwegig mit jemandem das Bett zu teilen, der einem die Wohnung untervermietet. Beim Arrangement einander nicht zu begegnen, denn er arbeitet nachts und sie arbeitet tagsüber, scheint das gar nicht zu schwer zu bewältigen.
Leon und Tiffy begegnen sich durch ihre unterschiedlichen Arbeitszeiten tatsächlich nie, daher schreiben sie sich Post-its, die sie auf sämtliche Flächen der Wohnung kleben. Die Kommunikation mit dem jeweils anderen unbekannten Mitbewohner wird eine ungewöhnliche aber schöne Routine für Tiffy und Leon, denn auch ohne einander zu begegnen, nehmen sie aus ihrem Schriftwechsel ungeheuer viel mit. Der introvertierte Leon taut merklich auf. Dann begegnen sie einander und es kommt wie es kommen muss: Vertraut durch monatelanges Zusammenwohnen und verzaubert durch die gegenseitige Attraktivität verlieben sich Leon und Tiffy ineinander. Es könnte so schön sein, wenn nicht Tiffys egozentrischer Ex nochmal auf der Bildfläche erscheinen würde...

„Love to share“ ist ein leicht wegzulesendes Lesevergnügen mit einer erfrischenden neuen Idee. Um die Liebesgeschichte herum gibt es noch einiges mehr an Plots, die noch ein wenig Abwechslung in die Story bringen. Von der Dicke des Buches mit seinen über 400 Seiten sollte man sich nicht abschrecken lassen! -Am Ende schmerzt es Leon und Tiffy loslassen zu müssen, so sehr hat man diese liebenswerten und schrägen Charaktere in sein Herz geschlossen.
Normalerweise nicht mein übliches Genre, diese Knutschi-Bücher für Frauen, darum bin ich um so überraschter wie gut mir die Geschichte gefallen hat!

Veröffentlicht am 28.02.2023

Mit dem Toaster fängt es an...

Wie man einen Toaster überlistet
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Als Flüchtling kam sie nach Amerika, jetzt lebt Salima seit mittlerweile zehn Jahren im Land. In einem Auffanglager in Arizona angekommen und in einem Ladengeschäft in einem ehemaligen Einkaufszentrum ...

Als Flüchtling kam sie nach Amerika, jetzt lebt Salima seit mittlerweile zehn Jahren im Land. In einem Auffanglager in Arizona angekommen und in einem Ladengeschäft in einem ehemaligen Einkaufszentrum vorerst untergebracht, lernte sie Nadifa und deren Kinder kennen. Nach einigen Jahren im Auffanglager freuen sich die beiden Frauen sehr, als jeder von ihnen eine Sozialwohnung in einem Apartmentgebäude zugeteilt wird – und die beiden sollen nur sechs Stockwerke auseinanderwohnen!

Die Wohnungen können sich die armen Immigranten nur deshalb leisten, weil ihre Wohnungen mit voreingebauten Geräten wie Toaster, Ofen, Geschirrspüler und Waschmaschinen subventioniert sind, die mit einer Erkennungs-Software ausgestattet sind und ausschließlich die Produkte der eigenen Marke erkennen. Firmen und Vermieter verdienen an der Alternativlosigkeit mit, da die Bewohner der Wohnungen keine günstigen Varianten verwenden können. Auch müssen sie bei der Benutzung der Aufzüge den Vollzahlern, welche auf der anderen Seite des Apartmentkomplexes wohnen, Abstriche machen, denn die Türen öffnen sich für die Armen nur, wenn auf der anderen Seite gerade kein Wohlhabender den Fahrstuhl benutzt. Sie müssen manchmal eine geschlagene Stunde warten, um in den 40. Stock zu kommen.
Die Freude über die bezahlbare Wohnung verebbt spätestens dann komplett, als die Herstellerfirma der eingebauten Toaster Konkurs anmeldet und kein Brot mehr akzeptiert – nicht mal das eigene. Kurze Zeit später reicht es Salima und sie erkundigt sich im Darknet nach Lösungen für das Problem. Tausende anderer Kunden sind ebenfalls erbost darüber, dass die Geräte ihnen den Dienst verwehren, und so wird Salima schnell fündig und macht sich an die Arbeit mit einem Jailbreak ihr Gerät gefügig zu machen. Sie genießt nun wieder Brot, sogar firmenfremdes, und stellt fest wie viel Geld sich dadurch einsparen lässt, dass man die Wahl hat. Ihrer Freundin Nadifa modifiziert sie ebenfalls den Toaster, was deren Sohn neugierig beobachtet, und gemeinsam beschließen sie auch den anderenNachbarn der 40. Stockwerke zu helfen, damit diese ihre Geräte wieder benutzen können. Dann jedoch erfährt Salima, dass das Toasterunternehmen reaktiviert wird und die Führung der Firma allen Hackern ihrer Geräte das Handwerk legen will. Salima stellt fest, dass sie ihre Mitmenschen in Gefahr gebracht hat, denn jeder würde seine Wohnung verlieren, wenn den Vermietern bekannt wird, dass die Geräte manipuliert wurden. Salima will ihren Fehler wieder in Ordnung bringen. Sie stößt bei den Nachbarn, die sich der Gefahr nicht wirklich bewusst sind, auf Unverständnis, denn diese wollen die neu gewonnene Freiheit natürlich nicht aufgeben.

Cory Doctorow hat einen interessanten Einblick in ein mögliches Zukunftsszenario gegeben, in der der Kauf eines technischen Geräts einer Heirat gleich kommt und man prüfen muss, bevor man sich ewig bindet.
Die Kürze dieser Novelle erlaubt keinen großen Detailreichtum; die Vorgehensweise z.B. bei den Hacks ist sehr vereinfacht dargestellt. Aber auch ohne reichlich Technobabble wird die Richtung, die Doctorow aufzeigen will, klar. Wer tiefgehendes Technikwissen erwartet, sollte dieses Buch nicht lesen – wer hingegen kurzzeitig von einer Aussicht in eine mögliche Zukunft unterhalten werden möchte, der sollte sich der Geschichte hingeben.
Ich hab mich jedenfalls gut unterhalten gefühlt!

Veröffentlicht am 28.02.2023

83% Spannung, 17% Gänsehaut

Dark Call - Du wirst mich nicht finden
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Nachdem Mark Griffin bei einer Lesung im März 2019 in Frankfurt mit seinem Thriller anzufixen wusste, war es mir eine Wonne endlich sein Buch zu lesen. Innerhalb eines halben Wochenendes waren die 400 ...

Nachdem Mark Griffin bei einer Lesung im März 2019 in Frankfurt mit seinem Thriller anzufixen wusste, war es mir eine Wonne endlich sein Buch zu lesen. Innerhalb eines halben Wochenendes waren die 400 Seiten dann auch durchgerasselt, so hat mich seine Geschichte um Holly gefesselt.

Holly Wakefield ist eine junge Kriminalpsychologin, die am College Erstsemester unterrichtet. In ihrer Freizeit fröhnt sie einer morbiden Faszination für Serienmörder und sammelt Artefakte von ebenjenen wie Macheten, Galgenschlingen, Messer. Was man halt so sammelt, wenn man eine Affinität zu Serienkillern hat, nicht?
Von Detective Inspector Bishop wird sie im Falle eines grausamen Doppelmordes hinzugezogen und soll den Täter in einem Profil skizzieren. Fasziniert und gleichermaßen geschockt von den Taten des Mörders entwickelt sie die Ambition ihm auf die Spur zu kommen und dingfest zu machen, womit sie Bishop in nichts nachsteht. Die beiden kommen dem Mörder, dessen Inszenierungen der Morde bizarrer wird, immer näher, bis dann an Hollys Expertise gezweifelt wird. Ihre traurige Vergangenheit wird thematisiert und der Fall droht persönlich zu werden für die Kriminalpsychologin.
Im Laufe der Story entspinnen sich diverse lose Enden in Verbindung mit vielen Namen. Griffin greift diese jedoch allesamt bis zum Ende wieder schlüssig auf. Nach der Einleitung und der Einführung der Protagonisten nimmt die Geschichte richtig an Fahrt auf, und ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen. Es bleibt bis zur letzten Seite spannend, und am Ende überraschen Wahrheit und Offenbarung.
Der britische Originaltitel „When Darkness calls – Would you recognise a killer?“ transportiert meiner Meinung nach die Bedeutung der Story weitaus besser als die deutsche Übersetzung in „Dark Call – Du wirst mich nicht finden“. Jedoch muss ich zugeben, dass Harpercollins mit dem deutschen Cover alles richtig gemacht hat.

Ich bin sehr angetan von Mark Griffins erstem Werk, das ja den Auftakt seiner Holly-Wakefield-Reihe darstellt. Griffin hat einen interessanten Werdegang hinter sich, bevor er zum Schreiben kam; neben diversen TV-, Film- und Theaterauftritten stellte er in den 1990ern im britischen Format der „Gladiators“ (in Deutschland war nur die US-Ausgabe „American Gladiators“ bekannt) den Gladiator Trojan dar. Mit höchstem Interesse werde ich seine weiteren Veröffentlichungen verfolgen und hoffe sehr, dass auch Bishop weiterhin Bestandteil bleibt.

Veröffentlicht am 28.02.2023

Ausdrucksstark

Welle
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Ich habe dieses kleine Büchlein auf der ersten "069 Frankfurter Verlagsschau" gesehen, wo der 360° Verlag ebenfalls ausgestellt hat. Habe mich direkt in das Bilderbuch verliebt. Es kommt ganz ohne Text ...

Ich habe dieses kleine Büchlein auf der ersten "069 Frankfurter Verlagsschau" gesehen, wo der 360° Verlag ebenfalls ausgestellt hat. Habe mich direkt in das Bilderbuch verliebt. Es kommt ganz ohne Text aus, und wenn man bedenkt wie wenig Farbe in den Bildern vorkommt, ist es bemerkenswert, wie ausdrucksstark sie sind. Blau und schwarz auf weißem Hintergrund sind die einzigen Farben. Die Illustrationen sind aufs Wesentliche konzentriert und damit besonders kräftig in ihrer Darstellung. Ohne Worte kann man sich sehr offen über die Bilder unterhalten. Oder man macht es wie ich und genießt in einem ruhigen Moment einfach die Wirkung eines seiner schönsten Bilderbücher.

Veröffentlicht am 28.02.2023

Tiefer und tiefer geht es

Unter meinen Füßen
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Ausgeklappt ist dieser Leporello der ganz besonderen Art mit seinen 2,50 Metern Länge. Bereits das Cover hat es in sich: Glitzer- und Glanzelemente zusammen mit Prägung – ein wahrer Handschmeichler! Konnte ...

Ausgeklappt ist dieser Leporello der ganz besonderen Art mit seinen 2,50 Metern Länge. Bereits das Cover hat es in sich: Glitzer- und Glanzelemente zusammen mit Prägung – ein wahrer Handschmeichler! Konnte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Ich mochte auch sehr den Stil der Illustrationen.
Es geht immer tiefer und tiefer in das Erdreich. Vorbei an Gullydeckeln, dem Bau diverser Tiere, am Grundwasser vorbei bis hinunter zur U-Bahn in die tiefsten Schichten der Erde geht es, je weiter man das Leporello ausklappt. Total spannend für Kinder!

In die andere Richtung geht es mit Der weite Himmel über mir, aber das habe ich noch nicht gelesen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es ähnlich super ist. Finde beides aber eine supertolle Idee!