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Veröffentlicht am 24.03.2023

Eine poetische Reise in den Banat

Die Unschärfe der Welt
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Gute Literatur führt immer mit starken Momenten in eine Geschichte: So beginnt dieser Roman mit einer dramatischen Kutschenfahrt in das nächstgelegene Krankenhaus. Bald werden die ersten Propagandistinnen ...

Gute Literatur führt immer mit starken Momenten in eine Geschichte: So beginnt dieser Roman mit einer dramatischen Kutschenfahrt in das nächstgelegene Krankenhaus. Bald werden die ersten Propagandistinnen dieser Geschichte vorgestellt - Hannes, Florentine und der Neuankömmling Samuel. Hannes ist Pfarrer. Florentine, seine Gattin, und Samuel ihr einziges Kind - ein Einzelgänger, ein Träumer.
Die Familie rechnet sich zu den Banater Schwaben und in Rumänien in dieser Zeit herrscht eine kommunistische Diktatur.
Die kleine Familie, die Großeltern von Samuel, die Nachbarn im Dorf - alle lernen unter den gegebenen Umständen zurecht zu kommen. Auch wenn das Böse wenige Meter neben ihnen sie verrät..
Der Roman begleitet Samuel und seine Jugendliebe zum Erwachsenwerden, driftet vorbei an kleinen und größere Katastrophen und bringt junge Menschen dazu sich aufzulehnen...

Es ist nicht eine flüssige Schreibe, die einem an die Hand nimmt. Geduldig tastet sich der lesende Mensch vorwärts und dringt in die Geschichte ein.
Mit poetischer Sprache, die die Dinge neu benennt, lässt einem die Autorin Iris Wolff (in ihrem eigenen Sprachduktus) am Leben in diesem Dorf in Rumänien, geprägt von Deutschen, teilhaben...

Es kommen Besucher aus Deutschland, manche wagen die Flucht und gemeinsam wartet man auf eine Änderung, die eintritt. Das Ende des Regimes. Das Wiedersehen...die alte Heimat, die neue Heimat...

Wirklich lesenswert und nicht umsonst hat die Autorin viele Preise dafür erhalten.

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Veröffentlicht am 05.03.2023

Nachkriegsnorwegen, Erinnerungen - Juni, Lilla, Thekla

Als Großmutter im Regen tanzte
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Der Regen ist der Applaus des Lebens! Dazu der Titel: Als Großmutter im Regen tanzte... (wer noch nie barfuß im Regen tanzte versteht das vielleicht nicht...) Der Titel - hat was mit Kraft und Freude zu ...

Der Regen ist der Applaus des Lebens! Dazu der Titel: Als Großmutter im Regen tanzte... (wer noch nie barfuß im Regen tanzte versteht das vielleicht nicht...) Der Titel - hat was mit Kraft und Freude zu tun, dabei ist der Text ziemlich ernst... über eine ernste und harte Zeit. Doch gut, das diese auch aufgearbeitet wird.

Sehr schönes Umschlagsbild - die junge Frau, die am Wasser sitzt und sinnierend darüber schaut; Erinnerungen, über jemanden, Verstorbene.

Es sind die Kleinigkeiten. Lilla, mit denen man sich an sie erinnert. Alle gehen, wir gehen alle, doch was bleibt... Juni erbt das Haus ihrer verstorbenen Großeltern, auch ihre Mutter Lilla starb erst kürzlich. Beim Sichten der vorhandenen Dinge findet Juni ein ihr unbekanntes Foto. Es zeigt Großmutter Tekla mit einem deutschen Soldaten. Wie ist die Geschichte zu diesem Bild? Dazu noch ein Brief an die Großmutter aus dem Jahr 1946 mit einem deutschen Poststempel.

„Als Großmutter im Regen tanzte“ erzählt die jeweilige Geschichte, aus dem Blickwinkel von Juni und Tekla. Und damit die Geschichte der drei Frauen (Großmutter Tekla, deren Tochter Lilla (Mutter von Juni) und Enkelin Juni. Theklas Lebensweg (Zweiter Weltkrieg) ist nicht leicht verdaubar und macht sehr nachdenklich. Thekla folgt ihrem deutschen Soldaten nach Deutschland, nach Demmin.

Die Situation in Deutschland und vor allem diejenige der im Osten liegenden Stadt Demmin (Brandenburg) damals und heute ist gut recherchiert. Die Geschehnisse sind seriös und auch, wo es nicht anders ging, brutal mit aller Offenheit erzählt. Zugleich ist es ein Roman über die Kraft der Liebe.

Der fiktive Roman ist sehr gut recherchiert, auch anhand von Zeitzeugen. Die Autorin Trude Teige ist nach Demmin gefahren. Ich hatte noch nie von der Stadt gehört und selbst dann viel noch nachgelesen und über das schreckliche Unglück dort gelesen (Hintergründe und mögliche Beweggründe). Die Berichterstattung zur deutsch-norwegischen Geschichte (da ich norwegische Freund:innen habe) war mir wichtig. Rundum ein schön geschriebener und zutiefst berührender historischer Roman.

Trude Teige, Als Großmutter im Regen tanzte, Roman, eBook, Fischer Verlag

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Veröffentlicht am 05.03.2023

Blutland - Ukraine, 2014

Rote Sirenen
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Jedes Land hat seine Höhepunkte in der Geschichte und Tiefpunkte, unter der das ganze Volk litt und beinahe zugrunde ging. Das weiß die deutsche Geschichte gut genug zu berichten Doch manche Völker, die ...

Jedes Land hat seine Höhepunkte in der Geschichte und Tiefpunkte, unter der das ganze Volk litt und beinahe zugrunde ging. Das weiß die deutsche Geschichte gut genug zu berichten Doch manche Völker, die nie sehr groß und mächtig waren, die wurden oft von anderen Völkern überrollt und unterdrückt, so z.B. Polen. Aber auch die Ukraine. Erst in letzter Zeit wird das Thema 'Hungersnot' und 'Hungertod' (Holodomor) in der Ukraine auch außerhalb des Landes thematisiert. Die große Hungersnot in Irland (wo die Briten eine unheroische Rolle spielten) ist gut aufgearbeitet worden. Doch so lange die UdSSR existierte wurde das Leid der ukrainischen Bevölkerung unterdrückt. Jetzt, wo die Ukraine wieder von Russland überfallen wurde und in einen unsäglichen Krieg gezwungen, ist es an der Zeit die Leiden und die Kultur des ukrainischen Volkes darzustellen.
Victoria Belim geht in ihrem Buch „Rote Sirenen“ ihrer eigenen Familiengeschichte nach.

Victoria Belim geht mit 15 Jahren aus der Ukraine in die USA, heute lebt sie in Brüssel. 2014 reist sie nach längere Zeit wieder in die Ukraine. Sie will ihre Großmutter sehen und sie will mehr von ihrer Familie erfahren (Herkunftsfamilie). Dabei muss sie sich durch die leidvolle Geschichte der Ukraine im 20. Jahrhundert (Stalin, Holodomor und Zweiter Weltkrieg) gedanklich kämpfen.

Valentina setzt sich mit Onkel Wladimir auseinander (alte UdSSR und Amerika) - die alte Garde und neues Wissen. Per Email. Beide Seiten sind streng mit der anderen Seite. Doch dann im Dorf, Erinnerungen an die Jugend: So gut wie jede Familie beklagt verlorene Familienmitglieder. Wo ist Urgroßonkel Nikodim abgeblieben, was ist mit ihm geschehen? Keiner redet über ihn. Die Autorin möchte erfahren was ihm zustieß. Doch Großmutter Valentina wehrt das ab. Dagegen werkeln Großmutter und Enkelin gemeinsam im Garten, besonders im Kirschgarten (der an Urgroßmutter Asja erinnert und von Großmutter Valentina gehegt und gepflegt wird). Doch das große Familiengeheimnis steht zwischen ihnen.

Emotional sehr anrührig. Nebenbei erfährt man sehr viel über das ukrainische Leben und die Traditionen.
Stark auffälliges Umschlagsbild, auffällig rot-pink golden – gleichzeitig aber auch schön mit diesen Hähnen (der Hahn – Symbol des ukrainischen Widerstands).

„Rote Sirenen – Geschichte meiner ukrainischen Familie“, Victoria Belim, Aufbau-Verlag, übersetzt (Englisch) von Ekaterina Pavlova, Januar 2023

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Veröffentlicht am 01.03.2023

Dritter Teil der Rachejagd – der Höhepunkt und die Auflösung!

Rachejagd - Zerstört
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Und es geht gleich spannend weiter: Bereits im Prolog wird an die gemeinsame Schulzeit erinnert – Anna, Nick, Roger, Paigne. Vier Freunde, die eng zusammen waren und viel gemeinsam erlebten... Vor 15 Jahren. ...

Und es geht gleich spannend weiter: Bereits im Prolog wird an die gemeinsame Schulzeit erinnert – Anna, Nick, Roger, Paigne. Vier Freunde, die eng zusammen waren und viel gemeinsam erlebten... Vor 15 Jahren. Roger ist bereits tot (im zweiten Teil). Leben noch drei...

Da ist jemand misshandelt worden, ein Samuel. Der voller Hass ist, dazu ist er ein reicher Kerl (Geld verdirbt bekanntlich den Charakter, oder?). Ob er der Strippenzieher ist, der jenige, der alles so gemein aus Rache eingefädelt hatte und all' diese Menschen ermorden ließ, der 'Werkzeuge' manipulierte und so gut wie jeden ans Messer lieferte?

Schlag auf Schlag passieren wieder schreckliche Dinge, Vorfälle mit Mord und Totschlag, mit Feuer und Nervengas. Wieder werden Freunde ermordet, wieder gibt es viel Leid und Schmerz. Genauso wie es der Strippenzieher will... er, der Rächer.

Doch einfach ist es eben nicht – denn auch hinter den Kulissen wird manipuliert und an den Strippen gezogen. Wer ist denn nun wirklich?

Ein Werk über 1.200 Seiten dermaßen spannend aufzuziehen, verlangt ganz schön ausgefeilte Techniken, Strategie und Disziplin. Immer wieder tauchen Namen auf, die bereits in den früheren Bänden behandelt wurden (jedoch – so verstehe ich es – sind die Bände unabhängig von einander lesbar, man versteht schon was früher passierte; wobei ich natürlich alle Bände kenne)

Nica Stevens und Andreas Suchanek, das Autorenpaar, haben wirklich ein ausgefeiltes Werk präsentiert, das viele vergnügliche Lesestunden beschert. Eigentlich eher ein rauschhaftes Lesen, denn wer einmal begonnen hat in die Geschichte einzutauchen hat Probleme wieder nach Luftschnappend an die Oberfläche zu kommen. Es wird alles aufgetischt, was das Genre Thriller zu bieten hat – Grausames in die letzten Details ausgearbeitet. Aber auch unendliche Freundschaft (wirklich? Oder sind da auch Verräter dabei?)

Und dann fragt sich der lesende Mensch - könnte das in der Realität auch so passieren? Nein, ganz bestimmt nicht, denn so wie ich die deutsche Kripoarbeit mitbekommen habe, wird intensiv recherchiert. Und es gibt nicht den perfekten Mörder – eine Spur übersieht auch ein Perfektionist... Doch das hier ist ein Roman, Fiktion, und der Spannung wegen wird hier einiges stehengelassen, was – um es ganz klar zu sagen – die Ermittlungsbeamt:innen nicht übersehen würden. Die Dramatik ist unglaublich, aber wie gesagt – es ist Fiktion!

Ein Superthriller, der es wert ist, dass jede Seite gelesen wird.

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Veröffentlicht am 06.02.2023

Sibirien – Sibir – Tosaq

Sibir
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Der Vater malt diese drei Worte Sibirien – Sibir – Tosaq mit dem in den Tee getunkten Finger auf den staubigen Tisch.

Die Tochter Leila macht sich auf die Reise der Lebensgeschichte ihres Vaters nachzugehen. ...

Der Vater malt diese drei Worte Sibirien – Sibir – Tosaq mit dem in den Tee getunkten Finger auf den staubigen Tisch.

Die Tochter Leila macht sich auf die Reise der Lebensgeschichte ihres Vaters nachzugehen. Er sei an Demenz erkrankt und verliere seinen Verstand, sagt die polnisch stämmige Mutter, sagt selbst der Hausarzt und die Einweisung soll bald erfolgen. Nun geht es um die Vater - Tochter – Beziehung.

Josef Ambacher - 1945 als Zehnjähriger von der Sowjetarmee zusammen mit seiner Familie verschleppt. In Kasachstan erlebt die Familie eine schlimme Zeit. Der kleine Josef lernt dort jedoch zurecht zu kommen. Armut, kaum Essen und eine lebensfeindliche Umwelt verlangen Höchstleistungen ab von denjenigen, die überleben wollen. Denn das Überleben steht zuvorderst.

1990 Deutschland, Niedersachsen, Mühlheide: Die Vergangenheit taucht in Josefs Erinnerung wieder auf. Die Sowjetunion existiert nicht mehr und bringt Spätaussiedler in die Stadt. Josefs Tochter steht an seiner Seite, um die Geister der Vergangenheit zu bändigen.

Das Buch ist Literatur. Obwohl gut zu lesen, macht der Text natürlich nachdenklich. Es geht schließlich um ein Thema, das bislang noch nicht besonders thematisiert wurde – die Verschleppung von Deutschen nach Sibirien und ihre Rückkehr.

Titelbild – Aufsehen erregend, denn diese Zeichnung signalisiert bereits, dass das Buch ungewöhnlich ist. Eine Regenbogenforelle, die neugierig aus dem Wasser schaut, aber auch aussieht als ob sie verzweifelt nach Luft schnappt.

Sabrina Janesch, Rowohl Verlag, Berlin, Januar 2023 (Autorin von 'Die goldene Stadt', 'Katzenberge' und mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin)

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