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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.03.2023

Anstrengende Lektüre

°C – Celsius
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Wir erinnern uns. Als vor einigen Wochen unbekannte Flugobjekte am Himmel über den Vereinigten Staaten auftauchten, war die Aufregung groß. Spekulationen über deren Sinn und Zweck schossen ins Kraut, von ...

Wir erinnern uns. Als vor einigen Wochen unbekannte Flugobjekte am Himmel über den Vereinigten Staaten auftauchten, war die Aufregung groß. Spekulationen über deren Sinn und Zweck schossen ins Kraut, von Wetter- bis Spionageballon war alles dabei.

Als hätte er vermutet, dass es kurz oder lang zu einem solchen Ereignis kommen könnte, nutzt Marc Elsberg eine ähnliche Ausgangssituation zum Einstieg in seinen neuen Wissenschaftsroman „°C – Celsius“. Ich schreibe bewusst Roman, denn auch wenn es Tote gibt, ein Thriller ist das nicht, denn es sind gewichtigere Themen, die diese Publikation bestimmen.

Elsberg zeigt die Möglichkeiten auf, die der heutige Stand der Forschung bietet, um gegen den Klimawandel vorzugehen, verzichtet aber auch nicht darauf, die Risiken zu benennen, wenn der Mensch der Natur ins Handwerk pfuscht. Wie wir es von ihm kennen, hat er auch zu diesem Thema gründlichst recherchiert und versorgt uns detailliert mit gefühlt sämtlichen Informationen, deren er habhaft werden konnte. Verpackt sind diese in eine komplexe Story mit unzähligen über den gesamten Erdball verteilten Personen und Organisationen (Präsidenten, Politiker, Experten, Aktivisten, Filmemacher und ein undurchsichtiger Tycoon) plus verschiedene Handlungsstränge, die anfangs parallel verlaufen und erst später zusammengeführt werden. Das ist auf die Dauer anstrengend, weil es die permanente Aufmerksamkeit des Lesers fordert und man sich immer vergewissern muss, wer warum wie reagiert, wie handelt und welche Ziele hat.

Keine Frage, das Thema ist wichtig, und die Möglichkeiten, die mittlerweile Geoengineering bzw. Climate Engineering bieten, sind interessant. Aber ab einem bestimmten Punkt war ich erschlagen von der Fülle an trocken vermittelten Informationen, die eher einem Vorlesungsskript als einen Roman ähnelten und weder Spannung noch Unterhaltung geboten haben. Kann man lesen, ist aber wenig unterhaltsam.

Veröffentlicht am 14.03.2023

Leider keine uneingeschränkte Empfehlung

The Veg Box
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Wer Wert auf Rezepte zu einer pflanzenbasierten Ernährung sucht, hat seit einiger Zeit die Qual der Wahl, da es mittlerweile eine Vielzahl von Kochbüchern gibt, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. ...

Wer Wert auf Rezepte zu einer pflanzenbasierten Ernährung sucht, hat seit einiger Zeit die Qual der Wahl, da es mittlerweile eine Vielzahl von Kochbüchern gibt, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Allerdings habe ich noch keines gefunden, in dem Regionalität und Nachhaltigkeit heimischer Produkte der Vorzug vor eingeflogenen Bio-Exoten gegeben wird. Das hatte ich mir von The Veg Box erhofft, dem neuen Kochbuch des Brüderpaars Stephen und David Flynn, einem Brüderpaar, das unter dem Label The Happy Pear dieses Konzept äußerst erfolgreich auf der irischen Insel vermarktet.

Schauen wir uns also dieses Kochbuch einmal genauer an. Die ersten 50 Seiten sind ein Theorieteil, der einen Einblick in die Philosophie der Flynns bietet. Es geht ihnen, wie erwartet, um umweltverträgliche Anbaumethoden, Regionalität, Nachhaltigkeit und bewussten Konsum. Dem kann ich zwar in allen Punkten zustimmen, aber Neues wurde mir hier nicht geboten, da ich mich schon sehr lange mit diesem Thema beschäftige, auch wenn ich mich nicht vegan ernähre.

Kommen wir zum Kernstück, nämlich zu den zehn Rezeptblöcken, in denen jeweils eine Hauptzutat im Mittelpunkt steht: Aubergine (In Irland? Wirklich?), Rote Bete, Brokkoli, Kohl, Karotten, Blumenkohl, Zucchini, Lauch, Pilze, Kartoffeln plus als Zugabe Saucen und Dips.

Und hier setzt meine Kritik an. Zum einen störe ich mich daran, dass manche Zutaten fast ausschließlich eingedost verwendet werden (z.B. gekochte Hülsenfrüchte wie Bohnen und Linsen sowie Tomaten), dass der Anbau von Avocados regional und nachhaltig ist, und zum anderen stelle ich mir natürlich die Frage, was vegane Ersatzprodukte (z.B. Cheddar und diese unsäglichen Sägemehlwürstchen) in durchaus fragwürdiger Zusammensetzung mit regionaler und nachhaltiger Ernährung zu tun haben. Dazu kommt, dass die Mengenangaben und die Zubereitungsanweisungen der Rezepte vorne und hinten nicht passen. Soßen sind generell zu gering bemessen und Backofenzeiten zu hoch angesetzt, was dazu führt, dass die Resultate entweder zu trocken oder komplett übergart sind.

Zum Schluss noch eine Bemerkung zur Ausstattung. Natürlich ist diese hochwertig, aber leider gibt es nicht zu jedem Rezept das passende Foto. Und keine Frage, das erwarte ich einfach von einem guten Kochbuch.

Die Rezepte in The Veg Box bieten Anregungen und eignen sich prinzipiell, da detailliert beschrieben, auch für weniger geübte Hobbyköche und Hobbyköchinnen. Allerdings sollte man Garzeiten (lieber einmal mehr checken) und Mengenangaben mit einer gewissen Skepsis betrachten und sich nicht sklavisch an die Zutatenliste halten. Dann steht einem genussvollen und leckeren Ergebnis nichts im Wege.

Veröffentlicht am 12.03.2023

Gefangen zwischen Pflicht und Neigung

Die Bestatterin von Kilcross
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Jeanie Mastersons Weg ist vorgezeichnet, schließlich muss ja jemand das Bestattungsunternehmen der Familie übernehmen, wenn die Eltern beschließen, in den Ruhestand zu gehen. Und da sie, wie ihr Vater, ...

Jeanie Mastersons Weg ist vorgezeichnet, schließlich muss ja jemand das Bestattungsunternehmen der Familie übernehmen, wenn die Eltern beschließen, in den Ruhestand zu gehen. Und da sie, wie ihr Vater, die Stimmen der Toten hört, ist es keine Frage, dass die Wahl auf sie fällt. Widersetzen mag sie sich nicht, hat sie doch jeher genau das getan, was von ihr erwartet wurde. Zugehört und geschwiegen, zumindest dann, wenn es um ihre eigenen Bedürfnisse und Erwartungen an ihr Leben geht. 32 Jahre ein Leben voller Kompromisse gelebt, bestimmt von ihren Nächsten. Zuerst ihren Eltern und dann ihrem Ehemann. Aber nun scheint die Zeit gekommen, das zu ändern, nicht länger zu schweigen, die Stimme zu erheben und endlich für sich selbst einzustehen.

„Die Bestatterin von Kilcross“ ist eine Geschichte über verpasste Chancen und über das Bemühen der Protagonistin, ihrem Leben einen neuen Dreh zu geben. Auszubrechen aus Verpflichtungen und eigene Wege zu gehen, selbst dann, wenn sie dafür diejenigen zurücklassen muss, die sie bisher begleitet haben.

Der Wunsch nach Selbstverwirklichung und dem Ausbrechen aus alten Mustern ist ein Thema, das immer wieder in Romanen behandelt wird. Und auch wie die Autorin damit umgeht, bietet außer dem besonderen Talent ihrer Protagonistin wenig Neues, um Jeanies Geschichte, ihre inneren Konflikte und das daraus folgende Zaudern voranzutreiben. Natürlich steht sie im Zentrum, aber leider sind Anne Griffins Charakterisierungen der anderen Personen recht oberflächlich und wecken kein Interesse. Am gelungensten sind noch die Beschreibungen des irischen Kleinstadtlebens, aber auch das reicht leider nicht, um eine eher dünne Story zu tragen, die nur wenige überraschende Momente zu bieten hat.

Veröffentlicht am 03.03.2023

It takes two to tango

Das Liebespaar des Jahrhunderts
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„Ich liebe dich.“ und „Ich verlasse dich“, zwei Drei-Wort-Sätze, die Anfang und Ende einer Beziehung markieren. Julia Schoch schaut auf ihre Beziehung, stellt sie auf den Prüfstand, möchte raus und fürchtet ...

„Ich liebe dich.“ und „Ich verlasse dich“, zwei Drei-Wort-Sätze, die Anfang und Ende einer Beziehung markieren. Julia Schoch schaut auf ihre Beziehung, stellt sie auf den Prüfstand, möchte raus und fürchtet doch die letzte Konsequenz. Unzufrieden-heit, Zweifel, Hadern mit der Entwicklung, die das gemeinsame Leben genommen hat. Dreißig Jahre mit ihrem Lebenspartner, Höhen und Tiefen, Alltag. Und immer wieder der Wunsch nach einem Neuanfang, einem Leben ohne ihn.

Aber was tut sie, um den Status Quo zu verändern? Ehrlichkeit im Umgang miteinander sehe ich kaum, jeder lebt für sich in seiner Blase. Probleme werden nicht angesprochen und somit auch nicht gelöst. Was bleibt ist ein Paar, das sich auseinander gelebt, den Austausch und die Kommunikation aufgegeben hat und sprachlos. Und trotz dreißigjährigem Zusammenleben offenbar noch immer nicht gemerkt hat, dass eine Beziehung Arbeit ist und manchmal auch anstrengend sein kann. Ein Loblied auf die Liebe sehe ich hier weit und breit jedenfalls nicht.

Man merkt es deutlich, den begeisterten Rezensionen zu Julia Schochs autofiktionaler Erzählung „Das Liebespaar des Jahrhunderts“ kann ich nur bedingt zustimmen. Dieses ständige Soll-ich-oder-soll-ich-nicht, das depressive Grübeln, die Erinnerungen an glücklichere Zeiten, all das mag ja handwerklich sauber beschrieben sein, ist mir aber unterm Strich zu viel Nabelschau, was allerdings autofiktionalen Romanen meist immanent ist. Das Kreuz mit diesem Genre sind meiner Meinung nach nämlich die Schilderungen, die durchaus ans Eingemachte gehen können, aber leider nur aus einer Perspektive vermittelt werden und somit das involvierte Gegenüber außen vor lassen. Nicht vergessen, it takes two to tango. Und gerade hinsichtlich der Bestandsaufnahme und Beschreibung einer langjährigen Beziehung, die auf der Kippe steht, ist das für mich durchaus ein Mangel.

Veröffentlicht am 01.03.2023

DI Eva Harris: Erster Fall

Das kalte Licht des Todes
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Eine neue Reihe, Polizeiroman, weibliche Hauptfigur. Der Autor schon zweimal mit dem BAFTA ausgezeichnet. Diese Vorabinformation wecken Erwartungen, werden aber leider nur teilweise erfüllt. Positiv hervorzuheben ...

Eine neue Reihe, Polizeiroman, weibliche Hauptfigur. Der Autor schon zweimal mit dem BAFTA ausgezeichnet. Diese Vorabinformation wecken Erwartungen, werden aber leider nur teilweise erfüllt. Positiv hervorzuheben sind die Charakterisierungen der Personen, allen voran natürlich Detective Inspector Eva Harris, die hochintelligente Spezialistin für Cyberkriminalität, eine Qualifikation, die für ihren neuen Arbeitsplatz relativ nutzlos scheint.

Die Ausgangssituation in „Das kalte Licht des Todes“ ist wohlbekannt: DI Harris tritt ihren Dienst auf ihrem neuen Revier in Surrey an und bekommt es gleich an ihrem ersten Tag mit einem schockierenden Mordfall zu tun. Noch bevor sie sich ihrem zukünftigen Team vorstellen kann, wird sie zu einem Tatort mit einer weiblichen Leiche beordert. Laut Aussage der Forensikerin vor Ort hat der Mörder sie zuerst betäubt und dann ausbluten lassen. Als wäre das nicht schon genug, hat er ihr auch noch mit chirurgischer Präzision die Augäpfel entfernt. Eine Vorgehensweise, die Erinnerungen an einen Cold Case und einen Mörder weckt, der nie gefasst wurde.

Nun könnte man meinen, die Ermittlungen, die zu dessen Enttarnung führen sollen, böte bereits genügend Stoff für einen spannenden Plot, aber damit gibt sich der Autor nicht zufrieden. Zum einen ergänzt er die Biografie der Protagonistin mit deren geheimnisvoller Vergangenheit, die zahlreiche Probleme nach sich zieht, was mittlerweile ja fast schon ein Must in Krimis ist, zum anderen gibt es zusätzlich in den Reihen der Polizei Kräfte, die alles daran setzen, dass die Ermittlungen der „Neuen“ scheitern. Und dann ist da ja auch noch der Mörder, dessen Motiv ausführlichst beleuchtet wird, was dadurch unvermeidbare Längen generiert. Etwas weniger wäre durchaus mehr gewesen.

Fazit: Für die Fortsetzung der Reihe ist noch reichlich Luft nach oben.