“So ist das Leben und so muß man es nehmen, tapfer, unverzagt und lächelnd - trotz alledem.”
Wenn man Rosa Luxemburg nicht schon vor der Lektüre dieses Büchleins mochte, dann tut man es spätestens danach. ...
“So ist das Leben und so muß man es nehmen, tapfer, unverzagt und lächelnd - trotz alledem.”
Wenn man Rosa Luxemburg nicht schon vor der Lektüre dieses Büchleins mochte, dann tut man es spätestens danach. Denn dass sie trotz der Umstände, trotz der Sinnlosigkeit und trotz der Ungerechtigkeit, die ihr widerfahren ist, solch wunderbar positive, aufmunternde und poetische Briefe geschrieben hat, das Gute in der Welt gesehen hat und sich Büchern, Kunst, der Natur und Geologie gewidmet hat, ist absolut bemerkenswert. Sogar fünf Sterne können diesem Buch deshalb nicht gerecht werden.
Natur und Krieg. Bienen und Menschen. Leben und Tod.
All dies verwebt Norbert Scheuer auf großartige und einfühlsame Weise in seinem Roman „Winterbienen“. Er erzählt in Tagebuchform über das Leben des ...
Natur und Krieg. Bienen und Menschen. Leben und Tod.
All dies verwebt Norbert Scheuer auf großartige und einfühlsame Weise in seinem Roman „Winterbienen“. Er erzählt in Tagebuchform über das Leben des Imkers Egidius Arimond in der Eifel, der während des Zweiten Weltkriegs Juden in seinen Bienenstöcken bis zur belgischen Grenze schmuggelt. Das Fortschreiten des Krieges, die Frauengeschichten des Protagonisten und seine Epilepsie, die immer schlimmer wird, weil er sich keine Medikamente mehr besorgen kann und schließlich die zunehmend gefährlicher werdenden Fahrten mit den Flüchtlingen führen dazu, dass die Situation beklemmender und bedrückender wird.
Bevor die Geschichte jedoch an Rasanz zunimmt, gelingt es Scheuer, über den Krieg, der „doch immerzu anwesend [ist]; ein schrecklicher Dämon, der seit Menschengedenken existiert, versteckt in einem Winkel lauert und jederzeit unerwartet hervorkommen kann, um blindwütig die Natur und ihre Kreaturen zu schänden”, eindrücklich zu erzählen. Denn er stellt ihn dem Leben der Bienen und ihrem Rhythmus gegenüber, verbindet beides sprachlich miteinander und schafft so einen Kontrast, aber auch ein Nebeneinander.
Einerseits sind die Bienen untrennbar mit den Schrecken des Krieges verbunden und beschützen nicht nur die Flüchtlinge in den Bienenkästen, indem sie sich wie eine Traube um die Menschen legen, sondern auch die Notizen Egidius’ und eine Notration seines Medikaments, die in den Kästen der Bienen sicher aufgehoben sind. Auf einer metaphorischen Ebene lassen sich außerdem die abstürzenden Flugzeuge, die an der Front gefallenen Soldaten, von denen lediglich die Särge den Weg zurück in die Eifel finden, mit einer Krankheit vergleichen, die die Bienen ihres Orientierungssinns beraubt. Sie finden nicht mehr in den Stock zurück und sterben. Ein anderes Bild sind die Menschen im Bunker, die sich wie ein Bienenschwarm zusammenfinden: „Im hintersten Winkel des großen Bunkers in der Bahnhofstraße hängt der ganze Ort gleichsam wie eine zitternde Menschentraube zusammen.”
Andererseits aber, stehen die Bienen in ihrem Verhalten für all das, was der Krieg nicht ist. Sie arbeiten zusammen, sorgen besonders im Winter füreinander und verteilen “Wärme im Staat”, damit die Larven nicht erfrieren, während der Krieg Hass und Kälte im von menschlicher Hand geführten Staat verteilt. Der ewige Rhythmus der Bienen stellt sich dem Hass, dem Töten und der Zerstörung gegenüber. Sie bleiben vom Krieg unberührt: „Der Lärm der Angriffe scheint den Bienen nichts auszumachen; sie leben in einer anderen, wie es scheint, friedlichen Welt, sie interessiert der Krieg nicht.” Erst als Soldaten auf die Bienenstöcke schießen und diese mutwillig zerstören, hält der Krieg der Menschen selbst in der Bienenwelt Einzug.
Scheuers Roman ist wie der Tanz der Bienen, wie ihr „Sprachballett”. Er wird den Schrecken des Kriegs gerecht und schafft es gleichzeitig, dass diese nicht die Überhand gewinnen. Er bahnt sich erzählerisch einen Weg durch das Jahr 1944, indem er die Innenansichten des Protagonisten, historische Fragmente, Naturbeschreibungen der Eifellandschaft und den Rhythmus und das Leben der Bienen zu einem Gesamtbild verknüpft. Nicht zuletzt hat Scheuer Egidius Arimond mit diesem Roman ein ihm würdiges Denkmal gesetzt.
Das Kennenlernen von Superpflanzen, die nichts umhaut, die robust, schön und insektenfreundlich sind, verspricht das Buch allen interessierten Leser*innen auf seinem Cover. Und dieses Versprechen hält ...
Das Kennenlernen von Superpflanzen, die nichts umhaut, die robust, schön und insektenfreundlich sind, verspricht das Buch allen interessierten Leser*innen auf seinem Cover. Und dieses Versprechen hält es auch!
Es ist voller Informationen zu den einzelnen Blumen, Bäumen und Sträuchern. Zu jeder Pflanze gibt es einen Steckbrief mit den wichtigsten Eigenschaften. Darüber hinaus stellt die Autorin die Pflanze in einem kurzen Text vor und gibt eigene Tipps zum Beispiel zum Standort, der Pflanzzeit usw. Auch die unterschiedlichen Sorten der Pflanze werden erwähnt.
Unterteilt sind die einzelnen Pflanzen in vier Kategorien: Standorthelden, Klimapflanzen, Robuste Pflanzen und Nachhaltigkeitshelden. Wenn man also für einen bestimmten Ort in seinem Garten nach einer Pflanze sucht oder mit einer bestimmten Absicht pflanzen möchte, kann man im entsprechenden Kapitel nachschlagen und findet dort sofort geeignete Pflanzen.
Doch das Buch bietet noch viel mehr als die Pflanzenübersicht. In einer Einleitung gibt die Autorin wichtige Tipps, um den Garten in Zeiten des Klimawandels widerstandsfähiger zu machen. Mulchen und Kompost sind einige der Tricks, die dazugehören. Auch die Gewinner und Verlierer des Klimawandels, sowohl in der Tier- als auch in der Pflanzenwelt, werden erwähnt.
Abgerundet werden diese Kapitel durch wunderschöne Fotos und schließlich auch durch Bezugsquellen, Literaturtipps und ein Verzeichnis der Pflanzen.
Insgesamt finde ich, dass "Superpflanzen" von Elke Schwarzer ein gelungenes Buch ist, dass man immer wieder zu Hand nehmen kann und das in den Buchregalen von Hobbygärtnern auf keinen Fall fehlen sollte!
Der Hintergrund für Malachy Tallacks Roman ist ein Tal auf Shetland. Die Geschichte folgt mehreren Charakteren, die dieses Tal bewohnen. Da sind zunächst David und Marie, für die das Tal ihre Heimat ist ...
Der Hintergrund für Malachy Tallacks Roman ist ein Tal auf Shetland. Die Geschichte folgt mehreren Charakteren, die dieses Tal bewohnen. Da sind zunächst David und Marie, für die das Tal ihre Heimat ist und deren beide Töchter weggezogen sind. Maggie, die älteste Talbewohnerin stirbt gleich zu Beginn des Romans und hinterlässt eine Lücke im Leben der anderen. Alice ist hingegen eine junge Schriftstellerin, die nach dem Tod ihres Mannes in das Tal geflüchtet ist. Sie arbeitet an einem Buch über die Geschichte und die Natur des Tals. Terry wurde von seiner Frau verstoßen und fristet im Tal ein Leben als einsamer Alkoholiker. Dann ist da noch Sandy, der von Emma verlassen wurde und nun von David lernt, wie man seinen eigenen Bauernhof führt. Schließlich sind Ryan und Jo kürzlich aus der Stadt in das Tal gezogen, weil sie sich finanzielle Vorteile erhoffen. Für jeden dieser Charaktere bedeutet das Tal etwas anderes. Heimat, Neuanfang, Verlust und Profit prägen ihre Beziehung zu dem Ort, in dem sie leben.
Tallack beschreibt seine Charaktere meisterhaft und lässt sie menschlich und nahbar erscheinen. Ihr Leben, Denken und Handeln ist geprägt von Verlust und Schicksalsschlägen, von Familien- und Beziehungsproblemen, aber auch von der Tatsache, dass sie alle im Tal zusammenkommen, dass sich ihre Wege kreuzen, sie sich gegenseitig helfen und füreinander da sind.
Die Figuren sind die Mitte ihrer eigenen Welt und das Tal schließt sie ein, gibt ihnen einen sicheren Hafen. Es ist ein Mikrokosmos, eine abgeschlossene Welt, in der jeder einzelne zählt, in der alle etwas zu sagen haben. Jede einzelne Figur macht das Tal zu dem, was es ist und trägt mit ihrer Geschichte zu einem großen Ganzen bei.
Neben der Gemeinschaft ist auch die Körperlichkeit und Rauheit des Lebens und der Arbeit ein Thema, das den Roman auszeichnet. Schon gleich zu Beginn wird der Leser mit einer Schlachtszene konfrontiert und immer wieder ist die Arbeit mit und gegen die Natur in der Geschichte präsent, wenn zum Beispiel Gräben im Schlamm gegraben werden müssen, Zäune repariert werden oder Lämmer sterben. Es sind sicherlich auch diese Szenen, die dazu beitragen, dass der Roman oft wie aus der Zeit gegriffen zu sein scheint.
Der Autor lässt sich beim Erzählen seiner Geschichte Zeit und richtet sich nach dem Lebensrhythmus der Talbewohner. Es sind die leisen Töne, die die Geschichte auszeichnen. Sie bedarf keiner Spannung und keiner großen und unerwarteten Wendepunkte, um ihre Wirkung vollständig zu entfalten. Die Ruhe und die Langsamkeit, die sie ausstrahlt, harmonieren mit der Ursprünglichkeit der Landschaft, die in ihr beschrieben wird und mit der Einfachheit des Lebens im Tal.
Malachy Tallack hat ein wunderbares Buch über das Leben in einem Tal auf Shetland geschrieben, das von Gemeinschaft, von Wetter, Stürmen und dem Atlantik bestimmt wird. Er beschreibt nicht nur einen Ort, sondern auch seine Menschen auf so einfühlsame und kraftvolle Weise, dass man sich als Leser wünscht, der Roman möge nach den fast vierhundert Seiten noch nicht enden…
Adunni ist vierzehn, als ihr Vater sie mit Morufu verheiratet, einem viel älteren Mann, der vom Alter her ihr Vater oder sogar Großvater sein könnte und auch bereits vier Kinder hat. Dabei träumt Adunni ...
Adunni ist vierzehn, als ihr Vater sie mit Morufu verheiratet, einem viel älteren Mann, der vom Alter her ihr Vater oder sogar Großvater sein könnte und auch bereits vier Kinder hat. Dabei träumt Adunni davon, weiter zur Schule gehen zu können.
Als die ranghöhere Ehefrau Morufus im Beisein Adunnis unerwartet stirbt, überschlagen sich die Ereignisse. Adunni hat Angst, dass man sie für den Tod verantwortlich machen wird und sie der Eifersucht bezichtigen wird. Sie muss fliehen, um am Leben bleiben zu können. Ihr Weg führt sie nach Lagos und in das Haus eines reichen Paares, das sie als Hausmädchen beschäftigt und sie schlägt und demütigt.
Doch trotz der widrigen Umstände hält Adunni an ihrem Wunsch nach einer Schulbildung und nach einer Karriere als Lehrerin fest. Es sind die Hoffnung, ihr Wille, ihr Mut, ihr Kampfgeist und ihr Glaube an das Gute, von denen sie getragen wird. Nach dem Tod der Mutter hat sie sich in den Kopf gesetzt, dass sich das Leben der Mutter, die ihre Träume ebenfalls auf Grund mangelnder Bildung nicht verwirklichen konnte, in ihr nicht fortsetzen soll. Sie will eine Stimme haben. Aber nicht irgendeine Stimme, sondern eine “lauterne”. Adunni möchte etwas erreichen, sie will das Leben von Menschen verändern und Gutes in der Welt schaffen.
“An dem Tag habe ich zu mir gesagt, wenn ich auch sonst nichts in diesem Leben hinkrieg, ich schaffe die Grundschule, die weiterführende Schule und auch die Uni, und ich werde Lehrerin, weil ich nicht nur irgendeine Art von Stimme haben will… Ich will eine lauterne Stimme.”
Der Roman zeichnet auf sehr eindrückliche Weise das Bild einer Gesellschaft, in der Mädchen oft jegliche Schulbildung versagt bleibt, in der sie minderjährig und gegen ihren Willen verheiratet werden oder als Hausmädchen ausgebeutet werden. In einem Zitat Morufus offenbart sich das Frauenbild, das die Gesellschaft prägt: “Mädchen sind nur gut für die Ehe, fürs Kochen und fürs Schlafzimmer.” Für diese Mädchen endet die Kindheit abrupt und ihre Träume, ihre Wünsche und Hoffnungen können fortan nur noch in ihrer eigenen Vorstellung weiter existieren. In der Realität ist kein Platz für sie.
Adunnis Schicksal steht stellvertretend für all die Mädchen, deren Träume und Talente durch Denkmuster, Traditionen und Strukturen der Unterdrückung verloren gehen. Gleichzeitig wirkt Adunnis Geschichte nie erdrückend, trotz all der Schicksalsschläge, denen sie sich stellen muss. Denn sie ist stark, optimistisch und wissbegierig und ihr Blick auf die Welt ist stets ein hoffnungsvoller, wie das folgende Zitat beweist: “Ich bin kein Nichts; ich bin Adunni. Ein Mensch, der was wert ist, weil morgen besser ist als heute.”