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Veröffentlicht am 29.04.2023

Leben mit der Luftbrücke

Die Kinder der Luftbrücke
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Juliana Weinberg versetzt uns in das Berlin des Jahres 1948 und lässt uns teilhaben am Leben der Familie Thalfang. Ihr Schreibstil ist flüssig und lässt sich sehr gut lesen. Das Buchcover ist hervorragend ...

Juliana Weinberg versetzt uns in das Berlin des Jahres 1948 und lässt uns teilhaben am Leben der Familie Thalfang. Ihr Schreibstil ist flüssig und lässt sich sehr gut lesen. Das Buchcover ist hervorragend gewählt, ein richtiger Eyecatcher, und hat dazu geführt, dass ich mir das Buch näher angesehen habe. Die Geschichte hat mich völlig in ihren Bann gezogen, so dass es mir schwerfiel, das Buch aus der Hand zu legen.
Sehr eindringlich schildert die Autorin das Leben in Berlin nach Ende des zweiten Weltkrieges; die beengte Wohnsituation, das Anstehen nach Lebensmitteln – zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel -, keine Arbeit und mittendrin die Schwächsten, nämlich die Kinder. Als die Protagonistin endlich Arbeit findet und sich in einen Piloten der US Air Force verliebt, wird ihr dieses Glück nicht gegönnt. Die unverheirateten Kolleginnen glauben, dass ihr, der verheirateten Frau, deren Mann seit fünf Jahren als vermisst gemeldet ist, dies nicht zusteht. Eifersucht, Neid und Missgunst werden hier sehr plastisch beschrieben. Hier gelingt es der Autorin sehr gut, die unterschiedlichen Charaktere glaubwürdig zu beschreiben.
Aber auch ihre Tochter kann sich mit dem neuen Mann an ihrer Seite nicht abfinden und hofft auf die Rückkehr des Vaters. Gerade dieser Teil der Geschichte hat mich sehr berührt. Als der Familie weitere Probleme drohen und sie ihre vom Krieg traumatisierten Kinder nicht weiter belasten will, trennt sie sich von ihrem Freund.
Den einzigen Schwachpunkt des Buches sehe ich in der Auflösung des Schicksals des vermissten Ehemannes. Hier wollte die Autorin wohl noch unbedingt etwas zu schreiben. Dies hätte sie meines Erachtens aber auch lassen können oder aber etwas Spektakuläres. Was wir jetzt zu lesen bekommen ist einfach überflüssig, schließlich sind nach dem Krieg nicht alle Schicksale aufgeklärt worden.

Veröffentlicht am 18.03.2023

Fenna macht das schon

Das Gold der Küste
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Die Geschichte einer starken und selbstbewussten jungen Frau
Isabel Voss gelingt es hervorragend, mich in das Nordfriesland des 14. Jahrhunderts mitzunehmen. Durch ihren flüssigen Schreibstil bin ich ohne ...

Die Geschichte einer starken und selbstbewussten jungen Frau
Isabel Voss gelingt es hervorragend, mich in das Nordfriesland des 14. Jahrhunderts mitzunehmen. Durch ihren flüssigen Schreibstil bin ich ohne Schwierigkeiten in die Geschichte eingetaucht und es fiel mir schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Die Geschichte der beiden Hauptfiguren erinnert ein wenig an Romeo und Julia, die ja auch aus zwei verfeindeten Familien stammen und deren Liebe nicht erwünscht ist.
Fenna muss schon als Kind den Tod ihrer Mutter verkraften und wird von ihrem Vater zu einer starken jungen Frau erzogen, die sehr genau weiß was sie will, nämlich Jorik heiraten, den Sohn des Widersachers ihres Vaters. Auch Jorik hat es nicht leicht, fühlt er sich doch einerseits zu Fenna hingezogen und andererseits als Beschützer seiner Schwestern, die dem Unmut es Vaters ausgesetzt sind. Er sitzt also "zwischen den Stühlen."
Als nach einem erneuten Schicksalsschlag Fenna das Amt des Redjeven zufällt, lässt Joriks Vater,. Ove Barwegen, nichts unversucht, die Macht in Rungholt an sich zu reißen. Dies gelingt jedoch nicht auf Anhieb. Erst bei der nächsten Wahl hat er die nötigen Stimmen durch Bestechung und Erpressung zusammen. Fenna hat sich Feinde gemacht, als sie sich entschied, die Salzwiesen nicht mehr zur Salzgewinnung zu nutzen. Salz, das Rungholt reich gemacht hat und das Ove Barwegen braucht, um "im Geschäft" zu bleiben. Auch Jorik kann Fenna Verhalten nicht verstehen und es kommt zum Streit. Fenna folgt ihrem Gewissen und bleibt standhaft, auch wenn das bedeutet, ihre große Liebe zu verlieren.
Ove Barwegen hat leider weder geschäftlich noch politisch ein glückliches Händchen, so dass Rungholt in eine kriegerische Auseinandersetzung mit dem Grafen von Schleswig verwickelt wird. In letzter Sekunde kann durch das beherzte Eingreifen von Fenna das Schlimmste verhindert werden.
Doch dann zieht ein schwerer Sturm auf. Jetzt muss sich zeigen, ob die Maßnahmen, die Fenna ergriffen hat, ausreichend sind.und ob sie noch einmal die Gelegenheit zu einem klärenden Gespräch mit Jorik hat.
Mir hat der Roman gut gefallen. Er war vom Anfang bis zum Ende spannend. Mir war nicht bekannt, dass im 14. Jahrhundert in Nordfriesland Salz abgebaut wurde, der alte, nordische Glaube noch so verbreitet war und dass dort die Frauen den Männern gleichgestellt waren.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 02.08.2024

Alice nimmt ihr Leben in die Hand

Im Nordwind
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Miriam Georg nimmt uns mit nach Hamburg auf die Uhlenhorst an den Anfang des 20. Jahrhundert und lässt uns teilhaben am Leben von Alice, ihrer Tochter Rosa und ihres gewalttätigen Ehemannes Henk.
Auf der ...

Miriam Georg nimmt uns mit nach Hamburg auf die Uhlenhorst an den Anfang des 20. Jahrhundert und lässt uns teilhaben am Leben von Alice, ihrer Tochter Rosa und ihres gewalttätigen Ehemannes Henk.
Auf der anderen Seite lernen wir John und seine Familie kennen, die zur „feinen“ Hamburger Gesellschaft gehören und am Feenteich leben.
Alice und Johns Wege kreuzen sich, als sie bei ihm juristischen Rat sucht, will sie doch ihren Ehemann verlassen und für sich und ihre Tochter einen Neuanfang wagen. John übernimmt ihre Vertretung, macht ihr aber wenig Hoffnung, da die Gerichte zu dieser Zeit auf Seiten des Mannes sind.
Im Laufe der Geschichte lernt man Alice besser kennen und erfährt auch viel aus ihrer Vergangenheit und begreift, wie sie zu dem Menschen wurde, der sie jetzt ist, und warum sie so nicht weiterleben kann und will. Auch in Johns Familie ist ich alles so, wie es scheint. Geld alleine macht eben nicht glücklich.
Die Autorin schafft es vortrefflich, uns in diese verschiedenen Welten mitzunehmen. Auf der einen Seite die dunklen Mietskasernen, die Hinterhöfe, wo viele Menschen auf engstem Raum leben und kaum Privatsphäre möglich ist und keine Perspektiven sehen. Hier wo Alkoholismus und Gewalt an der Tagesordnung sind.
Auf der anderen Seite die Menschen, die alles Haben aber trotzdem nicht uneingeschränkt glücklich sind. Wo Neid, Eifersucht und Missgunst herrschen und so manches Geheimnis lauert.
Alice muss zu einer starken Frau werden, um zu überleben und für ihre Rechte einzustehen.
Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich sehr gut lesen. Die Handlungen der Protagonisten sind glaubhaft und nachvollziehbar.
Der Roman hat mich sehr berührt. Ich habe sehr mit Alice gelitten und gebangt.
Auf dem Cover ist eine junge Frau abgebildet, die etwas zweifelnd guckt. Das Bild ist hervorragend gewählt.
Einen schönen Einblick in die damalige Zeit gewähren die am Ende des Buches abgedruckten Bilder.
Da in diesem Buch verschiedene Ort und unterschiedliche Jahre aus dem Leben von Alice eine Rolle spielen, wäre es schön gewesen, ein Orts- und Namensverzeichnis zur Orientierung zu haben.

Veröffentlicht am 07.06.2024

Gunhild behält den Überblick

Die List der Grafentochter
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Isabel Voss Roman „Die List der Grafentochter“ spielt zur Zeit von Karl dem Großen am Ende des 8. Jahrhunderts nach Christi. In diesem Roman werden belegte Begebenheiten wiedergegeben, aber auch Fiktionen.
Im ...

Isabel Voss Roman „Die List der Grafentochter“ spielt zur Zeit von Karl dem Großen am Ende des 8. Jahrhunderts nach Christi. In diesem Roman werden belegte Begebenheiten wiedergegeben, aber auch Fiktionen.
Im Mittelpunkt der Erzählung steht Gunhild, die Tochter eines thüringischen Grafen, die einem anderen Adeligen zur Frau versprochen ist. Doch Karl hat andere Pläne und verlangt, dass Gunhild einen fränkischen Grafen, einen seiner Vertrauten, heiratet. Dies führt dazu, dass die thüringischen Adeligen sich in ihren Rechten beschnitten sehen und einen Aufstand anzetteln. Geschickt nutzen die Karl feindlich gesinnten Adeligen diesen Umstand, bringen den König in ihre Gewalt und schieben es Gunhilds Vater in die Schuhe. Wird es Gunhild gelingen, dieses Komplott aufzudecken und den König zu retten? Wem wird sie ihr Herz schenken?
Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich sehr gut lesen. Die Geschichte ist spannend, handelt sie doch von einer starken Frau, die sich durchzusetzen weiß und die Gegner ihres Vaters gegeneinander ausspielt.
Die Handlungen der Protagonisten sind nachvollziehbar und authentisch dargestellt. Die Zeit war eine andere und Gewalt gang und gäbe. Ob eine Frau allerdings so einen Einfluss gehabt hat, mag ich nicht zu beurteilen.
Am Ende des Buches befindet sich ein Ortsverzeichnis, welches sehr hilfreich ist, da die im Buch verwendeten Ortsbezeichnungen heute nicht mehr geläufig sind und deshalb ohne dieses schwer zuzuordnen wären.
Leider gibt es keine Landkarte. Auch diese wäre nützlich gewesen.
Das Buchcover ist sehr schön und passt sehr gut zum Inhalt des Romans, ist Gunhild doch eine starke und kampferprobte Frau. Auf den ersten Blick ist ersichtlich, dass es sich hier um einen historischen Roman handelt.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 09.05.2024

Am Ammersee gibt es jede Menge Geheimnisse

Die Kranichfrauen
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Der Roman die Kranichfrauen – Der Wind der Freiheit – von Renate Greil nimmt uns mit an den Ammersee ins Jahr 1947 und lässt vor unseren Augen die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg auferstehen. Der Autorin ...

Der Roman die Kranichfrauen – Der Wind der Freiheit – von Renate Greil nimmt uns mit an den Ammersee ins Jahr 1947 und lässt vor unseren Augen die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg auferstehen. Der Autorin gelingt es vortrefflich, diese Zeit mit all ihren Sorgen, Nöten und Hoffnungen zu schildern. Sie gewährt Einblicke in das Leben der Glücklichen, die gut durch die Kriegszeit gekommen sind, aber auch in das Leben derjenigen, die immer noch zu kämpfen haben. Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich sehr gut lesen. Das Buchcover ist sehr schön gestaltet und passt hervorragend.
Die Protagonistinnen Paula und Anna sind sehr unterschiedlich, verbindet aber die Liebe zum Segeln. Es entwickelt sich eine Freundschaft, die auch die eine oder andere Belastungsprobe übersteht.
Paula, die Tochter aus reichem Haus, wird von ihrem Vater an den Ammersee geschickt, um im Jugendclub der Amerikaner zu arbeiten und auszuloten, ob diese gewillt sind, den Segelclub wieder an den ehemaligen Verein zu übergeben, dessen Prunkstück die Kranich ist, an der Paulas Herz hängt. Da Paula unter Angstattacken leidet, stellt man ihr Anna an die Seite.
Anna kommt aus einfachen Verhältnisse und hat es im Elternhaus nicht leicht. Besonders ihr Vater, der mehr Zeit im Wirtshaus als in der Werkstatt verbringt, nutzt sie gnadenlos aus. Ihr Wunsch, eine Ausbildung zur Bootsbauerin zu beginnen, wird ignoriert. Stattdessen soll sie, wie ihre Mutter, Schneiderin werden.
Paula und Anna beginnen voller Tatendrang mit ihren Aufgaben, bis man ihnen zwei junge Männer, Kriegsheimkehrer, vor die Nase setzt und sie zu „Hilfsarbeiterinnen“ degradiert. Als dann auch noch der Chef der Amerikaner mit der Kranich an einer Regatta am Ammersee teilnehmen und diese auch an einen anderen See mitnehmen will, wird es Zeit zu handeln.
Ein weiterer Aspekt im Roman sind die Liebesgeschichten zwischen Paula und Wolf einerseits und Anna und Eli andererseits.
Paula soll zum Wohle der Firma ihres Vaters einen Mann heiraten, den sie kaum kennt und wenig sympathisch findet, der aber das nötige Geld besitzt, um die Firma voranzubringen. Da passt Wolf, der im Krieg alles verloren hat, als Schwiegersohn nicht.
Anna verliebt sich in den Juden Eli, was wiederum ihrem Vater nicht gefällt. Als Jude und Auswanderer nach Israel kommt er nicht infrage.
Zu dieser Zeit bestimmen in der Regel Väter, ob geheiratet werden durfte oder nicht. Frauen hatten sich unterzuordnen. Es bleibt abzuwarten, für wen es ein Happy End geben wird.
Die Handlungen der Protagonisten sind glaubwürdig und authentisch und spiegeln den Zeitgeist wieder. Leider fehlt mir in einigen Passagen etwas Tiefe; da wäre mehr möglich gewesen.