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Veröffentlicht am 09.04.2023

Gelungener Auftakt um Vito Grassi – ein Ligurien-Krimi

Abschied auf Italienisch
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Vito Grassi ist mit seinem roten Flitzer unterwegs nach Ligurien, er hat hier ein Haus geerbt. Direkt an der Küste der so malerisch gelegenen fünf Bergdörfer, der Cinque Terre, bin auch ich gedanklich ...

Vito Grassi ist mit seinem roten Flitzer unterwegs nach Ligurien, er hat hier ein Haus geerbt. Direkt an der Küste der so malerisch gelegenen fünf Bergdörfer, der Cinque Terre, bin auch ich gedanklich bei Vito, ich mache es mir auf dem Beifahrersitz seines Elektroautos gemütlich und betrachte mir dabei das Buch näher. Es lohnt sich allemal, ist doch auf der aufklappbaren hinteren Innenseite eine Karte von diesem Küstenabschnitt zu finden. Von La Spezia bis hinauf nach Sestri liegen diese doch sehr bekannten Orte am Ligurischen Meer. Der Autor kennt sich hier aus, er lebt und schreibt hier. Im Innenteil des vorderen Umschlags beantwortet Andrea Bonetto Fragen zu seiner Hauptfigur, zu Spannungsliteratur und zu Italien überhaupt, dem la dolce vita und noch mehr.

Ein wenig Fernweh ist schon auch dabei, während ich mich mit Vito an die Aufklärung der zwei Mordfälle mache. Denn nachdem der Commissario endlich das Haus gefunden und die engen Straßen bezwungen hat, wird er erstmal mit Toni konfrontiert. Und ja, er weiß schon, dass Toni das Haus hütet, aber er erwartet logischerweise einen Mann…

Das Private wird aufs unterhaltsamste dargestellt, aber er hat zu ermitteln. Und das zunächst zu einem Todesfall, der viele Rätsel aufgibt. Daneben hat er auch noch seine neuen Kollegen und Kolleginnen, auch hier muss Vito sich erst beweisen. Mit diesem ersten Todesfall kommen sie nicht recht vorwärts, da wird auch schon eine zweite Leiche eher durch Zufall entdeckt.

Die Ermittlungen und das private Geplänkel vermengen sich. Zuweilen hatte ich eher das Gefühl, dass sich die Story nach dem unterhaltsamen Auftakt zieht, sie eher dahinplätschert. Zwar nicht uninteressant, die kriminalistischen Elemente waren meist da und doch wollte ich mehr, wollte weiter, wollte die Ermittlungen vorantreiben.

Die Charaktere, allen voran Vito und Toni, sind gut nachvollziehbar gezeichnet, sie haben genug Ecken und Kanten – beide. Der Ligurien-Krimi zeichnet sich aus durch Lokalkolorit, neben den beiden Hauptakteuren mischen noch so einige andere mit, denen ich nicht näher gekommen bin, sie blieben letztendlich blass. Die Story lebt mit und durch den Commissario Vito Grassi und der eher verschlossenen, oftmals bärbeißigen Toni. Alles in allem ein kurzweiliger Trip in eine wunderschöne Gegend, ein Ligurien-Krimi, der gelesen werden will. Und gerne bin ich bei Vitos nächstem Fall wieder dabei.

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Veröffentlicht am 04.04.2023

Samuel Finzi hat viel Interessantes zu erzählen

Samuels Buch
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Samuel Finzi – ich kenne und schätze ihn als Schauspieler, sein privates Ich war mir komplett unbekannt. Und nun hat er von sich erzählt, von seiner Kindheit, von seiner Herkunft, von seiner Jugend in ...

Samuel Finzi – ich kenne und schätze ihn als Schauspieler, sein privates Ich war mir komplett unbekannt. Und nun hat er von sich erzählt, von seiner Kindheit, von seiner Herkunft, von seiner Jugend in Bulgarien. Es waren kurzweilige Stunden, genauer: 5 Stunden und 31 Minuten lang hat er mich gut unterhalten und ein mich wenig hinter die Kulissen schauen lassen.

„Ich sitze in meiner Berliner Küche und betrachte den Boden. Es ist ein Boden aus Terrazzo. Das tue ich oft und mit Nachdruck. Die bunten Zementsteinchen beginnen sich zu drehen, ein Wirbel saugt mich ein und ich lande auf der Terrasse des Hauses meiner Großeltern…“ In den Balkan geht er gedanklich zurück, eine spannende Zeitreise beginnt.

Er wuchs in einer jüdischen Familie auf. Der Vater war ein bekannter Theaterschauspieler, der sich eher am Rande für ihn zu interessieren schien, seine Mutter war Pianistin. Eine Künstlerfamilie - was liegt da für ein Kind näher, als einen ähnlichen Weg einzuschlagen. Er war umgeben von Künstlern, sein Interesse galt schon früh dem Schauspiel. Er blickt zurück in seine Kindheit und Jugend und endet, als er 23 ist.

Autobiografische Romane lese bzw. höre ich selten. Ganz einfach deshalb, weil ich nicht zu sehr in das Leben bekannter Persönlichkeiten eindringen, nicht unbedingt ganz private Details wissen möchte. Samuel Finzi hat mich jedoch durchweg positiv überrascht. Etwa mit der Schilderung seines Weges hin zum Schauspieler, wie er den Wunsch hatte, ein anderer zu sein. Finzi erzählt unterhaltsam und humorvoll, gibt Einblick in das kommunistische Bulgarien seiner Kindheit und der damit einhergehenden nicht sehr rosigen Zukunft, die er, so bald es ihm möglich war, zurücklassen wird.

„Samuels Buch“ ist eine unterhaltsame Reise zurück mit interessanten Anekdoten von dem kleinen Samuel, der schon früh begreift, dass er als Dirigent oder Diplomat der Enge seines Heimatlandes entfliehen könnte und es später dann auch geschafft hat, als renommierter Schauspieler im Westen anzukommen. Einige wenige Aspekte habe ich herausgegriffen, das selber Hören bzw. Lesen bietet kurzweilige und nachdenkliche Stunden. Samuel Finzi erzählt über das Erwachsenwerden an sich, über seine Familie, seine Freunde, seine Heimat und seine Sehnsucht nach Freiheit. Sehr offen und warmherzig. Ich habe ihm gerne zugehört, habe die Stunden mit ihm genossen.

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Veröffentlicht am 31.03.2023

Die WaPo Cuxhaven mischt mit

Windstärke Tod (WaPo Cuxhaven 1)
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Agatha Christiansen ist die einzige Frau unter Männern bei der Wasserschutzpolizei in Cuxhaven, in ihrer freien Zeit ist sie des Öfteren mit ihrem Boot unterwegs. So auch heute. Aber was ist das denn? ...

Agatha Christiansen ist die einzige Frau unter Männern bei der Wasserschutzpolizei in Cuxhaven, in ihrer freien Zeit ist sie des Öfteren mit ihrem Boot unterwegs. So auch heute. Aber was ist das denn? Eine Leiche treibt im Wasser. Dass dieser Fall, der viele Rätsel aufgibt, nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich liegt, muss sie hinnehmen und doch lässt ihr die männliche Wasserleiche, die nur mit einer Badehose bekleidet war, keine Ruhe. Die Kollegen von der Kripo übernehmen, Victor ist hierfür zuständig. Und dieser will so gar nicht, dass Agatha sich einmischt, sieht er doch die WaPo eher als „Enten-FBI“. Aber so leicht lässt Agatha nicht locker, schon ihr Name bürgt für kriminalistischen Spürsinn, ist sie doch nach der berühmten Autorin benannt. Und Victor erkennt bald, dass er so manch wertvollen Tipp von der WaPo-Kollegin bekommen kann.

Die nicht allzu langen Kapitel sind zeitlich überschrieben, so geht die Orientierung nie verloren. Die Ermittlungen gehen voran, zwischendurch lernen sich die zuständigen Beamten zu Wasser und zu Lande näher kennen, sie beschnuppern sich und nähern sich auch privat vorsichtig an. Irgendwann dann wissen die Leser, wer für die Wasserleiche verantwortlich ist, die Ermittler hingegen tappen nach wie vor im Dunkeln. Und zu der ersten Wasserleiche gesellt sich noch ein zweiter Toter. Es hat den Anschein, als ob diese beiden Morde - denn als solche werden sie bald erkannt - zusammenhängen.

Hinter dem Pseudonym Bente Strom verbergen sich zwei Autoren, die jeder für sich vielseitig unterwegs sind. Ein Küstenkrimi, wie es sie viele gibt und doch hat dieser das gewisse Etwas. Von der Idee bis zur fertigen Story mit all den doch sehr umfangreichen Recherchen gingen zwei Jahre ins Land, das Ergebnis kann sich sehen lassen oder besser ausgedrückt: „Windstärke Tod“ ist ein kurzweiliger, lesenswerter Krimi mit sympathischen und auch weniger ansprechenden Charakteren. Ob es eine Fortsetzung geben wird? Das Ende deutet darauf hin, ich lass mich überraschen.

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Veröffentlicht am 29.03.2023

Witzig, spritzig, kriminell

Die Hausboot-Detektei - Tödlicher Genuss
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Noch ist sie nicht gegründet, die Detektei auf der Lakshmi. Als Göttin des Glücks gilt sie, als Spenderin von Reichtum, von Fülle und Überfluss, als Beschützerin. Arie, der ehemalige Polizist, lebt auf ...

Noch ist sie nicht gegründet, die Detektei auf der Lakshmi. Als Göttin des Glücks gilt sie, als Spenderin von Reichtum, von Fülle und Überfluss, als Beschützerin. Arie, der ehemalige Polizist, lebt auf der Lakshmi und könnte alle diese Attribute gut für sich gebrauchen. Zu ihm gesellen sich Maddie, die gerade ohne Job ist, auch Jack und Jan sind mit von der Partie und mit Elin, einer eher erfolglosen Krimi-Autorin, sind sie komplett. Sie alle kommen zu dem Schluss, dass sie als Detektive gute Chancen haben. „Die Hausboot-Detektei“ ist ein treffender Name, ihr erster Auftrag ist auch schon an Land gezogen.

Ein kulinarischer Wettbewerb steht an, die Tochter von Marten van Lockhart heiratet und natürlich können nur die erlesensten Speisen die verwöhnten Gaumen zufriedenstellen. Und nicht nur das, etwas gänzlich Neues, noch nie da gewesenes, muss es sein. So bittet Marten die beiden Spitzenköche Femke Baas und Gabriel Petit zu einem Probeessen, der Bessere möge den Auftrag erhalten. So nimmt alles seinen Lauf – Gabriel Petit wendet sich an die Hausboot-Detektive, um seine Rivalin auszuspionieren.

Die liebenswerte Gaunerkomödie mit viel Charme und krimineller Energie liest sich spritzig, die Streifzüge durch Amsterdam mit und ohne Fahrrad sind kurzweilig und voller Witz, zuweilen aber sind sie auch tödlich. Zu der bunten Truppe gesellen sich noch etliche andere Gestalten, auch hat Hund, der Neufundländer, eine nicht zu unterschätzende Rolle, genauso Fru Gunilla, das fast schon zahme Eichhörnchen.

Es ist ein gelungener Auftakt um die etwas andere Hausboot-Detektei. Schon ihre ziemlich unkonventionellen Hausregeln haben es in sich, es sind zunächst nur zwei, die jederzeit ergänzt werden können und diese zuweilen schrägen, aber doch sehr liebenswerten Typen erweitern diese auf ihre ganz spezielle Art. Nun ist der erste Fall erledigt, sie haben sich alle ins Zeug gelegt und sehr gerne bin ich auch bei ihrem nächsten Auftrag wieder mit dabei.

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Veröffentlicht am 06.03.2023

Mördersuche in finsteren Zeiten

Die marmornen Träume
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Die drei Hauptcharaktere sind eher zwielichtiger Natur. Simon Kraus´ Leidenschaft sind Träume. Er gilt als Genie, als der Größte in vielerlei Hinsicht, wenn auch nicht an Körpergröße. Der Frauenheld ist ...

Die drei Hauptcharaktere sind eher zwielichtiger Natur. Simon Kraus´ Leidenschaft sind Träume. Er gilt als Genie, als der Größte in vielerlei Hinsicht, wenn auch nicht an Körpergröße. Der Frauenheld ist Traumforscher und Psychoanalytiker, er verführt seine mit Nazi-Größen verheirateten Klientinnen reihenweise, sein Schweigen darüber lässt er sich gut bezahlen. Die alkoholabhängige Minna von Hassel leitet eine psychiatrische Anstalt, in der auch der Vater des SS-Offizier Franz Beewen mehr oder weniger behandelt wird.

Die Handlung erstreckt sich über drei Jahre, von 1939 bis 1942, sie gibt Einblick in die Gräueltaten der Nationalsozialisten. Während die Elite einem feudalen Lebensstil frönt, wird das Volk zunehmend eingeschüchtert. Eines Tages wird eine brutal zugerichtete Frauenleiche gefunden. Wie sich bald herausstellt, ist es die Ehefrau einer hochrangigen Persönlichkeit aus dem Nazi-Regime. Es bleibt nicht bei diesem einen Opfer, alle wurden sie aufgeschlitzt, es ist immer dieselbe Vorgehensweise.

Beewen wird beauftragt, zu diesen Morden diskret zu ermitteln und dafür bittet er Simon um Unterstützung, da dieser alle Frauen kannte und in Behandlung hatte. Jede einzelne seiner Klientinnen glaubte, von einem Marmormann geträumt zu haben. Also machen sie sich auf, eine Spur von diesem geheimnisumwitterten Unbekannten mit dem Marmorgesicht zu finden. Mit von der Partie ist auch die Psychiaterin Minna, das Trio ermittelt in diverse Richtungen.

Von dieser Zeit wird viel geschrieben, ich habe darüber jede Menge gelesen - meist aus Sicht der Opfer, der Verfolgten. Hier sind wir direkt im Auge des Bösen in Gestalt von Franz Beewen und seinen Vorgesetzten. Man braucht schon starke Nerven, um die eiskalten Machenschaften in all seiner Menschenverachtung einigermaßen zu verdauen. Unwertes Leben wird vernichtet, Homosexualität wird als Anomalie der Natur und Störfaktor bei der Fortpflanzung der arischen Rasse angesehen, Projekte wie der Gnadentod oder der Lebensborn werden thematisiert, um nur einiges zu nennen, der Größenwahnsinn des angestrebten Tauendjährigen Reiches ist gut sichtbar.

Dies alles ist verpackt in die Story um die Ermittlungen zu den Morden und die Suche nach dem ominösen Marmormann. Ja, dies alles wird ausschweifend erzählt. Die drei Protagonisten sind oftmals kurz davor, den Mörder zu schnappen und doch kommen sie nicht recht vorwärts. Es geht vordergründig um die Aufklärung der Taten, jedoch ist dies eher ein tiefer Blick ins NS-Regime und in die „Arbeit und Forschung“ eines Arztes, der sehr an einen Mediziner der Waffen-SS erinnert.

Ich habe mich anfangs schwer getan, ins Buch zu finden. Dies hat sich dann, je weiter ich las, ins Gegenteil verkehrt. Es ist beileibe keine leichte Kost und doch sollte diese schreckliche Zeit nie vergessen werden. Nichts für Zartbesaitete.

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