Fesselndes Finale
Der letzte Auftrag1989: die Wahlen in der DDR stehen an, kurz vor den Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR. Der Unmut der Bevölkerung wird immer größer... Als Kinderkrankenschwester Annie, die nach der Flucht ihrer ...
1989: die Wahlen in der DDR stehen an, kurz vor den Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR. Der Unmut der Bevölkerung wird immer größer... Als Kinderkrankenschwester Annie, die nach der Flucht ihrer Mutter, der Doppelagentin Ria Nachtmann, aus dem Leistungsturnkader geworfen wurde, ihre erste Liebe Michael wiedersieht, begleitet sie ihn zu einem Treffen des Kirchenkreises. Beeindruckt von so viel Freiheitswillen und Entschlossenheit, schließt sie sich ihnen an und fällt der Stasi besonders auf, als sie Wahllokale auskundschaftet, um am Wahltag die Wahlmanipulation aufzudecken. Die SED Kader ahnen noch nicht, was sich zusammenbraut und reagieren mit ihren üblichen Unterdrückungsinstrumenten.
In Dresden bekommen KGB-Agent Sascha einen neuen Partner zugeteilt, der überall seine Finger im Spiel zu haben scheint und scheinbar jedes KGB-Tabu bricht, ohne Konsequenzen. Wer ist dieser Wladimir Putin und was führt er im Schilde? Sein letzter Partner starb bei einem Autounfall, droht ihm das auch?
Ria Nachtmann hat sich nach ihrer Flucht in West-Berlin zur Ruhe gesetzt, auch mit Mitte 50 ist sie noch attraktiv und genießt ihr Leben an der Seite ihres Journalisten Jens. Ihr Verbindungsmann Stefan Hähnle ist mit 71 längst pensioniert, doch als Annie durch ihre friedlichen Widerstandsaktivitäten immer mehr ins Visier der Stasi gelangt und ihre Mutter verzweifelt um Hilfe bittet, wendet sich Ria ein letztes Mal an ihn. Nicht nur Ria hat Schuldgefühle Annie gegenüber...
Der letzte Teil der Spioninnen-Triologie wir nicht aus Sicht der Doppelagentin Ria Nachtmann, sondern ihrer inzwischen erwachsenen Tochter erzählt. Ria ist durch ihre traumatische Familiengeschichte immer noch von Schuldgefühlen geplagt, sowohl Annie, als auch ihrer Schwester Jolanthe gegenüber, die von ihr in einer getrennten Pflegefamilie aufwuchs, als ihre Eltern von der SED abgeführt wurden. All die Personen aus den vergangenen Bänden tauchen wieder auf, mit ihren Verflechtungen und Animositäten, daher empfiehlt es sich mit dem ersten Band zu beginnen, auch wenn mir dieser am Besten gefällt. In allen Bänden konnte man einer Person der Zeitgeschichte quasi in den Kopf schauen, dieses mal ist es Putin, über dessen Anfänge beim KGB und seine Zeit in Deutschland immer wieder geschrieben wird. Doch was machte er damals eigentlich wirklich und es wird mir eine Frage beantwortet, die mir nie so richtig klar war: wie konnten die Oligarchen so unfassbar reich werden? Die bisherigen Erklärungen waren für mich nie befriedigend, diese ist für mich aber absolut logisch und nachvollziehbar. Sein Taktieren und sein eiskaltes Kalkül lässt einen mit Sorge die weiteren Entwicklungen rund um Russland, die Ukraine und die Welt beobachten.
Mit Annie erlebt man den Widerstand und den Zusammenbruch von innen heraus, wie es ganz klein anfing und sich dann verselbstständigten. Da dies eine Zeit ist, an die ich mich z.T. noch gut erinnern kann, fand ich das besonders spannend, aber auch diese widerstreitenden Gefühle der verlassenen Tochter und was die SED-Ränkespiele für Familie und Paare für ein Leid brachten. Autor Titus Müller ist studierter Historiker und so schafft er es mit viel Gespür, Geschichte mit Fiktion zu verbinden und dabei die politischen un geheimdienstlichen Zusammenhänge spannend lebendig werden zu lassen.
Eigentlich finde ich es auf blöd, wenn Geschichten aus Frauensicht von einem männlichen Sprecher gelesen werden, aber Oliver Brod schafft es hervorragend die zahlreichen Dialekte und Akzente zu imitieren, denn neben Russen, Ostberlinern, Westberliner, Dresdnern und Co. Spielt auch Wolfgang Schäuble bei dem Schacher um die deutsch-deutsche Zukunft eine Rolle und natürlich die Geheimdienste... Diese Aufgabe löst er mit Bravour, Spannung und Lebendigkeit.
Diese Reihe ist sehr spannend, auch für diejenigen, die sich dafür interessieren, wie Macht, Politik Gier und Geheimdienstarbeit ineinandergreifen... aber bitte mit Gefühl, statt dröger Fakten.
4,5 Sterne, da mir die weibliche Stimme fehlt