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Veröffentlicht am 14.06.2023

Love and Crime

Blinder Stolz
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Interessanterweise unterscheiden sich die Cover des Hörbuches sowie der gebundenen Buchvariante „Blinder Stolz“ von der eBook und der Taschenbuchversion. Meiner Meinung nach sind beide Cover nicht besonders ...

Interessanterweise unterscheiden sich die Cover des Hörbuches sowie der gebundenen Buchvariante „Blinder Stolz“ von der eBook und der Taschenbuchversion. Meiner Meinung nach sind beide Cover nicht besonders stimmig zur Geschichte, aber zum Glück kommt es ja ohnehin eher auf den Inhalt an.
Was mir sofort positiv auffällt, ist die Tatsache, dass alle Charaktere mit beiden Beinen im Leben und voll im Berufsleben stehen. Dieser erwachsene Touch verleiht der Geschichte Tiefgang und macht die Ereignisse unglaublich packend. Es ist vom ersten Augenblick an sehr spannend, wenn gleich sich dies in unterschiedlichen Facetten bemerkbar macht.

Der Einstieg in „Blinder Stolz“ ist dramatisch, ich lerne gleich Deputy Ski Nyland kennen, der zu einem Einsatz rast. Im Haus von Caroline King findet er die verstörte Berry Malone vor, die von einem früheren Arbeitskollegen mit einer Waffe bedroht wurde. Ich bin sofort mitten im Geschehen und erfahre, was geschehen ist.
Anschließend lerne ich den knurrigen Dodge Henley kennen, der als Privatdetektiv von Caroline King um Hilfe gebeten wird. Die beiden verbindet eine gemeinsame Vergangenheit und das sich Dodge widerstrebend auf den Weg nach Texas macht, hat mit dieser Verbindung zu tun.
Die Protagonisten sind mir durchgängig sympathisch. Sie haben Ecken und Kanten, und selbst den schroffen Ski mag ich. Besonders Dodge und Ski gehören eher zu den raubeinigen Männern, dennoch sind sie auf ihre eigene Art liebenswürdig.
Die Geschichte wird durchgängig vom personalen Erzähler geschildert. Er gewährt mir aber durch unterschiedliche Perspektivwechsel einen spannenden Gesamtüberblick über die Ereignisse. Es wird am Kapitelanfang nicht explizit erwähnt, wen ich aktuell begleiten darf, aber es ergibt sich rasch aus dem Kontext.

„Blinder Stolz“ ist ein Thriller, der sich mit dem Thema Stalking befasst und die Ermittlungsarbeit von Ski beleuchtet. Gleichzeitig erfahre ich, wie sehr Berry unter der Zudringlichkeit des Antagonisten Oren Starks leidet und wie schwer ihr der Umstand fällt, dass die Polizei ihn offenbar nicht schnappen kann. Auch finde ich es sehr gelungen, dass Sandra Brown auf die Auslöser des Stalkings eingeht, die mich erstaunt haben. In dieser Geschichte scheint so ziemlich jeder ein Geheimnis zu hüten.
Besonders fantastisch finde ich, dass „Blinder Stolz“ in zwei Zeitebenen erzählt wird. Im Vergangenheitsstrang lerne ich Doge und Caroline kennen, begleite sie bei ihrem Kennenlernen und schaue ihnen zu, wie sie sich näherkommen und eine Beziehung zueinander entwickeln. Gleichzeitig offenbart die Erzählung, warum Dodge zu diesem sehr knurrigen und rauen Privatdetektiv wurde.
Der zweite Erzählstrang befindet sich in der Gegenwart, der sich mit dem Mordanschlag auf Berry und der Ermittlung zur Ergreifung des Täters beschäftigt.
Sandra Brown gelingt es, die beiden Handlungsstränge perfekt zu verbinden, sodass nach und nach ein stimmiges Gesamtbild entsteht.

Die Atmosphäre knistert ordentlich beim Lesen. Der Thriller Anteil bietet alles, was mein Herz höherschlagen lässt. Packende Wendungen, spannende Verfolgungsjagden und intensive Ermittlungsarbeit. Der zarte Ausflug ins romantische Genre gelingt dabei ebenso gut. Der Mix ist super, denn die heftigen Wortwechsel und das Knistern der Gefühle zwischen mehreren Protagonisten geht eine perfekte Symbiose zum Thriller ein, ohne kitschig zu wirken. Abgerundet wird das Gesamtwerk von einem sehr flüssigen und eingängigen Schreibstil, der sich nicht an unwichtigen Details aufhängt und die Geschichte rasch vorantreibt.

Der Plot Twist zum Schluss fand ich super gelungen. Ich hatte ihn zwar erwartet, aber in der Form nicht kommen sehen. Die Auflösung ist logisch und gut durchdacht. Mir hat das gefallen. Erst am Ende von „Blinder Stolz“ fällt mir auf, dass dies der zweite Band der Reihe Mitchell & Associates ist. Da ich Band 1 nicht kenne, kann ich nicht beurteilen, inwieweit mir Kenntnisse aus diesem gefehlt haben, aber ich konnte „Blinder Stolz“ ganz wunderbar ohne weiteres Wissen um die Ereignisse lesen. Die Geschichte hier ist meiner Meinung nach autark lesbar.

Mein einziger Kritikpunkt ist das Hörbuch, welches ich einfach in der Form nicht weiterempfehlen kann. Martina Treger hat wieder erstklassige Arbeit geleistet, ich liebe es, wie sie der Geschichte und den Figuren Leben einhaucht. Aber die gekürzte Fassung des Hörbuches lässt mich kopfschüttelnd zurück. Ich frage mich ernsthaft, wer hier entschieden hat, was raus kann und was bleiben darf. Oft fehlten wichtige Elemente, damit eine Szene erst wirklich schlüssig wirkt. Das hat mich massiv geärgert. Zum Glück habe ich parallel gelesen, denn sonst wären mir wohl etliche Fragezeichen im Kopf umhergespukt und ich hätte „Blinder Stolz“ längst nicht so spannend und schlüssig empfunden.

Fazit:
„Blinder Stolz“ sorgt für unterhaltsame Lesestunden und eine packende Geschichte um Stalking und dessen Konsequenzen. Für alle, die eine leichte Mischung aus Love und Crime mögen, empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 31.05.2023

Ein zarter Liebesroman, durchzogen mit einem ganz feinen Hauch aus der Biker-Szene

Demon Horde MC Teil 3: Outlaw Ride
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Selten komme ich so schnell und tief in einer Geschichte an, wie es mir mit „Outlaw Ride“ gelingt. Ich versinke sofort in der vertrauten Welt der Reihe und freue mich darauf, die Hauptperson des dritten ...

Selten komme ich so schnell und tief in einer Geschichte an, wie es mir mit „Outlaw Ride“ gelingt. Ich versinke sofort in der vertrauten Welt der Reihe und freue mich darauf, die Hauptperson des dritten Teils, Clint Remmick, kennenzulernen. Er ist mir auf Anhieb sympathisch. Ein Typ, der schon so manchen Fehler in seinem Leben begangen hat, allerdings die Konsequenzen dafür tragen kann. Die Liebe zu seiner Oma stellt er über die Clubgeschäfte, was mich begeistert. Dass er ein harter und tätowierter Biker ist, blende ich beim Lesen fast vollständig aus. Er ist der Traum jeder Schwiegermama, wäre da nicht seine auffällige Kleidung, die ihn als Mitglied eines MC ausweist.
Auch die weibliche Hauptakteurin Jordan Smith, kurz Jo, mag ich sofort. Sie ist private Krankenpflegerin und bildet sich durch Abendkurse zur Krankenschwester weiter. Ihre freundliche Art ist einnehmend und ich begleite beide Charaktere gerne.

In „Outlaw Ride“ bedient sich Sarah Hawthorne an Klischees, indem sie ihre Protagonisten durch die Ich-Perspektive beschreiben lässt, wie sie sich magisch voneinander angezogen fühlen. Aber dem prickelnden Verlangen nicht nachgeben wollen, weil Jo die private Pflegerin von Clints Oma ist. Somit ist er ihr Boss und erschwerend kommt hinzu, dass sie zu dritt unter einem Dach leben.
Doch trotz des tiefen Griffs in die Schmonzetten-Kiste gelingt es Sarah Hawthorne durch die Art, wie sie die Geschichte aufbaut, dass die Story herrlich frisch und locker bleibt und wirkt. Der Schreibstil lädt zum Bleiben ein. Die Beschreibungen der Emotionen und der Schauplätze sind auf den Punkt gebracht und nachvollziehbar. Sarah Hawthorne lässt den Figuren Zeit, sich zu entwickeln, während die Autorin ein leichtes und natürliches Handlungsgerüst um die Charaktere baut. So gibt sie mir die Gelegenheit, alles unaufgeregt näher und besser kennenzulernen. Ich mag das sehr, denn ich vergesse beim Lesen die Zeit.
Sarah Hawthrone schafft es, ein tolles Setting zu zaubern, welches hauptsächlich abseits der Biker-Szenen spielt. Dadurch gibt es kaum einen bedrohlichen Anstich. „Outlaw Ride“ ist eher eine schöne und sanfte Liebesgeschichte, die mit wenigen sehr explizit erotischen Szenen garniert wird.

„Outlaw Ride“ ist definitiv anders als die beiden Vorgänger. Es ist kein Problem „Outlaw Ride“ ohne Vorkenntnisse von „Enforcer’s Price“ und „Rebel Custody“ zu lesen, weil die vorherigen Ereignisse nicht einmal erwähnt werden. Klar, ein paar Figuren aus den ersten Büchern spielen am Rande eine Rolle, aber es ist tatsächlich so minimal, dass bei mir nicht viel Platz für ein fröhliches Wiedersehen-Gefühl aufkommt. Das finde ich ein bisschen schade, denn so fokussierte sich Sarah Hawthrone dieses Mal wirklich hauptsächlich auf die beiden Protagonisten außerhalb des MCs. Daher passte für mich am Ende auch der Showdown nicht, der leider konstruiert und künstlich wirkt. Für mich hätte das so in der Form einfach nicht sein müssen, die Liebesgeschichte ist ausreichend raumfüllend und hat mir eine schöne Unterhaltung geschenkt.

Ich habe versucht ohne Erwartungen „Outlaw Ride“ zu lesen und hatte insgeheim doch die Hoffnung, dass dieses Buch die Kirsche auf der Torte dieser Reihe sein würde. Das hat sich leider für mich nicht erfüllt. Der Klappentext ist superverlockend, verrät aber für meinen Geschmack eindeutig zu viel und leider weckt er auch die Annahme, dass es richtig gefährlich wird. Ja, ganz kann ich die Gefahr nicht wegdiskutieren, aber es ist nicht so dramatisch geworden, wie ich es mir vorgestellt habe.
Leider mag ich auch das Cover nicht sonderlich, da es definitiv nicht die beiden Protagonisten sein können. Immerhin passt es optisch gut zur gesamten Reihe, was mich ein wenig aussöhnt.

An sich ist die Geschichte schön und insgesamt auch rund, ich mag „Outlaw Ride“. Dennoch fehlt mir etwas. Ich kann es nicht ganz greifen, was es ist. Bei einem MC-Roman erwarte ich irgendwie auch raue Kerle und ein wenig mehr Action. Das braucht zwar die Story von „Outlaw Ride“ streng genommen nicht, aber ich hätte es trotzdem schön gefunden, wenn es nicht ganz so zart abgelaufen wäre.
Dennoch bin ich traurig, dass die Reihe nun endet. Ich hätte furchtbar gerne noch ein Buch über den Biker Roach gelesen, der mir in der kompletten Reihe schon öfters aufgefallen ist. Er spielt zwar immer nur eine Randfigur, aber er ist neben Clints Oma einer der faszinierenden Charaktere in „Outlaw Ride“.

Fazit:
„Outlaw Ride“ ist ein schöner „friends to lovers“ Roman mit ein paar heißen erotischen Szenen, aber mit sehr wenigen Berührungspunkten zu einer harten MC-Romance.

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Veröffentlicht am 16.04.2023

Ein sehr vielschichtiger Thriller

Die marmornen Träume
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Das blutrote Cover mit der Frau und den marmornen Spuren auf ihrer nackten Haut ist eindrucksvoll. Mir schwant Übles und das Cover kann durchaus als kleine Vorschau in eine Geschichte gewertet werden, ...

Das blutrote Cover mit der Frau und den marmornen Spuren auf ihrer nackten Haut ist eindrucksvoll. Mir schwant Übles und das Cover kann durchaus als kleine Vorschau in eine Geschichte gewertet werden, die wirklich nichts für zarte Seelen ist. Jean-Christophe Grangé lässt seine Handlungen im Nazi-Deutschland im Jahr 1939 mitten in Berlin spielen. Das Grauen und die Schreckensherrschaft des NS-Regimes dominieren die Geschichte und verknüpft reales Zeitgeschehen mit einem fiktiven Fall. Das meistert Grangé so gekonnt, dass es mir oft schwerfällt, zwischen Fiktion und Wahrheit zu unterscheiden.

Dabei starten „Die marmornen Träume“ beinahe ruhig, idyllisch. Ich lerne als erstes Simon Kraus kennen. Er ist Traumforscher und arbeitet als Psychoanalytiker. Seine Klientinnen sind ausschließlich weiblich und gehören der Nazi-Elite an. Schnell wird klar, weshalb Simon sich ausgerechnet auf diesen Kundenstamm fokussiert hat und dass seine Absichten weder edel noch rein sind. Charakterlich möchte ich Simon gernhaben, denn seine Abneigung gegenüber der braunen Macht ist spürbar. Andererseits ist er auch Nutznießer des Schreckensregimes, was er wiederum für sich ausblendet. So fällt es mir schwer, Simon vollendend zu mögen, wenngleich er mir von allen anderen Charakteren am angenehmsten ist.

Mitten in Simons beschauliches Leben platzt Franz Beewen, Hauptsturmführer bei der Gestapo. Grobschlächtig im Aussehen und seiner Art, gefährlich in seinem Handeln. Sein Hass ist sein Motor, Franz will kein Ermittler sein, sondern im Krieg gegen die verhassten Franzosen kämpfen. Franz ist mir sofort unsympathisch, sein ganzes bäuerisches Auftreten ist anstrengend, aber passend zu seiner Figur.
Ich erfahre, dass Franz unter dem Radar ermitteln soll, wer die schönen Frauen der Nazi-Elite gnadenlos abschlachtet. Sein Weg führt ihn unweigerlich zu Simon, denn diese Frauen sind dessen Klientinnen.
Unfreiwillig werden Simon und Franz zu einem Ermittlungsgespann, dass recht schnell Unterstützung durch die saufende und Drogen konsumierende aristokratische Minna von Hassel, Leiterin der Nervenheilanstalt Brangbo, bekommt. Das Gespann ist skurril, auf den ersten Blick trennt sie mehr, als sie verbindet. Doch das macht irgendwie ihre Stärke aus und fördert ihre eigenen Entwicklungen. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich beginne, die drei immer mehr ins Herz zu schließen, dabei sind sie alle keine wirklichen Sympathieträger. Sie sind Antihelden in einem Kampf um verzweifelte Gerechtigkeit in einem Land, wo es gar keine Unvoreingenommenheit und Fairness mehr gibt.
Besonders Franz, seine charakterliche Entwicklung finde ich unglaublich faszinierend. War er zu Beginn ein Tyrann, so entdeckt Franz sein Herz und mehr noch, er stellt sich selbst und seine Überzeugung infrage. Die Ereignisse zwingen ihn förmlich dazu. Und auch Simon und Minna müssen erkennen, dass sie sich in einer Illusion sichergefühlt haben.

Grangé lässt sich mit der Entwicklung der Geschichte Zeit. Er liebt es, ausschweifend zu erzählen, was die Spannung zwar drückt, gleichzeitig aber mein Interesse wachhält. „Die marmornen Träume“ leben von Grangés Geschick, historische Details so perfekt mit seinen Charakteren zu verknüpfen, dass ich mich nicht des Gefühls erwehren kann, dass es genauso hätte gewesen sein können.
Ich lerne die drei Hauptfiguren intensiv mit allen ihren Facetten, Geheimnissen, Gedanken und Emotionen kennen. Gleichzeitig zeichnet Grangé das Aussehen Berlins um 1939 sowie die dort vorherrschende Atmosphäre kurz vor Kriegsbeginn so eindrucksvoll, dass die Geschichte förmlich lebt. Ich kann tief in die Zeit abtauchen und versinke gleichzeitig in einem braunen Morast, dessen Ideologie mich würgen lässt.
Grangé scheut sich nicht, seinen Schreibstil auf die handelnden Personen anzupassen, auf denen gerade der Fokus des personalen Erzählers ruht. So erhalten die Charaktere noch mehr Tiefgang und die Perspektivwechsel fühlen sich natürlich an. Das ist sehr nützlich, da die Kapitel lediglich nummeriert sind. „Die marmornen Träume“ sind in fünf große betitelte Abschnitte untergliedert, sodass klar wird, was der jeweilige zentrale Erzählpunkt ist.
Recht schnell wird deutlich, wie das Buch zu seinem Titel kam und ich mag das sehr. Die Verbindung zwischen dem Täter, dem Marmormann und den Träumen bleibt lange im Dunklen, was mich zum Miträtseln einlädt.

„Die marmornen Träume“ leben vom historischen Setting und der politischen Lage jener Zeit. Der Kriminalfall wird so ausgeklügelt in das Zeitgeschehen eingebettet, dass sich die Entwicklungen, die stets unvorhergesehene Wendungen in petto haben, überzeugend und schlüssig präsentieren. Die Auflösung habe ich überhaupt nicht kommen sehen. Sie hat mich abgestoßen und fasziniert zugleich. Und gerade als ich denke, dass es mehr nicht zu erzählen gibt, zieht Grangé noch ein Ass aus dem Ärmel. Völlig unerwartet kommt ein Plot Twist, der leider ein bisschen zu dick aufgetragen ist, um glaubwürdig zu sein. Aber das schmälert den Thriller nur geringfügig, denn der Schrecken dieses Buches wird noch lange in mir nachhallen.

Fazit:
Ein sehr vielschichtiger Thriller, dessen gewählter Schauplatz mitten in Berlin der 1939er-Jahre schon allein für Grauen sorgt. „Die marmornen Träume“ sind eine Mahnung, dass das Böse viele Facetten hat und nicht alles so ist, wie es vordergründig den Anschein hat.

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Veröffentlicht am 07.03.2023

„Stigma“ ist nichts für schwache Nerven

Stigma (Milosevic und Frey ermitteln 1)
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Visuell spricht mich „Stigma“ mit seinem düsteren Cover und der zerkratzten Optik direkt an. Hinter dem Namen Lea Adam verbirgt sich das Autorinnenduo Regina Denk und Lisa Bitzer und beim Lesen hatte ich ...

Visuell spricht mich „Stigma“ mit seinem düsteren Cover und der zerkratzten Optik direkt an. Hinter dem Namen Lea Adam verbirgt sich das Autorinnenduo Regina Denk und Lisa Bitzer und beim Lesen hatte ich nie den Eindruck, dass hier zwei unterschiedliche Personen am Werk gewesen sind. Alles liest sich wie aus einem Guss. Der Schreibstil ist einnehmend und flüssig, manchmal recht umgangssprachlich und wirkt dadurch salopp. Ich mag das, denn es ist erfrischend und leicht verständlich. Die beschriebenen Szenen sind sehr bildlich und berühren mich auf unterschiedlichste Weise. Hier sei auch gleich ein Wort der Warnung angebracht: In „Stigma“ wird das Thema sexualisierte Gewalt in den Fokus gerückt und Lea Adam scheut sich auch nicht davor, Vergewaltigungsszenen recht detailliert darzustellen. Daher sollte jeder Lesende zu Beginn die ausgesprochene Warnung sehr ernst nehmen.

Ich komme gut in „Stigma“ rein, was dadurch erleichtert wird, weil ich ausschließlich mithilfe des personalen Erzählers der Mordermittlerin Jagoda Milosevic, kurz Milo, bei der Ermittlungsarbeit über die Schulter schaue. Ich lerne sie und ihren Kollegen Vincent Frey kennen, wobei ich Milo näher als allen anderen Charakteren komme. Das liegt auch daran, dass ich Milo nicht nur beruflich begleite, sondern sie auch privat kennenlerne. Sie gefällt mir, obwohl sie recht verschlossen ist und in vielen Bereichen sehr forsch wirkt. Durch ihr Verhalten erscheint sie gelegentlich unfreundlich, was besonders dann stark auftritt, wenn ihr Kollege Vincent der Sonnenschein schlechthin ist. Generell ist Vincent das ganze Gegenteil von Milo. Freundlich und umgänglich, ein kleiner Womanizer. Ihn habe ich sofort ins Herz geschlossen.
Als Team agieren Vincent und Milo perfekt und es macht mir Spaß, die beiden bei ihrer mühseligen Ermittlungsarbeit zu begleiten.

Generell mag ich die Ausarbeitung der Charaktere. Sie sind vielschichtig und glaubwürdig dargestellt. Besonders die Erlebnisse der Frauen, die sexualisierte Gewalt erfahren müssen, sind so bewegend geschildert, dass ich nicht nur Wut gegenüber den Tätern empfinde, sondern auch die Gefühlswelt der Frauen beinahe ungefiltert abbekomme. Es schockiert mich davon zu lesen, ich spüre ihre lähmende Angst.
Die unverhohlene Kritik im Umgang mit Opfern rennt bei mir offene Türen ein und ich frage mich, wann wir endlich so weit sein werden, Frauen vor solchen distanzlosen Übergriffen zu schützen.
Was ich allerdings völlig überzogen finde, ist die Darstellung der Chefin des Ermittlerduos. Die Frau war gefühlt nur am schreien und das verlieh dem Ganzen einen nicht sehr professionellen Anstrich. Brüllende Vorgesetzte kann ich einfach nicht ernst nehmen und finde es in Kombination mit diesem heiklen Thema auch semigelungen. Natürlich lastet auf einer Leiterin der Mordkommission auch politischer Druck, aber die Umsetzung ist schon sehr aus der Klischeekiste gegriffen.

In „Stigma“ wird die Spannung sofort aufgebaut und bis zum Schluss aufrechterhalten. Daran ändert sich auch nichts, als mir irgendwann klar ist, in welchem Umfeld der Mörder der Männer zu suchen ist und was das Motiv hinter den Taten ist.
Das Erzähltempo ist hoch und vereinnahmt mich recht schnell. Die Ermittlungsarbeit empfinde ich als glaubwürdig und ich mag es, wie der Fall Stück für Stück aufgeklärt wird. Einzig die finale Auflösung zum Schluss überspannt für meinen Geschmack den Bogen.
Ja, die Beweggründe leuchten mir ein und sie sind, je nachdem, wie weit sich der Lesende darauf einlassen möchte, sicherlich zu Teilen nachvollziehbar. Aber in ihrer Gesamtheit finde ich es nicht mehr seriös. Hierbei geht es mir ganz klar um den Auslöser, der das Ganze ins Rollen gebracht hat. Meiner Meinung nach wird hier mit Doppelmoral gearbeitet und ich finde es sehr schade, dass Lea Adam dies nicht weiter aufgedröselt hat. Mir liegt dieser Punkt besonders schwer im Magen, da ich die Ansicht über die Schuld- / Unschuldsfrage einfach nicht teile. Die Motivation hinter den Morden bekommt für mich einen schalen Beigeschmack.

Das Ende von „Stigma“ ist mir persönlich auch zu ruppig. Zwar werden alle Fragen, die den Fall betreffen geklärt, aber mir fehlt ein richtiger Abschluss. Es wirkt noch nicht zu Ende erzählt, was vielleicht daran liegt, dass dies der erste Band einer Reihe ist.

Fazit:
Ein packender Thriller, der für ein wichtiges Thema sensibilisiert, es souverän mit dem richtigen Maß an Empathie und ungeschönten Tatsachen in die Geschichte webt. Das Ende überzeugt mich nur teilweise, dennoch ist der Start in die neue Thriller-Serie insgesamt gelungen.

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Veröffentlicht am 02.02.2023

Ein beschaulicher Krimi

Der Tote von Wiltshire - Lockyer & Broad ermitteln
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„Der Tote von Wiltshire“ hat es mir am Anfang nicht leicht gemacht. Ich komme nur behäbig in die Geschichte, da Katherine Webb sehr ausführlich in ihren Beschreibungen ist und dabei vieles andeutet, aber ...

„Der Tote von Wiltshire“ hat es mir am Anfang nicht leicht gemacht. Ich komme nur behäbig in die Geschichte, da Katherine Webb sehr ausführlich in ihren Beschreibungen ist und dabei vieles andeutet, aber nur weniges genauer erklärt. Zudem sind die Kapitel recht lang, was immer ein Problem für mich ist. Zu Beginn markieren die Kapitel einzelne Tage, an denen die Ereignisse geschehen, später verwischt die Grenze und so umfassen manchmal mehrere Kapitel einen gelebten Tag.

Dreh- und Angelpunkt von „Der Tote von Wiltshire“ ist Detektive Inspector Matthew Lockyer, der personale Erzähler, beleuchtet nur die Perspektive dieses bodenständigen Einzelgängers, der recht introvertiert erscheint und trotz Schicksalsschläge zu keinem ungehobelten Ermittler mutiert ist. Stattdessen arbeitet er gut mit seiner Kollegin Gemma Broad zusammen. Als Team gefallen sie mir, auch wenn Gemma noch recht schweigsam wirkt. Ihr Fleiß und ihre Unterstützung jedoch sind unglaublich hoch, was ich total mag. Denn Lockyer ermittelt in einem Fall, der vor vierzehn Jahren als gelöst abgeschlossen wurde. Doch Zweifel nagen seit Jahren an Lockyer, denn durch ihn wurde damals Hedy Lambert als Mörderin eines Mannes verurteilt, der in einer Scheune im Schlaf erstochen wurde. Nun gibt es eine neue Entwicklung und Lockyer ergreift die Chance, noch einmal prüfen zu können, ob er damals tatsächlich die wahre Täterin erwischt hatte oder eine Unschuldige ins Gefängnis schickte.

Katherine Webb holt weit mit den Erzählungen aus, lässt viele Details von der Umgebung, der Kleidung und den verschiedenen Eigenheiten der Persönlichkeiten einfließen. Zudem arbeitet sie mit zwei Zeitebenen.
In der Gegenwart, die im Jahr 2019 spielt, erfahre ich alles zu der aktuellen Ermittlungsarbeit zum Fall des ermordeten Mannes in der Scheune.
In die Vergangenheit tauche ich dank Lockyers Erinnerungen und damaliger Verhörprotokolle ab, allerdings liegt hier der Fokus auf der damals einzigen Tatverdächtigen Hedy Lambert. So streut Katherine Webb immer wieder Zweifel bei mir ein, ist Hedy nun Täterin oder Opfer? Bis zum Schluss bin ich mir dessen nie zu Hundertprozent sicher.
In „Der Tote von Wiltshire“ legt die Autorin viele lose Handlungsfäden aus. Das erzeugt unterschwellig Spannung, lässt aber den Kriminalroman beschaulich wirken. So kann ich mich voll und ganz auf die Ereignisse einlassen, mich von ihnen treiben lassen.

Die Spannung baut sich langsam, dafür aber nachhaltig auf. Im Verlauf wird es immer interessanter und mir beginnt das ausgeklügelte Detektivspiel Freude zu bereiten. Es ist packend mitzuerleben, wie neue Erkenntnisse auftauchen und sich daraus ein weitaus komplexeres Rätsel ergibt, als zu Beginn gedacht. Dadurch generiert Katherine Webb viele Möglichkeiten und ich entwickle eigene Theorien, was damals wirklich geschah und was der Auslöser gewesen sein könnte.
Es ist superinteressant mitzuerleben, welche langfristigen Folgen für alle Beteiligten ein Mord nach sich zieht und wie das eigene Leben dadurch beeinflusst wird.
„Der Tote von Wiltshire“ hat ein wirklich stimmungsvolles Setting, welches zwar braucht, bis es wirkt, doch mich dann einfach nicht mehr loslässt.

Die vielschichten Charaktere machen die Jagd nach der Wahrheit fesselnd. Bis zum Schluss tappe ich im Dunkeln, meine eigenen Theorien fallen wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Interessanterweise ist meine Vermutung richtig, habe aber eine falsche Person in Verdacht.
Im Grunde komme ich hinter jedes dieser ausgeklügelten Geheimnisse erst, nachdem mir Katherine Webb die passenden Puzzlestückchen serviert.

Auch das Ende gefällt mir. Es ist überraschend und lässt ein paar Fragen am Rande offen, die jedoch nichts mit dem Fall zu tun haben. Der Cold Case wird restlos aufgeklärt, was ich angenehm empfinde.
Das Ermittlerteam Lockyer und Broad ist klasse und ich bin auf den nächsten Fall der beiden gespannt.

Fazit:
Das Buch hat ein stimmungsvolles Setting, welches bei mir Zeit benötigte, bis es wirklich wirkte. Doch dann ließ mich der Krimi nicht mehr los und nahm mich mit in ein Labyrinth aus dunklen Geheimnissen, welche die Macht hatten, Leben zu zerstören.

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