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Veröffentlicht am 04.05.2021

Humorvolle Dystopie einer Welt, auf die wir zusteuern

QualityLand (QualityLand 1)
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Eine voll digitalisierte Welt, wo keiner mehr Kontrolle über seine Daten hat
Peter Arbeitsloser, benannt nach dem Beruf seines Vaters, lebt in Qualityland, alle Daten werden gesammelt, die Menschen werden ...

Eine voll digitalisierte Welt, wo keiner mehr Kontrolle über seine Daten hat
Peter Arbeitsloser, benannt nach dem Beruf seines Vaters, lebt in Qualityland, alle Daten werden gesammelt, die Menschen werden in Level eingeteilt, und das System – das keine Fehler macht – bringt für jeden personalisierte Werbung, den passenden Partner und der Versandhandel bringt einem alles, bevor man weiß, dass man es braucht. Mit anderen Worten alles ist OK, oder besser gesagt am OKsten. Doch als Peter etwas geliefert bekommt, was er nun wirklich nicht will, kommt er ins Grübeln über seine Welt.
Marc-Uwe Kling ist eine humorvolle Dystopie gelungen, die unseren Weg in die vollständige Digitalisierung und das Ausschlachten unserer Daten, um unser Leben zu optimieren, weiterdenkt und dabei durchaus einen wahren Kern trifft.
Die Romanhandlung selbst ist eher einfach gehalten, andere Dystopien wie Orwells „1984“ haben da mehr Tiefgang. Grundsätzlich findet man nicht viele neue Gedanken. Den Reiz liegt dann in der Aktualisierung, denn der weltweit größte Onlinehandel TheShop, der schon vorher weiß, was man benötigt, hat wohl nicht zufällig Ähnlichkeiten mit einem real existierenden Online-Händler. Dennoch unterhält der Roman mit seinem Humor und regt dann durchaus auch mal zum Nachdenken an, ob es nicht eher erschreckend ist, was in Qualityland passiert und ob wir nicht schon selbst in Qualityland leben.
Was mir persönlich gefallen hat, ist die Idee, die Handlung immer wieder mit (Qualityland-)Werbung oder Social-Media Beiträge nebst den dazugehörigen Kommentaren zu unterbrechen (die dann im Buch weiß auf schwarz gedruckt sind). Schon das Impressum bietet etwas zum Schmunzeln .
Insgesamt ein guter, nicht allzu anspruchsvoll geschriebener Roman, der auf humorvolle Art unterhält und zum Nachdenken anstoßen kann, auch wenn er nicht den Tiefgang von Orwell, Huxley oder Bradbury hat.
Dennoch eine Leseempfehlung für einen schönen Lesetag.

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Veröffentlicht am 14.06.2020

Wenn die Vergangenheit sich wiederholt ...

Wie viele willst du töten
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Nachdem Ellery Hathaway mit vierzehn Jahren als einziges Mädchen aus den Fängen des Serienkillers F.M. Coben befreit werden konnte, lebt sie vierzehn Jahre später ein neues Leben als Polizistin in einem ...

Nachdem Ellery Hathaway mit vierzehn Jahren als einziges Mädchen aus den Fängen des Serienkillers F.M. Coben befreit werden konnte, lebt sie vierzehn Jahre später ein neues Leben als Polizistin in einem kleinen Ort. Keiner kennt ihre Vergangenheit, keiner kennt ihren Geburtstag. Doch seit drei Jahren bekommt sie zu ihrem Geburtstag eine anonyme Glückwunschkarte geschickt, kurz darauf verschwindet eine Person aus ihrem Umfeld spurlos. Ahmt jemand die Cobens Taten nach? Da niemand ihr glaubt, bittet sie den FBI-Agenten Reed Markham um Hilfe, der Mann, der sie damals aus Cobens Fängen befreien konnte. Doch diese Vergangenheit hat weder Ellery noch Reed je losgelassen.

Joanna Schaffhausen hat einen spannenden Thriller geschrieben, der seine Spannung vor allem darus bezieht, dass Ellery und Reed die schlimmen Taten Cobens nicht aus ihrem Leben verbannen können. So wird ihre Jagd nach einem Serienkiller vor allem von der Frage geprägt, ob Ellery und Reed dem anderen und sich selber trauen können und ob es überhaupt einen Serienkiller gibt. Ellerys Psyche ist dabei sehr bedrückend, mal hat man Mitleid mit ihr, mal ist sie durch ihre abweisende Art, der als Selbstschutz dient, auch dem Leser unzugänglich. Reed muss sich immer wieder fragen, ob er wirklich Ellery oder nicht doch sich selber helfen will. Die Jagd entwickelt sich langsam, aber spannend und treibt auf den Höhepunkt zu.

Leider geht dem Thriller genau dann die Luft aus, denn das Ende kommt ziemlich plötzlich und gerät recht oberflächlich. Schade.

Für einen spannenden Lesetag ist dies ein gelundener Thriller. Da dies der Auftakt zu einer Reihe sein soll, kann man gespannt sein, wie diese weitergeführt wird und wie weit Ellerys und Reeds Vergangenheit dann eine Rolle spielen wird.

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Veröffentlicht am 10.03.2023

Unterhaltsam, wenn man den Humor mag

Winterkartoffelknödel
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In Niederkaltenkirchen stirbt nach und nach die Familie Neuhofer: Elektromeister Neuhofer bekommt einen Stromschlag, die depressive Mutter erhängt sich nachts im Wald und der Sohn wird von einem Container ...

In Niederkaltenkirchen stirbt nach und nach die Familie Neuhofer: Elektromeister Neuhofer bekommt einen Stromschlag, die depressive Mutter erhängt sich nachts im Wald und der Sohn wird von einem Container erschlagen. Ist da nur noch der Hans, der das alte Haus geerbt hat. Franz Eberhofer, aus der Hauptstadt München wegen seiner umfangreichen Akte mit Verletzung der Dienstvorschriften zurück in die Provinzheimat versetzt, wittert Mord.
Wer den Humor eines Theaterstadl mag, ist mit diesem Roman sehr gut unterhalten. Die Protagonisten sind allesamt herrlich klischeehaft beschrieben, wobei die Oma mit ihrem Essen eigentlich die zentrale Person ist. Skurrile Szenen, bayrische Sprache und viel Lokalkolorit machen den Kriminalfall (dessen Auflösung nicht sonderlich überraschend ist) durchaus zu einem Lesevergnügen, solange man den Humor hart an der Gürtellinie und mit einem recht einfach gestrickten Frauen- und Männerbild mag.

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Veröffentlicht am 25.08.2022

Die guten Ideen verlaufen leider am Ende im Sande

Die Flut
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Düsteres Psychospiel auf Amrum im November
Auf Amrum werden Paare entführt, am Strand muss der Mann hilflos zusehen, wie seine Frau in den Strudeln ertrinkt. Und der Mörder hat einen perfiden Plan, bei ...

Düsteres Psychospiel auf Amrum im November
Auf Amrum werden Paare entführt, am Strand muss der Mann hilflos zusehen, wie seine Frau in den Strudeln ertrinkt. Und der Mörder hat einen perfiden Plan, bei dem Michael eine wichtige Rolle spielt. Denn Michael ist mit seiner Freundin Julia zusammen mit Andreas und seiner Frau Martina auf Amrum. Und die Morde belasten schon bald durch Misstrauen und Angst die Beziehungen.
Arno Strobel schafft schnell eine bedrückende und spannende Handlung. Amrum im November schafft einen perfekten düsteren Ort, viele Verdächtige tauchen auf und ständiges Misstrauen und die Angst vor dem Psychopathen lassen die Stimmung immer angespannter werden. Das Psychospiel und die Veränderungen der Personen sind dabei wirklich spannend, teilweise spannender als die Frage, wer der Mörder ist. Leider beginnen sich ab der Hälfte des Buches gewisse Szenen in leicht variierter Form zu wiederholen. Am endet rast alles auf ein durchaus überraschendes Ende zu, leider viel zu schnell. Viele der verdächtigen Personen tauchen gar nicht mehr auf, so dass es wirkt, sie sollten nur einige Seiten im Buch füllen. Viele angedeutete Geheimnisse werden nicht aufgelöst, ohne dass sie eine wirkliche Funktion hatten.
So hat zum Beispiel Hauptkommissar Harmsen, der etwas zu heftig durch die Handlung poltert, Geheimnisse, die seine Handlungsweise erklären sollen, aus dem einem Geheimnis werden dann plötzlich zwei und beide sind doch wieder so ähnlich, dass ein Geheimnis gereicht hätten-
Insgesamt verschenkt der Thriller viel von dem in der ersten Hälfte angelegten Potential. Etwas Straffung und Konzentration auf die ausgelegten Spuren wären sehr angenehm gewesen.

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Veröffentlicht am 01.08.2022

Spannend geschrieben, aber nicht neu

Der Blutkünstler (Tom-Bachmann-Serie 1)
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Das Cover ist sehr gelungen, über den weißen Hintergrund schlängeln sich die roten Blutäderchen und auch der blutrote Seitenschnitt ist ein Eyecatcher.
Entsprechend blutig geht es dann auch bald los, denn ...

Das Cover ist sehr gelungen, über den weißen Hintergrund schlängeln sich die roten Blutäderchen und auch der blutrote Seitenschnitt ist ein Eyecatcher.
Entsprechend blutig geht es dann auch bald los, denn der titelgebende Blutkünstler ist bei der Erschaffung seiner Kunstwerke nicht zimperlich und so werden seine Taten und die Kunstwerke detailliert beschrieben. Zudem spielen auch Pädophilie, Kindesmisshandlung mit physischer und psychischer Folter eine große Rolle. Das ist definitiv nichts für zartbesaitete Gemüter, mir persönlich war es teilweise zu viel, wenn auch zuweilen faszinierend geschrieben. Aber ob das gefällt, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Das BKA holt den Profiler Tom Bachmann, genannt „der Seelenleser“, der das Ermittlerteam zur Ergreifung des Blutkünstlers leiten soll. Dieser ist aus den Ermittlerteam mit Abstand die interessante Person, die anderen bleiben relativ blass. Seine Vergangenheit ist wichtig für seine Art zu handeln und sie ist auch wichtig für die Ermittlungsarbeit. Da dies der Auftakt zu einer Reihe um Tom Bachmann bildet, ist hier aber noch Luft nach oben.
Geschickt verbindet Chris Meyer mehrere Erzählstränge, neben den Taten des Blutkünstlers, die abwechselnd aus der Sicht der Ermittler und des Täters geschrieben werden, treibt noch ein weiterer Täter sein Unwesen, wenn er auf die Jagd nach Menschen geht, die Kinder quälen. Im Showdown finden die Erzählstränge dann zusammen.
Das Ende ist dann allerdings bei aller Spannung der Schwachpunkt. Denn auf dem Höhepunkt der Ermittlung, als man denkt jetzt müssen noch einige Kapitel Ermittlungsarbeit folgen, erscheint quasi ein Deus ex Machina und zeigt Tom den Täter. Das wirkt dann etwas gewollt und lustlos. Die Motive des Täters sind dann zudem nicht mehr sonderlich originell und am Ende muss Tom eine Entscheidung treffen, die dann mehr als fragwürdig ist und zudem mich sehr an Ethan Cross‘ „Ich bin …“-Reihe erinnert hat.
Insgesamt ein interessanter Auftakt zu einer Reihe mit missglücktem Ende.

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