Platzhalter für Profilbild

FranziskaBo96

Lesejury Profi
offline

FranziskaBo96 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit FranziskaBo96 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.03.2023

Die Geister, die ich nicht rief

Dead Romantics
0

Florence hat eine Gabe, die sie persönlich eher als einen Fluch ansieht: Sie kann mit Geistern reden, die alle auf der Erde noch etwas erledigen müssen. Nach einer unangenehmen Geistergeschichte in der ...

Florence hat eine Gabe, die sie persönlich eher als einen Fluch ansieht: Sie kann mit Geistern reden, die alle auf der Erde noch etwas erledigen müssen. Nach einer unangenehmen Geistergeschichte in der Schulzeit ist sie von ihrer Heimatstadt nach New York geflüchtet, wo sie nun als Ghostwriterin der erfolgreichen Romance-Autorin Ann Nichols tätig ist - und das obwohl sie der Liebe eigentlich abgeschworen hat. Nun muss sie doch notgedrungen in ihre Heimat zurückkehren, während ihr Lektor Ben versucht, sie davon zu überzeugen, wieder an die Liebe zu glauben.

"Dead Romantics" hat eine Menge Ebenen. Wir bekommen Einblicke in das Verlagswesen, aber auch in die Bestattungsindustrie, wir haben es mit Geistern zu, leichte Mystery-Elemente sind auch vorhanden und natürlich gibt es jede Menge Romantik (mit ein paar leicht expliziten Sexszenen). Ich kann mir gut vorstellen, dass das manchen vielleicht zu viel wird, und auch ich war am Anfang etwas überwältigt von der Fülle an interessanten Aspekten der Story. Doch für mich wurde die Geschichte so einzigartig und entpuppte sich als überraschend schönes Leseerlebnis!

Gut gefallen hat mir auch, dass die romantische Beziehung nicht das einzige und auch nicht das Hauptthema des Buches ist. Für mich ging es hier vor allem um Familie, Trauerbewältigung und Verarbeitung unserer Vergangenheit. Die Autorin schafft eine wunderbare Welt mit interessanten Nebencharakteren und interessanten Kniffen, die vielleicht nicht total unvorhersehbar und oft auch etwas kitschig sind, aber trotzdem dafür sorgen, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann.

Ich glaube, "Dead Romantics" ist nichts für jeden, aber wer mal eine etwas andere Romance-Story lesen möchte, wird mit diesem Buch sicher ganz viel Freude haben!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.03.2023

Interessante Familienaufarbeitung

Nackt in die DDR. Mein Urgroßonkel Willi Sitte und was die ganze Geschichte mit mir zu tun hat
0

Der Untertitel des Buches sagt eigentlich schon so ziemlich alles, was man über "Nackt in die DDR" inhaltlich wissen muss. Der Autor, Urgroßneffe des bekannten DDR-Malers Willi Sitte macht sich auf Spurensuche ...

Der Untertitel des Buches sagt eigentlich schon so ziemlich alles, was man über "Nackt in die DDR" inhaltlich wissen muss. Der Autor, Urgroßneffe des bekannten DDR-Malers Willi Sitte macht sich auf Spurensuche in der Familiengeschichte, nachdem seine Großmutter ein privates Gemälde des Künstlers herauskramt. So bekommen wir nicht nur eine Biografie des zur DDR oft zwiegespalten eingestellten Sitte, sondern lernen auch andere interessante Persönlichkeiten der Familie sowie Zeitgenossen und ihre Werdegänge kennen.

Normalerweise lese ich eigentlich nur Biografien von Menschen, die ich kenne, und da ich mich eigentlich auch nicht sonderlich für Kunst interessiere, lag das Buch nicht wirklich in meinem Beuteschema. Doch der bereits erwähnte Untertitel catchte mich und nach einer kurzen Leseprobe war ich von der Thematik begeistert.

Ich habe ungefähr dasselbe Alter wie der Autor und auch ich bin Ostdeutschland aufgewachsen, so ziemlich meine ganze Familie waren irgendwann mal DDR-Bürger. Tatsächlich stelle auch ich mir in letzter Zeit häufiger die Frage, ob und wenn ja wie sich die ganze Geschichte auf mein Leben ausgewirkt hat, und Aron Broks erforscht dieses Thema auf ganz spannende Weise. Willi Sitte und seine Einstellung zur DDR war für mich tatsächlich ein überraschend interessantes Thema, und tatsächlich konnte ich hier auch Parallelen zu den Menschen in meinem Umfeld finden. Nebenbei lernt man natürlich auch sehr viel über Kunst und künstlerisches Schaffen in der DDR, ein Thema was sicherlich auch nicht genug Aufmerksamkeit bekommt. Seit vergangenem Jahr bin ich ständig auf der Suche nach ostdeutschen Autor*innen, die mir einen differenzierten Blick auf unsere Menschen und unsere Geschichte geben können und Aron Broks hat sich definitiv in die Liste meiner Neuentdeckungen eingereiht.

Einziges Manko: Ich hätte es sehr schön gefunden, wenn es von den besprochenen Bildern irgendwie kleine Abbildungen gegeben hätte. Da ich aber verstehe, dass das vom Druck her sicher schwer geworden wäre, gibt es da keinen Abzug. Trotzdem empfehle ich beim Lesen ab und zu mal Willi Sitte und seine Zeitgenossen zu googeln, um ein bisschen ein besseres Verständnis für die Kunst zu bekommen.

Ich bin mir sicher, dass das Buch nichts für jeden ist und definitiv eine recht enge Zielgruppe hat. Für mich kam das Buch jedoch genau zur rechten Zeit und konnte mir tolle Denkanstöße geben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.03.2023

Gelungene Fortsetzung

Für die Sterne bestimmt
0

"Für die Sterne bestimmt" setzt drei Jahre nach den Ereignissen des Vorgängerbandes ein. Dr. Elma York, die Teil der ersten Mondmission war, fährt nun regelmäßige Shuttleschiffe von der Erde zum Mond, ...

"Für die Sterne bestimmt" setzt drei Jahre nach den Ereignissen des Vorgängerbandes ein. Dr. Elma York, die Teil der ersten Mondmission war, fährt nun regelmäßige Shuttleschiffe von der Erde zum Mond, wo sich inzwischen eine kleine Kolonie gebildet hat. Die ist auch bitter nötig, denn auf der Erde nehmen die klimatischen Folgen des Meteoriteneinschlages weiter zu. Gleichzeitig bildet sich aber auch ein immer größer werdender und teilweise auch gewaltbereiter Widerstand gegen das Weltraumprogramm in der Bevölkerung. Um die Menschen zu besänftigen, soll Elma nun auch Teil der ersten Marsmission werden, die sich bald auf den Weg machen soll. Doch ist Elma bereit, die Erde und somit auch ihren Mann drei Jahre zu verlassen?

"Die Berechnung der Sterne", der erste Band dieser Reihe, war letztes Jahr eine echte Überraschung für mich. Ich bin kein großer SciFi-Leser, aber dieses Buch konnte es echt schaffen, mich für das Thema zu begeistern. Auch der Folgeband schafft das wieder super. Dabei hatte ich das Gefühl, dass die Sci-Fi-Elemente dieses Mal schon mehr ausgeprägt waren, ich aber eigentlich immer der Handlung folgen konnte, ohne dass es irgendwie zu kompliziert wurde. Gleichzeitig merkt man wieder, wie gut die Autorin die Thematik recherchiert hat, trotzdem wirkt es auch nie so, als wolle sie mir irgendwie krampfhaft vermitteln, was sie alles herausgefunden hat.

Wie auch im ersten Teil ist ein besonderes Element der Geschichte der intersektionale Feminismus. Diesmal wird noch etwas mehr auf die Probleme Schwarzer Menschen und vor allem Schwarzer Frauen eingegangen. Auch diese Aspekte fand ich wieder toll verarbeitet, ohne dass ich irgendwie das Gefühl hatte, dass zu viel die Moralkeule geschwungen werden muss.

Kurzum: Wer den ersten Teil mochte, wird an diesem Buch sicher nicht vorbeikommen - und wird es sicher genauso sehr mögen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.03.2023

Ganz zurecht gehypt

Morgen, morgen und wieder morgen
2

Sadie und Sam lernen sich als Kinder in einem Krankenhaus kennen. Sam ist dort, weil er sich bei einem Autounfall schwer verletzt hat, Sadie, weil sie ihre Schwester besucht, die Krebs hat. Was die beiden ...

Sadie und Sam lernen sich als Kinder in einem Krankenhaus kennen. Sam ist dort, weil er sich bei einem Autounfall schwer verletzt hat, Sadie, weil sie ihre Schwester besucht, die Krebs hat. Was die beiden eint, ist ihre Liebe zu Videospielen. Zwischen den beiden entsteht eine ganz besondere Freundschaft, die bis ins Erwachsenenalter anhält und die wir in "Morgen, morgen und wieder morgen" beobachten können.

Jeder, der im letzten Jahr auf der englischsprachigen Seite von Bookstagram/Booktok/u.ä. unterwegs war, hat mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit dieses Buch gesehen. Viele dieser Hypes kann ich oft nicht ganz nachvollziehen, aber dieses Buch war auch für mich ein totaler Volltreffer. Hier kann ich tatsächlich alle Fans in den sozialen Medien komplett verstehen.

Tatsächlich habe ich richtig große Schwierigkeiten zu beschreiben, was ich genau an der Geschichte so toll fand, vor allem, wenn ich versuchen möchte, nicht zu spoilern. Das Buch handelt vor allem von Freundschaft und zeigt auf wirklich wunderbare Art und Weise, dass wahre Liebe nicht immer romantischer Natur sein muss. Auch der Erzählstil gefiel mir unheimlich gut. Zevin versucht sich immer wieder an erzählerischen Ausbrüchen, die für mich aber nie fehlplatziert, sondern immer sehr passend und interessant waren. Auch schaffte sie es, mich immer mit den Hauptfiguren mitfiebern zu lassen, auch wenn sie nicht immer die sympathischsten sind.

Natürlich spielen Videospiele in dem Buch eine große Rolle, trotzdem muss man meiner Meinung nach kein besonders großes Interesse an Videospielen haben, um die Geschichte zu mögen. Nötige Fachausdrücke werden immer auf natürliche Art und Weise erklärt, kommen aber allgemein sehr wenig vor. Trotzdem merkt man, wie viel Liebe die Autorin für Spiele hat und wie gut sie zu dem Thema recherchiert hat.

Von mir bekommt das Buch fünf wohlverdiente Sterne - dieser Roman wird ganz zurecht gehypt!

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Thema
Veröffentlicht am 18.02.2023

Brutalität und Liebe

Young Mungo
0

Das Leben des 15-jährigen Mungo im Glasgow der 90er ist geprägt von Brutalität und Armut. Sein von Gewalt besessener Bruder ist in Straßenschlachten mit Polizei und verfeindenden Gangs verwickelt, seine ...

Das Leben des 15-jährigen Mungo im Glasgow der 90er ist geprägt von Brutalität und Armut. Sein von Gewalt besessener Bruder ist in Straßenschlachten mit Polizei und verfeindenden Gangs verwickelt, seine alkoholsüchtige Mutter ist für die Kinder nie so da, wie sie sein sollte und auch sonst kann Mungo in seinem Viertel fast nur Elend beobachten. Ein Lichtblick ist dagegen James, ein Junge aus der Nachbarschaft, in den er sich verliebt. Doch Homosexualität ist in seiner Welt ein absolutes Tabu.

"Young Mungo" ist definitiv keine leichte Kost. Den Figuren passiert so ziemlich alles Schlimme, das einem Menschen passieren kann und diese Aktivitäten werden auch oft recht grafisch beschrieben. Wer bei bestimmten Themen etwas empfindlich ist, sollte Abstand von diesem Buch halten - die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Thema hier aufkommt ist ziemlich hoch.

Trotz alldem fand ich fantastisch, wie Stuart es schafft, Elend mit Wunderschönem abwechseln zu lassen. Mungo ist ein sensibler, liebender und wahrscheinlich für seine Welt zu naiver Mensch, der es aber trotzdem schafft, in der Welt immer etwas Schönes zu sehen, was er auch uns Lesern vermittelt. Dieser Kontrast hat mir unheimlich gut gefallen und so blieb ich auch am Ende der Lektüre durchaus optimistisch zurück.

Der Autor schafft es außerdem, ein sehr gutes Bild von Mungos Welt zu schaffen. Wir lernen zahlreiche Charaktere aus seinem Viertel kennen, hin und wieder erfahren wir auch, wie andere Figuren die Ereignisse beobachten und so kann sich der Leser sehr gut vorstellen, wie das Glasgower East End zu dieser Zeit ausgesehen hat.

Von mir bekommt "Young Mungo" fünf wohlverdiente Sterne und ist jetzt schon eines meiner Jahreshighlights!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere