Wirkt optisch eher unscheinbar, hat es inhaltlich aber gewaltig in sich ! Leseempfehlung !
Kleiner WahnObwohl man nach Lesen des Klappentextes schon weiß oder ahnt, um es was es in diesem kleinen, optisch so unscheinbaren, Königskind geht, ist man im Vorfeld auf gar keinen Fall darauf gefasst, wie tief ...
Obwohl man nach Lesen des Klappentextes schon weiß oder ahnt, um es was es in diesem kleinen, optisch so unscheinbaren, Königskind geht, ist man im Vorfeld auf gar keinen Fall darauf gefasst, wie tief der Eisberg im Inneren sein wird.
Ob man dies nun als Warnung betrachtet oder schlicht zur Kenntnis nimmt, bleibt jedem selbst überlassen. Mich hätte man im Vorfeld definitiv kurz warnen sollen, denn die Geschichte hat mich nicht nur komplett eingesogen, sondern unfassbar wütend gemacht.
Da sind Rose und Michael, beide stehen an der Grenze zwischen Teenager- und Erwachsensein. Beide mit einer recht engen Bindung zu den Eltern, die eine freiweillig, der andere, weil er so erzogen wurde. Beides sehr gute Schüler, mit herausragenden Zukunftsmöglichkeiten und trotzdem so naiv und unaufgeklärt, das ich hätte schreien wollen.
Rose und Michael sind schwer verliebt ineinander und als sie das erste Mal miteinander schlafen, da ist es nicht so schlimm, das sie vergessen ein Kondom zu benutzen. Was soll schon passieren ? Beim zweiten Mal, da benutzen sie auch keines. Und dann, 61 Tage später, da stellt Rose plötzlich fest, das sie schwanger ist. Und nun beginnt der eigentliche Wahn: Rose denkt, wenn sie es totschweigt, wenn sie beide, sie und Michael, einfach so tun, als sei nichts passiert, dann wird dieses Ding, dieses Virus in ihr, schon von alleine wieder weggehen.
Doch dieses Verheimlichen, das ihnen nach außen erstaunlich gut gelingt, hat schlimme Folgen und beide erleben eine absolute Wesensveränderung.
Rose beginnt sich auf ganzer Linie selbst zu schaden, Körperlich wie Psychisch. Sie lebt in ihrer selbst konstruierten Welt, gaukelt sich vor, das alles in bester Ordnung sei und befindet sich irgendwann in so einem extremen Wahn, das niemand mehr zu ihr durchdringt. Michael, der unter sehr strenger Hand des Vaters lebt, ist verzweifelt und diese Verzweiflung, die von Hilflosigkeit begleitet wird, die veranlasst ihn dazu, sich immer wieder und immer mehr gegen den Vater zu stellen.
Irgendwann erreichen beide einen Punkt, an dem es nicht mehr weitergeht und die Situation völlig aus dem Ruder läuft.
Dianne Touchell erzählt diese Geschichte eiskalt, aber in einem unglaublich poetischen und wunderschönen Ton. Sie wirft den Leser direkt mit dem ersten Satz ins Geschehen, hält sich nicht mit Nichtigkeiten oder einer langen Vorgeschichte auf, sondern geht direkt auf meine Gefühlswelt los und bringt diese ordentlich ins Straucheln. Mit jeder Seite die man liest, wird einem immer mehr bewusst auf welche Katastrophe Michael und Rose da eigentlich zusteuern und es hat mich so unfassbar wütend gemacht. Erst darauf, das die beiden so naiv sind, was irgendwann in Wut auf die Eltern umschwang, die ihre Kinder zwar gläubig, aber unaufgeklärt erzogen haben. Dann wechselte die Wut nur zu Rose, die sich etwas vormacht, die denkt, sie könne einfach so tun als ob. Diese Wut sprang dann wieder auf die Mutter über, zu der Rose ein unglaublich enges Verhältnis hat. Ich war so sauer auf sie, weil sie nur wahrnimmt was sie möchte, statt einfach mal GENAU hinzusehen. Permanent wollte ich beim Lesen irgendeine Person anschreien. Ob es nun Rose und Michael selbst waren, die Eltern, die Lehrer. Alle haben ihr Päckchen zur Katastrophe beigetragen, die am Ende des Buches auf einen wartet und die einen schockiert und auch ein bisschen hilflos macht.
Aufgrund der geballten Ladung Heftigkeit, die in diesem kleinen Büchlein steckt, war ich mehrmals versucht es, zumindest ganz kurz zum Durchatmen, beiseite zu legen. Es gelang mir nicht, denn Dianne Touchells Worte und ihre Eindringlichkeit wirken wie ein Sog, dem man sich nicht entziehen kann.
Der einzige Kritikpunkt den ich persönlich habe, ist das Ende, welches mir ein bisschen zu unfertig war. Irgendwie auch nicht. Es macht alles Sinn und es ist alles schlüssig und doch ist die Szene für mich irgendwie unrund. Ich habe meine Geschichten und besonders die Enden immer gerne so abgeschlossen, das ich nicht noch viel reininterpretieren und mich fragen muss, wie es für die ein oder andere Person weiterging. Das fand ich ein bisschen schade.
Ansonsten: Ganz klare Leseempfehlung meinerseits !