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Veröffentlicht am 11.03.2023

Sehr komplex, genial und bitte schnell mehr!

Wer die Hölle kennt
1

Vielen lieben Dank an Knaur Fantasy für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Ahhhh, ich kann mir ...

Vielen lieben Dank an Knaur Fantasy für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.


Aufmachung:
Ahhhh, ich kann mir dieses Cover einfach nicht lange ansehen, es ist so schrecklich! xD
Allerdings ist das in diesem Fall ausnahmsweise ein Kompliment, denn genau diesen Effekt soll dieses hässliche Kaninchen hinter dem Titel natürlich haben. Es ist einfach nicht schön, aber es passt wunderbar gut zur Stimmung des Buches und auch zum Inhalt. Ohne zu viel zu verraten, kann ich sagen, dass das Kaninchen wie die Schlange im ersten Band hier eine Bedeutung haben wird, die einem jedoch erst mit fortlaufender Handlung klar wird.
Aus genau diesem Grund finde ich es auch super, dass der deutsche Verlag die Originalcover übernehmen konnte. Das deutsche Cover finde ich trotzdem noch ein bisschen „schöner“ (soweit man hier von schön reden kann, haha), einfach aufgrund der Prägung.
Im Buch ist außerdem eine Karte von Yale abgedruckt, die ich mir vor dem Lesen erst einmal gefühlt eine halbe Stunde angesehen habe. Die hätte ich im ersten Band gebraucht, da war ich völlig verloren auf dem Campus! Aber ich bin natürlich froh, dass sie wenigstens in der Fortsetzung einen Platz im Buch gefunden hat, besser spät als nie. ;D


Meine Meinung:
Nachdem ich in den ersten zwei Dritteln vom Auftakt enorme Startschwierigkeiten aufgrund der Komplexität und der sehr langatmigen Erzählweise Bardugos hatte, hat mich das letzte Drittel und vor allem das Ende von „Das Neunte Haus“ völlig umgehauen, und ich war extrem froh, dass ich „Wer die Hölle kennt“ bereits parat hatte. Der letzte Satz aus dem Auftakt hat nämlich nicht nur mich, sondern auch meine Buddyreadpartnerin Sophia (@wordworld.books, Shoutout ♥) sprachlos zurückgelassen! War also klar, dass wir uns nahezu direkt im Anschluss der Fortsetzung widmen mussten.

Diese setzt dann auch ziemlich genau da an, wo Band eins aufhört: Bei Alex´ und Dawes´ Suche nach einem Weg in die Hölle, um Darlington zu befreien.
Wie auch schon „Das Neunte Haus“ setzt „Wer die Hölle kennt“ dabei ganz in Leigh-Bardugo-Manier nicht auf wilde, epische Kampfszenen und große Emotionalität, sondern auf einen ruhigeren, aber nicht minder mitreißenden Erzählstil. Die Alex-Stern-Reihe besticht dabei mit Krimielementen, Verschwörungstheorien und Mythen über Yale und andere Rätsel der Welt, die Bardugo so raffiniert in ihre Geschichte einbaut, dass man nur staunen kann und nicht umhinkommt, sich zu fragen, ob diese Parallelgesellschaft der Acht Häuser und Lethe, die mit Macht spielt, die sie nicht haben sollte, nicht doch unter uns existiert, ob es diese Form der Magie, Dämonen und die Hölle nicht tatsächlich gibt. Man muss sich zwar auch in der Fortsetzung der Reihe sehr stark konzentrieren, damit man nicht den roten Faden verliert und auch wirklich alle Informationen mitnimmt, die später noch relevant werden können – und wie man Leigh Bardugo kennt, werden sie das definitiv! Allerdings ist diese Leistung, die das Buch vom Leser fordert, nicht annähernd so zermürbend wie im Auftakt. Das liegt aber wohl mehr daran, dass man sich jetzt besser in der Welt von Yale und Lethe zurechtfindet, als dass „Wer die Hölle kennt“ weniger kompliziert und verworren ist. Das ist es nämlich immer noch, aber dieses Mal, wie man es von der Autorin auch kennt, auf die gute Art! Man versucht, das Genie Bardugo zu durchschauen und irgendwie vorherzusehen, was wohl als nächstes kommen mag; man stellt eigene Theorien auf, verdächtigt erst einmal jede Figur und hat Ideen, wie Alex und Dawes es zu einer Lösung schaffen könnten, nur um immer wieder aufs Neue festzustellen, dass man einfach nicht ansatzweise so schlau ist wie die Autorin, die es wirklich jedes Mal schafft, einen hinters Licht zu führen.


Trotzdem – und vor allem das ist der Grund, weshalb ich Leigh Bardugo zu meinen größten LieblingsautorInnen zähle, und zwar auch wenn ich nicht alle ihre Bücher mit der vollen Punktzahl bewerten würde – läuft am Ende auch hier wieder alles zusammen. Nahezu die Hinweise und Finten, die sie dem Leser im Laufe der Handlung stellt, die Fragen die sie aufwirft und selbst die scheinbar unwichtigsten Details bekommen schließlich eine Bedeutung, es macht alles zu 100 % Sinn, man wird auf jeden Fall für sein Durchhaltevermögen belohnt und man fragt sich zuletzt, wie man nicht selbst darauf kommen konnte, da das ja doch alles einfach logisch ist.
Selbst die kleinsten, unscheinbarsten Aussagen, die ich über das Geschehen schon längst wieder vergessen habe, greift die Autorin irgendwann auf und verleiht ihnen innerhalb der Handlung eine enorme Bedeutung, mit der man so niemals gerechnet hätte. Es verblüfft mich bei Bardugos Werken immer wieder aufs Neue, wie sie es schafft, über so hochkomplexe Geschichten den Überblick zu behalten und nichts zu vergessen oder sich selbst nicht zu widersprechen. Ich kann mich vor ihrem Genie einfach nur verneigen!



So viel also zu meiner Lobeshymne auf die Autorin.
Darüber hinaus hat „Wer die Hölle kennt“ aber auch neben dem komplexen, genialen Worldbuilding viel, was von sich überzeugt, allen voran die Figuren.
Während ich mir sehr gut vorstellen kann, dass man mit Alex vor allem im ersten Band so seine Schwierigkeiten haben wird, da sie eben nicht die typische Heldin ist, sondern eher opportunistisch, moralisch grau und noch dazu emotional unnahbar, distanziert, fand ich sie schon früh klasse, auch wenn sie selbst bei mir ein wenig Zeit gebraucht hat, damit ich zu ihr einen Draht aufbauen und mich in sie hineinversetzen konnte. In „Wer die Hölle kennt“ merkt man dann aber so richtig, wie stark sie sich im Laufe der Zeit, vor allem verglichen mit ihren Anfängen bei Lethe, weiterentwickelt hat. Sie lernt, mit ihren Schwächen umzugehen und vor allem, sich auf andere Menschen einzulassen und sich ihnen zu öffnen.

Dabei fand ich es besonders schön, wie sich ihre Beziehung zu Dawes entwickelt, und vor allem, wie man merkt, dass die beiden voneinander lernen und sich gegenseitig helfen, zu wachsen, aufzublühen und zu noch beeindruckenderen Persönlichkeiten zu werden. Alex lernt dabei von Dawes, dass es auch in Ordnung ist, anderen mal eine weichere Seite zu zeigen, während Dawes immer besser darin wird, sich zu behaupten und für sich selbst, aber auch für ihre Freunde einzustehen und stark zu machen.

Das macht beide zu noch lebensnäheren Figuren, als sie ohnehin schon sind. Leigh versteht es super, ihre Figuren sich einerseits eigenständig und realistisch entwickeln zu lassen, und dabei aber andererseits auch nicht außer Acht zu lassen, wie der zwischenmenschliche Kontakt und die Beziehungen zu anderen Figuren sie ebenso formen und beeinflussen. Dieses fundamentale Verständnis, das die Autorin also für ihre Geschichte hat, greift also auch auf ihre Figuren über, was dem Ganzen Leben und Realismus gibt und das Buch so zu einem Tor in eine andere Welt macht. Das ist schlicht und einfach großartiges Storytelling, mit dem nicht Viele in der Weise mithalten können!

Ebenso bemerkenswert ist, wie sie es geschafft hat, Darlington mindestens genauso viel Leben einzuhauchen wie Alex und Dawes, obwohl er die beiden über den Großteil der Handlung nur mittelbar durch Erinnerungen und Erzählungen über ihn begleitet – er selbst sitzt in der Hölle fest und außer ein paar wenigen Begegnungen hier und da, bei denen auch nicht viel geredet wird, hat er keine aktive Rolle im Geschehen. Dennoch ist er genauso greifbar wie die anderen Figuren, er wächst einem ebenso ans Herz wie Alex und Dawes, und seine Beziehung zu den beiden ist nicht weniger spürbar und lebendig, wie die anderen Beziehungen in „Wer die Hölle kennt“.
Einer passiven Figur wie Darlington derart Leben einzuhauchen, dass man mit ihr genauso mitfiebert wie mit den Protagonisten, ist sicherlich kein leichtes Unterfangen und zeigt wieder einmal das fundamentale Verständnis, das Leigh Bardugo von ihrer Geschichte und ihren Figuren hat. Auf die Gefahr hin, dass ich mich hier nur wiederhole: Ich ziehe meinen Hut vor ihr!

„‚Galaxy Stern‘, sagte Darlington, und seine Augen leuchteten golden auf, ‚ich rufe schon die ganze Zeit nach dir.“ (S. 246/576)


Alles – berechtigte! – Lob einmal beiseite: Ich habe auch ein kleines bisschen an der Geschichte auszusetzen, wobei zumindest der eine der beiden Kritikpunkte mehr auf einem Gefühl als auf einem bestimmten Aspekt am Buch beruht.
Zum einen hat mich nämlich im Mittelteil ganz kurz der Klammergriff der Geschichte verlassen, zum anderen fand ich die Auflösung zum Schluss im Vergleich zur restlichen Handlung eher schwach und underwhelming. Anders als „Das Neunte Haus“ beginnt „Wer die Hölle kennt“ zwar unheimlich stark, kann die meiste Zeit das Niveau auch halten und der große Showdown gegen Ende ist so genial, dass man sich kaum lösen kann.
Zwischendurch hatte ich allerdings kurz das Gefühl, dass die Handlung ein wenig auf der Stelle tritt – was aber ehrlicherweise vielleicht auch dessen geschuldet ist, dass ich generell gerade viel um die Ohren habe und bei einem Buch, das so viel Input liefert, zwischendurch bestimmt auch mal unbewusst abschalte. Wie stark die Handlung im Mittelteil also tatsächlich stagniert und wie viel meines Gefühls auf meinem Stress beruht, kann ich daher gar nicht wirklich sagen, weshalb sich, um dem Buch gegenüber fair zu bleiben, dieser Aspekt nicht allzu stark auf meine Endbewertung ausgewirkt hat.

Viel „enttäuschter“ war ich demgegenüber von der Auflösung am Ende – wobei enttäuscht hier auch noch zu negativ für das ist, was ich tatsächlich gegenüber dem Ende empfinde. Es ist immer noch stark, es macht Sinn und beeindruckt hinsichtlich der Details, die hier alle zusammenlaufen, und macht vor allem unfassbar neugierig auf den dritten Band.
Im Vergleich zum Rest fühlte sich das Ende allerdings fast schon zu eilig, zu wenig ausgereift an – das über Leigh Bardugo zu schreiben, fühlt sich fast schon an wie Blasphemie, als ob sie jemals etwas nicht ausreifen lässt!!! Seht diesen Kritikpunkt also bitte in Relation zu allem, was ich vorher über die Autorin geschrieben habe, haha.
Insbesondere aber das Zusammentreffen von Alex und Darlington war mir schlicht zu wenig. Zwar fällt Leigh Bardugo auch in ihren anderen Werken damit auf, dass sie mehr zwischen den Zeilen sagt als ausdrücklich (bestes Beispiel dafür ist „Rule of Wolves“ mit Zoyalai), und genau das liebe ich eigentlich auch an ihrem Schreibstil. Dadurch, dass man sich selbst zusammenreimt, was eigentlich gesagt wird, bekommt alles noch mehr Gewicht, noch mehr Bedeutung, und wirkt so noch viel intensiver, als hätte sie das, was sie sagen möchte, ausformuliert.
Bei allem, was Alex und Darlington jedoch bisher erlebt haben, wie sie vorher miteinander interagiert haben, und wie sie übereinander denken und füreinander fühlen, war es mir hier doch auch zwischen den Zeilen nicht genug, zu unterkühlt und zu wenig entsprechend dem, wie sie sich bis zu dem Punkt einzeln und miteinander entwickelt haben. Ich werde das jetzt nicht weiter ausführen, weil ich natürlich nicht spoilern möchte, deshalb nur noch ein Satz: Im Vergleich zu dem, was ich die beiden Bücher zuvor gelesen habe, habe ich da einfach mehr erwartet.
Deshalb bin ich nicht ganz so begeistert aus „Wer die Hölle kennt“ gegangen, wie ich es gewollt hätte, und deshalb gibt es auch nicht die volle Punktzahl.

Dennoch bin ich nach wie vor begeistert von der Genialität, die Leigh Bardugo mal wieder unter Beweis gestellt hat, und ich freue mich unglaublich auf die Fortsetzung und auch auf die Amazon-Serie! Das wird großartig, glaube ich.


Bonus: Ich möchte an dieser Stelle einmal das leuchtende Etwas positiv hervorheben, dass hier überraschend oft erwähnt wird, und das ich für die Geschichte zwar für wenig relevant halte, das mich aber durchweg mit großer Freude erfüllt hat, höhö. IYKYK


Fazit:
Die „Alex Stern“-Reihe ist definitiv keine leichte Kost, was vor allem an der Komplexität der ganzen Geschichte liegt. Wenn man zu Anfang von „Das Neunte Haus“ Schwierigkeiten hat, in die Handlung zu finden, kann ich an dieser Stelle nur sagen: Verstehe ich, aber durchhalten lohnt sich! Bereits im Auftakt bahnt sich an, dass man mit dieser Reihe wieder Beeindruckendes, Bahnbrechendes von Leigh Bardugo aufgetischt bekommt, und in „Wer die Hölle kennt“ bestätigt sich das Ganze nur. Ich könnte meine seitenlange Lobeshymne auf das Genie der Autorin ewig fortführen, aber hier nur ein Satz: Wenn man glaubt, sie und ihre Geschichte durchschaut zu haben, ist man auf dem Holzweg, so schlau kann man nämlich gar nicht sein.
Dazu kommen liebenswerte, lebensechte Figuren, die mit jeder Seite greifbarer werden und mehr ans Herz wachsen, selbst wenn sie in der Handlung nur mittelbar vorkommen, und ein Ende, bei dem man fast schon böse darüber ist, dass sich die Autorin aktuell auf zwei Filmsets befindet und deshalb vermutlich gerade nicht so viel Zeit hat, um an der Fortsetzung zu arbeiten.
Lediglich im Mittelteil bin ich beim Lesen gedanklich dann doch kurz abgeschweift (was aber sicher auch mit meinem momentanen Stress zusammenhängt), und die Auflösung am Ende hat mich im Vergleich zu allem, was man vorher liest, doch enttäuscht, daher gibt es insgesamt einen Punkt Abzug. Das muss man aber natürlich in Relation zu der Genialität Bardugos sehen, denn „Wer die Hölle kennt“ befindet sich trotz allem auf absolut höchstem Niveau!
4/5 Lesehasen.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.02.2023

Sehr vorhersehbar und oberflächlich, aber dafür nicht weniger unterhaltsam

Boston Belles - Sparrow
1

Vielen lieben Dank an NetGalley und den Lyx-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine ehrliche Meinung wird davon selbstverständlich nicht beeinflusst.

Meine Meinung:
Aus der „Boston ...

Vielen lieben Dank an NetGalley und den Lyx-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine ehrliche Meinung wird davon selbstverständlich nicht beeinflusst.

Meine Meinung:
Aus der „Boston Belles“-Reihe habe ich bisher nur „Monster“ gelesen, in dem es um Sam geht, den Ziehsohn von Troy und Sparrow. Bereits da fand ich die Dynamik zwischen den beiden sehr spannend, als ich dann also gesehen habe, dass es über sie ein Prequel geben wird, habe ich es mir direkt vorgemerkt.

Im Nachhinein ist „Sparrow“ sehr ähnlich zu „Monster“, was den Aufbau der Geschichte und die Vorhersehbarkeit angeht: Unabhängig davon, dass man durch „Monster“ natürlich schon weiß, wie es für Troy und Sparrow enden wird, ist bereits zu Beginn der Geschichte glasklar, wie sich die beiden Protagonisten und ihre Beziehung zueinander entwickeln wird.
Dass man also nur wenig überrascht wird, hat mich hier allerdings gar nicht gestört, denn den Anspruch stellt L. J. Shen gar nicht.

Wie in allen ihren Werken geht es hier nämlich um die beiden Figuren und ihre toxische Beziehung, und natürlich um Sex. Shens Geschichten sind also vielleicht nicht besonders tiefgründig, aber sie versteht es, lebensnahe und vielschichtige Protagonisten zu schaffen, die in einer dunklen, gefährlichen Welt überleben müssen. Genau das macht den Reiz aus und das hat mich auch an „Sparrow“ wieder begeistern können.

Ihr Schreibstil ist dabei genauso leicht, sodass man die 431 Seiten mit Leichtigkeit innerhalb kürzester Zeit lesen kann, und trotz der Vorhersehbarkeit und Oberflächlichkeit gefesselt ist.
Ein wenig enttäuscht war ich über Troys großes Geheimnis, aus dem er Sparrow geheiratet hat, obwohl er sie offensichtlich kaum leiden kann und vor allem Anfangs keinen Hehl daraus macht, dass er sie nicht einmal hübsch findet. Ich habe etwas Riesiges erwartet angesichts dessen, wie das Ganze aufgebauscht wurde, aber letztlich hat es sich dann doch als „Kleinigkeit“ herausgestellt, die nicht nur ebenso vorhersehbar war wie der Rest der Geschichte, sondern auch regelrecht underwhelming war, sodass ich mich gefragt habe: „Das war´s jetzt?“.
In Betracht dessen, dass aber, wie gesagt, auch das restliche Buch nicht besonders anspruchsvoll ist, fällt das hier nicht besonders negativ ins Gewicht.

Gut gefallen hat mir wie immer die Charakterisierung der Protagonisten, und dass beide, obwohl Sparrow machttechnisch durchaus am deutlich kürzeren Hebel sitzt, starke Persönlichkeiten sind, die füreinander gleichermaßen gut wie schlecht sind. Man merkt wieder einmal deutlich, dass der Grundstein der Beziehung der beiden kein stabiler ist und ihre Beziehung ganz eindeutig nicht gesund oder erstrebenswert – Sparrow wird regelrecht an Troy verkauft –, aber Shen romantisiert nichts daran. „Sparrow“ ist in der Hinsicht einfach unterhaltend.


Fazit:
Wie schon bei anderen Werken stellt L. J. Shen auch bei „Sparrow“ nicht den Anspruch, besonders tiefschürfend oder romantisch zu sein. Stattdessen ist die Vorgeschichte der „Boston Belles“-Reihe sowohl genauso toxisch als auch vorhersehbar wie „Monster“, in dem es um Troys und Sparrows Ziehsohn Sam geht. Was ich bei anderen Büchern negativ anmerken würde, stört hier allerdings gar nicht, da es der Autorin offensichtlich eben gerade nicht darum geht, dem Leser eine herzzerreißende Geschichte zwischen zwei Liebenden zu präsentieren, sondern eine toxische Beziehung zweier kaputter Protagonisten in einer ebenso kaputten Welt zu porträtieren, und das schafft sie.
4/5 Lesehasen.

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Veröffentlicht am 04.02.2023

Dark Academia at its best! Aber anfangs doch sehr zäh.

The Atlas Six
1

Vielen lieben Dank an NetGalley und Fischer TOR für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Meine Meinung:
Der ...

Vielen lieben Dank an NetGalley und Fischer TOR für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Meine Meinung:
Der Hype auf Bookstagram und BookTok um „The Atlas Six“ ist riesig, vor allem im englischsprachigen Raum. Entsprechend hoch waren auch meine Erwartungen an das Buch – wenn es so viele mögen, muss ja etwas dran sein, oder? Leider bin ich trotz allem jetzt erst dazu gekommen, das Buch zu lesen, und ehrlicherweise würde ich nicht sagen, dass ich es bereue, dass ich nicht früher zu dem Buch gegriffen habe.
Versteht mich nicht falsch! „The Atlas Six“ ist ein intelligenter, cleverer und vor allem in der zweiten Hälfte auch mitreißender Urban Fantasy-Auftakt.
Bis man zu diesem Punkt kommt, braucht man jedoch ein wenig Geduld. Blake braucht sehr lange, bis sie ihre Welt aufgebaut und die Figuren eingeführt hat – das ist bei so einem komplexen Buch wie „The Atlas Six“ natürlich keine Überraschung und grundsätzlich bin ich ja auch ein großer Fan von raffiniertem, kompliziertem Worldbuilding. Der Preis dafür ist eben oft ein etwas zäher Anfang. Dennoch hätte ich mir hier im ersten Drittel und auch im Mittelteil zwischendurch gewünscht, dass sie in ihrer Erzählung etwas anzieht und manche Beschreibungen oder Dialoge, bei denen ich nicht das Gefühl hatte, dass sie die Story irgendwie voranbringen, gestrichen hätte. Hätte ich nicht im Flieger gesessen und viereinhalb Stunden irgendwie totkriegen müssen, hätte ich mich wohl schneller von dem Buch abgewendet und dann auch wesentlich länger hierfür gebraucht.

Sobald man dann aber über diesen Punkt hinaus und in der zweiten Hälfte des Buches angekommen ist, kann „The Atlas Six“ aber überzeugen! Vor allem das Magiesystem hat mich hier tief beeindruckt, was bei jemandem, der hauptsächlich Fantasy liest, und auch schon vielen spannenden Magiesystemen begegnet ist, gar nicht unbedingt oft vorkommt.
Aber die Art und Weise, wie Blake Physik und Magie miteinander verbunden, Raumzeit-Theorien aufgegriffen und in ihrer Story verwoben und nebenbei auch noch Psychologie mit einfließen lassen hat, und das alles vor dem Hintergrund der magischen Bibliothek von Alexandria, ist mir so bisher noch nie untergekommen – und das ist die große Stärke des Buches und auch der Grund, weshalb es mich trotz des Einstiegs letztlich so sehr überzeugen konnte, dass ich mich auf die Fortsetzung sehr freue!

Auch die Figuren konnten mich, nachdem ich sie irgendwann dann mal auseinanderhalten und mich auf sie einlassen konnte, überzeugen, wobei ich Callum und Tristan von den fünf Protagonisten deshalb am interessantesten fand, weil man (gerade bei Callum) nicht so richtig weiß, wie man sie einordnen soll. Vor allem Libby, aber auch Nico und Parisa kann man relativ gut einschätzen, aber meine Meinung über Callum und Tristan hat sich dagegen oft geändert. Dennoch habe ich auch die beiden selbst nach fast 600 Seiten noch nicht so richtig greifen können. Das ist bei so vielen Hauptfiguren neben so einem ausführlichen und komplizierten Worldbuilding aber natürlich auch nicht weiter überraschend, ich hoffe bloß, dass man sie in der Fortsetzung besser kennenlernt.


Fazit:
„The Atlas Six“ hat definitiv seine Stärken, aber so begeistert von dem Buch, dass ich sagen würde, es hätte den Hype verdient, bin ich dann doch nicht. Das liegt hauptsächlich an dem zähen Anfang und den Längen zwischendurch, die meines Erachtens auch vermeidbar gewesen wären.
Kommt man aber über dieses Stellen hinweg, belohnt das Buch mit einem grandiosen, cleveren und sehr komplexen Magiesystem, das mir so noch nicht untergekommen ist, und fünf spannenden Protagonisten, die in der Fortsetzung aber gerne noch mehr Form annehmen dürfen.
4/5 Lesehasen.

  • Einzelne Kategorien
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  • Handlung
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Veröffentlicht am 07.12.2022

Schwieriges Buch, das große Überraschungen bereithält

Book of Night
1

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Ich finde es super, ...

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Ich finde es super, dass der Verlag das Originalcover übernehmen konnte, es passt einfach perfekt zum Buch! Der dunkelblaue Hintergrund scheint eine an den Ecken mit Stuck verzierte Wand zu sein, die in der Mitte von einem Riss durchbrochen wird, durch den ein schwarzer Nachthimmel mit stilisierten Sternen und einem Mond zu sehen ist.
All das zeigt auf den ersten Blick, dass das Buch in der Dunkelheit spielt – metaphorisch und buchstäblich.
Der Titel sowie der Autorinnenname sind in mattem Gold gehalten, was dem Buch etwas Edles gibt, und die schwarzen Innenklappen sind jeweils mit dem Mond vom Cover und einem Zitat aus dem Buch geschmückt. Insgesamt erhält das Buch so eine sehr hochwertige Aufmachung, die den doch sehr stolzen Preis von 18 € fast schon wieder rechtfertigt.
Wie immer bin ich von der Aufmachung des Verlages absolut begeistert!


Meine Meinung:
„Book of Night“ gehört zu den von mir am meisten ersehnten Neuerscheinungen des Jahres, da ich die „Elfenkrone“-Trilogie der Autorin geliebt habe und sehr gespannt auf ihr erstes Werk für Erwachsene war. Umso mehr habe ich mich dann natürlich über das Rezensionsexemplar gefreut!
Wegen meinen Klausuren Ende November kam ich dann wider Erwarten leider nicht sofort zum Lesen und in der Zwischenzeit habe ich dann bei Bookstagram die ersten Meinungen über das Buch mitbekommen – die leider alle eher nüchtern oder sogar negativ ausfielen. Aus genau diesem Grund versuche ich eigentlich insbesondere bei Büchern, auf die ich mich riesig freue, den Meinungen anderer Leser aus dem Weg zu gehen, bis ich mir selbst ein Bild machen konnte, damit meine Vorfreude nicht verloren geht. Da „Book of Night“ aber in letzter Zeit praktisch überall auf Instagram zu sehen war, wie es bei der Neuerscheinung einer großartigen Autorin ja auch gar nicht anders zu erwarten ist, kam ich dann aber doch nicht darum herum, sodass meine Begeisterung unweigerlich etwas gedämpft wurde.

Natürlich hat es das Buch verdient, dass ich das trotzdem nicht an mich heranlasse und mir meine eigene Meinung bilde, was ich auch getan habe, aber die Meinungen der anderen, insbesondere derjenigen, von denen ich weiß, dass sie einen ähnlichen Lesegeschmack haben wie ich, bleiben einem selbstverständlich trotzdem im Hinterkopf.
Die meisten haben dabei kritisiert, dass der Anfang viel zu langatmig und zäh sei, der Schreibstil zu distanziert und die Protagonistin nur wenig greifbar. Im Nachhinein kann ich das alles sehr gut nachvollziehen, wenn ich es auch nicht ohne Protest unterzeichnen würde. Es stimmt zwar alles, aber mit einer entsprechenden Erwartung an das Buch kann es einen trotzdem begeistern!

Gerade die erste Hälfte des Buches zieht sich aber sehr stark in die Länge, man kommt nur schwer in die Geschichte und muss sich sehr stark auf das Geschehen konzentrieren, um überhaupt eine Chance haben mitzukommen. Aus diesem Grund würde ich Genreeinsteigern auch sehr stark davon abraten zu diesem Buch zu greifen!

Denn „Book of Night“ ist ein sehr verworrenes Buch mit einem hochkomplexen und sehr detailreichen Magiesystem, dessen Regeln man sich erst einmal alle merken und dann auch noch verstehen muss.
Darüber hinaus lebt dieses Buch weniger von Action, flotten Dialogen oder Humor, was in Fantasy oft eine Stütze für den Leser bei schwierigem Worldbuilding sein kann. Stattdessen fokussiert sich Black in ihrer Erzählung auf die Arbeit von Charlie, wie sie ihr Handwerk gelernt hat, worauf sie bei Raubzügen achten muss und wie man Schlösser knackt. Der Plot ist dabei extrem auf Charlies Ermittlungen konzentriert, bei denen man selbst sehr gut aufpassen muss, damit einem keine Details entgehen, sodass man nicht zwischendurch den roten Faden verliert. Das wäre fatal, denn die Spannung steigert sich vor allem dadurch, dass man als Leser selbst miträtselt und versucht, die Geheimnisse, auf die Charlie stößt, zu verstehen, zu entwirren und zu lüften. Holly Blacks Erzähltempo ist also extrem langsam, und wessen Fall das gar nicht ist oder wer zwischendurch etwas Lockerheit braucht, wird „Book of Night“ sehr wahrscheinlich sehr anstrengend oder langweilig finden.


Das gilt umso mehr für diejenigen, die sehr stark figurbezogen lesen und vielleicht schonmal festgestellt haben, dass sie Schwierigkeiten mit einem distanzierten Schreibstil haben.
Black schreibt hier nämlich in der dritten Person und lässt kaum Nähe zu ihren Figuren, auch nicht zu ihrer Protagonistin Charlie zu; hin und wieder sind Kapitel aus der Sicht einer weiteren Person geschrieben, ohne dass man lange Zeit weiß, wer sich dahinter verbirgt. Das erschwert es einem natürlich, sich in Charlie hineinzuversetzen und mit ihr warm zu werden.
Darüber hinaus ist sie keine Heldin. Sie ist eine Verbrecherin, der es einen Kick gibt, andere Leute zu bestehlen und zu betrügen, die in ihren Raubzügen aufgeht und die auf sich selbst kaum achtet. Einzig ihre Schwester Posey ist ihr wichtig, alle anderen benutzt sie nur für ihre eigenen Zwecke. Sie hat keinen Moralkompass und handelt opportunistisch ohne Rücksicht auf Verluste. Charlie ist ziemlich „abgewrackt“ und man möchte nicht in ihrer Haut stecken.

„Wenn sie nicht verantwortungsvoll oder vorsichtig oder gut oder liebenswert sein konnte, wenn sie dazu verdammt war, ein loderndes Streichholz zu sein, dann konnte sie sich genauso gut etwas suchen, das sie verbrennen konnte.“ (S. 224/478)

Trotzdem hat sie mir als Protagonistin sehr gut gefallen. Nicht, weil ich all ihre Handlungen und Entscheidungen verstehen oder gutheißen konnte, sondern weil sie authentisch ist. Durch Rückblenden, Erinnerungen und innere Monologe kann man gut nachvollziehen, weshalb sie sich zu der Person entwickelt hat, die sie in der Gegenwart ist. Ihr Werdegang und ihr Verhalten sind zwar abschreckend, aber logisch und menschlich, und das macht sie echt. Der Hauptfokus des Buches liegt natürlich auf ihren Ermittlungen, aber Black webt ihre Charakterisierung und ihre Entwicklung so geschickt in die Handlung mit ein, dass sich die Figur Charlie lebendig anfühlt und trotz des durchaus sehr distanzierten Schreibstils nahbar und greifbar wird – vorausgesetzt, man kann sich an den Schreibstil gewöhnen. Dabei kann aber das Hörbuch stark helfen, das auch bei mir wesentlich dazu beigetragen hat, dass ich doch so gut ins Buch gefunden habe, also probiert es einfach mal aus. 😉

Auch die anderen Figuren, allen voran Vince und Posey, sind genauso interessant wie die Protagonistin und vor allem auch fast so vielschichtig. Wie bei Charlie weiß man insbesondere bei Vince die ganze Zeit über nicht so richtig, was man von ihnen halten soll, ob man ihnen trauen kann und was ihre eigentlichen Ziele sind. Zwar hat Black sie zwangsläufig nicht ganz so facettenreich ausgestaltet wie ihre Protagonistin, aber spannend und greifbar sind sie dennoch, und für die Fortsetzung ist sehr viel Potenzial da.
Charlies Beziehung zu Vince ist ebenso undurchsichtig wie die Figuren. Sie steht weniger im Fokus der Handlung als Charlies Ermittlungen, aber sie steht dennoch im Zentrum des Buches, ohne zu viel Raum einzunehmen. Die ganze Zeit über weiß der Leser nicht, ob er nun für Charlie und Vincent hoffen soll, oder ob er für die beiden lieber möchte, dass sie sich nicht wiedersehen. Wenn ein Satz jeden Aspekt, so auch diesen, dieses Buches widerspiegelt, dann folgender: Man weiß nicht, was gut und was böse ist. Und genau das macht in meinen Augen den Reiz von „Book of Night“ aus!


Wenn man sich dann nämlich erstmal an den Schreibstil gewöhnt und akzeptiert hat, dass das Erzähltempo einen nicht durch „Book of Night“ jagen wird, und man stattdessen sehr aufmerksam lesen muss, entpuppt sich Holly Blacks erster Roman für Erwachsene als ein bis ins letzte Detail durchdachter, sehr komplizierter und cleverer Urban Fantasy-Krimi, bei dem manche Elemente vielleicht offensichtlich erscheinen, der es aber doch immer wieder schafft, einen zu überraschen. Bis zum Schluss wusste ich nicht, wie Charlie die Rätsel und ihre Probleme lösen würde. Die Art, wie sie kontinuierlich alle austrickst, um die Ecke denkt und eine wirklich überzeugende Betrügerin ist, hat mich nicht nur durchweg begeistert, sondern letztlich wohl auch dazu beigetragen, dass ich nicht durchschauen konnte, wie das Buch enden würde! Da kann ich nur beeindruckt meinen Hut vor der Autorin ziehen.

Das Magiesystem ist hier ebenso schwer zu fassen und kompliziert wie der Plot, weshalb ich hier gar nicht allzu viele erklärende Worte verlieren möchte. Ich möchte nur noch sagen, dass ich die Idee der belebten Schatten so spannend und vor allem auch so glaubwürdig und echt beschrieben fand, dass ich beim Lesen nicht nur einmal auf meinen eigenen Schatten geschielt habe. Sobald eine Autorin das bei mir hinbekommt, ist die Katze eigentlich schon aus dem Sack! Ich würde von mir behaupten, dass ich grundsätzlich nicht so leicht zu überzeugen bin. Wenn es ein Magiesystem, das so vielseitig wie dieses hier ist, aber schafft, mich völlig einzunehmen, dann ist es einfach nur grandios ausgebaut und geschrieben!


Fazit:
Das Buch ist hundertprozentig nicht für jeden etwas, und vor allem auch nicht für ausschließlich jeden „Elfenkrone“-Fan. Zwar ist Charlie, wenn auch noch durchtriebener und egoistischer, ähnlich wie Jude eine Antiheldin, aber anders als „Elfenkrone“ mangelt es „Book of Night“ jeglicher Magie (im übertragenden Sinne). Das Buch ist düster, die Protagonistin ist eine Verbrecherin und ob man nun dem Guten oder Bösen die Daumen drückt, weiß man einfach nicht – es ist eben eindeutig für Erwachsene geschrieben.
Die weit verbreitete Kritik, der Anfang sei viel zu zäh, der Schreibstil zu distanziert und die Protagonistin nur wenig greifbar, kann ich sehr gut nachvollziehen; insbesondere der Einstieg fiel auch mir nicht leicht, da hat mir aber das Hörbuch viel weitergeholfen. Wer sich jedoch an Distanz gewöhnen kann, sich auf eine opportunistische, „abgewrackte“ Protagonistin einlassen und einem Buch folgen möchte, das ein sehr langsames Erzähltempo aufweist und weniger auf Action oder flüssige Dialoge, sondern auf Ermittlungen, Geheimnisse und Betrügereien setzt, bei denen man sehr aufmerksam lesen muss, um nicht verloren zu gehen, der wird in „Book of Night“ einen unheimlich komplexen, raffinierten und cleveren Urban-Fantasy-Roman mit starkem Krimibezug trotz aller Distanz greifbaren und nahbaren Figuren und einem so echt wirkenden Magiesystem finden, dass man selbst gegenüber dem eigenen Schatten misstrauisch wird.
Das Ende hält einige Überraschungen und einen besonders fiesen Cliffhanger bereit, der einen die Fortsetzung kaum abwarten lässt!
4/5 Lesehasen.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.12.2022

Schwieriger Start, aber hintenraus sehr vielversprechend

The Other Side of the Sky – Die Göttin und der Prinz
1

Vielen lieben Dank an vorablesen.de und den dtv-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das ...

Vielen lieben Dank an vorablesen.de und den dtv-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.

Aufmachung:
Das Buch war eindeutig mal wieder eine Coverauswahl! Zwar bin ich nicht unbedingt der größte Fan von großformatigen Personen auf dem Cover, vor allem, wenn sie den Betrachter direkt anschauen, aber hier finde ich es von der Gesamtkomposition durchaus passend, zumal das Mädchen auch in etwa so aussieht, wie ich mir Nimh vorgestellt habe.
Darüber hinaus gefällt mir die im Hintergrund angedeutete Skyline der Stadt, die sich augenscheinlich auf Wolken befindet, optisch sehr, und auch inhaltlich hat dies einen Bezug. Dieses Wolkenstadt-Thema setzt sich im Übrigen auch unter dem Umschlag auf dem naked cover fort, wodurch das Buch insgesamt sehr hochwertig aussieht. Den Abschluss bildet der goldfolierte Titel, der nicht nur ein hübscher Hingucker ist, sondern sich auch wunderbar in das restliche Bild einfügt.
Bei dem Titel finde ich es auch super, dass der deutsche Verlag den Originaltitel einfach übernommen und ihm nur einen Reihentitel zugefügt hat. Beide passen hervorragend zur Geschichte und stellen einen starken Bezug zu den beiden Protagonisten her. Die Aufmachung ist also ausnahmslos gelungen!


Meine Meinung:
Wie man es am Rezensionstitel („Schwieriger Start, aber hintenraus sehr vielversprechend“) schon erahnen kann, hatte ich anfangs so meine Schwierigkeiten mit dem Buch.
Das lag vor allem daran, dass gerade Nimhs Kapitel, die als Göttin einer eher mittelalterlich anmutenden Welt sehr isoliert unter Gelehrten aufwächst, einen doch gehobeneren Umgangston pflegt und ihre Sprech- und Denkweise dadurch etwas schwierig auf die eigene zu übertragen ist. Man braucht sehr lange, bis man sich an den Schreibstil in ihren Kapiteln gewöhnt hat. Darüber hinaus wird man praktisch ins kalte Wasser in diese neue Welt mit unbekannten, sehr verwirrenden Regeln, einem komplexen, ungewöhnlichen Magiesystem und fremden Umgangsformen geworfen. Ihr könnt euch also denken: Bis man sich da zurechtgefunden hat, dauert es eine Weile. Selbst mir, wo ich ja doch relativ viel High Fantasy lese, fiel das nicht ganz so leicht.

Das ändert sich dann aber schnell, sobald man mehrere Kapitel aus Norths Sicht gelesen hat. Er stammt aus der Himmelsstadt Alciel, die von ihren Gepflogenheiten und ihrer Sprache sehr modern ist und auch gut in unsere Welt passen würde. Dort gibt es, anders als in Nimhs Reich, keine Magie, stattdessen ist die Technik sehr weit fortgeschritten und man merkt, dass sich die Autorinnen dabei stark an unserer orientiert haben. Als Leser gewöhnt man sich also sehr leicht an Norths Welt, da man sich in ihm wiederfindet, wodurch der Bezug zu ihm zunächst natürlich stärker ist als zu Nimh.

Als North dann in Nimhs Welt fällt, kann man daher sehr gut nachvollziehen, wie es ihm geht. Ähnlich wie North versteht auch der Leser nämlich noch nicht so ganz was Sache ist und muss sich erstmal zurechtfinden. Norths Probleme helfen einem beim Lesen also sehr stark, in das Buch zu finden. Die Art und Weise, wie die Autorinnen den Leser damit also in das Buch eingebunden und ihm die Welt gezeigt haben, fand ich gleichzeitig genial und auch sehr subtil. Denn man merkt beim Lesen überhaupt nicht, dass sie North praktisch als „Schlüssel“ verwenden, um dem Leser die Welt und ihr Magiesystem näherzubringen. Man wird Schritt für Schritt durch die Konflikte und Regeln von Nimhs Welt geführt, Norths Unwissenheit sowie die des Lesers fügen sich absolut natürlich in die Geschichte ein. So löst sich der Knoten, den man zu Beginn noch hatte, mit Leichtigkeit und unbemerkt auf und man kann sich fallenlassen.

Sobald dieser Schritt überwunden ist, fällt einem dann umso stärker auf, wie komplex, genial und wahnsinnig gut durchdacht Nimhs Königreich und die Wolkenstädte sind, die unterschiedlichen Religionen, die sozialen Konflikte und das Magiesystem. Es wird offensichtlich, dass diese Dilogie unheimlich viel Potenzial hat und lange nicht den Hype erhält, den sie eigentlich verdient hätte.

Das ist nicht nur am Worldbuilding erkennbar, wobei das alleine für sich durch die Kontraste mit der vielfältigen Flora, den Flussländern, dem Tempel und den Ruinen auf der Erde und der modernen Stadt mit ihrem verborgenen Untergrund und dem Palast in der Wolkenstadt eigentlich mehr als eine Erwähnung in einem Absatz wert wäre. Wenn ich hier allerdings zu weit ausholen würde, würde ich erstens vermutlich gar nicht mehr aus dem Schwärmen kommen und zweitens ginge dann vielleicht auch der Zauber des Entdeckens bei euch verloren. 😉


Auch die beiden Protagonisten, Nimh und North, haben beide so unfassbar viel Potenzial, das zwar hier schon angekratzt wurde, das aber noch so viel mehr zu bieten hat.
Auch bei den beiden werden die oben bereits angesprochenen Kontraste wieder sehr deutlich: North, der moderne junge Prinz, der nicht an die Magie glaubt, abenteuerlustig und verspielt ist; Nimh, die sehr junge Göttin, die durch ihren Glauben und die Verantwortung, die auf ihren Schultern lastet, sehr eingeschränkt und zwangsläufig eher zurückhaltend ist.
Neben all den Kontrasten haben Nimh und North aber auch viele Gemeinsamkeiten, die man zusammen mit ihnen im Laufe der Handlung erkennt. Beide sind auf ihre Art einsam und isoliert, getrieben, sich selbst und Autoritäten in ihrem Leben etwas zu beweisen, und auf der Suche nach etwas Größerem.

Die Protagonisten sind im Einzelnen bereits wunderbar ausgearbeitet: Trotz anfänglicher Schwierigkeiten mit Nimh kann man sich in beide sehr gut hineinversetzen und ihre jeweiligen (inneren) Konflikte ausgezeichnet nachvollziehen und nachempfinden. Aber auch gemeinsam sind sie ein super Team, das sich untereinander ergänzt, herausfordert und stärkt.
Die Romanze zwischen ihnen ist dabei sehr subtil, diskret und eher ruhig im Hintergrund, aber dafür nicht weniger herzergreifend und mitreißend.

„‚Ich bin immer noch hier, hier bei dir‘, sage ich leise, jedoch laut genug, dass sie mich ansieht. ‚Und ich bin wirklich. Du hast mir beigebracht zu glauben, Nimh. An Dinge, die ich weder sehen noch anfassen kann. Aber mehr als alles andere glaube ich an dich.‘“ (S. 344/459)

Wie ihre Gegensätzlichkeiten und Gemeinsamkeiten, genau wie die beiden selbst, miteinander harmonieren, wird durch den (absolut gelungenen) Plottwist gegen Ende noch einmal besonders deutlich – ohne allzu viel zu spoilern: Es wird sehr spannend und es gibt einen fiesen Cliffhanger. 😉


Ich habe gar nicht mehr so viel zu dem Buch zu sagen. Es ist ein absolut unterschätzter Stern am YA-Himmel, der so viel zu bieten hat und hoffentlich bald viel mehr Lesern in die Hände fällt! Auch wenn es zu Beginn gerade für Genreeinsteiger sicher nicht leicht wird, dem Plot zu folgen, kann ich nur raten, durchzuhalten und auf Norths Ankunft auf der Erde zu warten – ab dann wird das Lesen einfacher und man kann gar nicht anders, als sich in dieser magischen, hochkomplexen, wunderbar durchdachten Geschichte zu verlieren und mit Nimh und North mitzufiebern.
„The Other Side of the Sky“ ist nicht perfekt und es ist noch einige Luft nach oben, aber ich habe hohe Erwartungen an die Fortsetzung!


Fazit:
Der Einstieg ist aufgrund der Fremdartigkeit von Nimhs Situation, der Gepflogenheiten und Regeln ihres Volkes sowie der Komplexität des Worldbuildings und Magiesystems alles andere als leicht. Sobald man das aber überwunden hat, merkt man, wie komplex, genial und wahnsinnig gut durchdacht Nimhs Königreich und die Wolkenstädte sind, die unterschiedlichen Religionen, die sozialen Konflikte und das Magiesystem. Es wird offensichtlich, dass diese Dilogie unheimlich viel Potenzial hat und lange nicht den Hype erhält, den sie eigentlich verdient hätte.
North stellt einen tollen Gegenpart zu Nimh dar; bei ihnen und ihren Welten spielen die Autorinnen viel mit Kontrasten, aber auch Gemeinsamkeiten. Sie sind tolle Protagonisten, denen man gerne folgt und über die man unbedingt mehr erfahren möchte!
4/5 Lesehasen.

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