Kein gewöhnlicher Psychothriller
PuppentodAuch wenn es sich hier um den 2. Teil nach »Scherbenseele« handelt, kann dieses Buch separat gelesen werden. Bitte überlegt euch gut, ob euch folgende Themen triggern könnten.
Kinderprostitution, Pornografie ...
Auch wenn es sich hier um den 2. Teil nach »Scherbenseele« handelt, kann dieses Buch separat gelesen werden. Bitte überlegt euch gut, ob euch folgende Themen triggern könnten.
Kinderprostitution, Pornografie und Cybergrooming sind die Kernthemen und werden, wie wir es vom Autorenduo kennen, schonungslos und komplex mit allen Hintergründen beleuchtet. Es wird explizit und brutal, darauf sollte man sich vorbereiten.
In gewohntem Perspektivwechsel sind wir Leser sowohl im Kopf der Opfer als auch Täter. Allerdings kommt die Geschichte diesmal ungewohnt langsam daher, was ich in dem Fall nicht negativ bewerte. Im Vordergrund stehen die Schicksale zweier junger Mädchen. Mercy und Nova sind dicke Freundinnen, leben in einem Heim für missbrauchte Kinder, aus dem sie verschwinden. Was beide durchmachen mussten, mag ich gar nicht aussprechen.
Kevin Jonsson, der neue junge Ermittler, wurde als von seinem Onkel missbraucht. Doch er redet nie darüber und das wird ihn nun einholen und ihn an seine Grenzen bringen.
Als Leser erleben wir hautnah mit, wie schmal der Grat sein kann, wenn man Missbrauch erleben musste, und dann der Schritt in die Kriminalität nicht weit ist. Manchmal dachte ich, an welcher Stelle hätten die Mädchen den Absprung wohl noch geschafft. Wie immer wirkt auch dieses Buch lange noch nach, ist erschreckend realitätsnah und in manchen Teilen fast nicht zu ertragen, gerade als Frau.
Was das Niveau der Geschichte angeht, liegt die Messlatte wieder sehr hoch. Und genau das ist es, was sie so lesenswert macht. Das Erschreckende, bis ins Detail könnte sie täglich tausendfach auf der Welt passieren. Wie von den Autoren gewohnt, bekommen wir einen intensiven Blick in die Vorgeschichte der Charaktere, die mich komplett überzeugen konnte. Es geht um Täter-Opfer-Beziehungen, Machtmissbrauch, Manipulation von Minderjährigen und am Rand um ein Flüchtlingsdrama. Komplex, aber bis ins Detail glaubhaft ausgearbeitet, dass mir oft der Atem stockte. Aber genau das unterscheidet die Autoren von anderen, die sich wesentlich weiter in der Fiktion bewegen, weshalb mich dort die Schilderungen bei weitem nicht so erreichen.
Was Jerker Eriksson und Håkan Axlander Sundquist sehr gelungen ist, sind die feinen Verwebungen zum Vorgänger. Eine Randfigur, deren Schicksal mich betroffen machte, taucht hier in einer wichtigen Rolle wieder auf. Ich finde, das ist sehr gelungen, man hat fast das Gefühl, in einer Parallelstory zu sein.
Es mag nicht das beste Buch von ihnen gewesen sein, so zumindest fühlt es sich für mich an. Es hatte nicht die mitreißende Spannung eines Psychothrillers, das sollte man vielleicht wissen, bevor man es liest. Aber das ist letztlich Kritik auf hohem Niveau.