Profilbild von Webervogel

Webervogel

Lesejury Star
online

Webervogel ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Webervogel über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.02.2024

Wohlwollend und empathisch

Good Inside - Das Gute sehen
0

Der Grundgedanke von Dr. Becky Kennedys Erziehungsratgeber ist schon im Titel genannt: Unsere Kinder sind „good inside“. Ab und zu mögen sie sich so verhalten, dass wir sie am liebsten auf den Mond schießen ...

Der Grundgedanke von Dr. Becky Kennedys Erziehungsratgeber ist schon im Titel genannt: Unsere Kinder sind „good inside“. Ab und zu mögen sie sich so verhalten, dass wir sie am liebsten auf den Mond schießen würden, trotzig, bockig, „schwierig“ – aber das ändert nichts an dieser grundsätzlichen Tatsache. Ich habe erst überlegt, ob das eine Binsenweisheit ist; vermutlich wird es kaum Eltern geben, die in einer Krisensituation gleich den kompletten Charakter ihres Nachwuchses in Frage stellen. Aber tatsächlich macht es etwas mit einem, wenn man erstmal durchatmet und sich diesen Fakt in Erinnerung ruft. Er führt zu der Verdeutlichung, dass das Kind einen nicht vorrangig auf die Palme bringen will, sondern inneren Nöten folgt – und ist das erstmal erkannt, besteht auch die Chance, diese zu verstehen. Die Autorin geht außerdem wohlwollend davon aus, dass ihre Leser*innen „good inside“ sind – nicht fehlerlos, aber lernwillig. Mir hat das beim Lesen einen gewissen Trost gespendet.
Dr. Kennedy arbeitet mit vielen Fallbeispielen, die ihren Ratgeber lebendig und anschaulich machen. Ich habe mich dennoch etwas schwer damit getan, mehrere Kapitel am Stück zu lesen, aber das mag der Tatsache geschuldet sein, dass ich einfach keine große Ratgeberleserin bin. „Good Inside“ ist auf jeden Fall ein Buch, in dem ich immer mal wieder blättern werde und das viel Inspiration zum achtsamen Umgang innerhalb der Familie bietet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2023

Beste Spannungs-Unterhaltung

One of the Girls
0

Sechs Frauen verbringen vier Tage in einer Strandvilla auf einer griechischen Insel – das könnte ein launiger Sommerroman sein. Lucy Clarkes „One of the girls“ ist allerdings eher in Richtung Thriller ...

Sechs Frauen verbringen vier Tage in einer Strandvilla auf einer griechischen Insel – das könnte ein launiger Sommerroman sein. Lucy Clarkes „One of the girls“ ist allerdings eher in Richtung Thriller anzusiedeln: spannend, unvorhersehbar und voller Plot Twists.

Bella, Fen, Robyn, Eleanor und Ana kennen sich gar nicht alle untereinander, sind jedoch zur Feier des Junggesellinnenabschieds ihrer Freundin Lexi nach Griechenland gereist. Trauzeugin Bella will das perfekte Partywochenende organisieren, doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht. Zwar geben sich Lexi zuliebe alle Mühe, doch unter der Oberfläche brodelt es: Gut gehütete Geheimnisse drohen, ans Licht zu kommen, eigene Pläne werden verfolgt. Und dass die Hen Party mit einem Todesfall endet, wird schon auf den ersten Seiten angeteasert. Eine vielversprechende Ausgangsbasis!

Die britische Autorin Lucy Clarke lässt in kurzen Kapiteln alle sechs Protagonistinnen zu Wort kommen, wodurch schnell klar wird, dass Außendarstellung und Gefühlsleben längst nicht immer übereinstimmen. Was sie jedoch voneinander verbergen, bleibt lange im Unklaren und die kursiven Einschübe, die das Wochenende im Rückblick bewerten, ohne etwas zu verraten, tun ihr Übriges. „One of the girls“ ist ein Pageturner, der sich kaum aus der Hand legen lässt. Die Gruppendynamik scheint sich stetig zu verändern und mit jeder Enthüllung rückt die angeteaserte Katastrophe ein Stück näher. Nebenbei geht es um Freundschaft, Versöhnung, Liebe, Rache und Reue. Und dann kam doch vieles ganz anders, als ich vermutet hatte. Ein absolut gelungener Spannungsroman!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.03.2023

Alltagsabenteuer niedlich erzählt

Bildergeschichten zum Mitmachen: Hier kommt Finni Fuchs
0

Mit Finni Fuchs werden sich kleine Buchangucker wunderbar identifizieren können: Morgens ist das fröhliche Fuchskind noch vor seinen Eltern wach und sorgt dafür, dass das nicht lange so bleibt. Finni und ...

Mit Finni Fuchs werden sich kleine Buchangucker wunderbar identifizieren können: Morgens ist das fröhliche Fuchskind noch vor seinen Eltern wach und sorgt dafür, dass das nicht lange so bleibt. Finni und sein Papa machen dann das Frühstück und dann geht’s für Finni auch schon in den Kindergarten. In der darauffolgenden Geschichte wird eingekauft, danach backen Finni und seine Mama einen Kuchen, weil Oma und Opa zu Besuch kommen. Und in der letzten Kurzgeschichte ist es dann auch schon Zeit, schlafen zu gehen.

Alle Alltagssituationen sind liebevoll und detailreich illustriert. Besonders die Mimik des kleinen Fuchses ist äußerst niedlich. Ab und zu gibt es Fragen zu den Bildern, wenn Finni beispielsweise seine Lieblingstasse vermisst. So lässt sich beim Vorlesen gleich ins Gespräch kommen. Erzählt werden Finnis Erlebnisse mit einem Augenzwinkern und amüsieren so auch größere Leserinnen und Leser – wenn Finni z.B. seinem Vater beim Einkaufstaschen tragen hilft, der Vater aber wiederum Finni tragen muss.

Ob es die Finni-Anziehfigur mit drei verschiedenen Outfits am Ende wirklich gebraucht hätte, weiß ich nicht, aber auch diese ist auf jeden Fall niedlich. Ein schönes Vorlesebuch für die Kleinsten, um sich über Finnis und den eigenen Alltag zu unterhalten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.03.2023

Skurril, originell, authentisch

Das glückliche Geheimnis
0

Manche Rezensent*innen erwähnen zuerst die Sprache, wenn sie über ihre Lektüren reden. Ich bin dagegen „Team Inhalt“ – wenn mich die Geschichte nicht packt, können Stil und Sprache für mich auch nichts ...

Manche Rezensent*innen erwähnen zuerst die Sprache, wenn sie über ihre Lektüren reden. Ich bin dagegen „Team Inhalt“ – wenn mich die Geschichte nicht packt, können Stil und Sprache für mich auch nichts mehr retten. Dachte ich bisher, aber was Arno Geiger angeht, würde ich wohl eine Ausnahme machen. Seine Sätze sind so elegant, klar und prägnant, dass ich immer wieder das Bedürfnis hatte, sie zu markieren (was ich mir allerdings verkniffen habe und was bei der Fülle von schönen Sätzen auch wenig Sinn machen würde).

Und der Inhalt? „Das glückliche Geheimnis“ handelt vom Doppelleben von Arno Geiger, der 2005 den ersten Deutschen Buchpreis gewonnen hat. Schriftstellerisch tätig war er zu diesem Zeitpunkt schon seit vielen Jahren. Dass er außerdem noch einer anderen Tätigkeit regelmäßig nachging, verheimlichte er jedoch bis jetzt erfolgreich: Arno Geiger hat jahrzehntelang containert. Und zwar speziell in Wiener Papiercontainern. Seine Runden hat er systematisch bei Wind und Wetter am frühen Morgen gedreht und dabei Bücher, Briefe, Fotos gefunden – und vieles mehr, oftmals nichts davon von Wert oder Bedeutung. Es waren aber auch immer wieder alte oder seltene Ausgaben dabei, die er zu Geld machen konnte und die an der Finanzierung seines Schriftstellerlebens grundlegenden Anteil hatten. Und Briefsammlungen, die Einblicke in Seelenleben gaben, die ihm sonst verwehrt geblieben wären. Eindrucksvoll beschreibt Geiger, wie er Briefwechsel so lange seziert hat, bis quasi nichts mehr vom Original übrig war – und wie er die so herausgearbeitete Essenz dann wieder in seine Bücher einfließen lassen konnte. Generell fand ich diese Passagen am stärksten, in denen der Autor über den Schreibprozess oder auch den Literaturbetrieb an sich berichtet. Die Beziehung zu seinen Eltern nimmt keinen größeren Raum an, liest sich aber anrührend, zumal einem Geigers Vater aus seinem Buch „Der alte König in seinem Exil“ bereits bekannt ist. Weniger interessiert haben mich Geigers Liebesbeziehungen und die für meinen Geschmack etwas zu ausführlich beschriebenen, mit ihnen verbundenen Irrungen und Wirrungen, aber vermutlich waren sie in den jeweiligen Phasen seines Lebens so wichtig und prägend, dass er sie auch nicht weglassen konnte.

„Das glückliche Geheimnis“ ist ein besonderes Buch; mir fällt nichts Vergleichbares ein. Dass der Autor sein lange gehütetes Doppelleben hier enthüllt, hat auch mich tatsächlich ein bisschen glücklich gemacht – er verdeutlicht originell und authentisch, wie Schein und Sein auseinanderklaffen können. Und dass das nicht das Schlechteste ist, wenn man etwas hat, was einen erdet – selbst wenn es ein skurriles, geheimes Hobby ist. Sein glückliches Geheimnis hat Arno Geigers Leben bereichert; wie schön, dass er es jetzt teilt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.08.2022

Erfrischend anders

P.S. Morgen bist du tot
0

Eine düstere Villa, ein bedrohlicher Himmel und ein gruseliger Titel in dicken Lettern mit Kratzspuren: „P.S. Morgen bist du tot“. Nachdem ich mir dieses Cover eben nochmal angeschaut habe, war ich ganz ...

Eine düstere Villa, ein bedrohlicher Himmel und ein gruseliger Titel in dicken Lettern mit Kratzspuren: „P.S. Morgen bist du tot“. Nachdem ich mir dieses Cover eben nochmal angeschaut habe, war ich ganz froh, dass ich die alte Weisheit „Don’t judge a book by it’s cover“ oft beherzige. Denn dieser Thriller ist komplexer, raffinierter und interessanter, als sein 08/15-Äußeres glauben lassen will.

Vera Kurians Debüt beginnt mit dem Start ihrer Hauptfigur Chloe Sevre an der John Adams University in Washington. Auf den ersten Blick ist die junge Frau eine ganz normale Erstsemesterstudentin, doch der Schein trügt: Chloe ist Psychopathin und nimmt als solche an einer klinischen Studie der Universität teil – im Gegenzug erhält sie ein Vollstipendium. Und: Chloe plant, jemanden umzubringen … Doch noch bevor sie ihren Plan in die Tat umsetzen kann, geschieht ein anderer Mord in den Räumen der psychologischen Fakultät und es stellt sich die Frage, ob Täterin oder Täter zu den sieben psychopathischen Studienteilnehmern gehören. Oder war sogar das Opfer einer von ihnen?

Viele Kapitel des Thrillers sind aus Chloes Sicht erzählt und so blicken Leserinnen und Leser von Anfang an in ihre dunkle Seele. Die Hauptfigur ist berechnend, manipulativ, furchtlos und kaltschnäuzig – und damit erfrischend anders als viele andere weibliche Thriller-Protagonistinnen. Mit fortschreitenden Kapiteln nimmt die Bedrohung stetig zu – sowohl die, die von Chloe ausgeht als auch die, der sie ausgesetzt ist. Doch es gibt auch noch andere Protagonisten, denen man näherkommt. Und so ist schnell klar: Psychopath ist nicht gleich Psychopath; die menschliche Seele hat viele Facetten. Deren Schilderung ist Vera Kurian faszinierend gelungen.

Ein, zwei Wendungen mögen etwas unlogisch sein, aber doch nicht so sehr, als dass ich es als störend empfunden hätte. „P.S. Morgen bist du tot“ ist vor allem originelle und süchtig-machende Thriller-Unterhaltung; spannend und ungewöhnlich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere