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Veröffentlicht am 31.07.2017

Großartig!

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Ghana, Ende des 18. Jahrhunderts: Effia und Esi sind Schwestern, wissen aber nichts voneinander. Effia wächst bei ihrem Vater und dessen Frau mit ihren Geschwistern auf, sie leben in einem Dorf in der ...

Ghana, Ende des 18. Jahrhunderts: Effia und Esi sind Schwestern, wissen aber nichts voneinander. Effia wächst bei ihrem Vater und dessen Frau mit ihren Geschwistern auf, sie leben in einem Dorf in der Nähe des großen britischen Forts Cape Coast. Als Effias Schönheit erblüht, wird der Gouverneur des Forts auf sie aufmerksam und nimmt sie zu seiner ghanaischen Ehefrau. Obwohl im Fort Effias Landsleute gefangen gehalten und als Sklaven in die Neue Welt verkauft werden, sind die beiden einander zugetan und glücklich miteinander. Effias Sohn wird ein erfolgreicher Sklavenhändler, ihr Enkel jedoch entzieht sich seiner Bestimmung und wird einfacher Landwirt fern seiner Heimat. Effias Nachkommen leben lange im Land ihrer Vorfahren, erst im 20. Jahrhundert wandert ein Nachfahre, Yaw, nach Alabama in den USA aus.

Esi lebt zunächst glücklich bei ihren Eltern, sie weiß nichts von der Vergangenheit ihrer Mutter Maame. Ihr ist jedoch ein schwereres Schicksal beschieden als ihrer unbekannten Halbschwester, sie wird vom Nachbarstamm geraubt, in Cape Coast festgesetzt und schließlich als Sklavin verkauft. Ihre Tochter Ness erleidet ebenfalls ein hartes Los als Sklavin bei einem brutalen Herrn in Alabama, sie sorgt jedoch dafür, dass ihr Sohn Kojo frei sein kann. Ihre Nachkommen zieht es quer durch die Vereinigten Staaten, sie leben in Georgia, Baltimore/Maryland, New York und schließlich Kalifornien. Hier schließlich leben sowohl die Ururururenkelin Effias, Marjorie, als auch der Nachfahre Esis, Marcus…

Ein großartiges Buch, ein Pageturner, den man kaum aus der Hand legen konnte! Eine Geschichte, die nachhallt, die betroffen, aber auch Hoffnung macht, die den Leser alle möglichen Emotionen durchleben lässt, von Wut über Fassungslosigkeit, Freude und Trauer, man taucht tief ein ins Geschehen, lebt mit und im Nachgang kann man sich nur schwer von den Eindrücken lösen. Ein Buch, das einen zwingt, sich mit der uns doch eher unbekannten Geschichte Ghanas zu beschäftigen, man will unbedingt mehr wissen, nicht nur über die Charaktere, sondern auch über die realen Menschen.

Zunächst einmal ist es ein toll gebundenes Buch, das edel daherkommt. Es liefert interessante Zusatzinformationen wie das Interview mit und einen Artikel von der Autorin von Anfang des Jahres sowie im Anhang einen Stammbaum der beiden Linien Effias und Esis – sehr hilfreich! Untergliedert ist es in zwei Teile, die fast gleich stark sind, der zweite Teil beginnt mit der 4. Generation aus Esis Linie. Ich habe versucht, das Geschehen der einzelnen Generationen zeitlich einzuordnen, demnach zieht sich das Geschehen von Mitte/Ende des 18. Jahrhunderts, also etwa 1775, bis in die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts. Immer im Wechsel wird in einzelnen Kapiteln chronologisch über Effia und Esi und ihre jeweiligen Nachkommen erzählt, d.h. jeder erhält ein Kapitel in unterschiedlicher Länge. Naturgemäß treten auch in den Kapitel der Söhne und Töchter die jeweiligen Eltern auf, so dass man immer noch mehr über deren Leben erfährt. Einige Figuren werden in ihren eigenen Kapiteln meines Erachtens etwas zu kurz behandelt, manche blieben mir daher fremd, andere wiederum gingen mir so nah, dass ich regelrecht erschüttert war, dass es mit ihnen nicht weiterging. Am nächsten standen mir Effia, vielleicht weil es mit ihr anfing, aber auch über Ness, Kojo und Anna (seine Frau) und Abena hätte ich gerne mehr erfahren, ihre Schicksale bewegten mich tief.

Es ist keine leichte Kost, die uns die Autorin da bietet, es gibt eine Vielzahl an Charakteren und alles in allem ist der Roman vollgepackt mit Information, teilweise musste ich auch Abschnitte zweimal lesen bzw. zurück blättern, um Zusammenhänge zu erkennen oder Wissen aufzufrischen. Was aber nicht heißt, dass es sich nicht sehr gut lesen lässt, man ist sofort gefesselt und folgt beinahe atemlos dem Geschehen, aber man versucht einfach immer zu rekonstruieren, in welchem Ort und zu welcher Epoche sich das Ganze gerade abspielt und zieht eine Linie zu vorherigen Generationen. Zum Glück gibt die Autorin immer Hinweise, so dass man alles nachvollziehen kann. Zeitlich gesehen spielen sich die Ereignisse zu interessanten historischen Epochen ab und man erfährt viel über den Atlantischen Dreieckshandel, man erlebt den Fugitive Slave Act von 1850 am Beispiel von Kojo und Anna mit und man begibt sich in die Jazzclubs ins Harlem der 1930er Jahre mit Willie und Sonny. Ich persönlich fand die Geschichte um den Sklavenhandel am spannendsten, wie z.B. die verschiedenen Stämme mit den Briten zusammenarbeiteten und ihre Landsleute, wenn auch von anderen Stämmen, als Sklaven verkauften und dadurch reich wurden. Dies wird im Buch durch Effias Sohn Quey verkörpert. Es gibt rührende Liebesgeschichten wie die von Yaw und Esther und allen voran die Liebe von Eltern zu ihren Kindern und die Hoffnung und das Bestreben, dass diese es einmal besser haben als sie selber, es gibt geläuterte Verbrecher und Junkies und besonders Esis Seite erlebt viel Leid, von der Sklaverei angefangen, Vergewaltigungen und Diskriminierung, Rassentrennung und die Not in Harlem. Aber immer ist da auch Hoffnung und die Kapitel enden doch zumeist versöhnlich und mit einem hoffnungsvollen Ausgang für die Protagonisten.

Die einzelnen Linien treffen durch die Zeiten hinweg nicht aufeinander, und die Schicksale unterscheiden sich doch sehr voneinander. Erst die sechste Generation nach Effia und Esi, die in den 1980er Jahren leben, können so langsam von sich behaupten, wirklich frei zu sein, in ihren Entscheidungen, in ihrem Leben. Marjorie, Effias Nachfahrin, hochintelligent und aus Alabama, ist noch sehr mit ihrem Heimatland, dessen Geschichte und Mythen und der Geschichte ihrer Vorfahren verwurzelt, sie kennt ihre Heimat Ghana und hat die Angst vor dem Feuer im Blut. Marcus aus Esis Linie kommt aus New York, er hat die Angst der ehemaligen Sklaven vor dem großen Wasser im Blut. Beide lernen sich im San Fransisco der Neuzeit kennen, finden sich und überwinden mit gegenseitiger Hilfe ihre Ängste. Beide kehren heim nach Ghana zu ihren Wurzeln, und so treffen Effias und Esi im Blut ihrer Nachfahren doch noch aufeinander und der Kreis schließt sich.

Fazit: Ein tolles absolut lesenswertes Buch für die anspruchsvolleren Leser. Nichts zum Einfach-so-Weglesen, sondern ein Buch, das lange nachhallt. Vorhandenes Interesse für Geschichte ist von Vorteil, aber das Buch fesselt vor allem durch seine bildhafte Sprache, seine Charaktere und die Emotionen, die es auslöst. Macht Lust auf das Land und die Menschen und man wünscht sich noch viel von dieser Autorin zu hören!

Veröffentlicht am 21.06.2017

Zweiter spannender Fall für Toni Stieglitz

Tiefe Schuld
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Jugendliche Geocacher stoßen bei ihrer Schatzsuche auf eine schrecklich zugerichtete weibliche Leiche. Ein Fall für Antonia „Toni“ Stieglitz, Kriminalhauptkommissarin von der Münchner Mordkommission. Toni ...

Jugendliche Geocacher stoßen bei ihrer Schatzsuche auf eine schrecklich zugerichtete weibliche Leiche. Ein Fall für Antonia „Toni“ Stieglitz, Kriminalhauptkommissarin von der Münchner Mordkommission. Toni ist alarmiert: Die Leiche weist alle Anzeichen von schweren Misshandlungen auf. Gibt es etwa einen gewalttätigen Ehemann? Ein sensibles Thema für Toni, war sie doch selbst Opfer eines prügelnden Partners, der ebenfalls bei der Polizei ist und den sie angezeigt hat. Seitdem versteckt sie sich vor ihm. Das Team um Chef Hans Zinkl nimmt die Ermittlungen auf, jeder hat seine zugewiesene Aufgabe, doch Tonis Alleingänge bringen sie mehr als einmal in Teufels Küche. Nicht nur nimmt sie den Fall persönlich und will ihn unbedingt aufklären, sie fürchtet sich zudem von ihrem Ex und hat vor ihrer neuen Liebe Tom Mulder Geheimnisse. Die Ermittler stoßen auf allerlei Ungereimtheiten und je tiefer sie vordringen, desto mehr unschöne Wahrheiten bringen sie ans Licht.

Zweiter Fall nach „Verletzung“ für die Münchner Kommissarin Toni Stieglitz, der ein echter Pageturner ist und sich kaum aus der Hand legen lässt. Man merkt deutlich, dass die Autorin sich bestens im Polizeiapparat auskennt, Ermittlungsmethoden, Zusammenarbeit und Charaktere wirken auf mich sehr professionell und authentisch. Dazu hat sie einen sehr eingängigen Schreibstil, der sich gut lesen lässt, und sie versteht es, die Geschichte spannend und logisch zu erzählen und die Spannung stetig zu steigern. Zusätzliche Brisanz erhält das Ganze natürlich durch Tonis sehr persönliches Drama, das denn auch sehr viel Raum in der Geschichte einnimmt und ihre Handlungen nachhaltig bestimmt. Durch mehrere Perspektivwechsel gewinnt der Leser einige Erkenntnisse, die Toni nicht hat, doch ist alles so wohl dosiert, dass es die Spannung noch steigert und nicht zu Langeweile führt. Tonis Sichtweise nimmt jedoch den meisten Raum ein, man erhält tiefe Einblicke in ihre Seele und lebt immens mit ihr mit.

Alle Charaktere sind gut herausgearbeitet und haben ihre Eigenheiten, einigen wird jedoch mehr Aufmerksamkeit gewidmet als andere, z.B. Tom Mulder, aus seiner Sicht und der mit dem Opfer verquickten Personen werden auch einige Handlungsstränge erzählt. Toni jedoch ist diejenige, auf der der meiste Fokus liegt. Sie ist ein zwiespältiger Charakter, erfolgreich und ehrgeizig in ihrem Beruf, innerlich zerrissen und gebeutelt durch ihr sehr frisches Beziehungsdrama. Umso erstaunlicher, dass sie sich recht schnell wieder auf einen neuen Mann einlässt, das fand ich aus psychologischer Sicht etwas unglaubwürdig. Sehr überzeugend rüber kamen ihr seelisches Ungleichgewicht, ihre Unsicherheit und ihr Schutzbedürfnis. Ich sehe darin auch keine Diskrepanz zu ihrer beruflichen Toughness, sie ist eine sehr intelligente und hartnäckige Ermittlerin, aber auch empathisch, und sie will unbedingt die Wahrheit herausfinden. In diesem Fall geht ihr das Ganze persönlich nahe, sie versucht jedoch trotzdem objektiv zu bleiben. Ihre Kollegen tun ihr Übriges dazu, und sie hinterfragt sich und ihre Ansichten ständig selbst und revidiert sie, wenn nötig.

Fazit: Solider und spannender Krimi, den es sich zu lesen lohnt. Es gibt zwar Verweise auf den vorangegangenen Band, doch lässt sich der vorliegende unabhängig von diesem lesen, der Fall ist sowieso in sich abgeschlossen und auch Tonis eigene Geschichte wird ausreichend beleuchtet, um alles nachvollziehen zu können. Der Fall selbst bietet Spannung und eine gute Auflösung. Als erfahrener Krimileser ermittelt man natürlich mit, wird aber durch die eine oder andere Wendung durchaus überrascht. Einige Charaktere fand ich so interessant, dass ich gerne mehr über sie erfahren hätte, wie etwa Mulder oder auch die Ermittlerkollegin Beate, aber diese tauchen hoffentlich auch im Folgeband auf, so dass ein zusätzlicher Anreiz da ist, diesen ebenfalls zu verschlingen!

Veröffentlicht am 22.05.2017

„Das Panama Erbe“ – 2. Band der Amakuna-Trilogie und sehr gelungene Fortsetzung!

Das Panama-Erbe
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Sina Saratoga ist eine Top-Wirtschaftsstudentin an der renommierten Harvard-Universität, Erbin des riesigen und einflussreichen Saratoga-Bankenimperiums und verlobt mit Felipe, Sohn eines ebenso einflussreichen ...

Sina Saratoga ist eine Top-Wirtschaftsstudentin an der renommierten Harvard-Universität, Erbin des riesigen und einflussreichen Saratoga-Bankenimperiums und verlobt mit Felipe, Sohn eines ebenso einflussreichen Wirtschafts- und Immobilienmagnaten in Panama. Ihr Leben ist vorgezeichnet, bis sie plötzlich an der Uni, mitten in der Vorlesung, einen Blackout hat. Die Therapeutin erkennt, dass Sina etwas Schlimmes aus ihrer Kindheit verdrängt hat, nämlich was vor 20 Jahren mit ihren Eltern geschah. Durch einen unmittelbaren Auslöser in der Gegenwart kamen Bruchstücke der Erinnerung mit aller Gewalt wieder hoch. Bei einer Ausstellung sieht sie einen vom Kuna-Volk, den panamesischen Ureinwohnern, gefertigten Wandteppich, der ebenfalls starke Erinnerungen in ihr auslöst und der von einem Kuna-Aktivisten gestohlen wird. Seitdem ist für Sina nichts mehr, wie es war. Sie verlässt die Uni und beschließt, mehr über das Schicksal ihrer Eltern herauszufinden und den Kuna zu finden, der den Teppich entwendet hat. Ihr Großvater versucht mit aller Macht, sie zurückzuholen, und setzt allerlei zwielichtige Gestalten auf sie an. Auch Felipe, ihr Verlobter, fährt ihr nach. Sie findet den Kuna, Neri, doch auch die Verfolger finden sie. Als sie ins Wasser stürzt, um Felipe zu retten, prallt sie mit voller Wucht an Felsen und wird ohnmächtig. In ihren Träumen hat sie Visionen von vergangenen Zeiten, von Konquistadoren und von Enrique, der 1517 in die neue Welt auswandert. Als sie erwacht, geht es ihr bestens – dank eines geheimnisvollen Pilzes namens Amakuna. Sina fühlt, dass Neri und Amakuna und der Kampf um eine gerechte Welt ihr Schicksal sind und begibt sich auf die Suche nach ihren Wurzeln…

Sehr starker zweiter Band der Amakuna-Trilogie, der etwa 24 Jahre später spielt und nicht nahtlos da einsetzt, wo der erste Band „Tochter des Drachenbaums“ aufgehört hat. Erneut besticht die Autorin mit flüssigem und unterhaltsamem Schreibstil und bleibt dabei ihrer Erzählweise und ihren Motiven aus dem ersten Band treu. Die Geschichte, eine Mischung aus Ökothriller, Familien- und Liebesroman, spielt wieder auf zwei Zeitebenen, die Kapitelzählung erfolgt fortlaufend und die einzelnen Kapitel werden mit einem Zeichen versehen, so dass der Leser sofort weiß, in welcher Zeit er sich gerade befindet. Der Verbleib auf einer Ebene ist auch hier wieder wohltuend lang, so dass man nicht das Gefühl hat, ständig durch abrupte Wechsel herausgerissen zu werden. Die Verbundenheit zwischen den beiden Hauptprotagonisten in den verschiedenen Zeiten, Sina und Enrique/Tamanca, ist meines Erachtens nicht so sehr präsent wie im ersten Band die zwischen Romy und Iriomé, man hat erst einmal das Gefühl zwei parallele Geschichten zu lesen. Dennoch sind beide miteinander verbunden, sie haben ein ähnliches Schicksal, denn bei beiden ändert sich das Leben gravierend durch Amakuna, beide versuchen etwas über ihre Eltern(-teile) herauszufinden und beide sind eng mit den panamesischen Ureinwohnern verbunden. Die Wechsel erfolgen, sobald ein Protagonist in eine Notlage gerät bzw. wenn der mysteriöse Heilpilz Amakuna ins Spiel kommt. Dadurch, dass die Geschichte zunächst losgelöst von den vorangegangenen Ereignissen einsetzt, und zwar auf beiden Zeitebenen, und auch die Personen neu sind, entwickelt sich die Geschichte unabhängig vom ersten Band und lässt sich auch sehr gut ohne Vorkenntnisse lesen. Mit der Zeit gibt es jedoch immer mehr Verbindungen zu Sinas und Tamancas Vergangenheit und damit auch zu Ereignissen und Personen des ersten Bandes, je weiter sie hinter das Geheimnis von Amakuna und ihrer eigenen Wurzeln vordringen. Es erfolgt also durchaus ein Wiedersehen mit liebgewonnen Figuren, zunächst in Rückblenden, in Erinnerungen und Visionen, später dann auch „real“, und dass ein ganz spezieller, sehr mysteriöser Protagonist wieder in Erscheinung tritt, freut mich ganz besonders... Hauptsächlich ist aber alles sehr auf Sina und Tamanca und ihre Erlebnisse konzentriert. Beide beobachten sich aus ihrer Zeit heraus und lernen voneinander.

Beide, Sina und Tamanca, sind sehr starke Charaktere, sie machen große Veränderungen und eine enorme Entwicklung durch, ihre Leben werden komplett auf den Kopf gestellt und sie müssen Unglaubliches verarbeiten. Beide sind ziemliche Gutmenschen, sie sind jedoch auch nicht gefeit gegen Verführungen und Einflüsterungen von außen. Überhaupt ist positiv, dass die Charaktere nie nur böse sind, alle sind gut herausgearbeitet, vielschichtig und haben gute und schlechte Eigenschaften. Man wünscht sich phasenweise, dass ein jeder auf den Pfad der Tugend zurückkehrt, das wäre denn aber doch zu unrealistisch. Die Geschichte entwickelt sich denn auch im weiteren Verlauf immer mehr zum Thriller, bei dem es auch brutale Szenen und Tote gibt, und das Ende ist – da es ja auch noch einen dritten Band geben wird – einigermaßen offen. Parallel zum ersten Band stehen hier erneut „gute“ Weiße skrupellosen Konzernen gegenüber sowie Ureinwohner, im ersten die Guanchen, hier die Kuna, die gegen Unterdrückung und Gewalt der Eroberer kämpfen und mit Hilfe des Heilpilzes Amakuna die Welt zu einem besseren Ort machen wollen.

Fazit: Sehr gelungener zweiter Band der Amakuna-Trilogie, der ebenso fesselt und dem ersten in nichts nachsteht. Das broschierte Buch kommt wieder mit schönem Cover, mit Karten in der Innenseite des Kartons sowie einen Personenverzeichnis daher. Die Figuren sind neu, wachsen einem aber ebenso wie die Altbekannten aus dem ersten Band sofort ans Herz, man fiebert in beiden Zeitebenen mit und erlebt mehrere überraschende Wendungen. Die Autorin schafft es wieder vorzüglich, die Spannung aufzubauen und hochzuhalten, durch die Ausgefeiltheit ihrer Charaktere, den sehr fesselnden Schreibstil und natürlich durch die packenden Ereignisse wird das Buch erneut zum echten Pageturner. Für alle Leser von „Tochter des Drachenbaums“ sowieso ein Muss, das Lesen des ersten Bandes vor diesem wird empfohlen. Mit großer Spannung erwarten wir nun den dritten Band, der 2019 herauskommen soll.

Veröffentlicht am 13.03.2023

Farbenprächtiges Sittengemälde aus Florenz zu Zeiten der Medici

Florentia - Im Glanz der Medici
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Florenz, im 15. Jahrhundert: Durch geschickte Bündnis-, Finanz- und Heiratspolitik hat Cosimo de‘ Medici seine Macht und die des Bankhauses Medici ausgebaut und seine Familie zur mächtigsten in der Republik ...

Florenz, im 15. Jahrhundert: Durch geschickte Bündnis-, Finanz- und Heiratspolitik hat Cosimo de‘ Medici seine Macht und die des Bankhauses Medici ausgebaut und seine Familie zur mächtigsten in der Republik Florenz gemacht. Nach dem Tod seines Sohnes Piero wird dessen ältester Sohn Lorenzo Familienoberhaupt. Lorenzo ordnet nicht nur sein eigenes Leben strikt dem Wohl und dem Machterhalt der Familie Medici unter, sondern erwartet dies auch von seinen Geschwistern und seiner Ehefrau. In der Familie Pazzi hat er sowohl politische als auch berufliche Konkurrenten, die in ihrem Streben, die erste Macht in der Republik zu werden, vor nichts zurückschrecken.

Ein Roman wie ein Renaissance-Gemälde, detailgetreu und farbenfroh, der den Leser eintauchen lässt in das Florenz zu Zeiten der großen Künstler und mächtigen Bankiersfamilien, allen voran die Familie der Medici. In vier gut strukturierten Teilen, an deren Ende jeweils ein einschneidendes Ereignis steht, und eingebettet in einen Prolog und einen Epilog, erzählt der Autor – oder besser gesagt die Autorin, denn der Name ist das Pseudonym einer Verlagslektorin – kenntnisreich und mit viel Liebe zu den Figuren die aufregenden Geschehnisse zwischen den Jahren 1469 bis zum Attentat der Pazzi im Jahr 1478. Dabei verwebt sie geschickt die Schicksale dreier sehr bekannter Zeitgenossen miteinander, nämlich das von Lorenzos Bruders Giuliano, das des aufstrebenden Universalgenies Leonardo da Vinci und das der Medici-Vertrauten Fioretta Gorini. Dies ist zwar ein recht kleiner Ausschnitt aus dem Leben und der Zeit, beschreibt aber höchst spannend die entscheidenden Jahre der drei Personen und gibt tiefe Einblicke in das politische Wirken und Steben der Familie Medici, ihr Credo und die Motivation ihres Handelns. Dabei und in vielen historischen Details bleibt die Geschichte sehr nah an den Fakten. Was in meinen Augen besonders gut gelungen ist, ist der menschliche Aspekt, der die historischen Persönlichkeiten real und authentisch wirken und diese Epoche wieder aufleben lässt. Der Fokus liegt klar auf die Spannungen zwischen den Medici und ihrer Gegner, es ist ein Ringen um Macht, bei dem nahezu jedes Mittel recht ist und das im Attentat auf die Medici gipfelt. Faktisch gesehen endet dies zwar mit dem Tod Giulianos, historisch betrachtet führte es aber auch dazu, dass Lorenzo seine Macht festigen konnte.

In mehreren Perspektivwechseln beschreibt die Autorin das Erwachsenwerden der Medici-Brüder und die Machtpolitik ihrer Familie, die beginnende Karriere von Leonardo und die Entwicklung Fiorettas, der Tochter des Leibarztes der Medici, zur Malerin und zur Vertrauten der Medici. Mit dem Einführen einer weiteren sehr interessanten Perspektive, nämlich der der erbitterten Medici-Gegnerin Albiera de Pazzi, der Matriarchin der Familie, ist der Autorin ein weiterer Coup gelungen. Er bringt die nötige Spannung in die Geschichte und bildet einen hervorragenden Gegenpol zu den Medicis und ihrer Familie und Freunde, zu denen auch der Maler Botticelli, der spätere Leibarzt Lorenzos und Geliebte Leonardos, Luca Tornabuoni, und andere zählen. Dieses Eintauchen in den engsten Zirkel dieser Menschen wirkt, als wäre man dabei, die Atmosphäre ist immer mit den Händen zu greifen, in den Malerwerkstätten genauso wie in den Räumen der Familien Medici und Pazzi, wenn Ränke geschmiedet und politische Entscheidungen getroffen werden. Für mich war es wie eine Zeitreise, ich durfte nicht nur diese Persönlichkeiten näher kennenlernen, sondern auch andere Zeitgenossen wie Verrocchio oder Botticelli und als Leser der Geburt einigen der berühmtesten Gemälde der Zeit beiwohnen. Ich finde es außerdem außerordentlich gut gelungen, wie die Autorin diese für uns erst einmal abstrakten historischen Berühmtheiten menschlich werden lässt, wie sie zu realen Wesen mit all ihren Schwächen werden. Man wird nicht nur Zeuge ihrer Gespräche, sondern auch ihrer Zweifel und Ängste, ihrer Krankheiten, ihrer Liebe und ihres Hasses.

Ich habe mit allen drei miteinander verbundenen Figuren dermaßen mitgelebt, als wäre ich selbst Teil ihres Kreises. Dadurch dass die Autorin auf weitschweifige Beschreibungen von Kleidung, Essen oder kirchliche oder andere Rituale verzichtet, sondern diese Dinge wie nebenbei erwähnt, wird das Leben zum Alltag, wird die Stadt und das Zusammenleben ihrer Menschen vertraut. Von den vielen Namen sollte man sich nicht abschrecken lassen, es gibt ein Personenverzeichnis und einen Stammbaum am Anfang des Buches. Der Erzählfluss ist aber so angenehm und unkompliziert, dass man sofort in die Geschichte eintaucht und förmlich in ihr aufgeht. Gestolpert bin ich in meinem Lesefluss allerdings über die Tatsache, dass der Prolog, die Planung der Verschwörung, wortwörtlich in Kapitel 70 wiederholt wird (eBook). Hätte man hier nicht andere Worte finden oder einen anderen Prolog wählen können? Das erschien mir dann doch etwas einfach. Alles in allem wurde das Lesevergnügen dadurch aber auch nur kurzzeitig beeinträchtigt.

Fazit: Wundervoller Roman aus dem Florenz der Frührenaissance mit vielen historischen Persönlichkeiten und authentischen Beschreibungen vom Leben und Wirken der Medici und dem der von ihnen geförderten Künstler. Ein vorhandenes geschichtliches Interesse an der Zeit ist in meinen Augen von Vorteil, der Roman lässt sich aber auch ohne große Vorkenntnisse hervorragend lesen und besonders bei der Interaktion der beiden ungleichen Brüder Lorenzo und Guiliano und den Emotionen zwischen Fioretta und Guiliano kann man intensiv mit leben. Ich fand es schade, als es zu Ende war, der Epilog mit positivem Ausblick auf die Zukunft versöhnte mich aber mit dem etwas abrupten Ende.

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Veröffentlicht am 02.08.2022

Spannendes Katz-und-Maus-Spiel in Hamburg

Das Profil
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Kaum bekommt Franka Erdmann, altgediente Beamtin der Mordkommission in Hamburg, den neuen jungen Kollegen Alpay Eloglu zur Seite gestellt, werden die beiden auch schon zu zwei brutalen Tötungsdelikten ...

Kaum bekommt Franka Erdmann, altgediente Beamtin der Mordkommission in Hamburg, den neuen jungen Kollegen Alpay Eloglu zur Seite gestellt, werden die beiden auch schon zu zwei brutalen Tötungsdelikten gerufen: eine im Sand vergrabene männliche Leiche und eine erfolgreiche Influencerin. Es stellt sich heraus, dass beide im selben Zeitfenster getötet wurden. Hängen die beiden Fälle zusammen? Während sich Franka sowohl als Ermittlerin beweisen als auch mit Alpay zusammenraufen muss, bleibt es nicht bei einer toten Influencerin…

Perfides und sehr spannendes Katz-und-Maus-Spiel zwischen einem intelligenten Serienmörder und den Ermittlern der Polizei, allen voran Franka Erdmann und Alpay Eloglu, bei dem man mehrfach zweifelt, wer am Ende die Nase vorn hat. Auch wenn die Taten brutal sind und der Hergang auch durchaus beschrieben wird, spart sich der Autor reißerisch-blutige Details und punktet stattdessen mit solider, kontinuierlich aufgebauter Spannung, einer gut konstruierten Geschichte und einem ungeheuer eingängigen Schreibstil. Diese zieht sich zum einen aus dem ungleichen Ermittlerduo Erdmann und Eloglu, die sich anfangs eher behindern als unterstützen und ihre Vorurteile gegenüber dem anderen nur schwer niederlegen können. In dem Maß wie der Fall voranschreitet nähern sich diese beiden so unterschiedlichen Charaktere aneinander an bis zum gegenseitigen Respekt. Zum anderen wird der in meinen Augen größte Spannungsbogen durch den hohen Anteil an der Erzählperspektive des Mörders, der als intelligenter Gegenspieler zu Franka agiert, erreicht, wodurch der Leser Täterwissen hat und den Ermittlern somit – ebenso wie der Täter – immer einen Schritt voraus ist. Außerdem erhält der Leser einen tiefen Einblick in die verstörende und gestörte Psyche und die Traumata des Täters und damit in seine Motive. Ich kam nicht umhin mit dem Mörder mitzufühlen und Mitleid zu empfinden, wodurch man in einen gewissen Zwiespalt geriet. Erschwerend kam hinzu, dass die getöteten Influencerinnen mir nicht eben sympathisch waren. Geschickt verwebt der Autor Geschehnisse aus der Vergangenheit des Täters mit den Ereignissen der Gegenwart und führt sie in einem direkten Zusammenhang, so dass seine Taten plausibel und nachvollziehbar erscheinen.

Mir hat das Zusammenraufen und sich nach und nach Ergänzen des recht unterschiedlich gestrickten Ermittlerduos sehr gut gefallen. Platt könnte man sagen, da spielt alt gegen jung, ungesunder Lebensweise gegen jugendliche Fitness, Routine gegen vorpreschende Grünschnabel-Attitüde. Bei näherem Hinsehen und im Laufe des Voranschreitens der Ermittlungen lernen die beiden immer mehr voneinander, und es stellt sich heraus, dass ihre Einstellung und Hartnäckigkeit sich in nichts nachstehen. Ich fand die in meinen Augen sehr authentische Beschreibung der polizeilichen Ermittlungsarbeit sehr gelungen, mir gefiel dieses akribische Vorgehen und ich fand es sehr spannend, wie sich nach und nach das Täterprofil für die Ermittler herauskristallisiert hat.

Fazit: Für diejenigen, die selbst gerne ermitteln, nicht geeignet, denn durch Rückblicke auf das Leben des Mörders werden die Zusammenhänge und Motive immer deutlicher. Die Spannung erzeugt sich aus der Psychologie und das Zusammenspiel zwischen Ermittler und Täter und der Frage, wieviel Mitleid und Verständnis man für einen Mörder aufbringen darf. Eines jedoch steht außer Frage: Der Autor hat ein interessantes neues Ermittlerduo zum Leben erweckt, von dem man gerne mehr lesen möchte!

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