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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.03.2023

Hat mich gut unterhalten

Der schlauste Mann der Welt
2

Jens Leunich verbringt den Großteil seines Lebens in Luxushotels und mit Nichtstun - womit er in seinen Augen gewissermaßen die Welt rettet.
Durch einen gewieften Coup in seinen Zwanzigern kommt Jens Leunich ...

Jens Leunich verbringt den Großteil seines Lebens in Luxushotels und mit Nichtstun - womit er in seinen Augen gewissermaßen die Welt rettet.
Durch einen gewieften Coup in seinen Zwanzigern kommt Jens Leunich an einige Millionen, die er mithilfe eines Schweizer Privatbankiers gut für sich arbeiten lässt und so einerseits ausgesorgt hat und sich andererseits nie Gedanken um seinen Lebensstandard machen muss. Denn mit seinen Millionen auf dem Konto kann Jens Leunich die Welt erkunden, von einem Luxushotel ins nächste reisen und sich in Ruhe Gedanken über die Welt machen. Als er nur noch zehn Tage zu leben hat, schreibt er seine Lebensgeschichte auf.

Matthias Koeberlin war für mich ein fantastisch ausgewählter Sprecher für Andreas Eschbachs Geschichte über Jens Leunich, denn seine ruhige und trotzdem durchdringende Stimme hat mich einerseits sehr gefesselt, andererseits passt sie sehr gut zu Jens' Geschichte. Wir hören, wie Jens aufgewachsen ist, wie er durchs Abitur kommt und danach mit einem Freund nach Indien reist, durch einen zufälligen Deal erfährt, wie angenehm das Verweilen in Luxushotels ist und beschließt, selbst an ein so großes Vermögen zu kommen, dass er für immer so leben kann.
Andreas Eschbach hat mich hier mit überraschenden Wendungen, interessanten Ansichten über das Leben und die Welt bereichert. Ich habe "Der schlauste Mann der Welt" sehr gern gehört und empfand Jens Leunich als sehr interessanten und außergewöhnlichen Charakter.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Sprecher/Stimme
  • Erzählstil
  • Geräuschkulisse/Musik
  • Cover
Veröffentlicht am 13.03.2023

Guter Auftakt mit sympathischem Team

Der Strand: Vermisst
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Auf dem Weg zum Strand verschwindet die gehörlose 19-jährige Lilli Sternberg in Sellnitz. Kriminalhauptkommissar Tom Engelhardt und sein Team beginnen die Ermittlungen, doch viele Spuren gibt es nicht. ...

Auf dem Weg zum Strand verschwindet die gehörlose 19-jährige Lilli Sternberg in Sellnitz. Kriminalhauptkommissar Tom Engelhardt und sein Team beginnen die Ermittlungen, doch viele Spuren gibt es nicht. Nur die beste Freundin von Lilli, Fabienne, bekommt ein Foto zugeschickt, auf dem eine Zeichenfolge in den Sand geschrieben steht. Weder Fabienne noch Tom Engelhardt wissen, was das bedeuten soll, geschweige denn, ob Lilli selbst das Bild verschickt hat oder jemand, der sie in seiner Gewalt hat? Daher wird die Kryptologin Mascha Krieger vom LKA eingeschaltet.

Von Karen Sander habe ich bisher noch kein Buch gelesen, obwohl ihr Name im Genre der Thriller häufiger fällt. Daher habe ich die neue Trilogie genutzt, um sie als Autorin kennenzulernen. Sowohl Tom als auch Mascha finde ich sympathisch. Sie harmonieren zusammen gut und verfolgen die Spuren, die sie finden. Karen Sander hat einen sehr flüssigen und einfachen Schreibstil, die kurzen Kapitel und die Perspektivwechsel ermöglichen einen schnellen Lesefluss.
Da es sich um eine Trilogie handelt, werden hier zwar erste Spuren aufgedeckt und Hintergründe ermittelt, die tatsächliche Auflösung lässt jedoch auf sich warten. Stattdessen endet das Buch mit einem Cliffhanger, der mich schnell den nächsten Teil lesen lassen möchte.

Veröffentlicht am 12.03.2023

Spannendes Kammerspiel auf dem Wasser

In blaukalter Tiefe
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Caroline wird von ihrem Mann Andreas mit einem Segeltörn überrascht – allerdings wird die erste Freude durch das Wissen getrübt, dass Andreas auch seinen Anwaltskollegen Daniel und dessen Freundin Tanja ...

Caroline wird von ihrem Mann Andreas mit einem Segeltörn überrascht – allerdings wird die erste Freude durch das Wissen getrübt, dass Andreas auch seinen Anwaltskollegen Daniel und dessen Freundin Tanja eingeladen hat. Statt als Paar legt nun die Viererkonstellation mit dem verhaltenen Skipper Eric Faudé zum zehntägigen Segeltörn auf der „Querelle“ ab.
Schnell wird klar, dass einerseits zwischen den Männern ein starkes Machtgefüge herrscht und dessen Dynamik immer größere Ausmaße annimmt. Andererseits werden auch die Disharmonien innerhalb der (Liebes)Beziehungen deutlich und es brodelt deutlich wahrnehmbar auf der Yacht – bis in einer stürmischen Nacht die Eskalation über die Gruppe hineinbricht.
Kristina Hauff kannte ich bis „In blaukalter Tiefe“ noch nicht, aber ich lese Kammerspiele sehr gern und war daher auch schon nach dem Klappentext sehr angetan. Der Schreibstil ist flüssig, die Perspektiven wechseln und jede Figur bringt eigene Probleme, Schwächen und Hintergründe mit, was von Beginn an für Spannung sorgte. Im Laufe der Handlung und des Geschehens auf der Yacht baut sich diese immer weiter auf, bis die Situation in besagter Nacht eskaliert. Mir war keine der Figuren sympathisch, für das Setting und die Dynamik hat Kristina Hauff sie jedoch perfekt ausgearbeitet und eine authentische Krisensituation inklusive der Machtfragen und des gegenseitigen (männlichen) Übertrumpfens geschaffen. Die Auflösung kam für meinen Geschmack tatsächlich etwas zu schnell, das hätte meines Erachtens nach noch ein paar Seiten beanspruchen können.
Ein fesselndes Kammerspiel, das mir spannende und unterhaltsame Lesestunden beschert hat!

Veröffentlicht am 12.03.2023

Brutale, homophobe Welt der 90er Jahre

Young Mungo
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Mungo wächst in den 90er Jahren im East End in Glasgow auf. Seine Mutter hat schon früh ein starkes Alkoholproblem entwickelt und kümmert sich nur phasenweise um ihre Kinder, sodass sich vor allem Mungos ...

Mungo wächst in den 90er Jahren im East End in Glasgow auf. Seine Mutter hat schon früh ein starkes Alkoholproblem entwickelt und kümmert sich nur phasenweise um ihre Kinder, sodass sich vor allem Mungos ältere Schwester Jodie um ihn kümmert. Sein älterer Bruder Hamish hingegen führt eine Bande im Viertel an, die regelmäßig Kämpfe gegen Katholiken führen. Damit Mungo ebenso gefürchtet wird im Viertel, schleppt Hamish ihn immer zu den Kämpfen mit. Bei einem Kampf lernt er James kennen – James, der einen Großteil seiner Zeit im Taubenschlag verbringt und den Mungo immer mehr in sein Herz schließt. Doch Gefühle zwischen Jungs ist in dieser homophoben Zeit ein absolutes Unding, weswegen Mungos Mutter ihn mit zwei zwielichtigen Männern zu einem Angelausflug schickt, damit sie einen Mann aus ihm machen. Dass dies ein einziger Albtraum für Mungo wird, ist ihr wohl nicht klar oder egal…



Douglas Stuart stellt gerade durch die Figur Hamish die toxisch maskulinen, homophoben Einstellungen und Lebensansichten dar, in denen Mungo aufwächst. Tatsächlich kann ich mir vorstellen, dass die Situation im Arbeiterviertels in Glasgow zu der Zeit (und auch anderswo) genau so war und nur maskuline Härte und Brutalität zählten. Es wird in den verschiedensten Situationen deutlich, dass Mungo zu sanft ist, zu zart ist und er sämtliche Erwartungen nicht erfüllt. Nur bei James fühlt er sich sicher und kann sein, wer er ist. Doch diese kleinen Auszeiten sind riskant und beide wissen, dass sie sich nicht nahe sein „dürfen“.

Douglas Stuart schildert hier eine außergewöhnlich brutale Welt und schafft es trotzdem, zarte Momente und Sanftheit zu kreieren, die Mungo in seinem Denken und Handeln transportiert. Die Herausforderungen, die mit den Beziehungen zu seinen Geschwistern einhergehen, die Selbstentdeckung und Entdeckung von Empfindungen, Zärtlichkeit und Begehren und die Schwierigkeit des Verheimlichens habe ich ihm auf jeder Seite abgenommen. Generell mochte ich den schonungslosen Schreibstil unglaublich gern.

„Young Mungo“ ist brutal, tragisch und aus meiner Sicht eine klare Leseempfehlung, denn Homophobie endete nicht mit dem Ende der 90er Jahre.

Veröffentlicht am 12.03.2023

Bewegend und gut umgesetzt

Macht
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Liv ist Mitte dreißig und führt von außen betrachtet ein perfektes Leben: Sie ist in ihrem Job als Pflegerin glücklich, ist verheiratet und liebt ihren Mann Terje, sie hat zwei gesunde Kinder, Rosa und ...

Liv ist Mitte dreißig und führt von außen betrachtet ein perfektes Leben: Sie ist in ihrem Job als Pflegerin glücklich, ist verheiratet und liebt ihren Mann Terje, sie hat zwei gesunde Kinder, Rosa und Johannes, die sie ebenfalls liebt, und wohnt in einem schönen Haus. Als ins Pflegeheim eine neue Bewohnerin einzieht, deren Bruder Jahre zuvor wegen Vergewaltigung angeklagt wurde, sieht sich Liv plötzlich stärker denn je mit ihrem eigenen Trauma konfrontiert. Es ist gut 15 Jahre her, dass sie vergewaltigt wurde und außer ihrer besten Freundin weiß niemand davon - auch ihr Mann nicht. Den ruft sie zwar immer an, wenn sie abends oder im Dunkeln allein unterwegs ist und seit jeher bestimmt die Angst Livs Alltag. Nach außen hin konnte sie die ruhige und unversehrte Fassade bis jetzt jedoch immer aufrecht erhalten.

Heidi Furre hat mit "Macht" ein sehr bewegendes und intensives Buch geschrieben, in dem sie eine Frau und das Trauma einer Vergewaltigung in den Mittelpunkt stellt. Liv kämpft ihr Leben lang dagegen an, möchte sich nicht als Opfer sehen und auch von anderen auf gar keinen Fall als Opfer wahrgenommen werden. Und warum sollte die damalige Vergewaltigung ihr Leben in der Gegenwart einschränken? Obwohl sie dagegen ankämpft, beherrscht sie dies doch und Liv muss sich mit ihrem Trauma auseinandersetzen. Die Autorin beschreibt mit leiser und dennoch eindringlicher Stimme, wie Liv die Kontrolle über sich zurückzubekommen versucht, wie ihre Familie und ihre Freundin Frances sie dabei unterstützen und welche Erinnerungen und Gedanken während ihres Alltags immer wieder hochkommen. Dabei spielen Zweifel, der Wunsch und das Verlangen nach Selbstbestimmtheit, Wut und Verständnis/Empathie ineinander.
Für mich ein sehr gelungenes Werk, für das ich eine klare Leseempfehlung ausspreche!