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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.03.2023

Der Drum´n´Bass stoppt abrupt

PUNKED
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Die Autorin Yasin Sibai kennt sich aus in der Szene des Punk, der aber nicht mehr dass ist, womit er mal begann. Die Szene hatte sich weiterentwickelt.
Wobei man sagen muss, dass die Romanhandlung zwischen ...

Die Autorin Yasin Sibai kennt sich aus in der Szene des Punk, der aber nicht mehr dass ist, womit er mal begann. Die Szene hatte sich weiterentwickelt.
Wobei man sagen muss, dass die Romanhandlung zwischen 1998 und 2011 hin- und herspringt. Auch die Schauplätze wechseln viel.
Die Protagonistin Bey erfährt vom Tod ihres ehemaligen Freundes, den sie Jahre nicht gesehen hat. Die Todesursache macht sie stutzig und sie beginnt nachzuforschen.
Mit Karina gibt es eine zweite wichtige Figur, wenn auch leicht überzeichnet.

Auch Musikalisch sind andere Einflüsse hinzugekommen. Zahlreiche Zitate aus Songtiteln sind eingestreut und tragen dazu bei, entsprechende Atmosphäre aufzubauen. Ein Blick in die Playlist lohnt sich.

Das Romandebüt Punked ist sprachlich ansprechend und wird weiterhin sehr von den Dialogen getragen.

Veröffentlicht am 19.03.2023

Großmutter ist tot

Männer sterben bei uns nicht
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Es geht in diesem Roman um eine Familie, mehrere Generationen, die fast nur aus Frauen besteht und bei der die Großmutter als Anführerin prägend war.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von der Enkelin ...

Es geht in diesem Roman um eine Familie, mehrere Generationen, die fast nur aus Frauen besteht und bei der die Großmutter als Anführerin prägend war.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von der Enkelin Louise, die gleich am Anfang des Buches, als sie noch ein Kind war, eine Tote im Wasser findet.
Als sie 30 Jahre alt ist, stirbt ihre Großmutter und Luise fühlt sich wie ohnmächtig. Auf der Beerdigung erinnert sie sich zurück an die Kindheit, auch daran, wie wie ihre ältere Schwester Leni verschwand.

Männer sterben bei uns nicht, ist ein für mich ein streckenweise rätselhafter Roman. Aber schlecht ist er nicht. Im Gegenteil ist er sehr stimmungsvoll, manchmal etwas melancholisch.
Das Buch ist sprachlich etwas besonderes. Annika Reich kann schreiben.
Einen ungewöhnlichen Abschnitt möchte ich mal zitieren, um einen Eindruck zu vermitteln.
„Die fünf Häuser schwiegen, und sie schwiegen auf ihre eigene Art. Das Haus von Großmutter schwieg wie eine Königin, die man nicht ansprechen durfte, unser Haus schwieg wie jemand, der etwas verbrochen hatte, das Schweigen von Großmutter Veras Haus war zentnerschwer...“
Diese Sprache empfinde ich als so reichhaltig.
Es ist eine außergewöhnliche Art, die Geschichte der Frauen einer Familie zu erzählen.

Veröffentlicht am 18.03.2023

Stillleben

Wir hätten uns alles gesagt
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Judith Hermann ist seit ihrem Erstling Sommerhaus, später eine Erfolgsautorin und heutzutage eine der wirklich ernst zunehmenden Schriftstellerinnen unserer Zeit. Ich mochte auch ihre letzten Romane.
Wir ...

Judith Hermann ist seit ihrem Erstling Sommerhaus, später eine Erfolgsautorin und heutzutage eine der wirklich ernst zunehmenden Schriftstellerinnen unserer Zeit. Ich mochte auch ihre letzten Romane.
Wir hätten uns alles gesagt von Judith Hermann enthält eine Reihe von Texten, die etwas anders gestaltet sind, aber das ist originell. Autobiografisches fließt ein. Sie hat außerdem einen guten, detailreichen Blick auf ihre Umgebung und die Dinge. Vielleicht ist es manchmal sogar zu detailreich.
Es gibt außerdem einen analytischen Ansatz.
Erfahrungen mit einem Analytiker und Therapiesitzungen teile ich nicht, aber es geht auch um Familie sowie um ihre eigene Literatur. Diese Familiengeschichte überzeugte mich am meisten.
Auch in diesen Texten ist Judith Hermanns Stil genau und ansprechend, dabei gut lesbar.
Zuletzt möchte ich noch auf das ansprechende Cover mit dem Stillleben-Motiv hinweise, der meiner Meinung nach gut zum Buch passt.

Veröffentlicht am 14.03.2023

Die neue migrantische Mittelschicht

Nie mehr leise
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Das Buch nimmt die Perspektive der BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) in Deutschland ein.

Die Autorin betont, dass das Buch nicht für eine weiße Leserschaft geschrieben ist sondern für sich ...


Das Buch nimmt die Perspektive der BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) in Deutschland ein.

Die Autorin betont, dass das Buch nicht für eine weiße Leserschaft geschrieben ist sondern für sich und den BIPoC. Das spürt man beim Lesen auch. Ich denke auch, dass die Zugehörigkeit zu BIPoc anstatt nur PoC gewählt wird, um sich abzugrenzen.

Das Ziel der Autorin ist, zu zeigen, welche Funktion die Verbindung von Rassismus und Klassismus im Kapitalismus erfüllt.

Die Autorin Betiel Berhe schöpft dabei aus ihren eigenen Erfahrungen.
Als schwarze Frau und Arbeiterkind erfuhr sie den sozialen Aufstieg als Akademikerin und Teil der Mittelschicht.

Betiel Berhe erklärt viel. Am stärksten sind jedoch die Passagen, die von ihren eigenen Erfahrungen, z.B. in der Schulzeit und im Berufsleben erzählt. Dann auch die Geschichte ihres Vaters, der aus Eritrea stammt.
Es gibt auch einige theoretische Ansätze. In der Summe entsteht das versprochene Bild der neuen migrantischen Mittelschicht, dass sich der Herkunft aus der Arbeiterschicht bewusst und verbunden ist.

Veröffentlicht am 13.03.2023

Aus erster Reihe

Nichts als die Wahrheit
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Gänswein war dicht an Joseph Ratzinger dran. Seit 2003 war er dessen Privatsekretär und verfolgte die Ereignisse aus erster Reihe.
Mich interessierten zum Beispiel der Übergang von Johannes Paul II zu ...



Gänswein war dicht an Joseph Ratzinger dran. Seit 2003 war er dessen Privatsekretär und verfolgte die Ereignisse aus erster Reihe.
Mich interessierten zum Beispiel der Übergang von Johannes Paul II zu Ratzinger als Papst und die Details des Alltags. Diese werden dann aber teilweise zu ausführlich geschildert.
Es ist nicht Gänsweins Rolle, kritisches bezüglich Geschehnisse rund um den Papst zu äußern. Immerhin erwähnt er problematisches wie z.B. Vatileaks.
Aber der konservative Gänswein schreibt dann doch einseitig über das Verhältnis zwischen den Päpsten. Einerseits verständlich, denn Franziskus verzichtete auf seine Dienste. Man spürt das Beleidigung, die Gänswein empfand.

Insgesamt hat Gänswein so viele interessante Aspekte zu bieten, dass das Buch lesenswert ist. Eine Empfehlung kann ich aber nicht aussprechen.