Dieses Buch polarisiert
Eine Jane Austen lebt von ihrer viktorianischen Zeit, von den Zwängen und Konventionen. Von den Vorurteilen und strengen Sitten. Sie in die heutige Zeit zu übertragen ist nicht einfach, wenn nicht gar ...
Eine Jane Austen lebt von ihrer viktorianischen Zeit, von den Zwängen und Konventionen. Von den Vorurteilen und strengen Sitten. Sie in die heutige Zeit zu übertragen ist nicht einfach, wenn nicht gar unmöglich. Ich denke, dass Curtis Sittenfeld dieser Spagat doch fast gelungen ist. Auch wenn manche Szenarien in diesem Buch nahe an der Grenze zur Unglaubwürdigkeit sind, diese oft sogar noch überschreiten, ein Klischee das andere jagt, sehe ich doch große Ähnlichkeiten. War nicht auch Jane Austen eine, die zu ihrer Zeit Empörung hervorgerufen hat? Eine, die ihre Grenzen überschritten hat. Die aufmüpfig war und rebellisch. So sind auch die Hauptcharaktere in diesem Buch. Sie weichen ab von der Norm, aber auch wieder nicht. Eigentlich sind es ganz normale junge Frauen, wie wir sie überall finden. Die Autorin hat sie lebendig dargestellt, man findet sofort Zugang zu ihnen. Sie kämpfen mit den üblichen Problemen unserer Zeit. Die sind von der Autorin gut ausgearbeitet, manchmal sogar zu gut, so dass die Geschichte teilweise zu slapstickhaft wirkt. Der Humor, den Sittenfeld verwendet ist nicht jedermanns Sache, er trifft hart und verletzt, er überschreitet Grenzen. Mich hat er bis fast zum Schluss gut unterhalten. Das Ende war mir leider etwas zu viel des Guten, da hätte ich auf die ein oder andere Seite verzichten können. Die dargestellte Reality-Show passt gut in unsere Zeit, aber leider nicht zu den Protagonisten, denn sie ist doch eher etwas für eine andere Schicht, als die hier dargestellte. Da aber der Sprachstil auf einem sehr hohen Niveau ist, die Seiten nur so dahinfliegen, konnte ich mich damit versöhnen. Ich bin mit meinen 50 plus vielleicht auch nicht die passende Zielgruppe, aber als Jane Austen Fan musste ich dieses Buch natürlich lesen. Man kann es nicht 1:1 mit dem Original vergleichen, das soll man bestimmt auch nicht. Aber es ist unterhaltsam, es ist witzig, es berührt, es regt zum Nachdenken an und es polarisiert. So wie es Jane Austen auch getan hat.