Starkes Debüt
Über der Moschee auf Staten Island wachsen drei Brüder auf, die sehr unterschiedlich sind und einander doch innigst lieben. Dayo stammt aus Nigeria, Iseul aus Korea. Nur Youssef, der jüngste Bruder, weiß ...
Über der Moschee auf Staten Island wachsen drei Brüder auf, die sehr unterschiedlich sind und einander doch innigst lieben. Dayo stammt aus Nigeria, Iseul aus Korea. Nur Youssef, der jüngste Bruder, weiß nichts von seiner Herkunft. Er sucht die Nähe ihres Adoptivvaters Salim, doch der charismatische Mann steckt voller Rätsel. Während die Brüder in die Glitzerwelt Manhattans eintauchen, hält Salim antiwestliche Reden in der Moschee. Als er eines Nachts nach Saudi-Arabien aufbricht, folgen Youssef und seine Brüder ihm und begeben sich auf einen Weg der Erkenntnis wie der Verstörung. Sie werden Zeuge, was geschieht, wenn sich Religion und Kapitalismus als Machtinstrumente kaum noch voneinander unterscheiden lassen. Und sie erfahren endlich, wer sie wirklich sind. »Wenn es zu Ende ist, falls wir tatsächlich an unser Ende gelangen, hast du vielleicht eines Tages die Chance zu erkennen, wer wir gewesen sind. Und doch wird die Qual mich immer begleitet haben, und ich werde mich ewig fragen: Hätte ich dir noch mehr erzählen müssen?« Zain Khalid, Bruder
Wie so oft wusste ich nicht, worauf ich mich bei diesem Roman einlasse. Jedoch wusste ich bereits nach den ersten Seiten es würde mich sehr berühren. Zain Khalid schreibt überaus arabisch – also poetisch und existentiell. Da ich selbst aus diesen Teilen der Welt komme, habe ich von Anfang an eine besondere Verbindung zu diesem Buch gespürt. Die Beschreibungen der Moschee und des Gebets, der so leicht im Alltag verwoben wurde, waren sehr berührend. Die Atmosphäre war zu Beginn eher ruhig und von der kindlichen Leichtigkeit der Protagonisten geprägt. Dennoch konnte man eine tiefsitzende Narbe, auf jeden Fall einen starken Drang zu etwas Unbestimmten bemerken.
Leider wurde diese Ruhe und diese Beobachtungskraft, die in Khalids Schreibstil zu erkennen waren, von einem lauten Plot erdrückt. Gegen Mitte hin stieg der Spannungsbogen exponentiell und plötzlich waren wir inmitten eines Hollywood-Films. Auch wenn mir ein aufregender Plot und dem Kampf um Leben und Tod nichts ausmacht, ja sogar manchmal gefällt, fand ich sie in diesem Roman fehl am Platz.
Außerdem, und das fand ich wirklich Schade, gefiel mir die Richtung nicht, in der die Geschichte ging (auch wenn ich sie hätte vorhersagen können, hätte ich mehr als die beiden ersten Sätze der Zusammenfassung gelesen.). Es war klischeebehaftet. Jedes Mal – so fühlt es sich für mich, einer Muslima, die in Deutschland wohnt, an – muss der Islam mit etwas Radikalem und Bedingungslosem verbunden werden, etwas Gewalttätigem. Natürlich gibt es diese Gewalt im Islam, aber wird sie verhältnismäßig zu oft thematisiert im Gegenzug zum Frieden des Islams. Ich hätte mir gewünscht, wenn endlich mal nicht von dieser Seite gesprochen würde. Aber wie gesagt – hätte ich die Zusammenfassung aufmerksamer gelesen, hätte ich mich darauf vorbereiten können.
Nun gut, nichtsdestoweniger hab ich das Lesen genossen. Die Charaktere und ihr Zusammenspiel, besonders das der Brüder, war sehr harmonisch und echt. Außerdem sind die Perspektivenwechsel des Erzählers, besonders zum Ende hin sehr interessant und haben mir eine Gänsehaut verpasst.