Cover-Bild Kein anderes Meer
9,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Aufbau TB
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 256
  • Ersterscheinung: 17.02.2017
  • ISBN: 9783746632872
Edwidge Danticat

Kein anderes Meer

Roman
Kathrin Razum (Übersetzer)

"Ein sehr poetisches Buch.“ Brigitte

Claire verschwindet an ihrem siebten Geburtstag spurlos am Strand von Ville Rose auf Haiti. Ahnt sie, dass ihr Vater Nozias sie heute fortgeben will? Nach dem Tod von Claires Mutter kümmerte er sich allein um seine Tochter, doch dem armen Fischer fällt es immer schwerer, für ihren Unterhalt aufzukommen. Deshalb hofft er, dass Claire bei der reichen Tuchhändlerin Gaëlle ein besseres Leben hab wird. Aber Claire versucht mit aller Macht, sich dieser Trennung zu widersetzen und nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand.

Poetisch und farbenprächtig: Eine märchenhafte Reise in eine fremde Welt

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.02.2018

Gelungen

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Ich muss sagen, dass ich eigentlich mit etwas anderem gerechnet habe. Der Klappentext ließ vermuten, dass es um Claires Verschwinden gehen würde, dem war aber nicht so. Vielmehr wurden kleine Episoden ...

Ich muss sagen, dass ich eigentlich mit etwas anderem gerechnet habe. Der Klappentext ließ vermuten, dass es um Claires Verschwinden gehen würde, dem war aber nicht so. Vielmehr wurden kleine Episoden rund um Claire erzählt und das Verschwinden gewann erst am Ende wieder die Oberhand, wurde dann aber recht platt aufgelöst.

Mir hat es gut gefallen, wie der Autor mit den vielen verschiedenen Figuren arbeitet. Immer wieder tauchen neue auf und bleiben nie lange. Dadurch kommt immer wieder frischer Wind in die Geschichte. Viele dieser Episoden empfand ich als sehr ergreifend. Haiti wird hier unter einem ganz anderen Licht beleuchtet.

Der Schreibstil ist sehr kunstvoll, poetisch. Man verliert sich ein wenig zwischen den Zeilen und kann jedes einzelne Wort genießen. Ich freue mich immer über so einen gekonnten Umgang mit dem geschriebenen Wort.

Insgesamt ein wirklich gelungener Roman, der sich als etwas anderes entpuppt hat, als ich erwartet hatte.

Veröffentlicht am 12.07.2017

Poetisch, kunstvoll, bezaubernd

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"Poetisch und farbenprächtig: Eine märchenhafte Reise in eine fremde Welt." (Klappentext)

Ein armer, verwitweter Fischer, der sich gezwungen sieht, seine kleine Tochter Claire in fremde Hände zu geben. ...

"Poetisch und farbenprächtig: Eine märchenhafte Reise in eine fremde Welt." (Klappentext)

Ein armer, verwitweter Fischer, der sich gezwungen sieht, seine kleine Tochter Claire in fremde Hände zu geben. Eine Stoffhändlerin, die Mann und Kind unter tragischen Umständen verliert. Ein junger, ebenfalls sehr armer Mann, der einen Lebenstraum verwirklichen möchte. Und ein Radiosender, bei dem die Schicksale der unterschiedlichsten Menschen zusammenzulaufen scheinen.

Über einen Zeitraum von zehn Jahren begleiten wir einige der Bewohner Ville de Roses auf Haiti und alle Erzählstränge führen an Claires siebtem Geburtstag zueinander. Die Einzelschicksale sind in anachronistischer Erzählweise miteinander verwoben. So führt eine Geschichte thematisch zur nächsten und am Ende ergeben sie ein stimmiges und sehr kunstvolles Ganzes.

Liest man den Klappentext könnte man zunächst vermuten, dass es nur um das Schicksal der kleinen Claire geht. Das Mädchen ist in der Tat Dreh- und Angelpunkt des ganzen Romans, aber die Geschichte entfaltet sich in so vielschichtiger Weise, dass sie durch diese Beschreibung zu kurz gefasst wäre.

Für mich ist „Kein anderes Meer“ eine kleine Perle. Ein kurzweiliges Lesevergnügen, das durch die wunderschöne Sprache und die faszinierende Erzählweise überzeugt. Edwidge Danticat hat den Blick fürs Detail und die Sonderbarkeiten des Lebens.

Der Schauplatz Haiti ist ein ganz besonderer. Da ist die Schönheit der Natur und aber auch die Armut der meisten Bewohner von Ville de Rose. Auch sind viele der beschriebenen Schicksale sehr tragisch, aber das tut der bezaubernden Schönheit des Romans keinen Abbruch.

Dieses Buch ist eines meiner Lesehighlights.

Veröffentlicht am 02.08.2017

Claire vom Meereslicht

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Mit ihrem Roman „Kein anderes Meer“ nimmt Edwidge Danticat uns mit auf eine Reise in ihre Heimat Haiti und lässt uns nicht nur teilhaben an haitischem Dasein und haitischer Kultur, sondern bietet einen ...

Mit ihrem Roman „Kein anderes Meer“ nimmt Edwidge Danticat uns mit auf eine Reise in ihre Heimat Haiti und lässt uns nicht nur teilhaben an haitischem Dasein und haitischer Kultur, sondern bietet einen tiefgründigen Einblick in das Leben der Menschen. Die von ihr geschaffenen Charaktere geben in ihrer Vielfalt ein Bild der fiktiven Stadt zwischen Meer und Bergen wider: Ville Rose – ein Name wie Musik, und doch befindet er sich im krassen Gegensatz zu seinen Bewohnern, die aus einer kleinen Minderheit von Mittel- und Oberschicht sowie der großen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze bestehen, die um das tägliche Überleben kämpfen. Ein Ort unermesslicher Schönheit und außerordentlichen Elends.

Im Mittelpunkt steht auf den ersten Blick Claire Limyè Lanmè, was Claire vom Meereslicht heißt - "Claire of the Sea Light" ist der Originaltitel des Romans. Er beginnt mit Claires siebtem Geburtstag. An diesem Tag versenkt eine drei oder vier hohe Monsterwelle den Fischer Caleb mitsamt seinem Kutter. Claire lebt mit ihrem Vater Nozias, ebenfalls Fischer, in einer winzigen Hütte. Ihre Mutter ist bei ihrer Geburt gestorben, und so sind ihre Geburtstage jedes Jahr nicht nur glückliche Tage, sondern auch immer solche der Trauer. Die ersten drei Jahre wird Claire von Verwandten ihrer Mutter großgezogen. Dann holt Nozias seine Tochter wieder zu sich, um sich selbst der Herausforderung zu stellen, sein Kind von seinem dürftigen Einkommen zu versorgen. Und obwohl es ihm nicht an elterlicher Liebe oder Verantwortung und gutem Willen fehlt, erkennt er die Hoffnungslosigkeit seines Unterfangens, Claire eine sorgenfreie Existenz bieten zu können. Aus diesem Grund entscheidet er sich, Gaëlle, die Besitzerin des Stoffladens, zu überzeugen, Claire zu adoptieren. Denn aus seiner Sicht ist es das Beste, ein neues Elternteil zu finden, dem er vertraut, sich um Claire zu kümmern. Er selbst will auf der Suche nach einer besser bezahlten Arbeit fortgehen.

An diesem siebten Geburtstag stimmt Gaëlle zu, Claire zu sich zu nehmen; am Abend verschwindet Claire, und erst im letzten Kapitel erfahren wir, was mit ihr passiert. Bis dahin porträtiert die Autorin andere Bewohner der Stadt, und im Verlaufe dessen wird deutlich, dass im Grunde Ville Rose in ihrer menschlichen Vielfalt, brutalen Realität und miteinander kollidierenden Schicksalen die eigentliche Protagonistin des Romans darstellt.

Da ist die Stoffhändlerin Gaëlle, die als Spiegel für Nozias wirkt. Auch ihr Leben ist von Verlusten geprägt. Am Tag, an dem sie ihre Tochter Rose auf die Welt bringt, wird ihr Mann Laurent ermordet. Sieben Jahre später – es ist der vierte Geburtstag von Claire – stirbt Rose bei einem Autounfall.

Bernhard Dorien, der in Cité Pendue, einem armen, gefährlichen Außenbezirk von Ville Rose, dem „ersten Höllenkreis“, zu Hause ist und dessen Idealismus und die Verbindung zu Tiye, dem berüchtigten Anführer der Bande Baz Benin, schreckliche Konsequenzen für sein Leben und das von Gaëlle haben.

Bernards enger Freund Max Ardin Junior, ein wohlhabender junger Mann, der vor zehn Jahren ein Kind zeugte, von seinem Vater Max Senior nach Miami geschickt wurde, nun nach Haiti zurückkehrt und mit seiner Schuld konfrontiert wird.

Louise George, eine bekannte und beliebte Radiomoderatorin, Lehrerin von Claire in der Schule von Max Ardin Senior und zeitweise desssen Geliebte, mit dem sie eine Rechnung offen hat. Sie ermöglicht es Bürgern von Ville Rose, in ihrer populären Radiosendung die eigene Geschichte zu schildern...

Edwidge Danticats Protagonisten sind fehlerhaft, aber menschlich, handeln auf einem schmalen Grad zwischen richtig und falsch. Während Nozias sich beispielsweise gezwungen sieht, seine Tochter aufzugeben, obwohl er sie eigentlich nicht verlieren möchte, muss Claire als Vertreterin vieler Kinder mit der Entscheidung leben, die andere Menschen für ihre Zukunft treffen.

Durch die verschiedenen Geschichten zeigt die Autorin eine Stadt, die von Gewalt, Leid und Tod, Korruption, Klassenunterschieden und sozialen Tabus geprägt ist, in der es jedoch durchaus auch Hoffnung, Träume, Liebe und Versöhnung und gute Absichten gibt.

Insgesamt ist der Tod - einerlei, ob er natürlichen, zufälligen oder kriminellen Ursprungs ist - in Ville Rose eine konstante und alltägliche Größe. Er taucht immer wieder in den Geschichten auf und verknüpft sie zum Teil miteinander. Leben und Tod stehen sich kontinuierlich gegenüber, wodurch die Autorin gleichzeitig die Fragilität des Lebens im Angesicht des Todes hervorhebt.

Danticats Roman ist geprägt von einem ruhigen Erzähltempo, ihre Sprache zeigt sich schnörkellos und klar, gleichwohl kraftvoll, poetisch und von enormer Tiefe. Sie verwendet sie, um komplizierte Verbindungen zu knüpfen, wenn sie sowohl Schönheit als auch Schrecken beschreibt. Die Einflechtung kreolischer Redewendungen und Worte schaffen den Reiz einer fremden Welt, erschweren allerdings zugleich das eine oder andere Mal das Lesen und Verständnis.

In ihrer Weise des Erzählens fordert uns die Autorin. Es erfolgt keine chronologische Abfolge. Vielmehr bewegt sich die Handlung von der Gegenwart bis zur nahen Vergangenheit, geht in die ferne Vergangenheit, um wieder in die Gegenwart zurückzukehren. So beginnt und endet die Geschichte mit Claires Geburtstag und damit nicht nur dem Todestag ihrer Mutter.

Am Schluss ihres eindrucksvollen und komplexen Romans erlaubt die Autorin ein wenig Zuversicht, unsicher zwar, aber vorhanden. Und daran möchten wir festhalten.

Veröffentlicht am 17.07.2017

Verschiedene Lebensumstände in Haiti

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Das Buch "Kein anderes Meer" als die Geschichte eines verschwundenen Mädchens zu bezeichnen, kann missverstanden werden. Tatsächlich zieht die Autorin Edwidge Danticat einen Kreis, in dem sie nacheinander ...

Das Buch "Kein anderes Meer" als die Geschichte eines verschwundenen Mädchens zu bezeichnen, kann missverstanden werden. Tatsächlich zieht die Autorin Edwidge Danticat einen Kreis, in dem sie nacheinander einige Bewohner der fiktiven haitianischen Stadt Ville Rose auftreten lässt, die alle miteinander zu tun haben, aber vordergründig wenig Verbindung zu der verschwundenen Claire. Die Beschreibung dieser verschiedener Leben in Haiti machte für mich aber gerade den Reiz dieses Buches aus. So unterschiedlich ihre Leben und Schicksale sind, so gemeinsam ist ihnen allen, dass keiner wirklich glücklich ist. Das Leben, die mystische Weltsicht und die Umstände in Haiti, wie sie im Roman beschrieben werden, sind mir als Westeuropäerin doch sehr fremd - umso spannender fand ich es, darüber zu lesen. Auch mit überaus geringer Kenntnis über das Land Haiti kann man dem Buch gut folgen - immerhin hat die aus Haiti stammende Autorin das Buch ja für eine US-amerikanische Leserschaft geschrieben.

Das Ende ist zwar rund - alles findet zusammen - aber das Verschwinden von Claire, also die eigentliche Grundstory wird dann für mein Empfinden etwas zu schnell aufgelöst.

Insgesamt aber ein interessantes, gut geschriebenes Buch!